Unsere Dauerwerbesendung für Lena

Heute Abend beginnt die Nachfolgeshow des Vorjahresphänomens Unser Star für Oslo. Aber kann Lena allein das stemmen?

Unser Star für Oslo hat 2010 für viele Überraschungen gesorgt. Von der Zusammenarbeit von ProSieben und der ARD über die eigentliche Sendung, die bewies, dass man auch niveauvolle Castingshows veranstalten kann, bis zum späteren Sieg beim Eurovision Song Contest mit der Kandidatin Lena, die sich das deutsche Publikum über Wochen ausgesucht hatte.

Jahrelang hatte der NDR erfolglos nach einem Konzept für den deutschen Vorentscheid gesucht, das zum einen Interesse bei den Zuschauern hervorrufen und zum anderen für ein passables Abschneiden beim Eurovision Song Contest sorgen würde. Nach vielen gescheiterten Versuchen hat Unser Star für Oslo vergangenes Jahr beides geschafft. Wie klug ist es, dieses Konzept dieses Jahr schon wieder außer Kraft zu setzen?

Nach Lenas Sieg rief Mastermind Stefan Raab vergangenes Jahr im Affekt ihre Titelverteidigung aus, und die ARD hat seitdem so getan, als sei das auch in ihrem Sinne. Der „Vorentscheid“ Unser Song für Deutschland sieht deshalb dieses Jahr ungefähr so aus: Heute Abend singt Lena den ProSieben-Zuschauern eine Hälfte ihres neuen Albums „Good News“ vor, das nächste Woche erscheint, nächsten Montag die andere Hälfte, und am 18. Februar singt sie den ARD-Zuschauer die sechs Songs vor, die die ProSieben-Zuschauer lieber mochten. Alles um 20.15 Uhr, und vieles nach dem Vorjahresmuster. Sprich: Bevor die Zuschauer ihr Lieblingslied küren, gibt nach jedem Lied eine dreiköpfige Expertenjury ihren Senf dazu. Jurypräsident ist Stefan Raab, der das Album, das er bewertet, selbst produziert hat. Da muss man erst mal drauf kommen.

Die mehrwöchige Kandidatensuche, obwohl sie selbst selten mehr als passable Einschaltquoten erreichte, hat im vergangenen Jahr für ein Interesse am Grand Prix gesorgt wie noch nie vorher. Wir wurden mit talentierten Sängern und interessanten Menschen bekannt gemacht, mit denen wir uns nach und nach angefreundet haben. Dieses Jahr kennen wir die Künstlerin schon, wissen, wie es um ihr Auftreten, ihr Gesangstalent und ihre Englisch-Kenntnisse bestellt ist. Überraschungen wird es kaum geben. Dass mit gerade mal drei Vorentscheidungsshows und nur einer Kandidatin ein ähnlicher Hype wie im vergangenen Jahr aufgebaut werden kann, kann ich mir kaum vorstellen. Und ausgerechnet dieses Jahr, in dem Deutschland Veranstalter ist, wäre das doch sehr schade.

Abseits dieser Auffassung sprechen zwei Dinge dennoch auch diesmal für einen Erfolg:

1. Am Ende hat Stefan Raab doch meistens Recht.

2. Vor genau vierzig Jahren lief der deutsche Grand-Prix-Vorentscheid schon einmal nach einem ähnnlichen Muster. Katja Ebstein hatte im Vorjahr mit „Wunder gibt es immer wieder“ den dritten Platz belegt und war wegen dieses großen Erfolgs für 1971 von den damaligen deutschen Entscheidungsträgern als Interpretin gesetzt worden. Eine Jury wählte dann lediglich unter sechs Liedern aus, mit welchem sie antreten sollte. Beim eigentlichen Grand Prix schaffte es Katja Ebstein tatsächlich, mit „Diese Welt“ ihren dritten Platz erfolgreich zu verteidigen.

Michael, 31. Januar 2011, 10:34.

18 Kommentare


  1. Irgendwie ist Lena schon wieder komplett aus meiner öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Geht das sonst noch wem so?

  2. struwwelpeter,

    Von einem toten Pferd soll man ja absteigen. Jetzt erleben wir, wie ööfentlich-rechtlicher und privater Rundfunk gemeinsam auf ein bereits totes Pferd erneut aufsteigen. Unwahrscheinlich, so ein Rennen zu gewinnen, selbst wenn die anderen Gäule ähnlich abgehalfert sind wie beim „Eurovision Song Contest“.

  3. Lena hat letztes Jahr wegen ihrer Lenahaftigkeit gewonnen – trotz eines eher bescheidenen Titels.
    Jetzt, wo das „Halb Deutschland ist in Lena verknallt“-Gefühl verflogen ist, muss man es wohl mal mit einem richtig guten Lied versuchen. Eigentlich hat man ja genug Zeit gehabt, Lena ein perfektes Lied auf den Leib zu schneidern. Es besteht nun die Gefahr, dass das alles zu perfekt ist und die unbekümmerte, unschuldige Lenahaftigkeit verloren geht – sofern diese nicht sowieso schon seit einiger Zeit verloren gegangen ist…

  4. Ich glaube, dem NDR ist das Konzept ganz recht, weil sie a) ohnehin um Gottes Willen nicht noch einmal gewinnen wollen (die Kosten!) und b) sie selbst ja auch keinen blassen Dunst haben, was sie mit dem Grand Prix anfangen sollen und daher heilfroh sind, wenn der Raab das für sie macht.

