Kein Korn gefunden

1. Eine Polizeieinheit klärt Verbrechen auf, indem sie verdeckt in Tarnmasken und schwarzen Ninja-Anzügen ermittelt. Die Anzüge sind aber mit der fetten Aufschrift „POLICE“ versehen. Und die Polizisten dürfen die Hälfte dessen behalten, was sie bei Razzien sicherstellen. (Die Ninja-Cops, RTL, 1992)

2. Eine Gruppe von Polizisten klärt Verbrechen auf, und zwischendurch brechen Ermittler und Mörder immer wieder unvermittelt in Gesang aus. (Cop Rock, Kabel 1, 1995)

3. Thomas Gottschalk, David Hasselhoff und Cheech Marin von „Cheech & Chong“ klären Verbrechen auf, weil sie sich für die Nachkommen der drei Musketiere halten. (Der Ring der Musketiere, RTL, 1992)

4. Eine Wurstverkäuferin klärt Verbrechen auf, weil sie versehentlich jemandem das Leben gerettet hat und nun als Leibwächterin arbeitet. Sie wird von Pamela Anderson gespielt. (V.I.P. — Die Bodyguards, Sat.1, 1999–2002).

5. Ein blinder Polizist klärt Verbrechen auf. Er trägt eine Waffe und schießt bei Bedarf um sich. (Blind Justice, Kabel 1, 2007)

Jawohl, die Kabel-1-Serie Blind Justice hat die Aufnahme in unsere Top 5 der bescheuertsten Krimiserien aller Zeiten geschafft. Kabel 1 selbst hat bereits vor dem Start, der für heute um 22.10 Uhr angekündigt war, aufgegeben und die Serie Anfang der Woche kurzfristig aus dem Programm genommen. Panisches Absetzen von wenig gesehenen Sendungen ist ja mittlerweile leider der Normalfall, dieses hektische Absetzen noch vor dem Sendestart ist eine originelle Weiterentwicklung.

Davon lassen wir uns natürlich nicht unsere schöne Liste versauen.

Mehr muss man zur Serie eigentlich auch nicht sagen, verpassen werden Sie also kaum etwas. Ein Blinder. Mit einer Waffe! Gut, im Büro rennt er gegen Schreibtische, aber auf den viel befahrenen New Yorker Straßen bewegt er sich enorm sicher, und wenn er flüchtige Schwerbrecher mit seiner Pistole bedroht, stimmt sogar ungefähr die Richtung. Er hatte natürlich auch viel Zeit, alle seine anderen Sinne zu schärfen, es ist schließlich jetzt schon mehrere Wochen her, dass er bei einer Schießerei im Dienst erblindete.

Oh, und ganz so simpel ist das mit der Waffe natürlich nicht. Die Serie liefert durchaus eine Erklärung, wie es dazu kam, dass dem Blinden gestattet wurde, eine Waffe zu tragen. Er musste ein Formular unterschreiben. Dann ist ja alles gut.

Dass Blind Justice nichts taugt, haben die Amerikaner schnell gemerkt. Innerhalb der ersten Wochen verabschiedete sich die Hälfte der Zuschauer, und nach 13 Folgen war Schluss. Nun ist Erfolglosigkeit auch in den USA nicht zwingend ein Merkmal mangelnder Qualität. Im Gegenteil. Dort wie hier haben manche der besten Serien mit akutem Desinteresse seitens des Publikums zu kämpfen. Doch im Sektor Krimi gab es im März 2005, als die Serie beim Sender ABC anlief, schon zu viele Vergleichsmöglichkeiten mit wirklich originellen, sympathischen, hochwertigen und plausiblen Schöpfungen, um Blind Justice nach erster Ansicht ernsthaft auch nur weiterhin in Betracht zu ziehen.
Kabel 1 hat es vorerst auch gemerkt, plant aber offenbar weiterhin, die Serie eines Tages zu zeigen.

Produzent war der bisher mit allen Tassen im Schrank ausgestattete Steven Bochco, der auch die Klassiker Polizeirevier Hill Street, L.A. Law und NYPD Blue schuf. Aber eben auch Cop Rock, und das erklärt ja einiges.

Blind Justice,
vielleicht irgendwann, womöglich bei Kabel 1.

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Michael, 2. März 2007, 10:49.

