Didel-di-hei, didel-di-hau, didel-di-hei-di-hau

Es folgt eine längere Besprechung der neuen Sendung TV-Helden. Für alle, denen das zu viel Text ist, bieten wir vorab eine Kurzfassung an: Lustig. Ansehen! Bitte sehr.


Screenshot: RTL

Das waren noch Zeiten, als Hape Kerkeling ernste Pressekonferenzen mit dummen Fragen sprengte oder sich verkleidete und ernste Kulturinteressierte foppte, indem er ihnen „Hurz“ vorsang und anschließend die Intention des Dargebotenen interpretieren ließ.

Vielleicht hat sich ähnliches seither niemand mehr getraut, weil sich niemand mit dem großen Kerkeling messen lassen wollte. Vielleicht hat es auch jemand versucht, scheiterte aber so kläglich, dass man es schon wieder verdrängt hat.

Die TV-Helden, wie RTL seine neue Samstagspätabendcomedy nennt, trauen sich wieder, und sie halten dem Vergleich mit Kerkeling stand.

Einer ihrer Scherze ging vor zwei Wochen schon durch die Medien, die nicht wussten, was sie damit anfangen sollten: Die Gründung des 1. Türkischen Karnevalsvereins Deutschlands in Köln wurde bekanntgegeben. Die Gründungsmitglieder forderten einen Türken im Dreigestirn und den Verzicht auf Freizügigkeit und Alkohol. Sie gaben eine gut besuchte Pressekonferenz, und obwohl dabei offenbar wurde, dass keiner der drei auch nur ein Wort Türkisch sprach, glaubten viele Zeitungen auch am nächsten Tag noch, die Sache sei echt. Für den betriebenen Aufwand ist das, was daraus heute Abend im Fernsehen zu sehen ist, überraschend kurz. Überhaupt wird kein Gag länger ausgewalzt als er lustig ist, und lustig sind fast alle: Caroline Korneli, die denselben Interviewpartnern für zwei vorgeblich unterschiedliche Magazine gegensätzliche Aussagen entlockt, Pierre M. Krause, der versucht, im Gespräch mit dem saarländischen SPD-Spitzenkandidaten Heiko Maas 25 Wortspiele mit dem Namen „Maas“ unterzubringen, und Jan Böhmermann, der den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein fragt, ob er Angst vor Bushido habe und anfängt gezielt kindisch zu kichern, wenn Beckstein „Konvertiten“ sagt und die zweite Worthälfte wie „Titten“ klingt. Wie das gespielt und geschnitten ist, erinnert das an die „Korrespondenten“ in der Daily Show with Jon Stewart, und ebenfalls in diesem Stil, aber mit Kerkeling-Methoden, wird auch noch Medienkritik laut, wenn Krause und Böhmermann durch ständiges Anrufen (und Durchkommen!) den Abzocksender Astro-TV entlarven. Allein die Kosten für diese Anrufe dürften einen erheblichen Anteil am Budget der Sendung ausgemacht haben.

Leider mussten vielleicht deshalb wohl noch ein paar Minuten Sendezeit kostengünstiger gefüllt werden, weshalb die Helden nun zu Beginn der Sendung und immer wieder zwischendurch aufgereiht hinter Mikrofonen stehen und dem Studiopublikum, das ebenfalls stehen muss, Witze erzählen, die bemüht wirken. Das Publikum gibt auffallend unauthentische Reaktionen von sich, und in dem Geklatsche gehen dann die hinführenden Anmoderationen unter, die für die Filmzuspielungen eigentlich ganz nützlich wären. Die Studiomoderationen waren in SketchUp schon überflüssig und der schwächste Teil in Ladykracher, und jetzt ziehen sie die TV-Helden unnötig in die Länge, die davon abgesehen witzig, mutig, originell und schnell sind. Und das Allerbeste: Weder werden Sketche gespielt, noch eine Kamera versteckt.

RTL hat die Qualität der Sendung anscheinend erkannt und versteckt sie nicht am toten Comedyfreitag, sondern gibt ihr den durchaus prominenten Sendeplatz direkt nach dem Dschungelfinale. Nächste Woche gibt es noch eine zweite Folge. Eine Fortsetzung darüber hinaus wäre wünschenswert, wenn die Qualität hält.

TV-Helden, heute um 23.30 Uhr bei RTL.
Nächste Woche um 23.15 Uhr.

Disclosure: Ich bin mit Pierre M. Krause befreundet, habe mit ihm für eine andere Sendung bereits Sketche geschrieben und gespielt und musste mir dafür dämliche Kostüme anziehen. Ich finde seine Arbeit nicht deshalb lustig, weil ich das getan habe, sondern habe das getan, weil ich ihn lustig finde. Da ich auch die Teile ohne ihn bei TV-Helden als äußerst gelungen erachte, halte ich mich für unvoreingenommen. Pierre M. Krause hat mir kein Geld für diese Besprechung gegeben, und auch für ein Bier hat er eigentlich nie Zeit.

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Michael, 24. Januar 2009, 00:02.

33 Kommentare


  1. (Ex-)Dschungel-Camp-Guckerin,

    Michael in dämlichen Kostümen?
    🙂
    Die Sache klingt unterhaltsam, ich habe gestern einen Ausschnitt gesehen, wo sie u.a. diese dämlichen Astro-Shows anriefen und durch den Kakao zogen, allein das fand ich schon gut!
    Es ist erfreulich, daß sie nicht gleich an einen faden Sendeplatz gesteckt wurden -und hoffentlich hat die Truppe dann auch etwas „Zeit“, sich zu entfalten und beim Publikum anzukommmen, ohne daß der Sender nach wenigen Malen gleich wieder einen Schlußstrich zieht. Toi, toi, toi!

