Sitcom-Reenactment mit Babelfisch

Sie war ein schlimmer Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten deutschen Fernsehhumors, die Serie Das iTeam.

Nachdem das ZDF in den achtziger Jahren die amerikanische Sitcom Cheers dadurch nach Deutschland importierte, dass es den Figuren in der Synchronisation lustige deutsche Namen gab, die Kneipe „Zum fröhlichen Feierabend“ nannte und die Serie als Prost, Helmut! zeigte, ging RTL in den Neunzigern noch einen Schritt weiter: Der Sender ließ Eine schrecklich nette Familie und Wer ist hier der Boss? fast wörtlich übersetzen und von deutschen Schauspielern Szene für Szene als Hilfe, meine Familie spinnt und Ein Job fürs Leben nachspielen.

Warum Sat.1 dachte, dass diese uninspirierte Wort-für-Wort-Übertragung, die damals schon ebenso peinlich wie erfolglos war, ausgerechnet bei der britischen Sitcom „The IT Crowd“ funktionieren würde, wird wohl für immer das Geheimnis des Senders bleiben.

Das iTeam ist zum Glück längst abgesetzt, aber dank der Arbeit von Markus Baumer kann man sich das Trauerspiel im Detail noch einmal angucken. Ich bin — zugegeben — schon kein Fan des britischen Originals. Aber Baumers direkte Gegenüberstellung zeigt besonders anschaulich, wie schlechtes Timing, plumpe Inszenierung und falsche Besetzung den Witz töten — ganz abgesehen davon, dass die Übersetzer in einzelnen Szenen offenbar nicht einmal die Logik verstanden haben, aus der der Humor im Original entstand.

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Stefan, 10. Februar 2008, 22:54.

20 Kommentare


  1. Kleine Korektur – „Prost Helmut“ war keine Neuinszenierung von „Cheers“, sondern nur eine abgrundtief dämliche Synchronisation. Genauso steht es übrigens auch im Fernsehlexikon 😉

  2. Klar. Peinlich. Wird gleich korrigiert.

  3. Die Sat.1-Version erinnert irgendwie an „Star Wars“-Fanboys, die sich den Camcorder vom Papa schnappen und in der Garage ihre Lieblingsszenen nachspielen…

  4. Haha! Wie geil. Was denken sich diese Autoren Übersetzer bloß? „Hey, wenn du die 70 Meilen nicht direkt in die 112 Kilometer übersetzt, ist der ganze Gag weg. Schreib nicht 100, schreib 112!!! Lass dafür das Baden weg und nehm was typisch Deutsches, wie zum Beispiel Spazierengehen. Der Hammer!!“

  5. Hier zeigt sich die Unfähigkeit vieler deutscher Regisseure auf den Situationswitz zu vertrauen, obwohl man ja in der Vorlage sieht: je ernster die Darsteller spielen, desto lustiger wirkt die Szene. Nein, hier werden die Darsteller auch noch „lustig“ inszeniert. Am schlimmsten sieht man das bei Sky Du Mont. Ich mag diesen Darsteller wirklich gerne, aber hier ist einfach jedes Wort, jede Geste, jeder Gesichtsausdruck übertrieben gespielter Witz, Boulevardtheater und somit einfach nur dümmlich – von „intelligentem Witz“ keine Spur mehr.
    Ich hoffe, dieser Blog wird wirklich auch von ein paar verantwortlichen Redakteuren gelesen, denn dieses Problem hat nicht nur diese Serie gehabt, das trifft auf fast alle deutschen Sitcom-Versuche zu – inszeniert nach dem Motto „Je größer die rote Clownsnase, desto lustiger der Clown“.

  6. …und den Witz mit dem direkten Ansprechen des Computers und des In-die-Maus-Sprechens hat schon das Original aus Star Trek IV – The Voyage Home geklaut.

  7. Siehe hier: http://www.youtube.com/watch?v=19BWJQ8kjrw&feature=related

    „The keyboard… how quaint.“

  8. Das Stefan voll des Lobes über das Dschungelcamp ist, aber nicht die IT-Crowd mag…Naja, über Geschmack lässt sich zum Glück ja streiten. Aber die Sendung lebt gerade von Ihrer Ernsthaftigkeit, und den daraus resultierenden britischen Humor. Das haben die Macher des iTeams nicht geschnallt, und dafür, das ist zu befürchten, viel Geld bekommen. Gott sei Dank nicht von der GEZ!

  9. Nun da ja hauptsächlich billig produziert oder synchronisiert werden soll und alle deutschen Sender ihr Publikum für minderbemittelt halten ist das kein Wunder.

    Wer Leute wie Ivar Combrinck (bei den Enthusiasten nur als Ivar der Schreckliche bekannt) und seine Freunde im Geiste für Synchros bucht der braucht sich nicht wundern wenn Leute lieber das Original gucken. Leute die glauben alles was sie nicht verstehen sei automatisch nicht lustig gemeint und müsste deshalb „aufgepeppt“ werden.