Vox populär

Der ehemals kleine Sender Vox hat den Februar 2007 mit einem neuen Marktanteilsrekord abgeschlossen. Das passiert zwar andauernd, doch diesmal freut man sich in Köln über eine neue Zahl vor dem Komma: 8,0 Prozent gab’s noch nie in der Zielgruppe, die die Werbewirtschaft zu Jubelbriefen an Mama veranlasst. Für den abgelaufenen Monat bedeutet das, dass sich Vox den vierten Platz mit der ARD teilt und nur noch RTL, Pro Sieben und Sat.1 mehr junge Zuschauer haben. Auch weil Vox seine beiden erfolgreichsten Serien an RTL abgeben musste, ist dieser anhaltende und wachsende Erfolg bemerkenswert. Für ihn gibt es viele Gründe.

Verlässlichkeit

Wer Vox einschaltet, weiß, was ihn erwartet. Nämlich genau die Sendung, die für diesen Zeitpunkt angekündigt war. Das ist nicht selbstverständlich. Wer zum Beispiel an diesem Freitagabend Kabel 1 für die überall ausgedruckte und im eigenen Programm beworbene Serie Blind Justice einschaltet, bekommt stattdessen Missing – Verzweifelt gesucht vorgesetzt. Und sollte tatsächlich nächsten Montag noch jemand Die Familienanwältin bei RTL erwarten, wird er stattdessen mit ansehen müssen, wie Sonja Zietlow irgendwelche Zehnerlisten runterzählt.
Zudem behalten die meisten Vox-Programme über lange Zeit ihren festen Sendeplatz und werden so zu einem fixen Termin, an den man sich gewöhnen kann. Das schafft Zuschauerbindung. Vox war der erste Sender, der keine Skrupel hatte, nach dem Ende einer Serienstaffel die gleiche Staffel auf dem gleichen Sendeplatz gleich noch einmal zu zeigen, quasi als Warmhaltemaßnahme, bis die neuen Folgen vorlagen. Man mag einen zu kurzen Abstand zwischen Erstausstrahlung und Wiederholung bemängeln, doch ausnahmslos alle Serien profitierten davon, als erste CSI: Die Serie und der ganzjährig verlässliche Termin sprachen sich herum, das Publikum wuchs, und manche Folgen erreichten bei ihren Drittausstrahlungen mehr Zuschauer als bei den ersten beiden Malen zusammen.
(Selbst die völlig beknackt erscheinende Idee, sonntags abends einen Film zweimal sofort hintereinander zu zeigen, war ein genialer Zug mit dem Ergebnis: Zweimal der gleiche Film = zweimal ungefähr der gleiche Marktanteil. Aber das nur am Rande.)

Geduld

Auch zunächst nur wenig erfolgreiche Programme wurden der Kontinuitätsstrategie unterworfen und profitierten ebenfalls: Die Krimiserien liefen anfangs nur durchschnittlich, auch Das perfekte Dinner lieferte im Testlauf Ende 2005 keine so dollen Quoten, dass eine Fortsetzung auf der Hand gelegen hätte. Alle Formate bekamen Zeit, und die Zeit bekam den Formaten gut.

Ruhe

Die gleiche Ruhe bewahrt Vox bei seinen großen Erfolgen. Wie verlockend wäre es gewesen, die mehr als 100 Folgen umfassende Episodenbibliothek von CSI auszunutzen und die Serie täglich zu zeigen, zumal sie doch, wie gerade erwähnt, selbst in Wiederholungen noch außerordentlich erfolgreich war. Vox widerstand der Versuchung, verhinderte damit den schnellen Übersättigungseffekt und sicherte der Serie damit den langfristigen Erfolg. Jetzt läuft sie bei RTL, wo ab nächster Woche nach jeder neuen Folge gleich im Anschluss noch eine Wiederholung kommt.

Vielfalt

Auch eine andere Versuchung ist groß, nämlich die, sich zu sehr auf ein erfolgreiches Genre zu versteifen und die Entwicklung neuer Ideen zu vernachlässigen. Auch dies vermied Vox. Natürlich baute der Sender sein Krimiangebot aus, als er merkte, dass es populär war. Doch statt alles nur noch mit Krimis zuzupflastern, bemühte er sich um Ausgewogenheit, indem er zum Beispiel an der liebevollen, skurrilen Familienserie Gilmore Girls im Abendprogramm festhielt, obwohl ein weiterer Krimi doppelt so viele Zuschauer gebracht hätte, und entwickelte gleichzeitig völlig andere, neue Konzepte wie Das perfekte Dinner und Menschen, Tiere & Doktoren.
So wurde der Nachmittag zum festen Platz für Wohlfühlserien, der Vorabend für Doku-Soaps und das Wochenende für Naturmagazine, und zur besten Sendezeit gibt’s ein Best-of aus allem und Krimis, und donnerstags zudem Blockbuster aus Hollywood. Konkurrenzlos. Denn wer käme denn bitteschön auf die Idee, donnerstags einen Blockbuster zu zeigen?

