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Darüber lacht die Branche

Donnerstag, 22. September 2011, 15:56

Es ist schon ein Wunder, dass Sat.1 überhaupt Geld ausgegeben hat, um vor erwartbar überschaubarem Publikum eine Neuauflage der Harald Schmidt Show ins Programm zu nehmen. Man hätte doch auch einfach die alten Ausgaben aus der Zeit von 1995 bis 2003 noch einmal zeigen können.

Andere Teile des „neuen“ Sat.1-Programms scheinen nämlich dieser Philosophie zu folgen – und das sogar auf prominenteren Sendeplätzen.

Freitags abends um 22.15 Uhr kommt bald wieder Darüber lacht die Welt mit Hape Kerkeling und am frühen Samstagabend schon ab dieser Woche Die Comedy-Falle mit Kai Pflaume. Beide Moderatoren arbeiten inzwischen bei anderen Sendern. Sat.1 zeigt ausschließlich Altware.

Dass Serien und Sketchreihen bis in die Unendlichkeit wiederholt werden konnten, war schon immer so. Dass Unterhaltungsshows, die schon allein durch die Tatsache, dass sie moderiert werden, eine gewisse Aktualität und einen Live-Charakter vorgaukeln, lange später wiederholt werden, ist eine Sitte, die sich bisher auf Kleinsender wie Super RTL oder 3sat beschränkte. Das waren dann aber oft Kultsendungen wie Alles nichts oder?! oder die ZDF-Hitparade. Und selbst dort war das auf Randsendeplätzen. 22.15 Uhr gilt heute eigentlich noch als Primetime. Und Sat.1 scheint schlicht irgendwas zu senden.

Vielleicht arbeitet Sat.1 aber auch nur hartnäckig daran, endlich ebenfalls als Kleinsender zu gelten.

Das aktuelle Sportstudio

Samstag, 13. Oktober 2012, 12:35

Seit 1963 (ZDF). Sport-Show am späten Samstagabend mit Filmberichten über die Sportereignisse des Tages wie die Fußball-Bundesliga sowie Talks mit prominenten Gästen aus der Welt des Sports. Fester Bestandteil ist die Torwand mit zwei Löchern, auf die jeder Gast aus sieben Meter Entfernung schießen muss (drei unten, drei oben), wobei gelegentlich auch mal ein Scheinwerfer zu Bruch geht. Jede Sendung beginnt mit der Einblendung einer alten Bahnhofsuhr, dazu erklingt die seit jeher gleiche und dadurch berühmte Titelmusik von Max Greger.

Ein Klassiker unter den Sportsendungen, der in den 60ern eine der beliebtesten Fernsehsendungen überhaupt war. Erster Moderator war Heribert Meisel, der nur fünf Sendungen moderierte. Dann wechselten sich u.a. Wim Thoelke, Rainer Günzler und Harry Valérien ab. Diese drei hatten die Sendung gemeinsam entwickelt. Günzler moderierte 75-mal, Thoelke 123-mal. Vom Gründungstrio hielt Valérien am längsten durch, und manchmal fand er sogar die richtige Kamera („Wo sammer? Da sammer!“). Erst 1988, 18 Jahre nach Thoelke, trat er nach 283 Sendungen ab. Auf mehr Einsätze brachte es nur Dieter Kürten (375 Sendungen von 1967 bis 2000). Die Torwand, so die Legende, war eine Idee des Moderators Werner Schneider (72 Sendungen), inspiriert durch die Trainingsmethoden von Richard Schneider, dem Trainer des 1. FC Kaiserslautern, der schon in den 50er Jahren eine durchlöcherte Wand vors Tor gestellt hatte, um die Treffsicherheit seiner Spieler zu trainieren. Es gibt aber auch anders lautende Legenden.

Wenig Freunde machte sich der neue Moderator Hanns Joachim Friedrichs (1971 – 1981), zugleich ZDF-Sportchef, als er das eigentlich ziemlich stupide Torwand-Ritual abgeschaffte, weil er glaubte, „alle Möglichkeiten, während der endlosen Ball-Auflege-Pause einen halbwegs intelligenten Satz zu sagen, hätten sich im Laufe der Jahre erschöpft“. Nach Protesten der Zuschauer wurde es wieder eingeführt.

