Zu spätes Nachtjournal immer früher

Das RTL-Nachtjournal hat heute, am 18. Januar, den 20. Geburtstag des RTL-Nachtjournals gefeiert und den Jahrestag in ebendiesem mit Jubiläumsberichterstattung gewürdigt. Das ist sein gutes Recht, denn das RTL-Nachtjournal kann seine Jahrestage ja feiern, wann es will. Aber vielleicht sollte das RTL-Nachtjournal nicht erfahren, dass das RTL-Nachtjournal sich so wichtige Jahrestage nicht richtig merken kann. Sonst wäre das RTL-Nachtjournal bestimmt beleidigt.

Vor fünf Jahren noch war das RTL-Nachtjournal vier Wochen später dran und feierte seinen 15. Geburtstag am 16. Februar. Da sehe ich also eine gewisse Diskrepanz. Aber auf Fakten und Genauigkeit kommt es in einer solchen Sendung ja zum Glück nicht an.

Sendestart war 1994 übrigens in der Nacht vom 3. auf den 4. Januar.

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Michael, 18. Januar 2014, 02:30.

Das deutsche Fernsehen wird 60 — Warum es gescheitert ist

Heute vor 60 Jahren begann das Fernsehen in Deutschland mit der Ausstrahlung von regelmäßigem Programm. Wann es wieder damit aufgehört hat, kann nicht exakt rekonstruiert werden.

Das Fernsehen in Deutschland hat seine besten Zeiten hinter sich. Es ist allerdings nicht mehr ein Auslaufmodell als Zeitungen auf Papier. Es wird es lange geben. Dass es sich Diskussionen über seine Zukunft gefallen lassen muss, hat es sich auch selbst zuzusschreiben.

Denn die Frage nach der Henne und dem Ei stellt sich auch beim Fernsehen. Was war zuerst da? Die technische Möglichkeit, unabhängig vom ausgestrahlten Programm seine Lieblingssendungen ansehen zu können wann und wo man will? Oder war die Motivation, diese technischen Möglichkeiten zu schaffen, getrieben vom unzureichenden Programmangebot?

Das deutsche Fernsehen tut seit langer Zeit viel dafür, es sich mit seinen Zuschauern zu verscherzen. Und das hat viel mit der eingangs angesprochenen Regelmäßigkeit zu tun. Denn Verlass ist auf das Fernsehen nicht. Wann weiß man schon noch mit Sicherheit, wann etwas kommt? Die Tagesschau immer um 20.00 Uhr. Der Tatort immer sonntags um 20.15 Uhr. Two And A Half Men immer. Aber das war’s doch. Selbst die Nachrichtenmagazine Tagesthemen und heute-journal kommen höchstens noch viermal die Woche zur eigentlichen Zeit.

Serienfans sind am meisten gebeutelt. Serien werden gestartet und abgesetzt, kurzfristig auf abwegigen Sendeplätzen versteckt oder in willkürlicher Reihenfolge gezeigt. Oder einfach gar nicht. Sogar Vox, bisher der verlässlichste Sender, überspringt nun die 2. Hälfte der 12. Staffel der Serie Law & Order: Special Victims Unit und damit einen relevanten Handlungsstrang, der zur Auswechslung des Hauptdarstellers führt, und macht gleich bei Staffel 13 weiter. Andere Sender handhaben ihre Ausstrahlungspraxis längst ähnlich, einfach weil es offenbar egal ist. Da ist es doch kein Wunder, wenn Zuschauer, die sich wirklich für die Programme interessieren, auf das Internet oder DVDs ausweichen.

Die Zuschauer, denen es nur darauf ankommt, dass die Glotze läuft, denen das ausgestrahlte Programm aber egal ist, wird das Fernsehen immer behalten. Und damit sind sie in guter Gesellschaft. Denn den Machern ist das Programm ja auch egal. Würden sie andernfalls so lieblos mit ihren eigenen Sendungen umghen?

Es geht nicht nur um die Reihenfolge und die Sendeplätze. Es geht um die Behandlung jeder einzelnen Sendung. Werbeunterbrechungen werden an beliebigen Stellen ins Programm gerotzt, gern mitten in eine Szene und mitten in einen Dialog hinein. Jegliche Dramaturgie geht dabei flöten.