Qualität

Vox ist der Sender innerhalb der RTL-Gruppe mit dem höchsten Anteil hochwertiger Produktionen im Unterhaltungssektor. Selbst die Doku-Soaps wirken nicht so billig oder gar menschenverachtend wie sonst manchmal üblich, und die niveau- und budgetarmen unter den US-Serien laufen ja größtenteils schon bei RTL2 (warum 24 nicht wie ursprünglich geplant bei Vox gelandet ist, bleibt für immer ein Rätsel). Es ist zwar schade, dass eine Serie wie Six Feet Under im Nachtprogramm versteckt wird, doch im Gegensatz zu den Sopranos, die erst im ZDF und dann bei Kabel 1 angefangen wurden, wird sie wenigstens bis zum Ende gezeigt.

Alles in allem gibt es im Moment wirklich wenig, was Vox falsch macht. Und so etwas wie Top Dog – Deutschland sucht den Superhund kann ja jedem mal passieren.

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Michael, 1. März 2007, 18:23.

Gilmore Girls

2004–2008 (Vox). 153-tlg. US‑Familienserie von Amy Sherman-Palladino („Gilmore Girls“; 2000–2007).

Lorelai Gilmore (Lauren Graham) ist mit 16 Jahren Mutter geworden und hat ihre jetzt 16 Jahre alte Tochter Rory (Alexis Bledel), die eigentlich auch Lorelai heißt, seitdem allein aufgezogen. Die beiden pflegen ein sehr freundschaftliches Verhältnis, haben die gleichen Interessen, mögen die gleiche Musik und stehen auf den gleichen Typ Mann. Sie leben in dem malerischen Örtchen Stars Hollow in Connecticut. Zu Lorelais Eltern Emily (Kelly Bishop) und Richard (Edward Herrmann) war der Kontakt lange abgebrochen, doch als sie sich bei ihnen Geld leiht, um Rory den Besuch der Chilton-Privatschule zu ermöglichen, bestehen Emily und Richard auf einem gemeinsamen wöchentlichen Abendessen mit den beiden. Das läuft dann wahlweise eisig oder peinlich ab.

Lorelai ist Managerin eines kleinen Hotels. Dort arbeitet sie zusammen mit ihrer besten Freundin, der hervorragenden, aber furchtbar ungeschickten Köchin Sookie St. James (Melissa McCarthy), mit der sie später ihr eigenes Hotel „Dragonfly Inn“ eröffnet, und dem Rezeptionisten Michel Gerard (Yanic Truesdale), einem griesgrämigen Franzosen, dessen hervorstechendste Eigenschaft eine ausgeprägte Verachtung gegenüber etwa 99 Prozent der Menschheit ist. Ein guter Freund ist Luke Danes (Scott Patterson), dem ein kleines Café gehört und der ständig der Meinung ist, dass Lorelai viel zu viel Kaffee trinke (Luke: „Wie viele Tassen hattest du heute schon?“ Lorelai: „Keine.“ Luke: „Abgesehen von …?“ Lorelai: „Fünf.“). Wenn er sich nicht um Lorelais Kaffeekonsum sorgt, streitet Luke sich mit dem Kaufmann Taylor Doose (Michael Winters), dem Ortsvorsteher, der ihn ständig mit Vorschlägen zur Verschönerung des Lokals nervt. Die stets turbulenten Ortsversammlungen unter Taylors Leitung gehören zu Lorelais und Rorys liebster Unterhaltung in Stars Hollow.