Der Einsatz von Carmen Thomas ab dem 03.02.1973 war eine kleinere Sensation. Sie war die erste Frau, die diese Männerdomäne präsentierte. In ihre erste Sendung brachte sie die druckfrische „Bild am Sonntag“ vom nächsten Morgen mit und hielt somit bereits den ersten Verriss (Schlagzeile „Charme allein genügt nicht“) der Sendung in den Händen, die gerade erst begonnen hatte. Ihr legendärer Versprecher „Schalke 05“ in der Sendung vom 21.07.1973 führte entgegen landläufiger Meinung nicht zu ihrer Kündigung, obgleich „Bild“ damals titelte, das ZDF habe Thomas unter anderem deshalb gefeuert. Nach dieser Schlagzeile moderierte sie noch zehn weitere Sendungen.

Die häufigsten Moderatoren mit jeweils mehr als 100 Einsätzen waren neben Kürten, Valérien, Thoelke und Friedrichs Bernd Heller (1980–1993), Karl Senne (1981–1992), Michael Steinbrecher (seit 1992) und Wolf-Dieter Poschmann (1994–2011). Auf mehr als 50 Einsätze kamen neben Günzler und Schneider Doris Papperitz (1984–1990), Günther Jauch (1988 – 1997), Johannes B. Kerner (1997–2006), Rudi Cerne (1999–2006) und Katrin Müller-Hohenstein (seit 2006). Weitere Moderatoren: Helmuth Bendt, Gerd Krämer, Arnim Basche, Kabarettist Werner Schneyder, Kurt Lavall, Walter Schmieding, Alfons Spiegel, Olympiasieger Erhard Keller, Willi Krämer, Sissy de Mas und Joan Haanappel (als Duo), Bruno Morawetz, Norbert König, Christine Reinhart und seit 2011 Sven Voss. Nur jeweils einmal moderierten Jochen Bouhs und Volker Tietze (als Duo), Udo Hartwig, Robert Seger (vom ORF), Dr. Kurt Jeschko, Frank Elstner und Dieter-Thomas Heck.

1966 kam die Sendung am Abend des Endspiels um die Fußball-WM direkt vom Abschlussbankett in einem Londoner Hotel. Solche „Auswärtsspiele“ gab es fortan häufiger.

Die Sendung produzierte einige berühmt gewordene Momente: Der Boxer Norbert Grupe antwortete auf Rainer Günzlers Fragen nicht und schwieg beharrlich (1969), ein Schimpanse riss Johnny Weissmüllers Frau die Perücke vom Kopf (1971), und Franz Beckenbauer traf in die obere Ecke der Torwand mit einem Ball, den er von einem vollen Weißbierglas herunterkickte (1994). Beckenbauer war mit etwa 50 Besuchen der häufigste Studiogast. Zu den besten Torwand-Schützen mit jeweils fünf Treffern gehörten u.a. Günther Netzer und Rudi Völler, Guido Baumann und Mike Krüger lagen mit je vier Treffern ebenfalls weit über dem Durchschnitt.

1977 entstand mit Pfiff einen Ableger für Kinder.

22.00 Uhr war die ursprüngliche und eigentliche Startzeit der einst 80-minütigen Show am Samstagabend – die genaue Zeit war jedoch schon immer von der Länge des Vorprogramms abhängig. Ab Ende 1999 hieß die Show vorübergehend nur noch ZDF SPORTstudio. Vielleicht hatte jemand bemerkt, dass Bundesliga-Berichterstattung erst fünf Stunden nach Spielende an der Schwelle zum neuen Jahrtausend gar nicht mehr so aktuell ist. Und weil das ohnehin so war, begann das ZDF 2004, vor den Sendebeginn noch eine zusätzliche Krimiserie zu packen, was den Quoten- und Bedeutungsverlust der Sendung weiter beschleunigte. Dennoch kehrte man 2005 zum alten Namen zurück. Heute ist die Sendung nur noch eine Stunde lang.

Das Alten-Team

Freitag, 19. Oktober 2007, 18:49

Schlimm, wenn sich das Publikum einfach verweigert. RTL, Sat.1, ProSieben, RTL2… ach was: Alle Fernsehsender mussten in den vergangenen Tagen und Wochen erleben, wie Formate scheiterten, auf denen große Hoffnungen ruhten: Familienhilfe mit Herz, Verdammt lange her – Das Wiedersehen, Das große Promi-Pilgern, Der Requardt… wie viel Zeit haben Sie? Das betraf vor allem das Nachmittags- und Vorabendprogramm. Es scheint fast, als lehnten die Zuschauer Neues pauschal ab.

RTL2 zieht daraus als Erster die Konsequenz und versucht es erst gar nicht mehr. Jeden Werktag um 19.00 Uhr soll ab Mitte November das antike A-Team laufen, bei dem das A für „Allzweck“ steht. Samstags funktioniert das schon hervorragend, oder sonntags mittags bei RTL.