  5. Ich war ja eigentlich recht froh dass der ganze Zinober aus meiner persönlichen, äh, öffentlichen Wahrnehmung verschwunden war. Und jetzt geht der Quatsch schon wieder los. Nicht nur dass es einem quer über alle Medien begegnen wird, ähnlich penetrant und unignorierbar wie der grenzdebile Dschungelcamp-Schwachsinn, nein, man kriegt auch noch den Briefkasten mit Hochglanzwerbekampagnen zugekippt (von Opel), mit Lena hier und Lena da und Lena überall. Die Melkmaschine läuft auf Hochtouren, solange noch ein Tröpfchen drin ist.

  6. Ich hab mich glaub gerade in die Zahnlücke von der Sabine verliebt…

  7. Ich hab gerade den Fernseher angeschaltet und da war Lena zu sehen wie sie, begleitet von dieser lustig gemeinten aber irgendwie unheimlichen tv-total-Stimme, für ihren Auftritt shoppen ging. So laut hab ich noch nie gelacht als ich zufällig bei tv-total vorbei schaltete (ok, abgesehen von Helge Schneider-Auftritten und diesem einen Mal als die Sendung wie im Zeitraffer abgehandelt wurde).

    Und dann kams mir irgendwie in den Sinn. Ich war unglaublich froh Lena wieder zu sehen. Nicht unbedingt als Sängerin. Aber als Mensch in meinem Bildschirm, der sympathisch, lustig und kein Vollpfosten ist. Mein eigentlich Wunsch wäre es ja Lena mal in ner (guten) Fernsehserie zu sehn. Wenn es einen deutschen Joss Whedon gäbe (hahaha!), dann wäre Lena für mich die perfekte Wahl für die Protagonistin.

  8. Hach, die Leni ist wieder da…
    Und wirklich, die Shopping-Tour war ganz großes Kino. Hach, ich glaube, ich bin wieder verliebt…

    Und „Taken by a Stranger“ hat wirklich was. Die anderen Songs waren dagegen reichlich mau.

  9. Nach anfänglicher Erschrockenheit finde ich die Idee der Titelverteidigung mittlerweile genial. Welcher arme Mensch möchte den in die Fußstapfen von Lena steigen? Die Erwartungshaltung an jedes junge Talent würden übermäßig hoch sein.

    Wenn Lena verliert (in der Bild deutschen Medienhölle ist das wahrscheinlich schon ab Platz zwei der Fall) können endlich alle draufhauen und sich damit brüsten, es schon immer gewusst zu haben. Ihr bleibt damit aber das Schicksal von Nicole erspart, die seit fast dreißig Jahren nichts anderes ist, als „die einzige ur- deutsche Grand Prix-Gewinnerin“ und kann sich als ganz „normale Künstlerin“ entfalten und ein Leben führen zwischen Gregor Meyle und Steffi Heinzmann – oder was vollkommen anderes machen.

    Falls sie aber wieder gewinnt (was ich für möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich halte) ist sie im Weltstarniveau à la Udo Jürgens oder Caterina Valenta angelangt.

    Ich finde, sie kann nur gewinnen.

    Im Übrigen haben mir gestern die ersten fünf Songs gut bis sehr gut gefallen, selbst der von Stefan Raab. Ihren eigenen Song #6 fand ich ganz nett. Und „nett“ ist ja leider die kleine Schwester von „scheiße“.

  10. struwwelpeter,

    Weltstarniveau. Aber mindestens.

    Ganz ehrlich: keinerlei eigenes kompositorisches Talent, ein recht dünnes Stimmchen und eine mittlere Portion Jungmädchencharme tragen keine Karriere. Gibt’s nächstes Jahr wieder ein Dschungelcamp? Die Titten waren nicht schlecht, wenn ich mich recht entsinne.

  11. @struwwelpeter: Ich schrob schon mit Absicht

    Weltstarniveau à la Udo Jürgens oder Caterina Valenta

    und nicht Madonna, Sting, Phil Collins oder Beatles. Und natürlih schon gar nicht struwwelpeter, obwohl Ihre Ti…lassen wir das.

