Bublaths letzte All-Tour

Als Thema für seine letzte Sendung hat sich Joachim Bublath nichts Geringeres ausgesucht als den Ursprung des Universums. „Diese Galaxien sind zwölf Milliarden alt“, betont der Off-Sprecher als wolle er sagen, diese 65 Jahre, derentwegen Bublath aufs Altenteil geschoben wird, seien im Vergleich dazu doch lächerlich.

Seit 1981 leitete Bublath die Naturwissenschaftsredaktion im ZDF, und natürlich könnte er auch im offiziellen Ruhestand als freier Mitarbeiter weiterhin Sendungen gestalten, doch offenbar möchte das ZDF das nicht, dessen Zuschauer nur unwesentlich jünger sind als der Große Wagen, das in der Pressemitteilung emotionslos erörtert, Bublath habe die Altersgrenze erreicht. In der letzten Sendung deutet zumindest nichts darauf hin, dass Bublath freiwillig aufhört.

Doch keine Sorge, auch in Zukunft müssen Sie nicht auf 30-minütige Computeranimationen verzichten, die von kurzen Anmoderationen unterbrochen werden. Der Physiker Harald Lesch übernimmt die Sendung, die dann wieder den Titel Abenteuer Forschung erhält, den das ZDF erst vor vier Jahren in einem bemerkenswerten Fall von Kurzsicht zugunsten des Sendetitels Joachim Bublath ausrangiert hatte.

Aus Bublath selbst ist in seiner letzten Sendung keine Bitterkeit zu hören. Er moderiert wie immer: voller Begeisterung für die Themen, die ihn im Gegensatz zu den meisten Magazinmoderatoren ja wirklich interessieren und von denen er Ahnung hat, voller Aufregung in der Stimme, während er fast jedes Wort einzeln spricht und bei jeder Betonung, und das sind nicht wenige, mit dem Oberkörper ein Stück nach vorn kippt, was ihn zum Traum für jeden Parodisten machte.

Nur einmal erwähnt er, wie schwierig es gewesen sei, wissenschaftliche Themen überhaupt im ZDF unterzubringen, und wie er dann mit Fernsehpreisen überhäuft worden sei. Mehr Verbitterung klingt aus den Beiträgen. Am Ende gibt es einen Rückblick auf die vielen erfolgreichen Sendungen, die Bublath in den vergangenen Jahrzehnten für das ZDF moderiert hatte — eine große Abschiedsgala wie beim ebenfalls geschassten, aber fünf Jahre älteren Dieter Thomas Heck schenkt ihm ja niemand, also passiert die Retrospektive in der seiner eigenen Sendung: die Sondersendungen zum Halleyschen Kometen 1986 oder zur Sonnenfinsternis 1999, die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises ab 1997, aber vor allem die Reihen Aus Forschung und Technik, Abenteuer Forschung, Faszination Erde und die Knoff-hoff-Show. Bublath scheint nie verwunden zu haben, aus der Primetime in den späteren Abend abgeschoben worden zu sein. Einmal betont der Off-Sprecher, dass „zur besten Sendezeit“ zehn Millionen Menschen zugesehen haben, einmal fällt „20.15 Uhr“ und gleich zweimal der Begriff „Hauptabendprogramm“.

Die vielen alten Ausschnitte verdeutlichten verschiedenes:

  • dass Bublath ein Zombie ist, der einfach nicht älter zu werden scheint — wäre er jetzt nicht zu alt, hätte er uns dieses Phänomen in einer späteren Ausgabe erklären können
  • dass er weit über Computeranimationen des Universums hinaus über Jahrzehnte eine der prägenden Gestalten des ZDF war, ohne je ein großer Star zu werden
  • dass er Vorreiter im heute gängigen Bestreben war, wissenschaftliche Themen unterhaltsam zu verpacken
  • und dass niemand so viele Explosionen auslösen konnte wie er in der Knoff-hoff-Show, ohne das ZDF-Sendezentrum zu zerstören.

Joachim Bublath muss ein guter Mensch sein. Sonst hätte er es spätestens am Mittwochabend womöglich doch getan.

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Michael, 6. März 2008, 01:16.

17 Kommentare


  1. im gegensatz zu lesch war bublath immer eine absolute und unerträgliche schlaftablette.

    seine begeisterung übertrug sich sowenig wie die des staubsaugervertreters auf für sein produkt.

    auf harald lesch freue ich mich, noch mehr aber freute ich mich über einstündige alpha-centauri folgen.

  2. … sorry. „…wie die des staubsaugervertreters für sein produkt auf den zuschauer.“ muß das heißen. noch ein bißchen früh für mich.

  3. Bei deinem Nachruf kommt mir fast eine kleine Träne aus meinem Glandula Lacrimalis.

  4. während er fast jedes Wort einzeln spricht und bei jeder Betonung, und das sind nicht wenige, mit dem Oberkörper ein Stück nach vorn kippt, was ihn zum Traum für jeden Parodisten machte.