Dass Fernsehsendungen überhaupt von Werbung unterbrochen werden, ist nicht das Problem. Irgendwie muss das Programm schließlich finanziert werden. Das Problem ist, wie dies geschieht. Wenn ich in den USA Serien sehe, werden diese zwar noch häufiger unterbrochen als bei uns, aber es nervt weniger. Denn die Serien sind wie ein Theaterstück in mehrere Akte unterteilt, und am Ende eines Akts gibt es womöglich sogar so etwas wie einen Cliffhanger und dann die Pause. Das deutsche Fernsehen setzt seine Werbeblöcke bei US-Produktionen aber nicht an diese dafür vorgesehenen Stellen, sondern einfach irgendwohin. Darauf angesprochen, erklären die Sender einhellig, die deutschen Werberichtlinien ließen es nicht zu, die Werbung an diesen Stellen zu platzieren. Das ist Quatsch. Es zwingt die Deutschen ja niemand dazu, an allen dieser Stellen Werbung zu platzieren. De facto sind die Positionen der zweiten und vierten Unterbrechung in einer amerikanischen TV-Stunde nahezu identisch mit den den Positionen der ersten und zweiten Unterbrechung bei uns. Nahezu. Will man uns beim Privatfernsehen ernsthaft erzählen, es gebe keinen Spielraum für ein Verschiebung der Blöcke um 30 bis 120 Sekunden? Das wäre seltsam, denn immer wenn die Platzierung der Werbeblöcke exakt an das starke Konkurrenzprogramm im anderen Sender angepasst wird, scheint das kein Problem zu sein.

Es geht außerdem um die Eindeutschung ausländischer Produktionen, mit der oft Übersetzer und Autoren beauftragt sind, denen diese Produktionen selbst, ihr Umfeld und Anlass nicht geläufig sind – oder auch wieder schlicht egal. Die Simpsons wurden fünfzehn Jahre lang von jemandem übersetzt, der die Gags nicht verstannd und sie deshalb in der deutschen Fassung verschwinden ließ. Dr. House wurde von jemandem übersetzt, der die Serie vielleicht nicht einmal sah. Im Serienfinale, das RTL im Dezember zeigte, schlossen die Autoren einen Kreis. Zu Beginn der Pilotfolge hatte House den Krebs einer Patientin als langweilig abgetan. Damit wurde House als jemand eingeführt, der knifflige Rätsel liebt, der medizinisch herausgefordert werden will. Krebs vermag das nicht. „Sie hat Krebs. Sie wird sterben. Langweilig“. Am Ende der letzten Folge bricht House mit seinem an Krebs erkrankten Freund Wilson ins Abenteuer auf Motorrädern auf, um dessen letzte Monate auszukosten. Als Wilson noch einmal auf seinen Krebs zu sprechen kommen will, fährt House ihm über den Mund und sagt: „Krebs ist langweilig“. Es sind die letzten Worte in der Serie. Aber nur im Original. In der deutschen Fassung sagt House: „Scheiß auf den.“ Das mag sinngemäß ähnlich sein, spannt aber nicht den Bogen zurück zum Serienanfang. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber solche Details machen viel vom Reiz einer Serie aus. Sonst könnte man auch gleich wieder Ansagerinnen Inhaltsangaben verlesen lassen und müsste die Sendungen selbst gar nicht zeigen.

All dies sind keine Auswüchse des heutigen Privatfernsehens. Früher war nicht alles besser: Auch früher wurden die meisten Serien und von den anderen Serien die meisten Folgen den Zuschauern vorenthalten. Wir haben es nur nicht gemerkt, es gab ja noch kein Internet. Aber wenn ARD oder ZDF in den 1960er-Jahren 13 oder 26 Folgen einer Serie gezeigt hatten, war es meist genug, zum Beispiel bei Auf der Flucht oder Ihr Auftritt, Al Mundy. Ob dann noch hunderte Folgen übrig waren, spielte keine Rolle. Selbst von der 80er-Jahre-Kultserie Ein Colt für alle Fälle wurden bis heute mehr als ein Dutzend Folgen in Deutschland nie gezeigt, von Rauchende Colts fehlen uns etwa 400.

