Der US-Comedy-Wahlkampf 2008

Alle noch verbliebenen Kandidaten im Rennen um die amerikanische Präsidentschaft haben eines gemeinsam: Humor. Sogar Hillary Clinton. Zwischen ihren Debatten, Reden und Vorwahlkämpfen finden sie immer wieder Zeit, sich für kurze Gags oder längere Gastauftritte in den Late-Night-Comedyshows herzugeben und erobern damit Sympathien beim jungen, aufgeschlossenen, gebildeten Publikum. Denn eigentlich werden in diesen Shows eher Witze über sie gemacht, und nicht mit ihnen.

John McCain

Der republikanische Senator John McCain, der bisher einzige quasi feststehende Präsidentschaftskandidat, besuchte schon elfmal die Daily Show with Jon Stewart —  häufiger als jede andere Show, inklusive politischer Talkshows, und häufiger als jeder andere Gast die Daily Show besuchte. Bei seinem zehnten Gastauftritt im vergangenen August scherzte er bereits:

Haben Sie’s schon gehört, ich übernehme die Show, und Jon Stewart geht in den Senat!

In der Late Show with David Letterman zeigte er sich im Januar in einem kurzen Einspieler unter dem Titel „Candidate Spotlight“ und verkündete, während er hinter einem Schreibtisch vor der amerikanischen Flagge saß:

Meine lieben amerikanischen Mitbürger. Ich verwende kanadische Münzen, um mir am Süßigkeitenautomaten des Sensats Twix-Riegel zu ziehen. Was wollen Sie dagegen tun?

 An einem anderen Tag erklärte er von gleicher Stelle, er habe mal wegen einer Wette einen halben Liter Motoröl getrunken und 40 Dollar gewonnen.

Es war auch bei David Letterman, wo John McCain vor einem Jahr erstmals bekannt gab, damals völlig im Ernst, dass er als Präsidentschaftskandidat antrete.

Barack Obama

Als Barack Obama 2004 als einziger schwarzer Politiker in den Senat gewählt worden war, wurde er von Jon Stewart einem landesweiten Comedypublikum vorgestellt. Seitdem ließ er sich mehrfach von Stewart befragen und erklärte dies gegenüber den CBS Evening News so:

In erster Linie bin ich ein Fan, denn Jon Stewart bringt die Absurdität des Wahlkampfs gut ans Tageslicht, und dadurch haben seine Inhalte manchmal mehr Substanz als in anderen Sendungen. (…) Außerdem ist das Publikum in solchen Sendungen da, um Spaß zu haben, es ist also meistens freundlich.

Bei David Letterman trug der Senator von Illinois seine Top 10 Wahlkampfversprechen vor, die wir hier schon gezeigt haben.

Hillary Clinton

Auch die New Yorker Senatorin Hillary Clinton präsentierte bei David Letterman eine Top-10-Liste mit Wahlkampfversprechen. Darunter:

  •  
    • Sie haben die Möglichkeit gegen das Finanzamt um Ihre Steuern zu würfeln: doppelt oder nichts.
    • Wenn Sie Schwierigkeiten haben, einen Flug zu buchen, und Air Force One ist gerade verfügbar, gehört sie Ihnen!
    • Ich ernenne ein Komitee, das herausfinden soll, was zum Teufel eigentlich bei Lost passiert.

Als David Letterman nach längerer Pause im Januar wieder auf Sendung ging, eröffnete Hillary Clinton die Show noch vor dem Vorspann:

Acht lange Wochen war David Letterman wegen des Autorenstreiks nicht auf Sendung. Jetzt ist er wieder da. Nun denn, alles Gute geht einmal zu Ende.

Mike Huckabee

Der ehemalige Gouverneur von Arkansas war der Überraschungssieger der ersten Vorwahl in Iowa Anfang Januar, und die Late-Night-Moderatoren Conan O’Brien, Stephen Colbert und Jon Stewart inszenierten einen mehrtägigen, sendungs- und senderübergreifenden Streit, wem Huckabee diesen Erfolg zu verdanken habe. Alle drei beanspruchten ihn aus unterschiedlichen Gründen für sich, weil Huckabee entweder bei ihnen zu Gast war oder sie ihm durch Zuspruch zum Sieg verholfen hätten. Der Streit gipfelte in einer fünfminütigen gespielten Schlägerei in Late Night with Conan O’Brien, die in erster Linie den Zweck erfüllte, sinnlos Sendezeit zu füllen, während die Autoren noch im Streik waren. Am Ende der Schlägerei meldete sich Huckabee schlichtend zu Wort:

Drei unserer größten Talkshow-Moderatoren haben sich windelweich geprügelt im Streit über die Frage, wem ich meinen Erfolg zu verdanken habe. Damit das klar ist: Keinem von ihnen. Ich habe ihn unserer großartigen Nation zu verdanken. Also wählen Sie mich. Gott segne Amerika, und vergessen Sie diese Idioten.