Und schon regt sich in mir die Hoffnung, dass inzwischen alle Ratlosen zufriedengecoacht und alle Dokumentationswilligen durchdokumentiert wurden und sich diese Genres wieder auf ein normales Maß reduzieren. Dann könnten wieder Sendungen gezeigt werden, für die jemand Drehbücher und Texte schrieb, bevor die Kamera draufhielt.

Im RTL-Archiv ruhen zum Beispiel 300 Folgen Law & Order, die zum Teil seit zehn Jahren nicht gezeigt wurden und problemlos einen täglichen Sendeplatz füllen könnten. ProSieben hat mit Charmed — Zauberhafte Hexen schon vorgemacht, dass man mit Kram, der sowieso rumliegt, ordentliche Quoten im Werktagsnachmittagsprogramm holen kann.

So alt oder albern manche fiktionalen Serien auch sein mögen, es sind Programme, für die sich jemand Mühe gab, damit sie unterhaltsam wurden, bevor sie ins Fernsehen kamen. Anscheinend erkennen jetzt die ersten Zuschauer, und vielleicht bald sogar die ersten Sender, dass nicht grundsätzlich alles unterhaltsam ist, nur weil es im Fernsehen kommt.

Das Buch

Mittwoch, 20. September 2006, 18:36

Wer schoss auf J.R.? Wie gingen die Regeln von Tutti Frutti? Und wie hieß noch dieses wuselige Ding bei Spaß am Dienstag?

DAS FERNSEHLEXIKON ist die bisher umfassendste Übersicht über die Programme des deutschsprachigen Fernsehens. Als ebenso kompetentes wie unterhaltsames Nachschlagewerk bietet es Inhalte, Mitwirkende, Sendezeiten, Hintergründe, Anekdoten und Kommentare zu 7000 Sendungen aus 55 Jahren und allen Genres.

  • Deutsche und internationale Serienklassiker und aktuelle Erfolge: Von Stahlnetz bis CSI, von der Firma Hesselbach bis Desperate Housewives
  • Alle großen Unterhaltungsshows wie Vergissmeinnicht, Dalli Dalli und Wetten, dass…?
  • Kinderprogramme von Clown Ferdinand über den Hasen Cäsar bis Bernd, das Brot
  • Cartoons und Zeichentrickserien von Bugs Bunny zu den Simpsons.
  • Nachrichten, Magazine und Talkshows, u. a. Tagesschau, Der Schwarze Kanal und Sabine Christiansen

Der ideale Lesestoff für alle, die eigentlich lieber fernsehen.

Das deutsche Fernsehen wird 60 — Warum es gescheitert ist

Dienstag, 25. Dezember 2012, 15:18

Heute vor 60 Jahren begann das Fernsehen in Deutschland mit der Ausstrahlung von regelmäßigem Programm. Wann es wieder damit aufgehört hat, kann nicht exakt rekonstruiert werden.

Das Fernsehen in Deutschland hat seine besten Zeiten hinter sich. Es ist allerdings nicht mehr ein Auslaufmodell als Zeitungen auf Papier. Es wird es lange geben. Dass es sich Diskussionen über seine Zukunft gefallen lassen muss, hat es sich auch selbst zuzusschreiben.

Denn die Frage nach der Henne und dem Ei stellt sich auch beim Fernsehen. Was war zuerst da? Die technische Möglichkeit, unabhängig vom ausgestrahlten Programm seine Lieblingssendungen ansehen zu können wann und wo man will? Oder war die Motivation, diese technischen Möglichkeiten zu schaffen, getrieben vom unzureichenden Programmangebot?

Das deutsche Fernsehen tut seit langer Zeit viel dafür, es sich mit seinen Zuschauern zu verscherzen. Und das hat viel mit der eingangs angesprochenen Regelmäßigkeit zu tun. Denn Verlass ist auf das Fernsehen nicht. Wann weiß man schon noch mit Sicherheit, wann etwas kommt? Die Tagesschau immer um 20.00 Uhr. Der Tatort immer sonntags um 20.15 Uhr. Two And A Half Men immer. Aber das war’s doch. Selbst die Nachrichtenmagazine Tagesthemen und heute-journal kommen höchstens noch viermal die Woche zur eigentlichen Zeit.