Auch Synchronfassungen hatten damals nur bedingt mit dem Original zu tun. Der Synchronautor Rainer Brandt ergänzte Die 2 im ZDF um viele neue Gags, was ihm allgemein und fälschlerweise den Ruf einbrachte, die Serie dadurch und nur in Deutschland zu einem Erfolg gemacht zu haben. Tatsächlich ließ er in ähnlichem Maße Gags weg und ersetzte den subtilen, hintergründigen Humor der Originaltonfassung mit deutschen Holzhammer-Sprüchen, wie er sie auch in die Filme mit Terence Hill und Bud Spencer einbaute. Die ARD schnitt aus jeder Folge von Magnum mehrere Minuten raus und brachte sie damit nicht nur auf die 45 Minuten Länge, die sie der Serie wöchentlich zubilligten, sondern entfernten aus der Biografie der Hauptfigur die komplette Vietnam-Vergangenheit. Aus Columbo wurden noch größere Stücke entfernt, damit man die Reihe zeitlich im Vorabendprogramm unterbringen konnte. Die niederländische Serie Das Geheimnis des siebten Weges konnte nach 1994 nirgendwo mehr wiederholt werden, weil der SWF sie weggeworfen und damit die deutsche Fassung vernichtet hatte. So scheint es also, als habe das deutsche Fernsehen seine Zuschauer noch nie ernstgenommen, nicht erst neuerdings.

Hat das Fernsehen also noch eine Zukunft? Selbst macht es zumindest keine Anstalten, auch nur den Anschein zu erwecken. Wo investiert das Fernsehen denn noch in die Formate von morgen? Wo bemüht es sich denn, etwas Neues zu schaffen, mit dem man zumindest über das nächste Jahrzehnt kommen könnte, statt immer und immer wieder das Bestehende wiederzukäuen, weil man damit ja immerhin noch über das nächste Jahr kommt, und dann kann man ja weitersehen?

Weder beim öffentlich-rechtlichen noch im privaten Fernsehen finden sich Macher, die ein Gefühl für Fernsehen haben und nicht nur kalkulierend die sichere Bank einfordern. Produzenten haben kaum eine Chance, für ein neues, innovatives Format einen Abnehmer zu finden. Dagegen ist die Chance groß, wenn es sich um ein Überflieger-Format aus dem Ausland handelt, oder noch besser: um ein Format, das es in ähnlicher Form sogar in Deutschland schon gibt und die Zuschauerresonanz deshalb absehbar ist. Aus diesem Grund gab es so lange überall Quizsendungen, bis die Quoten einbrachen, weil die Übersättigung eingetreten war. Ebenso lief es mit Talk- und Gerichtsshows. Mit amerikanischen Forensik-Serien. Derzeit erleben die Castingshows den kollektiven Quotenrückgang, weil es einfach zu viele von ihnen gibt. Und bei den Sendern verzweifelt man, weil man auf die Zeit danach nicht vorbereitet ist. Dazu hätte man ja mal was Neues ausprobieren müssen. Alle warten nur darauf, dass jemand anderem mal ein Zufallstreffer gelingt, damit sie den dann kopieren können.

Das Personal, das zur Präsentation dieser Sendungen verpflichtet wird, wirkt ebenfalls nicht wie eine Investition in die Zukunft. Einzig und ausgerechnet RTL hat in den vergangenen Jahren mit Daniel Hartwich einen Newcomer systematisch gefördert und aufgebaut. Die Öffentlich-Rechtlichen hätten diese Möglichkeit auch. In den dritten Programmen und den Digitalkanälen gibt es talentierte junge Leute. Aber niemand traut sich, sie auf ein großes Publikum loszulassen. So hat das ZDF zum Beispiel Joko & Klaas verloren. Bei der ARD hat man gar keine Zeit, den eigenen Nachwuchs zu sichten, weil man viel zu beschäftigt damit ist, eine Verwendung für vielsprechende junge Neueinkäufe wie Thomas Gottschalk zu finden.

Einer der Gründe, warum hier im Blog so wenig passiert, ist, dass ich es schlicht kaum noch ertragen kann, mir das Fernsehprogramm anzusehen, über das ich dann schreiben würde. Es langweilt mich, mir sogenannte „neue“ Showideen anzusehen, die erstens nur eine Abwandlung von Bewährtem sind und zweitens so stromlinienförmig, dass es schwerfällt, überhaupt eine Meinung zu entwickeln. Es nervt mich, neue Serien zu besprechen, die dann doch nur maximal sechs Wochen im Programm sind und dann abgesetzt werden. Und es kotzt mich an, aus dem Genuss einer Sendung rüde herausgerissen zu werden, weil mitten in der Szene die Werbung kommt, ein Programmhinweis eingeblendet wird oder die sentimentale Schlussszene abgerissen wird, weil der Splitscreen-Abspann mich auf den nächsten Blockbuster hinweist.

