Spätes Oscar-Echo

Ich weiß, ich bin spät dran, aber tun wir einfach für einen Augenblick so, als sei das Fernsehlexikon eine Wochenzeitschrift, und schon haben wir einen Grund, auch heute noch brandaktuell über die Echo- und die Oscar-Verleihung zu reden.

Wahrscheinlich war es ein Fehler, beide Preisverleihungen hintereinander zu sehen (oder zu veranstalten), weil so die Qualitätsunterschiede noch deutlicher werden — aber auch schon die Unterschiede im Anspruch an die eigene Gala: Deutsche Preisverleihungen zeichnen sich normalerweise dadurch aus, dass sie sich selbst für ungeheuer wichtig halten, eine enorme Schwere durch den ganzen Abend schleppen und angestrengt bemüht sind, den Grad der ernsten Feierlichkeit bloß keinen Deut abfallen zu lassen. Amerikanische Preisverleihungen sind normalerweise humoristische Veranstaltungen, bei denen zwischendurch Auszeichnungen überreicht werden.

Insofern muss man Oliver Pocher zunächst ein Kompliment machen, dass er sich zumindest bemüht hat, Komik in die Echo-Verleihung zu bringen, und ihm das an vielen Stellen sogar gelungen ist. Retten konnte er den Abend leider auch nicht, der von langweiligen Laudatoren und verkorksten Interviews geprägt war. Depeche Mode musste im Gespräch mit Barbara Schöneberger nicht mehr als seine Anwesenheitspflicht erfüllen, und von Lionel Richie zu erwarten, dass er seine Tourtermine auswendig aufsagen kann, war lächerlich, auch wenn der Termin seines Berlin-Konzerts, der 20. April, für uns in Deutschland „ein ganz besonderer Tag“ ist, so Pocher.

Den peinlichsten Bock schoss die völlig unvorbereitete Barbara Schöneberger mit den bis dahin elfmaligen Echo-Preisträgern Kastelruther Spatzen, als sie sich an einem Witz über das eine von zwölf Jahren versuchte, in dem die Spatzen keinen Preis auf der Echo-Bühne entgegennehmen konnten.

Barbara Schöneberger: Ich weiß ja ganz sicher, dass Ihr auch mal in einem Jahr keinen Echo gewonnen habt. Erinnert ihr Euch noch an dieses schwarze Jahr? Ist das wahr, gab’s auch mal ein Jahr, wo’s nicht geklappt hat? Und was war das los?

Kastelruther Spatz: Ja, das liegt jetzt zehn Jahre zurück schon. Wir haben ihn da schon bekommen, da war damals leider auf schreckliche Art und Weise unser Manager, der Karl-Heinz Groß, ermordet worden, und, ja, da hat jemand anders von uns den Echo abgeholt.

Barbara Schöneberger: Okay, aber ihr habt ihn gewonnen in dem Jahr.

Immerhin eine große Überraschung gab es am Echo-Abend: Der Sänger der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, Klaus Eberhartinger, ist jetzt offenbar bei Depeche Mode:

Leider konnte man schon einen Abend später feststellen, wie die Echos sogar gegen eine der langweiligeren Oscar-Verleihungen der vergangen Jahre abstank. Moderator Hugh Jackman war zwar harmlos, aber stellenweise recht lustig, sang nur etwas zu oft. Höhepunkt sowohl aus humoristischer als auch emotionaler Sicht war die Vergabe des Preises für das beste Drehbuch durch die Laudatoren Steve Martin und Tina Fey an Dustin Lance Black für den tollen Film Milk. Zuerst machten sich Martin und Fey mit einigen erfunden Begriffen über Scientology lustig.

Steve Martin: Guten Abend, ich bin Steve Martin.

Tina Fey: Und ich bin Tina Fey.

Martin: Und ich bin Steve Martin.

Fey: Es hieß einst: Schreiben heißt ewig leben.

Martin: Der Mann, der das geschrieben hat, ist tot.

Fey: Aber wir alle wissen, wie wichtig Schreiben ist. Jeder große Film beginnt mit einem großen Drehbuch.

Martin: Oder einer sehr guten Idee fürs Filmplakat. Aber in der Regel mit einem Drehbuch.

Fey: Und jeder Autor beginnt mit einer leeren Seite.

Martin: Und jede leere Seite war einst ein Baum.

Fey: Und jeder Baum war einst ein kleiner Samen.

Martin: Und jeder kleine Samen auf der Erde wurde vom außerirdischen König Rondelay hierher gebracht, um unsere Titrate zu fördern und unseren positiven Transfer anzutreiben.

