Würden Sie für 200.000 Dollar Ihre Ehe zerstören?

„Ich habe mich in meinem ganzen Leben im Fernsehen noch nicht so unwohl gefühlt“, sagt der Moderator, bevor die Show gezeigt wird, was natürlich der Gipfel der Heuchelei ist. Überhaupt, sagt er, hätte man lange diskutiert, ob man die Folge ausstrahlen soll. Dann hat wohl auch der letzte kapiert, dass es sich lohnt dranzubleiben.

Die Fox-Show „Moment of Truth“ (die deutsche Variante läuft als „Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ auf RTL2) ist ein Spiel mit dem Lügendetektor. Wer zunehmend unangenehme Fragen wahrheitsgemäß beantwortet, kann viel Geld gewinnen. Eine Lüge — und es gibt nichts.

Die Kandidatin am Dienstagabend heißt Lauren Cleri und ist 26. Ihre Familie und ihr Ehemann Frank sitzen in der ersten Reihe vor dem Publikum. Bislang hat sie wahrheitsgemäß unter anderem die Fragen beantwortet:
 

  • „Würden Sie Essen eher einem streunenden Hund geben als einem Obdachlosen?“ (Ja)
  • „Hatten Sie schon einmal Vergnügen daran, wenn eines Ihrer Geschwister in Schwierigkeiten geriet?“ (Ja)
  • „Haben Sie schon einmal eine Stelle verloren, weil Sie Geld gestohlen haben?“ (Ja)
  • „Haben Sie, seit Sie verheiratet sind, schon einmal so getan, als würden Sie schlafen, um nicht mit Ihrem Ehemann Frank Sex haben zu müssen?“ (Ja)
  • „Geben Sie Ihrem Ehemann die Schuld daran, dass Sie kaum gute Freunde haben?“ (Ja)
  • „Haben Sie schon einmal Ihren Ehering abgenommen, um als Single zu erscheinen?“ (Ja)
  • „Glauben Sie, dass Sie an Ihrem Hochzeitstag in einen früheren Freund verliebt gewesen sein könnten?“ (Ja)

Dann kommt ihr Ex-Freund als Überraschungsgast auf die Bühne. Er fragt sie: „Glaubt du, dass ich der Mann bin, mit dem du verheiratet sein solltest“, und sie sagt: „Ja“, was laut Lügendetektor die ehrliche Antwort ist. Hätte Laura hier aufgehört, hätte sie 100.000 Dollar gewonnen.

Aber sie spielt weiter und bekommt als nächstes die Frage: „Hatten Sie, seit Sie verheiratet sind, jemals Geschlechtsverkehr mit jemand anderem als Ihrem Ehemann?“ Und Laura beantwortet auch diese Frage wahrheitsgemäß. Mit Ja.

Laura ist am Ende trotzdem ohne einen einzigen Dollar nach Hause gegangen. Und das ist eine so wunderbare Ironie der ganzen Geschichte, dass man es selbst gesehen haben muss:

(Auf fox.com kann man sich übrigens praktischerweise eine Drei-Minuten-Version der ganzen Show ansehen. Die letzten zehn Minuten in voller Länge finden sich natürlich auf YouTube.)

[via Gawker]

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Stefan, 28. Februar 2008, 00:35.

20 Kommentare


  1. Oliver Kalkofe hat eben recht: Es gibt Menschen, die für Geld wirklich alles tun und dem Fernsehen gegenüber eine derartig hündische Unterwürfigkeit haben, dass sie sogar für umsonst einen Eimer Schlamm aus der Kieskuhle fressen würden, Hauptsache einer filmt mit.

    Anders ist es wirklich nicht erklärbar, warum sich irgendjemand freiwillig für diese Show als Kandidat zur Verfügung stellt, obwohl er ja ganz genau weiß, was für Fragen ihn erwarten…

  2. Bin ich der Einzige, der das für inszeniert hält?

  3. Wenn ich das Konzept richtig verstanden habe, dann werden die Kandidaten vor der Show an einen Lügendetektor angeschlossen und befragt.
    Nur einige dieser Fragen werden dann auch in der Show gestellt.
    Dort sind die Kandidaten nicht an einen Lügendedektor angeschlossen.
    Ob die Antwort eine Lüge oder die Wahrheit ist, weiß man durch das Ergebnis der Vorbefragung.

    So gesehen hat der Kandidat eigentlich keine Chance, etwas zu gewinnen, da ja der Sender weiß, welche Antworten Lügen sein werden und welche nicht, es sei denn der Kandidat gibt wissentlich bei der Vorbefragung andere Antworten als in der Show.

  4. Mal davon abgesehen, dass ích das Ganze auch für inszeniert halte und das Lügendetektoren nur funktionieren, wenn man selber daran glaubt, ist der letzte Satz von dir, haco, doch entscheidend. Du gehst ja davon aus, dass die Kandidatin dasselbe gesagt hat wie in der Vorbefragung, was man als Zuschauer aber überhaupt nicht wissen kann. Insofern kann der-/diejenige ja im Vorgespräch angeben, was er/sie möchte, solange sie später in der Sendung die „Wahrheit“ sagt.