Ich gucke weiter meine Lieblingsserien auf DVD oder Festplatte, gucke die heute-show in der ZDF-Mediathek oder sogar manchmal im Fernsehen, und ich gucke Schlag den Raab zeitversetzt vom Festplattenrekorder und hole auf diese Weise meistens nach spätestens zwei Stunden die TV-Ausstrahlung ein. Damit hat sich mein TV-Konsum aber auch schon. Ich informiere mich über Nachrichtenportale im Internet, Deutschlandradio Kultur und für ausführlichere Hintergründe gelegentlich mit dem Blick in gedruckte Zeitungen. Ich gucke was ich will und wann ich es will. Manchmal entdecke ich durch Zufall eine der Dokumentationen, die die ARD zeigt, wenn alle im Bett sind, und sehe sie dann später. Das Fernsehprogramm spielt für mich kaum noch eine Rolle.

Für mich ist es deshalb nicht so, dass das Fernsehen in seiner jetzigen Form keine Zukunft hat. Es hat längst keine Gegenwart mehr.

 

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Michael, 25. Dezember 2012, 15:18.

Vierzig und rüstig


Repro: WDR

Fast so häufig wie von ihm neue Folgen zu sehen sind feiert der ARD-Tatort Jubiläum. Am Montag wird er 40 Jahre alt. Und in wenigen Monaten steht die 800. Folge an.

Das ergibt umgerechnet knapp 20 Tatorte im Jahr, aber dieser Schnitt wird durch die Anfangsjahre nach unten gezogen, als nur jeden Monat ein neuer lief. 2010 werden es 35 neue Filme gewesen sein, und ein Overkill ist nicht zu erkennen. Der Tatort ist im Jubiläumsjahr sogar erfolgreicher geworden. Derzeit sehen sonntags im Schnitt mehr als eine halbe Million Menschen mehr zu als vor einem Jahr.

Als er 30 wurde, gehörte der Tatort zu den populärsten Fernsehsendungen in Deutschland. Mehr Zuschauer hatten nur Wetten, dass…? und Wer wird Millionär?. Heute rangiert niemand mehr über dem Tatort, weil ihm das Kunststück gelungen ist, seine regelmäßige Zuschauerzahl seit zehn Jahren weitgehend konstant zu halten, während die Einschaltzahlen der anderen Erfolgssendungen am Tatort vorbei nach unten rutschten oder enorm schwanken.

Axel Prahl und Jan-Josef Liefers als verrücktes Paar Kommissar Thiel und Prof. Boerne aus Münster sind die beliebtesten Ermittler und die einzigen, die zuverlässig mehr als zehn Millionen Zuschauer anlocken. Aber erfolgreich sind oder waren sie alle. Sogar die jahrelange Depri-Grütze aus Frankfurt.

Interessant ist, dass der Tatort oft sogar beim jungen Publikum Marktführer ist, das die ARD sonst nur aus Erzählungen der Eltern kennt.

Was ist das Geheimnis des Erfolgs?

Nun, meistens sind es sehr ordentliche Filme. Aber viel wichtiger: Der Vorspann. Wenn der Tatort-Vorspann kommt, wird weitergeguckt. Und es schadet nicht, dass die Tatort-Gewohnheit direkt an die Tagesschau-Gewohnheit anschließt. Deshalb haben auch neue Kommissare es leicht, sich zu etablieren. Würden neue Krimireihen mit neuen Ermittlern unter einem x-beliebigen Titel auf Sendung gehen, hätten sie es heute schwer, auf Anhieb ein großes Publikum zu finden. Aber so lange Tatort drauf steht, kann nichts passieren. Und deshalb wird auch Ulrich Tukur als Wiesbadener LKA-Beamter mit Hirntumor heute einen guten Einstand haben.

Tukur ist nicht der Nachfolger eines ausgedienten Tatort-Teams. Er nimmt den Platz einer Reihe von Filmen des Hessischen Rundfunks ein, die als Polizeiruf 110 gezeigt wurden – die andere Krimireihe der ARD, die manchmal sonntags kommt und die sich inhaltlich ohnehin immer mehr dem Tatort annähert. Aus inhaltlicher Sicht wäre es sicher egal gewesen, ob die Filme mit Tukur weiter unter dem Titel Polizeiruf 110 gelaufen wären. Aber es gibt natürlich einen triftigen Grund, warum sie Tatort heißen: Richtig, der Vorspann.

