Mensch des Tages

Frank Elstner unterscheidet sich dadurch von Margot Honecker und dem Papst, dass er heute erst 65 wird, und nicht schon 80, wie die anderen beiden zu Beginn der Woche. Im Gegensatz zu Margot Honecker ist er auch noch im Geschäft, und außerdem ist Frank Elstner schon viel länger Frank Elstner als der Papst Papst, nämlich seit den 60er-Jahren, als er seinen früheren Vornamen Tim ablegte, weil es bei Radio Luxemburg schon einen Tom gab, und das war zu ähnlich. Eine Zeit, in der jeder zweite Moderator Oliver heißen würde, war damals unvorstellbar.

Frank Elstner ist unbestritten keine der größten Spaßkanonen des deutschen Fernsehens, aber einer der erfolgreichsten Unterhalter und kreativsten Köpfe in dessen Geschichte. Es gehört schon einiges dazu, sich Spielregeln für eine Samstagabendshow auszudenken, die so kompliziert sind, dass ihre Erklärung in der Premiere ungefähr eine Stunde dauert. Frank Elstner hat eine Show erfunden, die so originell, so stimmig, so zeitlos und so allüberstrahlend ist, dass Thomas Gottschalk noch heute als guter Moderator gilt. Außer Wetten, dass…? bereicherte Frank Elstner das Fernsehen mit dem ursprünglich sehr abwechslungsreichen und kurzweiligen Jahresrückblick Menschen (für Johannes B. Kerner kann er nichts) und den Montagsmalern und erfand so ausgefallene Spielshows wie Karl Dalls Koffer Hoffer und Peer Augustinskis Mann-O-Mann.

Selbst Sendungen, die heute längst vergessen sind (Aber hallo!) oder als Flops galten (Nase vorn) wären nach heutigen Maßstäben Sensationserfolge gewesen. Die tatsächlichen Flops wie Elstner und die Detektive und Flieg mit Air-T-L überwand Elstner in der Regel schnell und dachte sich eben etwas Neues aus.

Elstner ist ein hochprofessioneller Fernsehmacher, der seinen Job sehr, sehr ernst nimmt. Das lässt ihn nicht unbedingt wie eine Idealbesetzung für Verstehen Sie Spaß? erscheinen, doch ausgerechnet er hat die Sendung gerettet. Aus der goldenen Zeit der großen Samstagabendshows in den frühen 80er-Jahren gibt es nur noch zwei überlebende: Die eine hat Elstner erfunden, die andere moderiert er.

Wir gratulieren zum Erreichen des bisherigen Renteneintrittsalters mit zwei Abschriften aus Sendungen, in denen Elstner so sehr auf seine Show konzentriert war, dass er den Überblick verlor. Das ist schließlich viel lustiger als wenn alles einwandfrei klappt.
Die erste ist aus der Spielshow-Recycling-Spielshow Einfach Millionär vom Oktober 2004.

Elstner: „So, und jetzt meine Damen und Herren, geht es darum, dass ich Ihnen meinen nächsten Gast ansage, und, na ja, ähm, mir zeigt man hier gerade eine falsche Tafel, aber das muss Sie überhaupt nicht durcheinander bringen, denn, äh, ich weiß, dass nach unserer japanischen Geschichte dalli dalli jetzt einer vor der Tür steht, auf den ich jetzt hier natürlich wirklich gespannt bin, denn er wird heute Abend für die große Unterhaltung sorgen. Hier kommt Rudi Carrell. (Riesenapplaus.) Rudi, herzlich Willkommen. Setz dich bitte hier neben die Birgit.“
Carrell: „Ich find‘ das schön heute Abend hier. Ich habe gerade in der Garderobe das Dalli Dalli gesehen. Das fand ich toll. Ich hab‘ das auch noch gesehen, als ich ein kleiner Junge war.“ (Carrell war 36 Jahre alt, als Dalli Dalli begann.)
Elstner (kapiert den Witz nicht und moderiert todernst weiter): „Aber was meinst du, was noch alles sehen wirst heute. Da warst du auch noch ein kleiner Junge. Da hast du schon Die verflixte Sieben gemacht. Und das laufende Band. Weißt du noch den ersten Tag, als du damit angefangen hast?“
Carrell: „Ja, ich war sehr überzeugt davon. Das war ’ne Show, die ist in Holland gelaufen und … Mein Mikro kaputt?“
Elstner: „Nö, es geht ganz gut. Wir verstehen dich gut.“
Carrell: „Nee.“
Elstner: „Ist kaputt?“.
Carrell: „Ja.“
Elstner: „Dann gebt mir doch mal ein Handmikro, bitte. So was passiert, ist ja kein Problem. Oder red‘ doch einen kleinen Moment, guck mal, in das Mikrofon von der Birgit. (Riesenapplaus.) Also Rudi, ich muss dich mit ’nem alten Witz begrüßen. Und zwar ein Witz, der ist von dir, der heißt: Besser ein Holland… Holländer im Fernsehen als zwei auf der deutschen Autobahn.“
Carrell: „Als zweitausend.“
Elstner: „Ja.“

Und in Flieg mit Air-T-L fragte Frank Elstner den Kandidaten Roland: „Lars, was hast du für Hobbys?“ Roland verbesserte ihn: „Roland.“ Elstner: „Aha, und du, Anette?“

Michael, 19. April 2007, 07:16.

2 Kommentare


  1. […] Nebenan beim Fernsehlexikon feiert mein Co-Autor Michael Reufsteck den 65. Geburtstag von Frank Elstner unter anderem mit dem Satz: Frank Elstner hat eine Show erfunden, die so originell, so stimmig, so zeitlos und so allüberstrahlend ist, dass Thomas Gottschalk noch heute als guter Moderator gilt. […]

  2. Ok, über diesen Mann zu schreiben hätt noch ein paar Jahre in meiner persönlichen Dringlichkeitsskala ein paar Jahre vergehen lassen, daher überlasse ich den Kollegen vom Fernsehlexikon das Feld.



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