Michael, 17. Februar 2008, 23:09.

Bitte gehen Sie doch weiter, hier gibt es nichts zu sehen

Wer diese Woche Tickets für die Daily Show with Jon Stewart hatte, stand zwar wegen des Autorenstreiks vor verschlossenen Türen, bekam aber auf einem überdimensionalen Plakat an der Wand von „Comedy Central’s World News Headquarters“ in New York einen Alternativvorschlag.

Schlagwörter: ,
Michael, 7. November 2007, 21:48.

Was Lokführer können, können Hollywoodautoren schon lange

Alle erfolgreichen amerikanischen Late-Night-Shows haben mit Beginn der Woche ihren Betrieb eingestellt, weil die Autorengewerkschaft streikt. Für meine Freizeitplanung war es ganz glücklich, dass der Streik noch nicht vergangene Woche begann, sonst hätte ich in New York nicht an aufeinanderfolgenden Tagen im Publikum bei Conan O’Brien, Stephen Colbert und David Letterman sitzen können. Alle machten sich bereits über den bevorstehenden Streik lustig. Letterman erklärte, es könne unter Umständen sogar ganz interessant sein, zu sehen, was passiere, wenn ihm wieder selbst etwas einfallen müsse.

So einfach ist die Sache natürlich nicht. Die Late-Night-Moderatoren gehören zugleich zum Autorenteam ihrer eigenen Shows und sind deshalb an den Streik der Gewerkschaft gebunden. Sie könnten in ihrer Rolle als Moderatoren zwar auftreten, dürften aber kein geschriebenes Material verwenden, auch nicht ihr eigenes. Improvisieren wäre erlaubt. Oder zwangloses Geplauder. Wenn der Streik lange andauert, wonach es im Moment aussieht, werden die Shows früher oder später wieder auf Sendung gehen. Wie Letterman beim letzten mehrmonatigen Autorenstreik 1988 mit der Situation umging, werden wir etwas später an dieser Stelle schildern.

Jon Stewart erklärte den Zuschauern den Inhalt des Streits zwischen Autoren und Auftraggebern. Unter anderem geht es darum, dass die Autoren gern höher an den Einnahmen durch neue Verbreitungswege wie DVD-Verkäufe oder Internetnutzung beteiligt würden. In den bisherigen Verträgen waren diese Wege so gut wie gar nicht vorgesehen. Stewart erklärte noch ironisch, er könne die Begehrlichkeiten nicht verstehen, wie viel Fernsehen stünde schon ernsthaft im Internet zur Verfügung, um im nächsten Atemzug die Zuschauer darauf hinzuweisen, sie könnten sich während der Sendepause ja mit dem neuen Online-Archiv vergnügen, wo jede Episode abrufbar ist, seit Stewart die Show 1999 übernahm.

Außerdem ist mir das Kunststück gelungen, mir stundenlang als Zuschauer den Marathon in New York am Streckenrand anzuschauen und dabei sowohl Lance Armstrong, als auch Ulrike von der Groeben, Peter Kloeppel, Elton und Katie Holmes zu übersehen. Das ist doch was.

Michael, 6. November 2007, 14:58.

And The Oscar Goes To…

Jon Stewart!

Gewinnen wird er keinen, aber der großartige Jon Stewart wird im kommenden Jahr zum zweiten Mal die Oscar-Verleihung moderieren. Hauptberuflich ist er Gastgeber der Daily Show with Jon Stewart, die das deutsche Comedy Central im Internet zeigt. Er moderierte die Oscars bereits 2006.

In diesem Jahr moderierte Ellen DeGeneres, die zwar weit massenvertäglicher als Stewart ist und sowohl mit ihrer eigenen Show als auch mit ihrer Oscar-Moderation jeweils mehr Zuschauer erreichte als Stewart, aber auch deutlich langweiler war.

Schlagwörter: ,
Michael, 12. September 2007, 19:22.
Blättern:  1 2


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links