Serienfans sind am meisten gebeutelt. Serien werden gestartet und abgesetzt, kurzfristig auf abwegigen Sendeplätzen versteckt oder in willkürlicher Reihenfolge gezeigt. Oder einfach gar nicht. Sogar Vox, bisher der verlässlichste Sender, überspringt nun die 2. Hälfte der 12. Staffel der Serie Law & Order: Special Victims Unit und damit einen relevanten Handlungsstrang, der zur Auswechslung des Hauptdarstellers führt, und macht gleich bei Staffel 13 weiter. Andere Sender handhaben ihre Ausstrahlungspraxis längst ähnlich, einfach weil es offenbar egal ist. Da ist es doch kein Wunder, wenn Zuschauer, die sich wirklich für die Programme interessieren, auf das Internet oder DVDs ausweichen.

Die Zuschauer, denen es nur darauf ankommt, dass die Glotze läuft, denen das ausgestrahlte Programm aber egal ist, wird das Fernsehen immer behalten. Und damit sind sie in guter Gesellschaft. Denn den Machern ist das Programm ja auch egal. Würden sie andernfalls so lieblos mit ihren eigenen Sendungen umghen?

Es geht nicht nur um die Reihenfolge und die Sendeplätze. Es geht um die Behandlung jeder einzelnen Sendung. Werbeunterbrechungen werden an beliebigen Stellen ins Programm gerotzt, gern mitten in eine Szene und mitten in einen Dialog hinein. Jegliche Dramaturgie geht dabei flöten.

Dass Fernsehsendungen überhaupt von Werbung unterbrochen werden, ist nicht das Problem. Irgendwie muss das Programm schließlich finanziert werden. Das Problem ist, wie dies geschieht. Wenn ich in den USA Serien sehe, werden diese zwar noch häufiger unterbrochen als bei uns, aber es nervt weniger. Denn die Serien sind wie ein Theaterstück in mehrere Akte unterteilt, und am Ende eines Akts gibt es womöglich sogar so etwas wie einen Cliffhanger und dann die Pause. Das deutsche Fernsehen setzt seine Werbeblöcke bei US-Produktionen aber nicht an diese dafür vorgesehenen Stellen, sondern einfach irgendwohin. Darauf angesprochen, erklären die Sender einhellig, die deutschen Werberichtlinien ließen es nicht zu, die Werbung an diesen Stellen zu platzieren. Das ist Quatsch. Es zwingt die Deutschen ja niemand dazu, an allen dieser Stellen Werbung zu platzieren. De facto sind die Positionen der zweiten und vierten Unterbrechung in einer amerikanischen TV-Stunde nahezu identisch mit den den Positionen der ersten und zweiten Unterbrechung bei uns. Nahezu. Will man uns beim Privatfernsehen ernsthaft erzählen, es gebe keinen Spielraum für ein Verschiebung der Blöcke um 30 bis 120 Sekunden? Das wäre seltsam, denn immer wenn die Platzierung der Werbeblöcke exakt an das starke Konkurrenzprogramm im anderen Sender angepasst wird, scheint das kein Problem zu sein.

Es geht außerdem um die Eindeutschung ausländischer Produktionen, mit der oft Übersetzer und Autoren beauftragt sind, denen diese Produktionen selbst, ihr Umfeld und Anlass nicht geläufig sind – oder auch wieder schlicht egal. Die Simpsons wurden fünfzehn Jahre lang von jemandem übersetzt, der die Gags nicht verstannd und sie deshalb in der deutschen Fassung verschwinden ließ. Dr. House wurde von jemandem übersetzt, der die Serie vielleicht nicht einmal sah. Im Serienfinale, das RTL im Dezember zeigte, schlossen die Autoren einen Kreis. Zu Beginn der Pilotfolge hatte House den Krebs einer Patientin als langweilig abgetan. Damit wurde House als jemand eingeführt, der knifflige Rätsel liebt, der medizinisch herausgefordert werden will. Krebs vermag das nicht. „Sie hat Krebs. Sie wird sterben. Langweilig“. Am Ende der letzten Folge bricht House mit seinem an Krebs erkrankten Freund Wilson ins Abenteuer auf Motorrädern auf, um dessen letzte Monate auszukosten. Als Wilson noch einmal auf seinen Krebs zu sprechen kommen will, fährt House ihm über den Mund und sagt: „Krebs ist langweilig“. Es sind die letzten Worte in der Serie. Aber nur im Original. In der deutschen Fassung sagt House: „Scheiß auf den.“ Das mag sinngemäß ähnlich sein, spannt aber nicht den Bogen zurück zum Serienanfang. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber solche Details machen viel vom Reiz einer Serie aus. Sonst könnte man auch gleich wieder Ansagerinnen Inhaltsangaben verlesen lassen und müsste die Sendungen selbst gar nicht zeigen.

