Bärbel Schäfer

1995–2002 (RTL). Einstündiger Daily Talk mit Bärbel Schäfer.

Bärbel Schäfer war die dritte tägliche Talkshow von RTL und deutlich jünger, frecher und provokanter als Ilona Christen und Hans Meiser, mit denen sie anfangs einen dreistündigen Talkblock am Nachmittag bildete.

Auf dem Sendeplatz um 14.00 Uhr war sie die direkte Konkurrenz von Arabella und versuchte das gleiche junge Publikum anzusprechen. Anders als Arabella Kiesbauer stand Schäfer nicht zwischen den Diskutierenden, sondern im Publikum, und viel häufiger als Kiesbauer diskutierte sie nicht den Lebensstil ihrer Gäste, sondern die konkreten Abgründe in den Beziehungen zwischen ihnen. Diese Art der Konfrontation, die später auch die meisten Sendungen von Birte Karalus oder Andreas Türck kennzeichnete, wurde von Schäfer zuerst etabliert. Anstatt nur ihre unterschiedlichen Meinungen zu einem Thema zu diskutieren, trugen hier die Betroffenen private Streitigkeiten über oft sehr intime Dinge öffentlich miteinander aus.

Die Sendung stand immer wieder in der Kritik von Jugendschützern. Eine Ausgabe im März 1999 zum Thema „Alle hänseln mich, weil ich so hässlich bin“ wurde gerügt, weil sie den Eindruck vermittelt habe, man dürfe entstellte oder nicht der ästhetischen Norm entsprechende Menschen beleidigen und beschimpfen — die Moderatorin habe Gäste, die dies taten, nicht in ihre Schranken verwiesen. Im gleichen Jahr hatte Schäfer unter dem Motto „Meine Mutter verbietet mir die Pille“ ein elfjähriges Mädchen zu Gast. Das größte Aufsehen löste die Sendung vom 28. Januar 2000 zum Thema „Bärbel, für Geld würde ich alles tun“ aus: Die „Bild“-Zeitung hatte vorab berichtet, dass darin ein Gast für eine Million DM Sex mit seiner Ehefrau anbiete. Daraufhin rief u. a. die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis zu einem Einschaltboykott auf. Tatsächlich war diese Sendung vergleichsweise harmlos: Der Mann, ein verschuldeter 29-jähriger Frührentner, erzählte nur, dass er und seine Frau nach dem Ansehen des Films „Ein unmoralisches Angebot“ den Gedanken theoretisch verlockend fanden.

Die Show startete und behauptete sich erfolgreich auf ihrem 14-Uhr-Termin, wurde 1998 auf 13.00 Uhr vorverlegt, um den Platz für die neue Talkshow Birte Karalus freizumachen. 1999 tauschte RTL Schäfers Sendeplatz mit dem von Ilona Christen, so dass Schäfer fortan um 15.00 Uhr talkte. Ab Herbst 2000 kehrte sie auf ihren ursprünglichen Platz um 14.00 Uhr zurück. Zu Big-Brother-Zeiten war Bärbel Schäfer die „offizielle RTL-Talkshow zum TV-Kult“ und begleitete regelmäßig das Treiben im Container. Nach genau sieben Jahren und mit mittlerweile deutlich gesunkenen Einschaltquoten beendete Schäfer die Show angeblich auf eigenen Wunsch.

Andreas Türck

1998–2002 (ProSieben). Tägliche Nachmittags-Talkshow mit Andreas Türck und unprominenten Gästen.

Anders als bei Hans Meiser oder Bärbel Schäfer trafen sich bei Türck häufig Menschen, die sich kannten und nicht allgemein über ein Thema stritten, sondern unter einem Titel wie „Bäh, du stinkst, wasch dich endlich“ oder „Was willst du mit der Mumie?“ ihre ganz persönlichen Probleme öffentlich austrugen. Der Moderator unterschied sich von seinen Kollegen durch seine betont flapsige Art, häufig machte er sich mit dem Publikum über seine Gäste, ihre Sorgen und ihre Artikulationsschwierigkeiten lustig. Wenn er, was häufiger geschah, gegen ein Schreiduell auf der Bühne nicht ankam, setzte er sich schon mal irgendwo hin und klimperte auf der Gitarre.