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Michael, 28. November 2010, 12:26.

Das Jahr des Affen. Und des Pferdes!

Ein gutes neues Jahr.

Auch wenn Menschen, die in Nord-  oder Ostdeutschland aufgewachsen sind, jetzt fragend auf ihren Bildschirm starren werden, aber der Affe und der Gaul, die da unten gleich singen, sind im Südwesten Kult.

Das schwäbisch sprechende Duo Äffle und Pferdle war für das Werbefernsehen des SDR, was die Mainzelmännchen für das ZDF oder Ute, Schnute, Kasimir für den WDR waren: In kurzen Zeichentrickfilmchen, die nur wenige Sekunden dauerten, traten sie mit allerlei Witzchen zwischen den Werbespots auf und machten auf diese Weise die Werbeblöcke zwar noch länger, aber auch unterhaltsamer. Sie tun das beim SWR bis heute, auch wenn die Produktion längst eingestellt wurde und viele es nicht mehr merken, weil erstens das ARD-Vorabendprogramm weitgehend uninteressant geworden ist und zweitens dank Kabel- oder Satellitenempfang und dem Rückgang terrestrischen Empfangs längst nicht mehr jeder zwingend das sieht, was der „Heimatsender“ in seinem Bundesland ausstrahlt.

Heute wird das Pferdle 50 Jahre alt (das Äffle kam erst später dazu). Hier steht die Geschichte etwas ausführlicher. Und als Ständchen (pardon: vermutlich heißt es in der Landessprache „Ständle“) singen sie sich selbst jetzt ihren größten Hit.

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Michael, 1. Januar 2010, 00:00.

Ich hab noch Sand in den Augen aus der DDR

Wie Sie vielleicht schon in Tageszeitungen gelesen haben, die sonst nichts zu berichten haben, wird das Sandmännchen heute 50. (Die „Rhein-Zeitung“ hielt dies zum Beispiel für einen Aufmacher auf Seite 1. Nun denn.)

Der Jahrestag betrifft das Ost-Sandmännchen, das damals das erste der beiden war und heute der letzte Hinterbliebene des Fernsehens der DDR ist (und werfen Sie an dieser Stelle den Polizeiruf 110 nur ein, wenn Sie ihn auch ohne Vorspann noch vom Tatort unterscheiden können). Für uns ein schöner Anlass, die umfassenden Lexikontexte zu den Sandmännern aus Ost und West endlich online verfügbar zu machen und nun ins Bett zu gehen. Gute Nacht.


Foto: rbb

Ach ja, vorher vielleicht noch die Jubiläumsendung im RBB programmieren. Heute um 20.15 Uhr: Danke für die Träume.

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Michael, 22. November 2009, 18:17.

Antwort A

Die Premiere habe ich verpasst. Da ging es mir wie den meisten. Die erste Ausgabe von Wer wird Millionär? vor zehn Jahren war noch weit davon entfernt, ein großer Erfolg zu sein. Zur zweiten Sendung gleich am nächsten Abend schalteten sogar noch weniger Menschen ein, doch zu diesen gehörte ich jetzt. Und es ging mir offenbar wie den anderen: Ich war gefesselt und wollte die Show unbedingt wieder sehen. Wieder war ich nicht allein. An den nächsten beiden Abenden stieg die Zuschauerzahl kontinuierlich an, und am vierten Abend konnte man von einem echten Erfolg sprechen: Sieben Millionen waren inzwischen zusammengekommen. Hätte die erste Staffel nicht nur vier Sendungen umfasst, wäre die Zahl vielleicht noch weiter gestiegen. Diese Überlegung bewog RTL dazu, fünf Monate später gleich zehn Ausgaben innerhalb von zwei Wochen zu senden, und es funktionierte: Bis zum Staffelfinale stieg die Zuschauerzahl diesmal auf unglaubliche 12 Millionen. Doch dann war wieder für vier Monate Pause.

Noch zweimal verfuhr RTL nach diesem ungewöhnlichen Ausstrahlungsprinzip, und fortan musste sich die Zahl nicht erst auf 12 Millionen steigern, sondern blieb von Anfang an so ungewöhnlich hoch. Wer wird Millionär? war zu einem Ereignis geworden, das selten eintrat, dann aber eine Weile anhielt.