Rorys beste Freundin ist Lane Kim (Keiko Agena). Musterschülerin Paris Geller (Liza Weil) und Rory können sich anfangs auf den Tod nicht ausstehen, lernen aber miteinander klarzukommen, werden sogar so etwas wie Freundinnen und ab der vierten Staffel Zimmergenossinnen nach ihrem Wechsel zur Yale-Universität. Auf der männlichen Seite ist Rory die ersten zwei Staffeln mit Dean (Jared Padalecki) zusammen, später mit Lukes Neffen Jess (Milo Ventimiglia), der in Staffel 2 von seiner Mutter zu Luke geschickt wurde, damit der ihn wieder auf den rechten Weg bringe, dann nochmal mit Dean und in Staffel 5 mit ihrem Kommilitonen Logan Huntzberger (Matt Czuchry), der sie mit Verbindungen in Verbindung bringt. Lorelai bandelt derweil endlich mit Luke an, was von Anfang an ohnehin nur eine Frage der Zeit war. Die vorlaute Tanzlehrerin Miss Patty (Liz Torres) kennt alles und jeden, steht meistens rauchend in der offenen Tür ihrer Tanzschule und macht ihre Bemerkungen über alles und jeden, der vorbeikommt. Sookie heiratet ihren Gemüselieferanten Jackson (Jackson Douglas) und bekommt ein Kind. Und Faktotum Kirk (Sean Gunn) macht jeden, aber auch wirklich jeden Dienstleistungsjob, den Stars Hollow hergibt.

Außer durch ihre skurrilen Charaktere und den liebevollen Respekt, den das Drehbuch dem kompletten Serienpersonal entgegenbringt, besticht die Serie vor allem durch ihre (auch in der deutschen Synchronisation) außergewöhnlich schlagfertigen, scharfsinnigen Dialoge sowie durch eine – nicht nur für US-Verhältnisse – bemerkenswert liberale Grundhaltung. Und durch die romantische Kleinstadtidylle. Die ersten vier Staffeln liefen mit so großem Erfolg werktags nachmittags, dass Vox die Serie mit dem Start der fünften Staffel ins Abendprogramm am Dienstag um 20.15 Uhr beförderte, wo sie ebenfalls eine beachtliche Zuschauerzahl erreichte. Die letzte der sieben Staffeln lief freitags um 21.05 Uhr.

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Missing — Verzweifelt gesucht

2005–2006 (Vox). 55-tlg. US‑Krimiserie von Glenn Davis und William Laurin („1‑800-Missing“/„Missing“; 2003–2006).

Die erfahrene und vorschriftsgemäß arbeitende FBI-Agentin Brooke Haslett (Gloria Reuben) und die junge Sonderberaterin Jess Mastriani (Caterina Scorsone) suchen gemeinsam Vermisste. Nützliche Hinweise bekommt Jess in ihren Träumen. Sie verfügt über diese Gabe, seit sie vom Blitz getroffen wurde. Die Computer-Expertin Sunny Estrada (Justina Machado) und ihr Boss Alan Coyle (Dean McDermott) stehen im Zweifelsfall aber auch zur Mitarbeit zur Verfügung. Zu Beginn der zweiten Staffel wurde Brooke in eine andere Stadt versetzt, und auch Alan und Sunny sind nicht mehr da. Jess‘ neue Partnerin ist Nicole Scott (Vivica A. Fox), die sich im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin auch gern mal über Vorschriften hinwegsetzt. Ebenfalls neu sind der Beweissachverständige Antonio Cortez (Mark Consuelos) und der stellvertretende Direktor John Pollock (Justin Louis).

In den USA wurde nach der ersten Staffel neben dem Großteil der Besetzung auch der Sendetitel gewechselt und die Vorwahl 1-800 gestrichen, weil offenbar zu viele Zuschauer die verwendete Rufnummer für die wirkliche zentrale Nummer für Vermisstenmeldungen hielten.

Die einstündigen Folgen liefen freitags um 22.15 Uhr, direkt nach Without A Trace, wo ebenfalls Vermisste, aber mit ganz normalen Methoden und auf höherem Niveau gesucht wurden.

Menschen, Tiere & Doktoren

Seit 2006 (Vox). Doku-Soap, die verschiedene Tierärzte bei ihren Einsätzen in Tierparks, Tierkliniken oder bei Hausbesuchen begleitet.

Inspiriert durch den Erfolg der Eigenproduktionen am Vorabend (und im konkreten Fall vielleicht durch die Tierpark-Dokus bei ARD und ZDF) ersetzte Vox ab Herbst 2006 auch im Nachmittagsprogramm US-Serien mit Doku-Soaps und Magazinen. Neben dieser Reihe, deren 45-minütige Folgen werktags um 17.00 Uhr liefen, startete am gleichen Tag auch Wissenshunger. Und obwohl Menschen, Tiere & Doktoren stellenweise den Charme eines Wartezimmers verbreitet, entwickelte sich auch diese Reihe innerhalb kurzer Zeit zum Erfolg.