Die Themen waren häufig als Anrede an den Moderator formuliert, etwa: „Andreas, mein Busen wird auch dich verrückt machen“ oder „Andreas, komm, lass uns mal so richtig peinlich sein“ (was allerdings als Einzelthema, nicht als Motto der ganzen Reihe gemeint war). Eine typische Sendung trug den Titel „Andreas, hilf mir! Ich will meine Nacktfotos zurück!“. Angeblich ging es um Menschen, die bereuten, sich einst unbekleidet fotografiert haben zu lassen; mehrere von ihnen benutzten ihren Auftritt allerdings dazu, besagte Bilder erst- oder nochmals der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Als im Frühsommer 1998 die so genannte Schmuddeldebatte über die Talkshows hereinbrach, nahm Pro Sieben die besten Themen aus dem Programm, darunter „Glaub mir, Satan ist der wahre Gott“, „Ich will endlich wilden Sex!“ sowie „Andreas, ich find’s geil — ich bin eine Hobbynutte“ (diese Folge wurde ersetzt durch „Andreas, meine Freundin ist magersüchtig — ich hab‘ Angst, dass sie stirbt“). Manche Sendungen wurden auch nur umbenannt, so wurde aus „Andreas, glaub‘ mir, sie hat Schläge verdient“ plötzlich „Andreas, sie hat mich provoziert, da hab‘ ich zugeschlagen“. Ein typischer Satz eines Gasts war der eines gewissen Thomas, der sagte: „Ich habe drei, vier Freundinnen, alle mit Ehemann und Kind. Warum soll ich mir eine Kuh kaufen, wenn ich die Milch einzeln trinke?“ Im Sommer 1999 war ein Micky eingeladen, der gewisse Schwierigkeiten hatte, sich zu artikulieren, aber den schönen Satz sagte: „Woher sind gekommen eigentlich die ganze Laberei?“ Türck unterbrach ihn: „Tut mir wirklich leid, aber das versteht doch keine Sau. — Ist doch wahr.“

Türck war zuvor als Moderator von Dalli Dalli, einer täglichen Neuauflage des Hans-Rosenthal-Klassikers, durchgefallen. Mit seiner eigenen Talkshow wurde Türck zu einem der Stars von Pro Sieben, der dem Sender mehrere Jahre lang hohe Quoten brachte. Berühmt wurde eine Szene, in der Türcks gewaltige Schweißflecken unter den Armen deutlich zu sehen waren — Stefan Raab zeigte sie gleich in der ersten Sendung von TV Total und wiederholte sie gern.

Im Januar 2002 hörte Türck nach rund 850 Sendungen aus mehr oder weniger freien Stücken auf. Nur drei Monate später begann Pro Sieben allen Ernstes, die Talkshow mittags um 12.00 Uhr zu wiederholen.

AlSo

1993–1994 (Sat.1). „Politik zum Mitreden“. Aktuelles Polit- und Talkmagazin mit Elke Schneiderbanger.

In Interviews und Filmbeiträgen werden die Themen der Woche angerissen, Chefredakteure großer Zeitungen und Magazine geben einen Ausblick auf die Themen der kommenden Woche (sprich: auf den Aufmacher ihres jeweiligen Blatts). Beim Studiotalk mit mehreren Gästen, der jede Woche unter einem Schwerpunktthema steht, haben Fernsehzuschauer die Gelegenheit, sich per Telefon ins Gespräch einzuschalten.

Coup der ersten Sendung war ein rares Interview von Heinz Klaus Mertes mit dem sehr umstrittenen Steffen Heitmann, von dem Helmut Kohl damals noch glaubte, er könne ihn zum Bundespräsidenten machen.

Das Magazin lief sonntagmorgens um 11.00 Uhr.

Akut

1992–1993 (Sat.1). Sensationsmagazin mit Karlo Malmedie.

Im August 1992 zeigte das Magazin in einem kritischen Beitrag über die „Gesellschaft für humanes Sterben“ Ausschnitte aus einem Video, das ein 51-jähriger Selbstmörder von seinem eigenen Tod gedreht hatte. Er hatte sich die Selbstmordanleitung von der Gesellschaft besorgt; die Ausstrahlung sollte beweisen, so die Redaktion, wie grausam der Todeskampf entgegen der Versprechen der Gesellschaft sei. Ausführlich war zu sehen, wie der Mann röchelnd und würgend nackt in einer Badewanne lag, nachdem er ein tödliches Medikament eingenommen hatte. Die „Bild“-Zeitung hatte den Skandal bereits vorher quotenwirksam ankündigen dürfen.