    Was Bully Herbig im zweitbesten Bully-Paraden-Sketch aller Zeiten (Bublath – Aufzug – knutschendes Pärchen) ja auch ausgiebig und erfolgreich ausnutzt.

  5. Und ich hatte immer gedacht/geHOFFt, diese unsägliche Knoff-HOFF-Show *kiecher* sei gegen seinen Willen entstanden. Eine Wissenschaftssendung die nichts erklärt sondern nur noch aus Bumm und Puff besteht. Grauenhauft…

  6. dass er Vorreiter im heute gängigen Bestreben war, wissenschaftliche Themen unterhaltsam zu verpacken

    Das waren wohl eher Heinz Haber, Hoimar von Ditfurth, Sielman und Grzimek. Was Bublath geschafft hat war dafür zu sorgen, dass es bei Wissenschaftssendungen im TV mehr auf die Art der Presentation ankommt als auf den Inhalt.

  7. […] (via und weiteres im Fernsehlexikon) […]

  8. @Ute:
    Genau! Denk ich an Bublath – denk ich an Bully! Einfach genial!

  9. @Galomtala
    Volle Zustimmung.

    Ansonsten: Schöner „Nachruf“.

  10. Mann im Mond,

    Die mit Abstand beste Sendung von Bublath ist und bleibt „Der Physik-Zirkus“ aus den späten 70ern. Bildungsfernsehen der alten Schule ohne großen Schnickschnack, die Sendung mit der Maus für Ausgewachsene.

    Warum so viele auf den Herrn Lesch abfahren, entzieht sich aber immer noch meinem Verständnis.

  11. Das verstehe ich auch nicht. Ich empfinde den als unangenehm aufdringlich.

  12. Irgendwie mag ich ihn seit Menschen bei Maischberger mit Nina Hagen…

  13. Also Joachim Bublath jetzt, Harald Lesch mag ich irgendwie einfach so…

  14. Ich bin mal gespannt, wie H. Lesch so beim ZDF-Publikum ankommt. Wenn man sich mal anschauen will wie er vor Studenten wirkt, kann sich beim timms einen etwa 1,2 Stunden langen Vortrag anschauen.
    Man muß sich erst an seine Art gewöhnen, aber mittlerweile mag ich
    ihn.

    Neben alpha centauri hat der BR nach dem gleichen Muster (Fachman erzählt 15 Minuten lang über interesante Themen) noch einge andere Sendereihen gestartet. Besonders empfehlenswert ist mMn Manfred Spitzer – Geist & Gehirn

  15. Also, ich hab Bublath immer gemocht, seit er mit der erfrischenden Rrrrrramona Leiß (ja, so viele r!) zu Dixie-Klängen das Studio in die Luft jagte. Daß er bei dieser Unterhaltungssendung nebenbei noch ein bißchen Wissenschaft vermittelte, hat keinem geschadet.

    Und seit dem Totalausfall von Nina Hagen bei Maischberger mag ich ihn noch mehr – wo er doch der einzige Nicht-Mutant war. Ich nehme ihm auch nicht übel, daß er als Wegbereiter vielleicht indirekt Schuld an quotenstarken Sendungen wie „Galileo“ und „Clever“ ist.

    Es ist nur bezeichnend, daß es das ZDF immer wieder schafft, sich konsequent und umfassend selbst zu demontieren. Das kann ja kein Zufall mehr sein, dahinter steckt Methode – furchtbar! Mir scheint es immer so, als wolle man Methusalem mit ein bißchen Botox und Lifting zum hippen Teenager verjüngen. Das kann nicht klappen, sondern nur grotesk wirken, und genau das tut es auch.

    Wenigstens haben wir jetzt gelernt, daß in rund 21 Jahren Schluß ist mit Kerner.

  16. Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (GWUP) verleiht den Carl-Sagan-Preis 2008 an den Wissenschaftsjournalisten Dr. Joachim Bublath. Mit diesem Preis, benannt nach dem Astronomen Carl Sagan, zeichnen die Skeptiker Journalisten aus, die kritisch und mutig über Esoterik, Para- und Pseudowissenschaften berichten. Joachim Bublath erhält den Carl-Sagan-Preis für sein journalistisches Lebenswerk bei der GWUP-Konferenz am 1. Mai 2008 in Darmstadt. Mehr unter: http://blog.gwup.net/2008/04/26/carl-sagan-preis-2008-fur-dr-joachim-bublath/

  17. Franz Illenberger,

    Das Unerträgliche an Harald Lesch sind seine Kniefälle vor der Theologie und seine krampfhaften Versuche, die Wissenschaft mit seinem Gottesglauben zu vereinen. Den Carl-Sagan-Preis wird er sicher nie bekommen. Vielleicht sollte er sich mal für den Templeton-Preis bewerben:
    http://www.templetonprize.org/



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