All dies sind keine Auswüchse des heutigen Privatfernsehens. Früher war nicht alles besser: Auch früher wurden die meisten Serien und von den anderen Serien die meisten Folgen den Zuschauern vorenthalten. Wir haben es nur nicht gemerkt, es gab ja noch kein Internet. Aber wenn ARD oder ZDF in den 1960er-Jahren 13 oder 26 Folgen einer Serie gezeigt hatten, war es meist genug, zum Beispiel bei Auf der Flucht oder Ihr Auftritt, Al Mundy. Ob dann noch hunderte Folgen übrig waren, spielte keine Rolle. Selbst von der 80er-Jahre-Kultserie Ein Colt für alle Fälle wurden bis heute mehr als ein Dutzend Folgen in Deutschland nie gezeigt, von Rauchende Colts fehlen uns etwa 400.

Auch Synchronfassungen hatten damals nur bedingt mit dem Original zu tun. Der Synchronautor Rainer Brandt ergänzte Die 2 im ZDF um viele neue Gags, was ihm allgemein und fälschlerweise den Ruf einbrachte, die Serie dadurch und nur in Deutschland zu einem Erfolg gemacht zu haben. Tatsächlich ließ er in ähnlichem Maße Gags weg und ersetzte den subtilen, hintergründigen Humor der Originaltonfassung mit deutschen Holzhammer-Sprüchen, wie er sie auch in die Filme mit Terence Hill und Bud Spencer einbaute. Die ARD schnitt aus jeder Folge von Magnum mehrere Minuten raus und brachte sie damit nicht nur auf die 45 Minuten Länge, die sie der Serie wöchentlich zubilligten, sondern entfernten aus der Biografie der Hauptfigur die komplette Vietnam-Vergangenheit. Aus Columbo wurden noch größere Stücke entfernt, damit man die Reihe zeitlich im Vorabendprogramm unterbringen konnte. Die niederländische Serie Das Geheimnis des siebten Weges konnte nach 1994 nirgendwo mehr wiederholt werden, weil der SWF sie weggeworfen und damit die deutsche Fassung vernichtet hatte. So scheint es also, als habe das deutsche Fernsehen seine Zuschauer noch nie ernstgenommen, nicht erst neuerdings.

Hat das Fernsehen also noch eine Zukunft? Selbst macht es zumindest keine Anstalten, auch nur den Anschein zu erwecken. Wo investiert das Fernsehen denn noch in die Formate von morgen? Wo bemüht es sich denn, etwas Neues zu schaffen, mit dem man zumindest über das nächste Jahrzehnt kommen könnte, statt immer und immer wieder das Bestehende wiederzukäuen, weil man damit ja immerhin noch über das nächste Jahr kommt, und dann kann man ja weitersehen?

Weder beim öffentlich-rechtlichen noch im privaten Fernsehen finden sich Macher, die ein Gefühl für Fernsehen haben und nicht nur kalkulierend die sichere Bank einfordern. Produzenten haben kaum eine Chance, für ein neues, innovatives Format einen Abnehmer zu finden. Dagegen ist die Chance groß, wenn es sich um ein Überflieger-Format aus dem Ausland handelt, oder noch besser: um ein Format, das es in ähnlicher Form sogar in Deutschland schon gibt und die Zuschauerresonanz deshalb absehbar ist. Aus diesem Grund gab es so lange überall Quizsendungen, bis die Quoten einbrachen, weil die Übersättigung eingetreten war. Ebenso lief es mit Talk- und Gerichtsshows. Mit amerikanischen Forensik-Serien. Derzeit erleben die Castingshows den kollektiven Quotenrückgang, weil es einfach zu viele von ihnen gibt. Und bei den Sendern verzweifelt man, weil man auf die Zeit danach nicht vorbereitet ist. Dazu hätte man ja mal was Neues ausprobieren müssen. Alle warten nur darauf, dass jemand anderem mal ein Zufallstreffer gelingt, damit sie den dann kopieren können.

Das Personal, das zur Präsentation dieser Sendungen verpflichtet wird, wirkt ebenfalls nicht wie eine Investition in die Zukunft. Einzig und ausgerechnet RTL hat in den vergangenen Jahren mit Daniel Hartwich einen Newcomer systematisch gefördert und aufgebaut. Die Öffentlich-Rechtlichen hätten diese Möglichkeit auch. In den dritten Programmen und den Digitalkanälen gibt es talentierte junge Leute. Aber niemand traut sich, sie auf ein großes Publikum loszulassen. So hat das ZDF zum Beispiel Joko & Klaas verloren. Bei der ARD hat man gar keine Zeit, den eigenen Nachwuchs zu sichten, weil man viel zu beschäftigt damit ist, eine Verwendung für vielsprechende junge Neueinkäufe wie Thomas Gottschalk zu finden.