Wissenshunger

Seit 2006 (Vox). Wissensmagazin, das sich in mehreren  Beiträgen pro Sendung mit Themen aus den Bereichen Kochen, Essen, Ernährung, Lebensmittel und Genuss befasst und werktags um 18.00 Uhr als ideales Vorprogramm für die anschließenden Kochshows zum Einsatz kommt.

Die 10…

Seit 2003 (RTL). Show mit Bestenlisten zu je einem Oberthema. Ausschnitte und Berichte dokumentieren die Listeneinträge, Gäste erzählen darüber.

War zunächst eine große zweistündige Abendshow mit Oliver Geissen zum Thema „Die 10 bewegendsten Momente – Bilder, die man nie vergisst“, die man jedoch schnell vergaß und die bis auf weiteres keine Fortsetzung fand. Erst ab Januar 2005 zeigte RTL neue Ausgaben, jetzt nur noch eine Stunde lang und mit Sonja Zietlow als Moderatorin. Sie liefen erst mittwochs um 21.15 Uhr, dann freitags eine Stunde früher und schließlich überall dort, wo RTL keine bessere Idee hatte, wie man eine 60-minütige Programmlücke stopfen könnte, zum Beispiel samstags zwischen Mottoshow und Ergebnisverkündung von Deutschland sucht den Superstar. Im Februar 2007 setzte RTL Wiederholungen von Die 10… auch noch hektisch montags um 21.15 Uhr ein, wo zuvor mehrere Serien gefloppt waren. Es ging um „Die 10 größten Kinderstars“, „Die 10 außergewöhnlichsten Millionäre“, „Die 10 erotischsten Frauen“, „Die 10 aufregendsten Sex-Skandale“ usw. Nach welchen Kriterien die Zehnerlisten erstellt wurden, war nicht ersichtlich, aber auch von keinerlei Bedeutung.

Schwer zu sagen, warum RTL sich entschied, Oliver Geissen die Sendung wieder wegzunehmen. Die Berliner Mauer hatte er in der Ausgabe „Die 10 bewegendsten Momente“ so anmoderiert: „1961 hat man sie erbaut, 28 Jahre später hat man sie heruntergerissen, das gute Stück.“ Und zur Werbepause verkündete er: „Gleich noch: Die erste Mondlandung, Attentat auf JFK, freuen Sie sich drauf!“

Schmeckt nicht – gibt’s nicht

2003–2007 (Vox). „Cool kochen mit Tim Mälzer“. Halbstündige Kochshow werktags am Vorabend. Mälzer zeigt, dass Kochen gar keine Kunst ist, sondern Handwerk. Die Aufnahmeleiterin Nina Heik steht daneben und stellt gelegentlich dumme Fragen.

Schmeckt nicht – gibt’s nicht ersetzte im Dezember 2003 testweise für zwei Wochen das Kochduell und trat ab März 2004 dauerhaft an dessen Stelle. Die leicht verdauliche Show war der erfolgreiche Versuch, einen deutschen Jamie Oliver (The Naked Chef) aufzubauen – mit dem Mälzer zufälligerweise in London zusammengearbeitet hatte, bevor Jamie Oliver zum Popstar wurde.
Mälzer hat eine lockere Art der Präsentation und einen ebenso lockeren Umgang mit den Zutaten, die er so behandelt, wie man es zu Hause auch täte. Sterneköche verachten ihn dafür, das Publikum liebt ihn. Sein erstes Kochbuch „Born To Cook“ verkaufte sich in einem halben Jahr weit über eine halbe Million Mal.
Aufnahmeleiterin Nina Heik ist auch Mälzers Lebensgefährtin. Er führt in Hamburg ein eigenes Restaurant namens »Das weiße Haus«. 2007 ging Mälzer in die große Abendunterhaltung und präsentierte die Koch-Spielshow, die so hieß wie seine Bücher: Born To Cook.

Hmmm, interessante Geschichte

Es gibt viele Anknüpfpunkte für Kritik an Reinhold Beckmann. Dass er überwiegend nach Dingen fragt, die ihn nichts angehen. Dass er bei den Antworten auf diese Fragen, die ihn nichts angehen, dann noch nicht einmal zuhört und deshalb nicht nachhakt. Dass er stattdessen jeden Redebeitrag eines Gastes geistesabwesend mit den Worten „Hmmm, interessante Geschichte“ kommentiert. Dass er nach jeder Antwort so tut, als denke er angestrengt über eine Anschlussfrage nach, um dann die Frage zu stellen, die er ohnehin jetzt gestellt hätte, weil sie auf seinem Kärtchen steht. Und dass er das alles in einer Atmosphäre tut, die sich irgendwo zwischen Beichtstuhl und Séance bewegt.