Nicht nur der Senderhythmus, auch der Inhalt der Show war revolutionär, obwohl da doch auf den ersten Blick nur ein Moderator saß und einem Kandidaten Fragen stellte, wie früher in Omas Fernsehen. Darüber hinaus schien es auch noch viel einfacher zu sein, hier Geld zu gewinnen. Auf jede Frage wurden vier Antwortmöglichkeiten vorgegeben, man konnte also notfalls raten. Dann hatte man auch noch drei Joker zur Verfügung, man durfte zum Beispiel jemanden anrufen und einfach fragen. Es gab nicht einmal eine zeitliche Beschränkung. Bei jeder Frage konnten die Kandidaten so lange herumdenken, drucksen, grübeln und umentscheiden wie sie wollten. Es ging noch weiter: Wie in vielen anderen Gameshows konnte man auch hier irgendwann mit dem bis dahin gewonnenen Geld aussteigen, aber bei WWM konnte man sogar noch aufhören, wenn man die nächste Frage schon gehört hatte! Sprich: Wenn man die Antwort nicht wusste, konnte man einfach aufhören und die Kohle mitnehmen. Das hatte es noch nie gegeben! Darüber hinaus gab es noch diese Sicherheitsstufen bei den Beträgen 1.000 und 32.000 Mark, die man, wenn einmal erreicht, sogar behalten durfte, wenn man eine falsche Antwort gab. In dieser Show konnte man eigentlich gar nicht verlieren.

Und trotzdem war sie spannend wie lange nichts. Das lag zum einen an Günther Jauch, dessen unlesbare Gesichtsverrenkungen Titelthema fast aller wichtigen Zeitschriften wurden. Zum anderen an der fehlenden Zeitbeschränkung. Dadurch kam zwar kaum Tempo auf, aber der Nervenkitzel stieg weiter, je länger man Zeit hatte, an der eigentlich vermuteten Antwort doch noch zu zweifeln. Und an risikobereiten Zockern, die eben nicht die Chance nutzten, die Antwort zu verweigern, sondern auf gut Glück rieten und Gefahr liefen, das Geld doch noch zu verlieren. Man konnte mit den einzelnen Kandidaten mitfiebern, denn weil nicht mehrere gegeneinander, sondern immer einer allein spielte, hatte man die Gelegenheit, sie besser kennenzulernen und mit ihnen oder gegen sie zu sympathisieren – und zwar datumsübergreifend. Die Sendung hatte nämlich keinen echten Schluss. Wenn die Zeit um war, wurde mit dem Kandidaten eben beim nächsten Mal weitergespielt. Die Gewinnsumme von einer Million war natürlich auch höher als alles bisher. Millionär konnte man vorher im Fernsehen nicht so einfach werden.

Warum schreibe ich das alles hier auf, obwohl doch jeder weiß, wie diese Sendung funktioniert? Genau deshalb, denn es sagt viel über das Phänomen aus. Jeder kennt diese Sendung, sie ist in der Gesellschaft angekommen wie sonst nur Wetten, dass…? oder die Tagesschau. Vor zehn Jahren war das alles neu und bemerkenswert. Aber schon damals gab es ungefähr tausend Fernsehprogramme, und niemand hätte erwartet, dass im neuen Jahrtausend jemals wieder eine Fernsehsendung auch nur annähernd den Stellenwert von Wetten, dass…? oder der Tagesschau erlangen könnte.

Es war ein Risiko, nach gut einem Jahr der Show ihren staffelweisen Ereignischarakter zu nehmen und ihr einen regelmäßigen Sendeplatz zu geben. Würde der Erfolg anhalten, wenn WWM zur Normalität würde? Und es war regelrecht Wahnsinn, die Sendung nicht nur jede Woche, sondern jede Woche dreimal zur Primetime zu zeigen. Wollte RTL die Show um jeden Preis totreiten? Dem US-Sender ABC ist genau das passiert, als er zur gleichen Zeit die Schlagzahl sogar auf vier pro Woche festlegte. 16 Monate später wurde die Show dort aus dem Abendprogramm genommen, weil sich Amerika bereits sattgesehen hatte.