Einer der Gründe, warum hier im Blog so wenig passiert, ist, dass ich es schlicht kaum noch ertragen kann, mir das Fernsehprogramm anzusehen, über das ich dann schreiben würde. Es langweilt mich, mir sogenannte „neue“ Showideen anzusehen, die erstens nur eine Abwandlung von Bewährtem sind und zweitens so stromlinienförmig, dass es schwerfällt, überhaupt eine Meinung zu entwickeln. Es nervt mich, neue Serien zu besprechen, die dann doch nur maximal sechs Wochen im Programm sind und dann abgesetzt werden. Und es kotzt mich an, aus dem Genuss einer Sendung rüde herausgerissen zu werden, weil mitten in der Szene die Werbung kommt, ein Programmhinweis eingeblendet wird oder die sentimentale Schlussszene abgerissen wird, weil der Splitscreen-Abspann mich auf den nächsten Blockbuster hinweist.

Ich gucke weiter meine Lieblingsserien auf DVD oder Festplatte, gucke die heute-show in der ZDF-Mediathek oder sogar manchmal im Fernsehen, und ich gucke Schlag den Raab zeitversetzt vom Festplattenrekorder und hole auf diese Weise meistens nach spätestens zwei Stunden die TV-Ausstrahlung ein. Damit hat sich mein TV-Konsum aber auch schon. Ich informiere mich über Nachrichtenportale im Internet, Deutschlandradio Kultur und für ausführlichere Hintergründe gelegentlich mit dem Blick in gedruckte Zeitungen. Ich gucke was ich will und wann ich es will. Manchmal entdecke ich durch Zufall eine der Dokumentationen, die die ARD zeigt, wenn alle im Bett sind, und sehe sie dann später. Das Fernsehprogramm spielt für mich kaum noch eine Rolle.

Für mich ist es deshalb nicht so, dass das Fernsehen in seiner jetzigen Form keine Zukunft hat. Es hat längst keine Gegenwart mehr.

 

Das Ding

Sonntag, 12. Februar 2006, 00:05

Ich suche den Titel eines mehrteiligen Fernsehfilms aus den 70ern (75/76?). Es ging darin um Leute, die einen Sattelzug voller 5-DM-Münzen geklaut hatten und in einem Bergstollen versteckt haben. Die Bundesregierung nahm das dann zum Anlass, neue 5-DM-Münzen herauszugeben.Peter

Der gesuchte Mehrteiler heißt „Das Ding“, wurde zum ersten Mal 1979 im ZDF gezeigt und geht so: Die mit ihrem Leben unzufriedenen Wehrdienstleistenden Rocky (Wayne Laryea), Sprinter (Stephan Schwartz), Engelchen (Uwe Ochsenknecht) und Joker (Roadent) und ihre Freundin Michaela (Caroline Chaniolleau) überfallen und stehlen gemeinsam einen Geldtransport mit frisch geprägten 5-Mark-Münzen. Die Bundesregierung gibt daraufhin neue Münzen heraus, wodurch die Beute wertlos wird. Auch sonst läuft es schlecht für die Bande: Rocky bleibt nach einem Unfall querschnittgelähmt und fängt an, seine bisherigen Freunde zu hassen. Auf Rache sinnend trainiert er mit einem Gewehr für die geplanten Morde.

„Das Ding“ war die von Uli Edel inszenierte Verfilmung eines Romans von Franz Josef Wagner, der sein Geltungsbedürfnis heute täglich mit seiner fragwürdigen „Post von Wagner“-Kolumne in der „Bild“-Zeitung stillt.
Wegen des gleichen Films erhielten wir in der vergangenen Woche auch Post von Eckhard aus Iserlohn, der „Das Ding“ im Buch vermisst. Das liegt daran, dass es sich um einen Zweiteiler handelte und das „Fernsehlexikon“ in der Regel erst Sendungen ab drei Teilen beinhaltet.