Fey: Ach Steve, niemand will etwas über unsere Religion hören, die wir erfunden haben.

Michael, 25. Februar 2009, 11:47.

10 Kommentare


  1. Fey und Martin waren sicher witzig, aber meinen Höhepunkt stellt der Auftritt von Ben Stiller im Hobo-Joaquin Phoenix-Outfit dar – inklusive Letterman-Kaugummi-Moment. (Ich weiß, die ganze Joaquin-Sache ist wohl n Fake, aber lustig ist es trotzdem)

  2. Fey/Martin, Ben Stiller und die Musicalnummer zum Auftakt waren meine Highlights. Generell hab ich mich wesentlich mehr amüsiert, als es in den letzten Jahren der Fall war, aber ich bin auch ein Musicalfan. Nächstes Jahr weniger Brangelina und die Highschool Musical Kids bitte auch nicht mher einladen und ich bin zufrieden.

  3. Böse war die Verarbeitung der Oscar Shwo in der Daily Show am Montag.

  4. Fand die Oscars äußerst schwach dieses Jahr. Klar, Fey/Martin waren grandios (Tina Fey wäre meiner Meinung nach übrigens eine gute Wahl als Oscar-Host), aber viel mehr Highlights hatte die Show für mich nicht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass man das ganze dieses Jahr mit deutlich weniger Humor nahm als die vergangenen Jahre.

  5. Pocher und Mittermaier waren niveaulos und beschämend für die ARD!

  6. Pocher ist einfach nur der Beweis, dass man aus sehr wenig Talent aber viel Unverschämtheit eine Karriere basteln kann.

  7. Ich möchte noch Aniston/Black positiv herausheben. Samt der Erklärung für die Güte von Kurzfilmen, immerhin habe der Regisseur da weniger Zeit, Amerika von seinem Panda zu überzeugen.

    Rogen/Franco als Slacker hat man so schon zu häufig gesehen (Freaks & Geeks), waren aber auch amüsant.

    Jessica Biel durfte aus irgendeinem Grund auch was verleihen und mit ihrem grottigen Styling unter Beweis stellen, dass sie vermutlich auch in einem Kartoffelsack gut aussehen würde.

    Ich plädiere auch für mehr Comedy und weniger Musical, aber es gibt vermutlich viele Zuschauer, denen das Getanze gefällt.

  8. Entgegen der Meinungen hier hielt ich die diesjährige Oscarverleihung für die beste der vergangenen fünf Jahre. Besonders toll die Idee, die Schauspielpreise von fünf früheren Gewinnern der jeweiligen Kategorien präsentieren zu lassen (Eva Marie Saint!). Und natürlich würde ich mir auch mehr Humor wünschen, aber da dieser meistens sowieso sehr krampfig rüberkommt gefiel es mir, diesmal etwas mehr auf Show zu setzen mit ein paar wirklich guten Comedy-Einlagen (Fey/Martin – das wirkliche Highlight der Präsentation war aber die Rede von Dustin Lance Black, dem Autor von ‚Milk‘).

  9. Bitte? Die Oscarverleihung war schwach? Also wirklich nicht. Sie war gestrafft und für eine an sich langweilige Veranstaltung gut durchgezogen. Der Anfang von Hugh Jackman war klasse (auch wenn ich Musicals grauenvoll finde und die Idee letztlich von ‚Be Kind Rewind‘ geklaut war) aber ansonsten war die Sache kurzweilig, die Idee ein Host-Paar mehrere Kategorien präsentieren zu lassen macht die Sache auch besser und auch die persönlichen Paten (Oscar-Gewinner vergangener Jahre) für die besten Schauspieler war gelungen. Einzig die weiteren Gesangseinlagen von Hugh haben mich dann auch etwas genervt. Ansonsten spritzig und unterhaltsam. Wohlgemerkt. Immer vor dem Hintergrund einer Preisverleihung. Man sehe sich die Echo-Verleihung an und merke, wie beknackt wir uns dabei anstellen. 😉

  10. also ich fand die echo-verleihung ziemlich langweilig und die moderation war äußerst schlecht …. Obwohl ich wirklich kein Volksmusikfan bin ,finde ich doch ,dass 12-fache Gewinner mehr hervorgehoben werden sollten !!
    Und bezüglich der der Oscar-Verleihung ;besser als die letzten Jahre war es auf jeden Fall. Und Hugh Jackman ist simply the best !



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