Königlich Bayerisches Amtsgericht

1969–1972 (ZDF). 53-tlg. dt. Gerichtsserie von Georg Lohmeier, Regie: Ernst Schmucker, ab der zweiten Staffel: Paul May.

„Es war eine liebe Zeit, die gute alte Zeit vor anno ’14. In Bayern gleich gar. Damals hat noch seine Königliche Hoheit, der Herr Prinzregent, regiert. Ein kunstsinniger Monarch. Denn der König war schwermütig. Das Bier war noch dunkel, und die Menschen waren typisch. Die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger. Es war halt noch vieles in Ordnung damals, denn für Ordnung und Ruhe sorgte die Gendarmerie und für die Gerechtigkeit das Königliche Amtsgericht.“ So weit der Vorspann, gesprochen von Gustl Bayrhammer.

Vor dem Königlich Bayerischen Amtsgericht im fiktiven Ort Geisbach werden hauptsächlich kleine Delikte und zivile Streitigkeiten verhandelt, Raufereien, kleine Diebstähle oder Beleidigungen. Ein Bauer klagt gegen zwei Burschen, die ihm einen Mistwagen aufs Dach gestellt und den Kamin verstopft haben. Es kommt zu Sachbeschädigung in Gasthäusern bei einer Revolte, weil der Preis für die Mass Bier um zwei auf 22 Pfennig angehoben wurde. Der kirchliche Jungfrauenverein zerrt einen Trompetendieb vor Gericht, wobei das Problem weniger der eigentliche Diebstahl ist, sondern dass der Bazi es wagte, mit der geweihten Trompete Tanzmusik zu spielen!

Der weise und gewitzte Amtsgerichtsrat Stierhammer (Hans Baur) entscheidet über Recht und Unrecht. Er lässt sich zwar manchmal kurzzeitig aus der Ruhe bringen, wenn die streitenden Hitzköpfe einfach keine Vernunft annehmen wollen, und ruft sie genervt zur Ordnung, bleibt aber immer besonnen und urteilt gerecht. Größere Strafen gibt es selten, in Einzelfällen verurteilt er die Beklagten sogar lediglich dazu, endlich ihren Mund zu halten. Während der Verhandlung wird ordentlich gezetert, geflucht und Tabak geschnupft. Der kauzige Wachtmeister (Georg Blädel) fungiert als Gerichtsdiener, dessen ohnehin schon debiler Gesichtsausdruck zur Vollendung gelangt, wenn er die Anweisung des Richters wiederholt, einen Zeugen in den Saal zu bitten: „Den Zeugen Vinzenz Wastlhuber, jawohl!“ Beim „jawohl“ stößt er ruckartig seinen Kopf nach vorn.

Geht es doch einmal um größere Vergehen, ist auch der Staatsanwalt (Peter Brand) zugegen. Dem Urteil fügt sich schließlich jeder Beteiligte, denn eigentlich ist man ja eine eingeschworene Dorfgemeinschaft, aber, mei, manchmal gibt’s halt Streit. Am Ende sitzen der Amtsgerichtsrat und andere Dorfbewohner immer gemeinsam bestens gelaunt im Wirtshaus.

Urige Mundartserie, für die Nichtbayern zwar stellenweise Untertitel benötigt hätten, die aber dennoch sehr unterhaltsam war. In den Gastrollen war die bekannte Riege bayerischer Volkschauspieler zu sehen, darunter Maxl Graf, Max Griesser, Gustl Bayrhammer, Willy Schultes und Erni Singerl. Teuerster Posten der Produktion dürfte der Vorspann gewesen sein, der die einzigen Außenaufnahmen zeigte, gedreht in den oberbayrischen Ortschaften Laufen und Tittmoning. In diesem Vorspann spaziert übrigens für einen kurzen Moment Autor Georg Lohmeier ins Bild, kostümiert als Dorfpfarrer. Alle anderen Szenen spielten sich im Gerichtssaal oder dem Wartebereich davor ab und wurden im Studio in Unterföhring gedreht, ebenso die abschließende Wirtshausszene. In den hinteren Reihen des Gerichtssaals saßen stets Prozessbesucher, die mit Ausrufen und Gelächter auf das Geschehen reagierten, was der Serie eine Anmutung von Volkstheater vor Publikum verlieh.

Die knapp halbstündigen Folgen liefen zunächst montags, ab der zweiten Staffel freitags um 19.10 Uhr. Die zweite Staffel endete mit Folge 52 im April 1971. Knapp neun Monate später lief noch einmal eine einzelne, zehn Minuten längere Folge namens „Der Böllerer“ am Sonntagnachmittag.

Zum Schluss noch einmal Gustl Bayrhammer: „Das Leben geht weiter, ob Freispruch oder Zuchthaus. Und auf die Guillotine hat unser Herr Rat eh niemanden geschickt.“

4 Kommentare


  1. Alberto Green,

    Na, endlich. 😉

  2. Und wenn Sie jetzt noch „Mass“ (da in der bajuwarischen Original-Aussprache kurzer Vokal und vom Duden endlich erlaubt) schrieben, pardon: schrüben, wären alle, wirklich einmal alle glücklich und zufrieden.

  3. Aber nur weil Sie es sind!

  4. Oh, vielen Dank für die prompte Erfüllung dieses Wunsches! Wie würde der Kaiser in einer solchen Situation sagen: „Ja, is denn heit scho Weihnachten?“ (Werden Untertitel benötigt?)



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