Auch auf einen Beitrag aus der letzten Akut-Sendung stieg die befreundete Springer-Presse groß ein: Akut brachte Thomas Gottschalk mit Scientology in Verbindung. Der Sat.1-Programmdirektor Heinz Klaus Mertes, der kurz vorher die Absetzung des Magazins beschlossen hatte, entschuldigte sich daraufhin bei Gottschalk und bot ihm eine Berichtigung im Sat.1-Programm an.

Akut lief mittwochs, ab 1993 montags gegen 22.00 Uhr. In der letzten Ausgabe verabschiedete sich das Magazin mit den Worten: „Das war Akut. 76-mal zeigten wir Ihnen die Härten des Lebens, jetzt hat uns selbst die Härte erwischt.“ Nachfolger wurde AlSo — allerdings am Sonntagmorgen.

Springfield Story

1986–1999 (RTL). US-Daily Soap von Irna Phillips („The Guiding Light“; 1952–2009).

Die langlebigste Serie überhaupt zeigte im Laufe ihres Bestehens immer wieder neue Handlungsstränge, Liebesbeziehungen, Verwicklungen und Hauptdarsteller. Ursprünglicher Kern der Serie war die deutsche Einwandererfamilie Bauer in der Stadt Springfield.

In Deutschland wurde die Soap nicht von Beginn an gezeigt, RTL stieg im Mai 1986 mit US-Folgen aus dem Jahr 1979 ein, als gerade Bertha (Charita Bauer) und Bill Bauer (Ed Bryce) die Hauptfiguren waren. Mehr als 8000 Folgen waren zuvor seit 1952 schon in den USA gelaufen, seit 1937 existierte das Format zudem bereits als Radioserie, viele Bauer-Vorfahren waren längst tot. Charita Bauer war als einzige Darstellerin noch von der ursprünglichen Besetzung im Jahr 1952 übrig geblieben. RTL zeigte in den folgenden 13 Jahren 3119 einstündige Folgen, zunächst am Nachmittag, später im Vormittagsprogramm. Im September 1999 nahm der Sender die Serie plötzlich und mitten in der Handlung aus dem Programm.

2009 beschloss auch der US-Sender CBS die Absetzung nach mehr als 15.000 Folgen, weil neben der kompletten Originalbesetzung auch die meisten Zuschauer nicht mehr lebten.

Nie vergaß ich Soledad

1996 (RTL). 160-tlg. mex. Telenovela („Mi Pequena Soledad“; 1990).

Soledad ist die kleine Tochter von Isadora (Verónica Castro) und bei einer Vergewaltigung durch Isadoras Ex-Freund gezeugt worden. Nach der Geburt entführt die eifersüchtige Stiefmutter Piedad (Rosa Maria Bianchi) das Kind. Erst 20 Jahre später findet Isadora ihre Tochter Soledad (ebenfalls Verónica Castro) wieder.

Lief täglich am Vormittag.

Ruf des Herzens

1991 (RTL). 60-tlg. mex. Telenovela von María Zarattini, Regie: José Rendón („Tu o nadie“; 1985).

In der südmexikanischen Küstenstadt Acapulco lebt der reiche Geschäftsmann Antonio Lombardo (Andrés García), dessen eifersüchtiger Halbbruder Max (Salvador Pineda) unter seinem Namen die schöne, aus armen Verhältnissen stammende Raquel (Lucía Méndez) aus Mexiko-Stadt heiratet und einen Flugzeugabsturz einfädelt, bei dem Antonio sein Gedächtnis verliert. Als er seiner vermeintlichen Ehefrau gegenüber steht, kann er sich nicht mehr an sie erinnern, weigert sich jedoch, der Scheidung zuzustimmen. Zwischen den Brüdern entbrennt ein Kampf um Raquels Liebe, aus dem Antonio nach zahlreichen Intrigen und Widrigkeiten schließlich als Sieger hervorgeht.