Das doppelte Voxchen

Montag, 8. Januar 2007, 01:17

Der von mir sehr verehrte Sender Vox, der im vergangenen Jahr im Wesentlichen alles richtig gemacht hat, hat eine sehr interessante Programmierungsstrategie für seine Spätfilme entdeckt. Der Film, der sonntags gegen 22.00 Uhr beginnt, kommt ab sofort direkt im Anschluss noch mal. Ohne irgendwas anderes dazwischen. Zum besseren Verständnis: Vox zeigt zweimal sofort hintereinander denselben Film. Einerseits ist das eine ziemlich plumpe Variante, Sendezeit zu füllen, andererseits muss derjenige, der zufällig mitten im Film hineingerät, gefesselt ist und ihn gern komplett sehen würde, nicht lange darauf warten, dass er endlich mal wiederholt wird (im konkreten Fall dieser Woche, „The Crow — Die Rache der Krähe“, ist dieses Verlangen allerdings nicht sehr wahrscheinlich). Wiederum andererseits hat er dann aber gerade vor dem Beginn des Films schon gesehen, wie er ausgeht. Und trotzdem ist das vielleicht die Lösung für das Problem, kompatible Sendungen zu finden, die ein ähnliches Publikum ansprechen, um den audience flow zu verbessern. Ähnlicher geht’s nämlich nicht mehr.

Sie merken, ich weiß noch nicht, ob ich diese Programmplanung blöd oder genial finden soll. Zumindest finde ich sie so absurd, dass ich sie einfach noch ein paar Mal in unterschiedlichen Formulierungen aufschreiben werde, um sie fassen zu können. Also dann: Vox zeigt jetzt sonntags zweimal hintereinander denselben Film. Der Vox-Spätfilm am Sonntag fängt anschließend sofort wieder von vorn an. Vox wiederholt seinen Sonntagsspätfilm direkt nach dem Sonntagsspätfilm. Wenn der Sonntagsspätfilm bei Vox zu Ende ist, fängt er wieder an. Der Sonntagsspätfilm bei Vox kommt anschließend gleich noch mal. Vox bringt also zweimal direkt hintereinander dasselbe! Wenn das jeder machen würde…

Das doppelte Voxchen

Montag, 8. Januar 2007, 01:17

Der von mir sehr verehrte Sender Vox, der im vergangenen Jahr im Wesentlichen alles richtig gemacht hat, hat eine sehr interessante Programmierungsstrategie für seine Spätfilme entdeckt. Der Film, der sonntags gegen 22.00 Uhr beginnt, kommt ab sofort direkt im Anschluss noch mal. Ohne irgendwas anderes dazwischen. Zum besseren Verständnis: Vox zeigt zweimal sofort hintereinander denselben Film. Einerseits ist das eine ziemlich plumpe Variante, Sendezeit zu füllen, andererseits muss derjenige, der zufällig mitten im Film hineingerät, gefesselt ist und ihn gern komplett sehen würde, nicht lange darauf warten, dass er endlich mal wiederholt wird (im konkreten Fall dieser Woche, „The Crow — Die Rache der Krähe“, ist dieses Verlangen allerdings nicht sehr wahrscheinlich). Wiederum andererseits hat er dann aber gerade vor dem Beginn des Films schon gesehen, wie er ausgeht. Und trotzdem ist das vielleicht die Lösung für das Problem, kompatible Sendungen zu finden, die ein ähnliches Publikum ansprechen, um den audience flow zu verbessern. Ähnlicher geht’s nämlich nicht mehr.

Sie merken, ich weiß noch nicht, ob ich diese Programmplanung blöd oder genial finden soll. Zumindest finde ich sie so absurd, dass ich sie einfach noch ein paar Mal in unterschiedlichen Formulierungen aufschreiben werde, um sie fassen zu können. Also dann: Vox zeigt jetzt sonntags zweimal hintereinander denselben Film. Der Vox-Spätfilm am Sonntag fängt anschließend sofort wieder von vorn an. Vox wiederholt seinen Sonntagsspätfilm direkt nach dem Sonntagsspätfilm. Wenn der Sonntagsspätfilm bei Vox zu Ende ist, fängt er wieder an. Der Sonntagsspätfilm bei Vox kommt anschließend gleich noch mal. Vox bringt also zweimal direkt hintereinander dasselbe! Wenn das jeder machen würde…

Das Eieiei des Kolumbus

Montag, 24. Februar 2014, 17:29

EinsPlus hat das Rad erfunden. Ach was, das Feuer entdeckt! Nein, noch besser: Der Sender blendet bald Tweets im Fernsehen ein!

So werden die Sendungen des Eurovision Song Contest zu einem „einzigartigen interaktiven Live-Erlebnis“, jubelt die Pressemitteilung.

