Von Pferden und Äpfeln

Wenn Sie einen Apfel an die Decke werfen, fällt er wieder runter. Solche Naturgesetze kann man nicht brechen. Deshalb muss die Serie Wildfire zwangsläufig ein Erfolg werden. Wenn nämlich Vox auf dem bisherigen Sendeplatz von McLeods Töchter ab Mittwoch eine neue Mädchen-mit-Pferd-Serie zeigt, greift ein solches Naturgesetz.


Fotos: VOX/ABC Family/Richard Foreman

Es geht um ein Mädchen, mit dem man Pferde stehlen kann. Namentlich den Hengst Wildfire, den sie so sehr liebt, dass sie mit ihm türmt, als der Gaul von einem Fettklops ersteigert wird, der ihn an ein Schlachthaus verhökern will, obwohl ihr klar ist, dass sie dann wieder in den Knast kommt. Aber weil sie ja so eine Gute ist und vor allem so doll reiten kann, bekommt sie anschließend die Chance, auf einer Pferderanch bei einer Familie, die ausgerechnet Ritter heißt, zu arbeiten und Wildfire zum Rennpferd zu trainieren. Und weil sie auch noch hübsch ist, buhlen zwei Jungen um sie, sie wird sich nicht entscheiden können, und die klischeezickige intrigante Ex des einen hasst sie deshalb. Und so weiter.

Wildfire ist eine Mischung aus Black Beauty, Rivalen der Rennbahn und Dawson’s Creek und lief vier Staffeln lang beim sehr familienfreundlichen Disney-Sender ABC Family im US-Kabelfernsehen. Kabelfernsehproduktionen haben ein vergleichsweise kleines Budget, weshalb sich die Serie nur wenige Darsteller leisten konnte, die schon mal woanders mitgespielt hatten. Und auch der Spezialeffekt, bei dem die Hauptdarstellerin Genevieve Cortese in ihrem Fernsehdebüt auf einem unbeweglichen Untergrund in Nahaufnahme leicht kreisend hin- und herschubbern muss, damit es so aussieht, als reite sie, kann jetzt nicht sooo teuer gewesen sein.

Trotzdem ist Wildfire eine herrliche Mädchenserie, die ein paar schöne Dialoge hat. Die Autoren zumindest waren erkennbar keine Debütanten. Allerdings hatten sie vorher Star Trek: Deep Space Nine verfasst, was nicht direkt das gleiche Genre ist. Die Verfolgungsjagd in der zweiten Hälfte des spielfilmlangen Pilotfilms, der bei Vox geteilt als zwei einzelne Episoden läuft, bei der Freunde, Polizei und Reporter das Mädchen auf dem geklauten Pferd durch die die Prärie jagen, ist sogar regelrecht spannend.

Und weil so ein dürrer Lockenschönling aus einer Soap mitspielt, der wohl gerade der aktuelle Freund einer schauspielernden Tochter von Bruce Willis und Demi Moore ist, haben die anvisierten Zielgruppenmädchen ihn vielleicht schon mal in einer Fachzeitschrift gesehen und üben bereits kreischen. Trekkies können sich ja stattdessen auf Nana Visitor freuen, die die Autoren von Deep Space Nine mitgebracht haben, wo sie Major Kira spielte. Jetzt spielt sie die Pferderanchmutter.

Wenn Wildfire floppt, werde ich bald einen Apfel an die Decke werfen. Keine Chance, dass der wieder runterkommt.

Wildfire, werktags um 14.00 Uhr bei Vox.

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Michael, 4. November 2008, 16:26.

5 Kommentare


  1. Klingt zu schön um war zu sein…

  2. „Die Verfolgungsjagd…ist sogar regelrecht spannend.“
    Schön das man seine Ansprüche im Vorhinein schonmal nach unten anpasst. Da kann man ja auch schwerlich noch entäuscht werden, was? Tja auch Kritiker lassen sich konditionieren.

  3. Ich hab auch ne Mädchenserie für mich entdeckt, auf die genau das passt:

    „Trotzdem ist … eine herrliche Mädchenserie, die ein paar schöne Dialoge hat.“

    Nämlich Privileged. Also wer auf den Geschmack kommt, sollte da auch mal reinschauen.

  4. Komm aus dem Lachen nicht mehr raus. Soviel Sarkasmus auf einmal. Und dann noch die berauschende Entwicklung der Drehbuchautoren. Toll.

  5. Die Aussage, dass „die Autoren“ der Serie vorher „Deep Space Nine“ verfasst hätten, lässt sich absolut nicht halten! Lediglich von „Wildlife“-Schöpfer Michael Piller lässt sich behaupten, dass er in „Deep Space Nine“ involviert war. Allerdings erklären sich seine ausgiebigen Writing-Credits für diese Serie (z.B. auf IMDB) aus seinem Status als Co-Creator. Drehbücher (Teleplay oder Story) lieferte er nur für etwa ein Dutzend von ca. 180 DS9-Episoden! Da hat er selbst für „Next Generation“ oder „Voyager“ mehr geschrieben.

    Wenigstens die Fakten sollten stimmen, ganz egal ob der Artikel ernst gemeint ist oder (wie Charlott vermutet) vor Sarkasmus nur so trieft.



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