Gran Banalia

Wenn uns der Polizeiruf 110 etwas gelehrt hat, dann dies: Dank Edgar Selge wird sogar Michaela May erträglich. Leider ignoriert die neue ZDF-Serie Unser Mann im Süden diese Lehre uns setzt Fritz Wepper an Michaela Mays Seite. Er spielt den deutschen Konsul auf Gran Canaria und sie seine Frau, und er klärt neben seiner eigentlichen Tätigkeit, also lapidare Probleme deutscher Urlauber lösen, natürlich: spannende Kriminalfälle auf.


Foto: ZDF/Jennifer Oladeinde

Das ist alles sehr herkömmlich, bis zu dem Moment, als das ZDF eine neue, augenzwinkernde Ebene betritt, die man sonst allenfalls aus modernen US-Serien wie Boston Legal kennt: Wepper, Derricks alter Harry, spricht in seiner neuen Rolle als Konsul mit einem Ehepaar, das Aussagen über ein geschehenes Verbrechen machen kann und davon ganz begeistert ist.

Frau: „Wissen Sie, mein Mann und ich sind eingefleischte Krimifans. Unser heimlicher Favorit ist und bleibt Derrick. Findest du nicht, Edgar, der [Konsul] hat doch eine Ähnlichkeit mit diesem…“
Wepper: „Ich muss weiter.“

Nur wenige Minuten später kehrt die Serie leider zum Herkömmlichen zurück, und es folgt dieser altertümliche Klassiker, den vermutlich schon Rudi Carrells Großvater für zwei Gulden in einem Antiquariat erstand:

Andere Frau: „Mein Mann ist Zahnarzt.“
Selber Wepper: „Der geht einem also professionell auf die Nerven, verstehe.“

Die Serie mischt die klassischen biederen Schmunzelgeschichten mit der bewährten Urlaubskulisse aus Meer, Bäumen und Hotels (oder ZDF-O-Ton: „Sommer, Sonne, Süden“), und das war’s dann im Wesentlichen auch schon. Wer Serien wie Um Himmels Willen oder Der Ferienarzt mag, wird auch Unser Mann im Süden mögen. Aber sonst niemand. Dem ZDF dürfte das für einen Erfolg reichen.

Unser Mann im Süden, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 9. Oktober 2008, 06:35.

4 Kommentare


  1. Die schönste solcher Szenen hatte „Aord mit Aussicht“:

    Als Bjarne Mädel bei der Verfolgunsjagd durch einen Krankenhausflur auf Christoph Maria Herbst als Arzt trifft und sie sich einen Moment so anschauen, als würden sie sich kennen.

  2. Das Schlimme an Wepper und so öden Scherzen wie den mit dem Zahnarzt ist ja, dass man sie nicht auf schlechte Drehbuchautoren schieben kann. Der findet das wirklich witzig. Ich habe in einem Interview mal erlebt, wie er ganz begeistert erzählte, dass ihm solche heiteren Einfälle bei den Dreharbeiten ganz „spontan“ kommen. Da ging es um eine Szene, in der er einen schweren Sack tragen musste. Den dazu geführten Dialog mit seiner Film-Ehefrau („Ist der schwer?“ – „Frag mich was Leichteres …“) hatte er (Teufelskerl!) doch tatsächlich selbst erdacht, wie er mit leuchtenden Augen erzählte, um gleich darauf noch zu erläutern, was daran witzig ist („Also: schwer – was Leichteres – verstehen Sie?“). Erschütternd!

  3. Solche Witze an sich sind doch nicht schlecht. Peinlich wirds doch eher, wenn sie mit der Holzhammermethode dargeboten werden, damit auch noch der letzte Dorftrottel in Hinterpfaffingen ihn rafft. Oder komplett zufällig in eine Szene gestreut, wo er nicht passt. Dass dann aber wiederum solcher Metahumor auftaucht, wie der mit Derrick, erstaunt mich trotzdem.

    Vermutlich arbeiten da zwei verschiedene Generationen von Drehbuchautoren an solch einem Skript. Eine alteingesessene (gross geworden mit 50’er Heimatfilmen) und eine neue (die sich einige gute Qualitäten bei den Amerikanern abgeschaut hat), die jedoch nicht immer zum Zug kommt. Manchmal gelingt es ihnen dann doch, vielleicht unbemerkt, den einen oder anderen Gag mit einzubringen.

  4. Vielleicht war das erwähnte Interview in einem Rahmen, der die Witz-Erklärung erforderte = Altersheim? deutsche Talkshow? Frühstücksfernseh? Deppen-TV?



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