Der ARD-Digitalkanal überträgt das Clubkonzert aus Hamburg (27.2.), den Vorentscheid (13.3.), die Halbfinals (6. und 8.5.) sowie das Finale (10.5.) live und zeigt gleichzeitig die Kommentare der Zuschauer aus den sozialen Netzwerken im selben Bild.

Das hat es so noch nie gegeben!

Fotos, Tweets und Kommentare, die Zuschauer per #ESC oder #EinsPlus via Twitter, Instagram oder Facebook absetzen, zeigt EinsPlus in seinem innovativen „One-Screen-Angebot“ neben dem Fernsehbild live auf dem Bildschirm.

Potzblitz.

Damit bietet EinsPlus total exklusiven Content, denn Fotos, Tweets und Kommentare von Twitter, Instagram und Facebook können Interessierte sonst allenfalls bei Twitter, Instagram und Facebook lesen. Der Clou: Bei EinsPlus werden all diese Kommentare jetzt auch von Menschen gesehen, die sich einen Scheiß für Twitter, Instagram und Facebook interessieren, dafür aber vielleicht die Auftritte der Musiker gern auf voller Bildschirmgröße gesehen hätten.

Die deutsche Medienlandschaft atmet auf. In der verzweifelten ARD hat man einen Weg gefunden, sein gewollt junges Programm für die junge Zielgruppe des digitalen Zeitalters interessant zu machen. Man blendet einfach die Inhalte, die in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, auch im Fernsehen ein. Brillant! Man könnte noch weiter gehen und auch Blog-Einträge zum Thema als Laufschrift eins zu eins durchs Bild laufen lassen. Warum nicht? Der Hilflosigkeit sind schließlich keine Grenzen gesetzt.

Wie man beispielsweise Twitter wirklich innovativ und sogar sinnvoll einbinden kann, zeigten vergangene Woche die Brit Awards beim englischen Sender ITV. Während in Deutschland, auch bei diesem ESC, die Publikumsabstimmungen grundsätzlich über teure Anrufe und SMS vollzogen werden, stimmte das englische Publikum per Twitter ab: mit einem Hashtag, einem vorgegebenen Stichwort zur Veranstaltung und dem Namen der Band, die man wählte. Also im Normalfall „#BRITsOneDirection“. Das war neu, kostenlos und auch noch fairer: Während jeder Fan beliebig oft dieselbe Telefonnummer wählen kann, wurde hier nur eine Stimme pro Twitter-Account gewertet. Dezent war es außerdem, denn Desinteressierte wurden nicht mit unqualifizierten Kommentar-Einblendungen belästigt.

Gleichzeitig war es allerdings das Ende der geheimen Abstimmung. Twitter ist öffentlich, und jeder kann nachvollziehen, wer wem seine Stimme gegeben hat. Schon allein deshalb würde dieser Weg in Deutschland nicht funktionieren. Wer würde schon öffentlich zugeben wollen, einen ARD-Jugendkanal zu gucken?

Das Ende der Daily-Talk-Ära

Montag, 31. August 2009, 13:04

Und so endete am vergangenen Freitag nach 17 Jahren die Ära der Daily Talkshow auf RTL:

Man kann das natürlich ein bisschen unwürdig finden. Aber eigentlich war es ein angemessenes Ende für das Genre im Allgemeinen und die Oliver-Geissen-Show im Besonderen: mit noch ein bisschen Sich-gegenseitig-eklig-finden und Durcheinander-Reden, einem vagen „Wenn ihr glücklich seid, hab ich auch nichts dagegen“-Fazit und einem Moderator, der wirkte, als sei er ohnehin nur kurz vorbeigeschlappt, weil das Studio zufällig auf dem Weg vom Bett zum Badezimmer lag.

Britt, die immer noch tapfer werktags um eins Vaterschaftstests öffnet und Lügendetektor-Ergebnisse verliest, ist jetzt die letzte Vertreterin eines Genres, das es zu seiner Hochzeit in der Fernsehsaison 1999/2000 auf 13 verschiedene Sendungen täglich brachte.

Vermutlich wird man sich angesichts des pseudodokumentarischen Quatsches, der sich stattdessen im Tagesprogramm breit macht, schon bald danach zurücksehen, dass man die Hartz-IV-Empfänger wieder in irgendwelchen bunten Fernsehstudios sieht anstatt in ihren Wohnzimmern und dass sie wenigstens nur sich selbst spielen. Aber vorerst ist die Zeit des Daily Talk abgelaufen.

Zur Erinnerung an die guten, schlechten Zeiten bietet Ihnen „Das Fernsehlexikon“ die ganze Epoche auf einen Blick:

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