    Übrigens professionelle Übersetzer die nicht einmal einfache Begriffe wie „radio“, „second-hand smoke“ und andere korrekt im Kontext richtig übersetzen können.

    Das deutsche Autoren die fürs banale engagiert werden den subtilen Witz britischer Komödien nicht begreifen wundert mich nicht.

  10. wenigstens haben sie es bei „stromberg“ geschafft.

  11. Wenigstens hat es das „iTeam“ schneller in die Verdamnis geschafft als die anderen o. g. Deutschland-Kopien. Und so habe ich jetzt Samstags auch wieder mehr Zeit, weil ich nicht mehr diese YouTube-Videos erstellen „muss“ 😉

    Naja… mal abwarten, wann Sat.1 die Serie wieder rausholt um sie irgendwann zu versenden… vor allem nachdem auf der Sat.1-Homepage im iTeam-Forum solche und ähnliche Posts stehen „Liebes Sat1, ein Riesenfehler, dass Ihr der Serie nicht ein bisschen Zeit gegeben habt und Euch anscheinend von den Fans der Originalversion im Forum habt einschüchtern lassen!!“

  12. Beim iteam zeigt sich nur ziemlich offensichtlich und brachial wie talentfrei die deutsche TV-Branche in großen Teilen ist. Bei simplen TV-Synchros ist das in der Regel nur (minimal) subtiler und trotzdem oft sehr ärgerlich.
    Das fängt bei wortwörtlich übersetzten Wortwitzen an, die im Deutschen keinen Sinn mehr ergeben (so gehört bei Seinfeld, Simpsons, Futurama -wobei es bei allen 3 noch weitaus schlimmere Verbrechen gab-) und endet bei Sinnentfremdungen, die offenbaren wie wenig Bezug die Übersetzer zu ihrem Sujet aufbauen. Beispiel: Six feet under Finale:
    Da wurde aus:
    „Be happy.“ „I am happy.“
    folgendes:
    „Werde glücklich.“ „Das werde ich.“

    Klingt banal, hat aber einen wesentlichen Punkt am Ende der Serie auf den Kopf gestellt. So übersetzt nur, wer keinen Bezug zum Gesamtkontext hat und einfach Zeile für Zeile arbeitet.
    Man stelle sich nur vor, bei Büchern würde so schlampig gearbeitet.

  13. in russland geschah mit just jener serie vor erst einem oder zwei jahren das selbe. da allerdings finde ich das unter einem anderen gesichtspunkt ganz interessant: damit die serie beim publikum funktioniert, muss ja erst einmal das publikum in einer gesellschaft mit ähnlichem wohlstand und ähnlichen „codes“ leben. ob die umsetzung da wiederum ein erfolg war, weiß ich nicht. es fiel mir nur gerade beim lesen wieder ein.

  14. äh. „just jene“ bezog sich auf die bundys. übrigens.

  15. […] Nicht, dass Stromberg eine 1:1-Kopie von The Office gewesen wäre, wie es von deutschen Sendern auch schon versucht worden ist. Wie auch der amerikanische Ableger bei NBC wurde die Serie durchaus adaptiert, umgeschrieben […]

  16. Wenn Japaner oder Chinesen Technik nachbauen, werden sie dafür verhöhnt. Das gleiche soll mit allen Deutschen passieren, die auf solche Art und Weise US-Serien erfolglos zu imitieren versuchen.

  17. frag mich ob man überhaupt alles übersetzen muss um es im deutschen Fernsehen zu zeigen.
    Comedy Central zeigte die Daily Show ja auch mit Untertiteln und ich fands gut genug…allein die Vorstellung einer Übersetzung wie bei der Chappelle Show gruselt mich noch heute…da geht jeder Charme verloren.

  18. […] Die meisten haben es vermutlich schon erfolgreich verdrängt oder gar nicht erst mitbekommen, aber Sat.1 hatte sich Anfang 2008 tatsächlich an einer Wort für Wort-Kopie von “It Crowd” versucht, das hieß damals “Das iTeam – Die Jungs an der Maus”. Der Versuch war allerdings ziemlich schnell gescheiterte (nach 2 Episoden), und zu allem Überfluß auch noch nichtmal passend kopiert. […]

  19. […] regelmässig zum Quotendesaster und mehrere Sendungen wurden dort schneller abgesetzt, als man iTeam sagen kann. Nicht umsonst hatte Harald Schmidt Pocher in ihrem letzten gemeinsamen Auftritt vor […]

  20. Einfach nur peinlich. Aber ganz ehrlich, gibt es sonderlich viele deutsche Serien bzw. Fernsehfilme, die erträglich sind? Weichgespülte Literaturverfilmung oder Klamauk, der sich an den Amerikanern ausrichtet… D.h. keine überzeugenden Geschichten und humoristische Versuche, zu denen keine Tradition oder Erfahrung da ist. Keine Authentizität, keine eigene Kultur.
    LG, Martina



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