  12. Könnte bitte mal jemand dem Raab einen 2ten Anzug kaufen, schenken oder sonst wie zur Verfügung stellen…..und dann bitte auch noch ein Hemd von Olymp, Seidensticker oder Eterna….dazu

  13. Das Konzept für die diesjährige Vorauswahl ist mehr als langweilig, Raabs Songauswahl ist enttäuschend und für den ESC überwiegend zu lahm. Aber nicht wir Deutschen bewerten Lena in Düsseldorf, sondern das europäische Ausland, das von ihrer Demontage hierzulande nichts mitbekommen hat. Dort wird sie als Titelverteidigerin dieses Jahr wieder enorme Aufmerksamkeit erregen und kann ihren Song im Vorfeld besser promoten als irgendwelche beliebigen Newcomer. Ein Platz in den vordereren Rängen ist somit allemal drin, die nationale Quote wird auch super sein – und Raab kann sich am Ende – trotz aller Kritik im Vorfeld – wieder auf die Schulter klopfen. Leider fällt er einfach immer auf die Füße…

  14. Technische Frage:

    Wie kann „Taken By A Stranger“ ein ESC-Song werden, wenn er 3’26“ lang ist, die EBU aber nur Wettbewerbsbeiträge zulässt, die nicht länger als 3 Minuten sind?

    Da müsste heftig gekürzt werden, oder? Noch mehr, falls „Push Forward“ (3’37“) den nationalen Entscheid gewinnen sollte.

  15. Vielleicht tut sie einfach schneller singen…dort in Düsseldorf….dann ist es auch schneller vorbei….

  16. Antwort vom NDR:

    „Es ist durchaus üblich, dass die Lieder im nationalen Vorentscheid auch mal über drei Minuten lang sind und für die endgültige ESC-Fassung auf 3 Minuten eingekürzt werden.

    So wird es auch mit dem Siegersong von ‚Unser Song für Deutschland‘ geschehen, falls er die drei Minuten überschreitet.“

    Aha, danke für die schnelle Antwort. Aber ich finde das im Zweifel werkentstellend. Und zudem ist es ein unnötiger Aufwand, wenn die Lieder doch angeblich extra für den ESC produziert wurden…

  17. Die gesamte Debatte um die Titelverteidigung finde ich typisch deutsch – und zum kotzen.

    Statt dass wir uns am letztjährigen Sieg erfreuen und uns auch mal auf etwas einlassen, wird nur gemeckert, ohne dabei auch nur irgendwie sonderlich produktive Beiträge abzugeben.

    Dabei hat das „Projekt Titelverteidigung“ auch durchaus seine Vorteile:
    – Mit Lena entsenden wir einen europaweit bekannten Interpreten in den Wettbewerb. Für ein Land, dass auch gerne mal die Verlierer von Castingshows in den Wettbewerb entsendet, die dann sage und schreibe 4, in Worten vier, Punkte erzielen, schon eine mutige Vorgabe.
    – Lena wäre selbst nach einiger totalen Niederlage – von der ich nicht ausgehe – vom Nimbus der ESC-Gewinnerin befreit und hätte die Chance, sich als Künstlerin auch fernab des ESC zu etablieren
    – Das Spiel mit der Erwartungshaltung ist auch interessant: Zum einen hat meines Wissens keines Siegerländer der letzten Zeit eine Titelverteidigung versucht, sodass dies ebenfalls im Ausland auf Interesse stoßen könnte. Zum anderen wird im Allgemeinen erwartet werden, dass Deutschland schlecht abschneidet und man könnte dann ggfs. mit dem neuen Titel frei von Vorurteilen besser durchstarten als erwartet.

    Ich finde jedenfalls, dass man den Modus Titelverteidigung durchaus einmal probieren kann. Wenn es katastrophal endet, können sich alle jetzigen Meckerer auf ihr „überlegendes Wissens“ etwas einbilden und nächstes Jahr ja wieder so tolle Konzepte wie Alex Swings Oscar Sings! hinschicken.

    Natürlich ist ein Teil der Kritik aber auch durchaus berechtigt: Das gesamte Konzept hätte wesentlich besser kommuniziert werden müssen; zudem sollten klare Spielregeln für die Zukunft definiert werden. Mir ist es auf jeden Fall lieber, dass wir dieses Mal vllt. auf ein Kandidatencasting verzichten, dafür aber nächstes Jahr wieder „normal“ verfahren und nicht einfach irgendwelche Interpreten-Lieder-Kombos zur Auswahl vorgesetzt werden (vgl. Vorentscheide 2006, 2007) oder einfach im Hinterzimmer beschlossen werden (vgl. 2009).

    Ein weiterer, absolut berechtigter Kritikpunkt ist dabei die Songauswahl für Lena. Auch ich kann mich dem Eindruck nicht verwehren, dass die Titel nicht wirklich immer für den ESC ausgesucht wurden, sondern primär auf die Vermarktbarkeit des Albums geschaut wurde. Das ist aber vor dem Hintergrund nicht weiter tragisch, als dass wohl immer eine Auswahl präsentiert werden muss, da sich sicherlich niemand mit den 500 Titeln beschäftigen wollte, die wohl eingereicht wurden. Man hätte hier aber sicherlich eine bessere Auswahl treffen können, sofern die Vorwürfe denn auch zuträfen, was wir mangels Kenntnis der übrigen Songs aber nicht wissen.

    Im nächsten Jahr kann es dann ja alles wieder seinen gewohnten Gang gehen. Ich wette, dann wird aber trotzdem wieder nur gemeckert werden, ganz egal, welcher Modus operandi dann gefunden wird.

  18. Was passiert eigentlich, wenn sie jetzt noch mal gewinnt….ich meine nächstes Jahr dann??



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