Die dreiviertelstündigen Folgen liefen werktags nachmittags.

Die wilde Rose

1990–1991 (RTL). 99-tlg. mex. Telenovela („Rosa Salvaje“; 1988).

Das naive Mädchen Rosa Salvaje (Verónica Castro) lebt bei seiner Großmutter. Beim Versuch, auf der Plantage des reichen Ricardo (Guillermo Capetillo) Äpfel zu stehlen, erwischt dieser sie. Beeindruckt von ihrer Schönheit, überführt er sie nicht der Polizei, sondern schenkt ihr das Diebesgut. Um seinen älteren Schwestern (Liliana Abud, Laura Zapata), mit denen er stets im Streit liegt, eins auszuwischen, heiratet er das erstbeste Mädchen, das ihm begegnet: Rosa. Ohne Erfolg versuchen Ricardos Schwestern, die plötzlich zu Reichtum gekommene „Wilde Rose“ zu vertreiben, die jedoch entwickelt sich von einer Göre zur würdevollen Frau. Ricardo verliebt sich schließlich in sie. Als Rosa jedoch erfährt, dass die Hochzeit nur aus Protest gegen die Schwestern vollzogen wurde, verlässt sie ihn.

„Rosa Salvaje“ basierte auf der kubanischen Radionovela „Raquel“, die brasilianische Version der Serie trug den Namen „Rosa Rebelde“. Im Produktionsland Mexiko ist die Serie ein Klassiker und der Prototyp der neueren Telenovela. Die Serie Marimar machte es sich einige Jahre später leicht und verwendete einfach die gleiche Handlung. Beide Serien liefen bei uns werktäglich am Vormittag.

Marimar

1997–1998 (RTL). 149-tlg. mex. Telenovela („Marimar“; 1994).

Marimar (Thalia) ist ein armes Mädchen, das in Mexiko bei seinen Großeltern Don Pancho (Tito Guizar) und Doña Cruz (Ada Carrasco) aufwächst. Sie trifft den reichen Sergio Santibañez (Eduardo Capetillo), der mit seinem Vater Renato (Alfonso Ituralde) eine Hacienda betreibt. Eigentlich wollte sie dort Gemüse und Eier stehlen, ließ sich jedoch erwischen. Marimar verliebt sich in Sergio, und auch er will sie heiraten – allerdings nur, um seine Familie bloßzustellen, die ihm nicht das Erbe geben will, das ihm seiner Meinung nach zusteht. Vor allem seine Stiefmutter Angelica (Chantal Andere) geht sogar über Leichen, um Marimar zu demütigen. Die Ehe scheitert, weil Marimar herausfindet, dass Sergios Gefühle nur vorgetäuscht waren. Während Sergio anschließend überraschenderweise doch seine Liebe zu Marimar entdeckt, trifft die arme Marimar in Mexiko City zufällig Gustavo Aldama (Miguel Palmer), der sich nicht nur als ihr Vater, sondern – hurra! – auch als reich herausstellt.

Die Handlung ist im Prinzip die gleiche wie einige Jahre zuvor in Die wilde Rose. RTL zeigte auch diese halbstündigen Folgen werktags vormittags.

Feuer der Liebe

1997 (RTL). 45-tlg. mex. Telenovela von René Muñoz („Cuando llega el amor“; 1990).

Isabel Contreras (Lucero) hat alles: Schönheit, Reichtum, einen tollen Verlobten namens Rodrigo Guillermo (Garcia Cantu) und ein großes Talent als Reiterin. Leider hat sie auch eine neidische Cousine Alejandra (Nailea Norvind), die sie hasst und vernichten will. Sie verführt Rodrigo und beendet damit die Verlobung, sie sabotiert Isabels Reittraining, so dass sie sich verletzt. Rodrigos Kumpel Andres (Miguel Pizarro) weiß, dass Alejandra Isabel töten wollte und erpresst sie, damit sie mit ihm schläft. Alejandra verliebt sich in den Fotografen Luis Felipe (Omar Fierro), doch auch diese Verbindung will Alejandra zerstören.

Insgesamt gibt es 100 Folgen von 45 Minuten Länge. RTL zeigte die Telenovela vormittags zwischen Springfield Story und Reich und schön.

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