Viele Beisitzer seiner Tischgespräche fühlen sich in der Sendung noch unwohler als die Zuschauer, weil Beckmann zu viel Energie in künstliche Coolness investiere und zu wenig in eine gewissenhafte Vorbereitung. Ein Gast vom Anfang des Jahres klagte nach der Sendung im privaten Kreis, Beckmann solle endlich aufhören Dinge vorzutäuschen, die er nicht verkörpere und sich als das geben, was er wirklich sei, ein armseliges Würstchen.

Auch der Fahrradfahrer Jan Ullrich fühlte sich am Montagabend schlecht behandelt. Von seinen Anwälten will die „Bild“-Zeitung erfahren haben, dass Beckmann gegen Absprachen verstoßen und Zusagen nicht eingehalten habe, indem er doch tatsächlich Fragen zum Dopingskandal gestellt habe. Also zum Thema. Deshalb hätten die Anwälte nun per Brief eine Wiederholung der Sendung verboten und im Falle eines Verstoßes mit Klage gedroht.

Aufruhr um Beckmann! Die amüsante Ironie ist, dass die Aufregung ausgerechnet nach einer Sendung kommt, in der sich Beckmann Mühe gegeben hat.

Für Freitagvormittag um 10.15 Uhr ist die Wiederholung bei 3sat übrigens weiterhin vorgesehen.

Nachtrag: Die Wiederholung ging wie geplant über die Bühne. Ach ja, und hier ist die komplette Sendung natürlich auch noch online zu sehen.

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Michael, 1. März 2007, 15:38.

Beckmann

Seit 1999 (ARD). Wöchentliche Talkshow mit Reinhold Beckmann, der mit meist prominenten Gästen über ihr Privatleben spricht.

Beckmann war, wie kurz zuvor Johannes B. Kerner, für viel Geld vom privaten ins öffentlich-rechtliche Fernsehen zurückgekauft worden und durfte dafür, wie Kerner, nicht nur große Shows moderieren, sondern auch eine wöchentliche Gesprächsrunde. Seine Talkshow unterschied sich von anderen anfangs nur durch die größere Zahl von Sportlern unter den Gästen, die er noch von früher her duzte, durch die stilisierte Hamburger Speicherstadt im Hintergrund und durch die geringere Zuschauerzahl. Wie Boulevard Bio sollte ein vages Oberthema eine Klammer bilden für die in der Regel drei Gesprächspartner, die sonst nichts miteinander gemein hatten. Thema der ersten Sendung war „Süchtig nach Erfolg“, zu Gast waren Fußballer Oliver Bierhoff, Sänger Matthias Reim und Model Nadja Auermann.

Zu ihrer eigenen Form fand die Sendung erst, als sie nach fast zwei Jahren auf Studiopublikum und Thema verzichtete. Beckmann empfing seine Gäste nun an einer Art großem Küchentisch, schaute ihnen in scheinbar intimer Atmosphäre tief in die Augen und die Seele und entlockte ihnen, viel Verständnis simulierend, privateste Dinge. Beckmann wurde, wie die „Frankfurter Rundschau“ schrieb, zum Jürgen Fliege für Prominente. Das machte ihn in den Augen vieler Kritiker zwar noch hassenswerter, die Sendung aber in sich stimmig und erfolgreich. Auch hochrangige Politiker wie Gerhard Schröder und Angela Merkel ließen sich von Beckmann interviewen. Gern lud Beckmann auch Gäste ein wie den zwölfjährigen Jungen, der bei einem amerikanischen Angriff auf Bagdad schwerste Verletzungen erlitten und beide Arme verloren hatte. Von besonderer Absurdität war ein Gespräch im Sommer 2004 mit Torhüter Oliver Kahn, der ankündigte, nichts mehr über sein Privatleben erzählen zu wollen, während Beckmann immer wieder nachfragte, was im Detail er denn nicht mehr verraten wolle.

Die Sendung läuft montags um 23.00 Uhr und dauerte zunächst eine Stunde, 2004 wurde sie um eine Viertelstunde verlängert und 2006 um eine solche vorverlegt. Für eine Sendung, in der der Radrennfahrer Bert Dietz zugab, gedopt zu haben, erhielt Reinhold Beckmann den Deutschen Fernsehpreis 2007 als bester Moderator einer Informationssendung.

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