Ein Platz für Tiere

1956–1987 (ARD). Tierfilmreihe von und mit Prof. Dr. Bernhard Grzimek mit Aufnahmen wilder Tiere und solchen im Studio.

Prof. h. c. Dr. Dr. h. c. Bernhard Grzimek (sprich: Dschimmeck) war Zoodirektor in Frankfurt am Main, als die Reihe startete. Er zeigte Aufnahmen aus verschiedenen Zoos und von Tieren in ihrer Heimat. Grzimek moderierte aus dem Studio hinter einem Tisch sitzend seine Tierfilme an und hatte dabei oft einen Affen auf dem Tisch, einen Geparden im Arm oder eine Schlange um den Hals. Er stellte alle erdenklichen Arten von Tieren vor, berichtete außerdem über fremde Völker, zeigte Filme von Maulwürfen, Zwergmäusen und Vogelspinnen, vor allem aber ging es ihm um große Tiere, wilde Tiere, die von den Menschen als Bedrohung empfunden würden, in Wirklichkeit aber selbst bedroht seien. Durch die Auftritte im Studio führte er ihren grundsätzlich freundlichen Charakter vor. Tiere waren prinzipiell »possierlich«. Da die Sendung live ausgestrahlt wurde, hätte theoretisch alles Mögliche passieren können, doch das Schlimmste, was einmal passierte, war, dass ein Affe seinem Bedürfnis nachging und es auf Grzimeks Jackett hinterließ und allenfalls mal eine Ansagerin, die damals noch mit im gleichen Studio saß, nervös wurde, weil ihr ein Pinselschwein ums Bein strich.

Grzimek vermittelte deutschen Fernsehschauern ein enormes Wissen über Tiere, die sie vorher im besten Fall hätten identifizieren können: Wie ernähren sie sich, wie leben sie? Und wie können sie überleben? Und Grzimek hatte immer ein Anliegen. Er war ein entschlossener Kämpfer für die Umwelt, für den Naturschutz und für den Erhalt bedrohter Arten und damit ein Vorreiter der späteren Umweltschutzbewegungen. Trotz seines einschläfernd ruhigen Tonfalls hielt er ergreifende Plädoyers gegen die Abholzung der Regenwälder, gegen Massentierhaltung, gegen Pelzmäntel („Der einzige, der einen Ozelotpelz wirklich braucht, ist ein Ozelot“) und Tierledertaschen, gegen Stierkampf, gegen die Verschmutzung der Luft und der Flüsse, und — zum Unmut der katholischen Kirche — für Familienplanung und Verhütung, denn zu viele Menschen auf der Erde bedeuteten zu wenig Lebensraum für bedrohte Tiere.

Grzimek war es auch, der den Ostafrikatourismus ankurbelte, damit die dortigen Nationalparks das Geld einnähmen, das sie für ihre Erhaltung benötigten. Grzimek erzählte einfach in seiner Sendung, man könne neuerdings Pauschalreisen in diese Gebiete buchen. Das war zwar gelogen, doch weil mehrere Touristikunternehmen daraufhin befürchteten, einen Trend zu verschlafen, den gerade einer ihrer Konkurrenten erkannt habe, boten sie solche Reisen wenig später tatsächlich an.

Grzimek sprach seine Zuschauer als „Freunde“ an (seine Begrüßungsfloskel lautete immer: „Guten Abend, meine lieben Freunde“), und alle wurden es tatsächlich. Es gelang ihm, ein großes Publikum erstmals für Natur und Tiere zu interessieren und es über drei Jahrzehnte zu fesseln. Der Erfolg ließ sich nicht nur an der Einschaltquote messen: Grzimek sammelte über 30 Millionen DM an Spenden für den Naturschutz und ermöglichte u. a. die Umwandlung des kenianischen Meru-Gebiets in einen Nationalpark. Bundeskanzler Willy Brandt ernannte Grzimek 1970 zum Bundesbeauftragten für Naturschutz, Grzimek trat jedoch bald zurück, weil er über wenige Befugnisse verfügte und seine Popularität nicht einer Partei als Werbemaßnahme überlassen wollte.

Grzimek gehörte seinerzeit zu den meistparodierten Prominenten. Am berühmtesten ist Loriots Sketch von 1976, in dem er als Grzimek alles über die Steinlaus verrät. Loriot imitierte den typischen nasalen Tonfall und seine Art zu atmen perfekt. Auch seine Maske war so gut, dass sogar Grzimek ein Bild des verkleideten Loriot für ein Foto von sich selbst gehalten haben soll. Die Steinlaus (Petrophaga lorioti) fand 1983 Eingang in das medizinische Wörterbuch „Pschyrembel“.

Die Premierensendung trug noch den Titel Ein Platz für wilde Tiere, angelehnt an den Dokumentarfilm „Kein Platz für wilde Tiere“, den Bernhard Grzimek kurz zuvor gemeinsam mit seinem Sohn Michael gedreht hatte. Michael Grzimek kam drei Jahre später während der Arbeit an dem Kinofilm „Serengeti darf nicht sterben“, für den sein Vater einen Oscar erhielt, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Die Fernsehreihe lief von Beginn an im Hauptabendprogramm, die Folgen dauerten jedoch anfangs nicht länger als 15 Minuten. Parallel zur Beliebtheit Grzimeks und seiner Reihe wurde die Sendezeit schrittweise auf 45 Minuten ausgedehnt. Sie lief an wechselnden Wochentagen, erst mit Beginn der 70er-Jahre rückte sie fest auf den Dienstag um 20.15 Uhr. Die Reihe brachte es auf 175 Folgen. Ihr Produzent war Martin Jente. Nach Grzimeks Tod wurde sie eingestellt, dafür durfte Wunder der Erde vom Hessen Fernsehen ins Erste wechseln.

Vorbild für die Sendung war die US-Reihe „Zoo Parade“ mit Marlin Perkins, dessen spätere Reihe Im Reich der wilden Tiere auch in Deutschland gezeigt wurde. Schon drei Jahre vor dem Start von Ein Platz für Tiere waren Tierfilme von Heinz Sielmann im Fernsehen gelaufen.

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