Vielleicht trug dieser geringe wöchentliche Unterschied dazu bei, vielleicht auch die größere Geduld der Deutschen, dass hierzulande der Erfolg länger anhielt. Noch eher lag auch das an Günther Jauch. Der US-Star Regis Philbin ist ein guter Moderator, aber er reicht nicht an Jauch heran, der das Quiz abwechslungsreich, ausdrucksstark, meinungsfreudig und witzig moderierte, also eben genau nicht so, wie sonst Gameshows moderiert wurden, die mehrmals pro Woche liefen.

Damals war RTL übrigens noch ein kommerzieller Sender und zeigte Werbung. Die erste WWM-Jubiläumssendung heute Abend lief länger ohne Unterbrechung als die regulären Ausgaben überhaupt dauern. Sonst hat sich aber nichts an dem oben Geschilderten geändert. Die Zuschauerzahlen konnten sich natürlich nicht dauerhaft bei 12 Millionen halten, einen gewissen Verschleiß gibt es immer. Aber sie hielten sich viel länger als erwartet so hoch, und sie fielen dann viel langsamer als befürchtet ab. Heute ist noch gut die Hälfte übrig, was immer noch genug ist, um in den Quotentabellen in der Regel oben zu stehen, und was im Schnitt immer noch mehr Menschen sind als damals bei der Premiere.

Auch ich gehöre zu denen, die heute nur noch selten zusehen, weil andere Dinge und Sendungen in den Vordergrund getreten sind. Wer wird Millionär? ist nicht mehr das Phänomen, das es einst war und von dem sich Dutzende Quizshows „inspirieren“ ließen, von denen heute allein noch Das Quiz mit Jörg Pilawa übrig ist. Aber WWM gehört noch immer zum Besten, was im Deutschen Fernsehen läuft – und ist trotzdem Normalität geworden.

Die Jubiläumssendung habe ich gesehen und Spaß daran gehabt. Jauchs Umgang mit den Kandidaten war wieder famos, die Fragen in den oberen Kategorien waren interessant und in den unteren amüsant. Es ist gut zu wissen, dass diese Sendung da ist, wenn mir danach ist.

Die Tageschau würde auch niemand absetzen.

Michael, 11. September 2009, 22:59.

Der totale Raab

Den Sendergeburtstag hat ProSieben im Januar nicht gefeiert, den seiner Sendung TV Total feiert es durchaus. Das ist konsequent und ehrlich, denn denken Sie doch mal einen Moment darüber nach, wofür ProSieben heute stünde, gäbe es nicht TV Total und alles, was TV Total mit sich bringt. Gell, da müssen Sie schmunzeln. Und jetzt ziehen Sie nur so aus Spaß auch noch Die Simpsons ab. Eben.


Screenshots: ProSieben.
TV Total im Wandel der Zeit. Oben: Januar 2006, unten: Oktober 2008.

Heute vor zehn Jahren begann das, was zunächst eine ganz normale Erfolgssendung wurde. Ein wöchentliches Ereignis, zu dem montags um 22.15 Uhr vier Millionen Menschen einschalteten. Heute muss man die Zuschauerzahlen aller vier wöchentlichen Ausgaben addieren, um auf diese Menge zu kommen, aber das ist längst nicht mehr der Punkt. Aus einer wöchentlichen Abrechnung mit den Unsäglichkeiten des Fernsehens ist eine ganz klassische Late-Night-Show geworden, mit Witzen zum Tagesgeschehen und Gästen, die ein Produkt bewerben, und manchmal ist sie selbst eine Unsäglichkeit des Fernsehens.

Vor allem aber ist TV Total eine Gewohnheit, wie es sie im Fernsehen am späten Abend geben sollte. In den USA gibt es sechs solcher Late-Night-Gewohnheiten, und ihre Amtszeiten zeigen, dass diese Formate auch von ihrer Langlebigkeit leben (ja, klingt komisch): David Letterman (seit 27 Jahren), Jay Leno (17 Jahre), Conan O’Brien (16 Jahre), Jimmy Kimmel (sechs Jahre), Craig Ferguson (vier Jahre) und Jimmy Fallon (eine Woche). Demnach dürfte Raab noch relativ am Anfang sein. Thomas Gottschalk, Thomas Koschwitz und Harald Schmidt erklärten Letterman und Leno öffentlich zu ihren Vorbildern, doch Gottschalk und Schmidt fehlte eine der wichtigsten Eigenschaften, die Ausdauer, und bei Thomas Koschwitz wollte RTL lieber nicht warten, ob er sie vielleicht habe.