  5. Der Ehemann sagt, dass er schon vorher über alles Bescheid wusste. Nur kannte er den Ex wohl nicht persönlich.

    Sie ist angeblich eine „aspiring actress“, die sich von der Show Jobangebote erhofft hat. Mit dem Geldgewinn wollte sie Rechnungen bezahlen und sich die Boobs vergrößern lassen. Tja, da wird erstmal nix draus.

    Die beiden wollen aber Freunde bleiben… *lol* Wunderbarer Trash! Für RTL 2 wirklich genau das richtige Format…

    http://www.nypost.com/seven/02272008/news/regionalnews/wife__i_did_it_for_the_tv_money_99470.htm

  6. Offtopic (aber vielleicht auch nicht)
    http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument.html?id=39868784&top=SPIEGEL

  7. Ich finde nicht, dass man das gesehen haben muss. Ich versteh nichtmal, was besonders an dem Ausschnitt sein soll, abgesehen davon, dass die entscheidende Frage nicht korrekt zu beantworten ist, da man dort weder lügen noch die Wahrheit sagen kann. Wars das?

  8. @Alex: toller Artikel! Besonders gefallen hat mit der Satz „Beim Satellitenfernsehen schließlich will die Regierung verhindern, daß Radio-Télé Luxembourg (RTL) ab 1982 über einen eigenen Erdtrabanten die deutschen Zuschauer mit einem Klimbim- und Larifari-Programm beglückt.“

  9. @Stefan: „sexual relations“ bedeutet also „Geschlechtsverkehr“. Da hat aber jemand von Bill Clinton gelernt… 😉

    @Thomas: Natürlich ist die letzte Frage korrekt zu beantworten, und zwar mit „nein“. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht darum, ob die Dame wirklich ein schlechter Mensch ist, sondern ob sie sich selbst für einen schlechten Menschen hält. Das ist ja das perfide.

  10. Also ich muss mich da outen: Ich finde die Sendung köstlich. Ich frage mich zwar auch, wie man so blöd sein kann, sich dort als Kandidat zu bewerben. Aber als Zuschauer macht es einfach Spaß. Da denke ich auch nicht in Wertkategorien. Zunächst einmal ist das gut inszeniertes Fernsehen.

  11. Klar, auch Hinrichtungen kann man gut inszenieren…

  12. Und bei mir ist da echt der Fremdschamfaktor zu groß, mich schüttelt´s bei sowas…

  13. und an Patrick, falls der noch mitliest…
    „…und das[s] Lügendetektoren nur funktionieren, wenn man selber daran glaubt…“
    hast Du da ´nen schönen link für? Nicht, dass ich wirklich Ahnung hätte, aber bislang hätte ich durchaus gedacht, dass so´n Test unter seriösen Bedingungen durchaus Aussagekraft hat…

  14. Ich bin mittlerweile auch sehr skeptisch. Etwas in mir weigert sich standhaft, dass es Menschen gibt, die sich so billig verkaufen und dann noch nicht mal das richtig hinbekommen.

    Wie viele glauben, dass Barbara Salesch echte Fälle verhandelt, in K11 echte Polizisten ecte „Kriminalfälle“ lösen und Lenßen einen echten Bart trägt. A propos Lenßen, bei uns in der Cafeteria hat jemand den Fernsehr, der immer n-tv ohne Ton zeigt, auf Sat.1 umgeschaltet (oder wo der Rotz läuft) und – ehrlich – so ohne Ton ist das ganz schön unterhaltsam.

  15. Das Ende entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ansonsten finde ich das sehr, sehr traurig.

  16. @ Olly: Tut mir leid, mit nem Link kann ich auf die Schnelle nicht dienen. Die Grundüberlegung ist eigentlich auch eher theoretisch, da die meisten Menschen an die Fähigkeiten eines Polygraphen glauben oder sich zumindest nicht sicher sind, ob er nicht vielleicht doch funktioniert, auch wenn sie gegenteiliges gehört haben. Wer allerdings wirklich weiß, dass das Gerät nur dann funktioniert UND sich dementsprechend auch verhält (entspannen), bei dem kann ein Lügendetektor keine Lügen nachweisen. Im Gegenteil kann der Proband damit sogar das Gerät so manipulieren (durch entsprechendes Reagieren auf selbst verursachten Streß), dass der Tester nicht einmal mitbekommt, dass der Proband „das Spiel nicht mitspielt“. Deshalb wird der Polygraph auch nicht vor Gericht eingesetzt, weil damit weder etwas lückenlos nachgewiesen werden kann oder sogar Menschen, die von dem Probanden geschickt belastet werden, unschuldig hinter Gittern kommen könnten. Dazu dann
    http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/13318/

    So, ist doch was länger geworden.

  17. das sollte ich mir dann doch vielleicht lieber ausgeschlafen durch den Kopf gehen lassen…
    aber danke…

  18. Mehr zum Lügendetektor verrät uns die Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Lügendetektor

  19. Was heisst den, Leute die für Geld alles tun? Der eigentliche Skandal ist doch der Betrug, nicht das Geständnis. Das zeigt nur, wie wenig es ihr bedeutete.

  20. interessanter ausschnitt, der beweist, daß es dem sender darum geht für möglichst wenig geld möglichst viel unterhaltung zu bekommen. der lügendetektor ist doch fake. ich bin davon überzeugt, daß sie selbst glaubt ein guter mensch zu sein. so eine frage kann man in der art eigentlich schon gar nicht stellen



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