Scheibenwischer

1980–2008 (ARD). Kabarettreihe von und mit Dieter Hildebrandt.

Vor Studiopublikum hält Hildebrandt stotternd Monologe zum aktuellen politischen Geschehen und spielt Szenen und Sketche. Wechselnde Gastkabarettisten unterstützen ihn und dürfen auch ohne Hildebrandt auftreten. Meist zieht sich durch alle Nummern ein Oberthema als roter Faden. Als musikalische Begleitung wirkt die Jürgen-Knieper-Band mit.

Regisseur der ersten 32 Ausgaben war Sammy Drechsel, nach dessen Tod im Januar 1986 übernahm seine langjährige Assistentin Catherine Miville. Wie schon in Hildebrandts früherer Sendung Notizen aus der Provinz gab es auch bei Scheibenwischer immer wieder Beschwerden von Politikern wegen vermeintlich allzu kritischer Inhalte, die auch innerhalb der ARD Unmut auslösten. Gleich die erste Sendung nutzte das Team, um gründlich mit dem alten Arbeitgeber ZDF abzurechnen, Titel: „Ausgewogenheit in den Rundfunkanstalten“.

Die Proteste fanden ihren Höhepunkt, als die Sendung vom 22. Mai 1986 überall in Deutschland, nur nicht in Bayern zu sehen war. Schon 1982 hatte der Bayerische Rundfunk eine Sendung über den umstrittenen Rhein-Main-Donau-Kanal heftig kritisiert. Diesmal war das Thema die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, und der BR beschloss nach Durchsicht des Manuskripts, seinen Zuschauern die Sendung wegen „nicht gemeinschaftsverträglicher“ Elemente vorzuenthalten und sich aus dem ARD-Programm auszuklinken. Das führte natürlich zu einem weit größeren Interesse am Inhalt der Sendung als normalerweise. Am nächsten Tag lief der boykottierte Scheibenwischer in vielen Kinos, wenig später erschien das Manuskript als Taschenbuch.

Die Sendung war im Gegensatz zu Notizen aus der Provinz live, was ihr die Möglichkeit gab, sehr aktuell zu sein. Die Reihe lief zwischen vier- und achtmal im Jahr und war Opfer eines fröhlichen Sendeplatzschiebens der ARD. Gestartet und beendet am Donnerstag, lief sie zwischendurch an etlichen anderen Tagen, meist kurz vor 22.00 Uhr, und war unterschiedlich lang, mal 30, mal 60, meist 45 Minuten. Ab Januar 2000 war Bruno Jonas, bisher häufiger Gastkabarettist in der Sendung, als ständiger Partner Hildebrandts dabei, später stießen noch Mathias Richling und Georg Schramm zum ständigen Team. Häufige Gäste waren auch Lisa Fitz, Richard Rogler, Werner Schneyder, Renate Küster, Lore Lorentz, Konstantin Wecker, Gerhard Polt, Henning Venske, Hanns Dieter Hüsch und Gisela Schneeberger.

Scheibenwischer wurde die langlebigste Kabarett- oder Comedysendung im Fernsehen. Hildebrandts anfängliche Einschätzung „Ich mache, was ich will, und sicher wird die Sendung deshalb irgendwann einmal abgesetzt“, entpuppte sich als Irrtum. Er bestritt 144 Ausgaben, die letzte reguläre am 15. Mai 2003 — ein großes abendfüllendes Live-Finale zur Primetime am 2. Oktober 2003.

Ab Januar 2004 wurde die Reihe mit Jonas, Richling, Schramm und Gästen fortgesetzt, jetzt zehnmal im Jahr donnerstags um 23.00 Uhr, 30 Minuten lang. Schramm verließ das Ensemble im Mai 2006 im Streit: Er hatte sich mehr Vielfalt und Schärfe gewünscht. Zusammen mit Urban Priol gründete er im ZDF die Satiresendung Neues aus der Anstalt. Für Schramm wurde Richard Rogler neues Mitglied im festen Team, der sich aber Anfang 2008 wieder verabschiedete. Am Ende desselben Jahres ging auch Jonas.

Richling sollte den Scheibenwischer nun als künstlerischer Leiter alleine weiterführen. Nachdem er angekündigt hatte, die Sendung auch gegenüber Comedians öffnen zu wollen, untersagte Dieter Hildebrandt die weitere Verwendung des Namens Scheibenwischer. Richlings Show wurde daraufhin kurzfristig in Satire Gipfel umbenannt.

Die Reihe bekam den Grimme-Preis mit Silber 1983, den mit Gold 1986 und den Telestar 1987.

2 Kommentare


  1. Na sauber, erwischt das Deppen-Leerzeichen auch die ARD. „Satire Gipfel“. Warum nicht gleich „Scheiben Wischer“ oder „Tages‘ Themen“?

  2. Käptn Früh Stück,

    Mensch Hede Mann. Hier treibst du dich also auch rum.



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