Nur Stefan Raab hat begriffen, dass eine Show nur dann eine Institution werden kann, wenn man einfach nicht mit ihr aufhört (obwohl er es schon mehrfach angekündigt hatte). Das, und natürlich die Tatsache, dass sich all seine anderen Shows so wunderbar in TV Total bewerben lassen. Und das ist der andere Punkt: In der Programmwoche, die gestern begonnen hat, füllt Stefan Raab zehn Stunden (Nachtwiederholungen von TV Total nicht mitgerechnet). Das ist sogar eine Stunde mehr als Die Simpsons.

Ohne Raab wäre sein Sender ziemlich leer und ohne Alternativen. Denn so viele Serien, wie Sendeplätze frei wären, könnte nicht einmal ProSieben absetzen.

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Michael, 8. März 2009, 00:01.

Witze, bei denen man sich nassmacht

Heinz Erhardt, einer der größten Humoristen Deutschlands, der viele flache und einige gute Filme drehte, aber noch mehr ebenso witzige wie clevere Gedichte schrieb, wäre heute 100 Jahre alt geworden. Zum Glück ist er schon tot und musste sich nicht ansehen, wie Das Erste gestern seinen Geburtstag zerredete. Immerhin wurden in der großen Geburtstagsgala zwischendurch auch versehentlich ein paar Ausschnitte aus alten Sketchen gezeigt.

Die treffendste und zugleich Heinz Erhardt würdigste Kritik zur ARD-Sendung schrieb Kaschi bei tvforen.de:

Sehe grade
das war fade
Schade.

Einen der bekanntesten Skteche mit Heinz Erhardt zeigen wir hier auch noch mal, und zwar ungekürzt. Er stammt aus der alten Rudi-Carrell-Show von 1968 und zeigt, wie wenig Probleme der Star Erhardt damit hatte, nicht nur die Menschen zum Lachen zu bringen, sondern auch die Lachnummer zu sein.

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Michael, 20. Februar 2009, 08:45.

Das RTL-Nachtragsjournal

RTL feiert heute den 15. Geburtstag seines Nachtjournals. Das ist einigermaßen logisch, denn das RTL-Nachtjournal ging zum ersten Mal am 3. Januar 1994 auf Sendung, und seit dem 3. Januar 2009 musste RTL ja zunächst einmal wochenlang den Geburtstag des ganzes Senders feiern, da konnte man sich nun wirklich nicht um jede einzelne Sendung kümmern.

RTL sollte das um sechs Wochen verpennte Ereignis bloß nicht nutzen, um für seine enorme Aktualität zu werben.

Das Nachtjournal setzte Maßstäbe, denn vorher war kein Sender auf die Idee gekommen, dass man seine Zuschauer auch nachts noch informieren könnte, und seitdem machen es alle. Und für die ersten zehn Jahre hatte RTL noch ein anderes Alleinstellungsmerkmal: Heiner Bremer.

Was soll’s also, feiern wir eben mit.

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Michael, 16. Februar 2009, 06:38.

Die Axt im Haus hätte ihn erspart

Noch ahnt der Rentner Eduard Z. nicht, dass er im nächsten Augenblick Opfer eines Geburtstagstexts werden wird. Dies ist kein Einzelfall.

Eduard Zimmermann wird heute 80 Jahre alt, und eigentlich ist er ja doch ein Einzelfall. Generationen von Fernsehzuschauern hat er verstört. Wenn Zimmermann in Aktenzeichen XY… ungelöst vor die Kamera trat, wusste man: Gleich kommen schlechte Menschen, dargestellt von schlechten Schauspielern. Und die echten wie die falschen laufen frei herum. Sah man ihn in Vorsicht, Falle!, erfuhr man, dass spätestens morgen jedermanns Oma Opfer hinterhältiger Juwelendiebe werden würde.

Lieber Ede, zum Geburtstag haben wir ein ganz besonderes Präsent von hohem materiellen und ideellem Wert für Sie, das wir Ihnen gern schicken möchten. Es ist etwas sperrig, weshalb wir Sie bitten möchten, uns 20 Euro für Versand und Bearbeitung zu überweisen, und das Präsent ist Ihnen gewiss! Dieses fantastische Angebot gilt nur für Sie.

Allen anderen zeigen wir zu Eduard Zimmermanns Geburtstag noch einmal den Anfang der XY-Premiere aus dem Jahr 1967.

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Michael, 4. Februar 2009, 08:19.
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