  2. http://en.wikipedia.org/wiki/The_Chaser%27s_War_on_Everything – Das auf deutsch. Naja…

  3. Ich erinnere mich dunkel an eine Achtungs-Meldung einer Nachrichtenagentur: „Die Berichterstattung zum 1. Türkischen Karnevalsvereins Deutschlands entfällt mangels Nachrichtenwerts“. Das ist also daraus geworden.

  4. […] noch einen kleinen Fernsehtip für heute abend: Nach dem Dschungelcampfinale kommt “TV-Helden” von und mit Jan Böhmermann, für den die Kollegen Gärtner, Rürup, Tietze und ich vor […]

  5. Da ich alt werde, macht mich Krauses Frisur schon seit Südwestzeiten so aggressiv, dass ich seine Bemühungen nicht ohne zu Brüllen betrachten kann. Schade, das. Bisschen wie bei Hartwich.

  6. Gibt’s für „Disclosure“ nicht auch ein passendes deutsches Wort?

  7. @ Marco: Hab ich auch lange überlegt. „Preisgabe“ ist mir eingefallen. Oder „Vollständige Offenlegung der Zusammenhänge“. Oder: „Wussten Sie schon…?“

  8. @ Christian: Na, na, na. An dieser Frisur mussten indische Kinder lange töpfern.
    Krauses Südwestzeiten sind übrigens noch nicht vorbei. Wer nach dem Ende von „TV-Helden“ ins SWR-Fernsehen umschaltet, sieht dort gerade den Beginn von „latenight mit Pierre M. Krause“.

  9. Eigentlich war Herr Krause der Grund, warum ich beim Trailer dachte „Ach nee, lass mal!“. Aber dicke Frauen bei Astro-TV in Verlegenheit zu führen, klingt lustig.

  10. Ich schalte jetzt aus – Schülerscherzniveau.

  11. Ich schaus mir gerade an und finde es auch wirklich ganz lustig. Aber was mich tierisch nervt, ist diese „Switch“-artige Häppchendarbietung der Sketche. Bei „Switch“ hat das auch inhaltlich vom Konzept der Sendung her Sinn, aber hier ist das nur hektisch und sinnlos. Da hat RTL wohl mal wieder angst, dass sich jemand während eines Sketches langweilen könnte.
    Mir wären da ein paar schön zurechtgeschnittene zusammenhängede Beiträge lieber als dieser Murx. Weiß nicht, ob ich mir die zweite Folge noch antun muss.

  12. @Mickey Fand ich tragischerweise auch…grade mit den Bühnenauftritten dazwischen an denen nichts lustig ist und dem ganzen hin und her geschneide…

  13. Wenn das Ziel war Sympathien für Beckstein zu gewinnen, der auf die blöde und sich selbst sehr lustig findende Inszenierung völlig angemessen reagiert, dann hat die Show das geschafft.

    Ansonste: Gutes Konzept, schlecht umgesetzt und das Studiosetting mit dem Hampelmanntrio-Mods war auch eher auf Prunksitzungsniveau.

    Comedy wird nicht lustiger, wenn die Comedians in ihren Rollen dauernd zwinkernd herumgrinsen um auch den Blödesten zu suggerieren: Dat is jetz witzich gemeint.

  14. „Disclosure“: wie wär’s mit einem einfachen „Hinweis“?

  15. Ich bin begeistert: Da wird tatsächlich ein Wortspiel mit einem alten EAV-Lied gemacht.

  16. (Ex-)Dschungel-Camp-Guckerin,

    Einzelne Beiträge fand ich gut, die Zwischenmoderationen der drei unnötig „gestellt“ –> ist noch verbesserungswürdig/-fähig.

  17. @ Kunar: Ich bin sehr froh! Ich fürchtete schon, es kapiert keiner.

  18. Die Sendung klingt sehr sehr interessant, kommt aber zu Zeiten, an denen ich nie zu Hause bin und falls doch, nicht nüchtern. Kann man sich das irgendwo online angucken? Oder kommt sonntags irgendeine johannes-freundliche Wiederholung?

  19. ich fand piääääärs begrüßung in der latenight ganz lustig. aber auch nur weil ich zufällig beim zappen hängengeblieben bin, als ich herrn krause bei rtl gesehen habe.

    (irgendein dschungel-gedöns und dann:)

    „ich würde nie für rtl arbeiten!“

    wann habe ich zuletzt geschrieben, dass ich rtl-vorbei-zapper bin?

  20. Das „switschen“ zwischen den Clips war wahrlich unnötig und die Zwischenmoderationen störten aber im Trailer bereits alle Gags zu verheizen war richtig ärgerlich!

    Da ist noch einiges an komzeptioneller Arbeit zu tun, denn das Potential ist durchaus da. Die Ideen sind teilweise richtig gut gewesen.

  21. Die EAV erkennt man offenbar sogar am „Dideldihei“. Bin begeistert. Von der Sendung und von der Überschrift.

  22. TV Helden gesucht und gefunden…

    Mehr zu den “TV Helden” immer samstags um 23.15 Uhr auf RTL (und hier).

    ……

  23. Pierre M. Krause,

    Das stimmt nicht: Meine Frisur wird von kindischen Indern und nicht von indischen Kindern getöpfert! Und ich hatte letzte Woche Zeit für ein Bier!

  24. oh, der held persönlich 😉

  25. @PierreMKrause: Bist Du nicht der aus dem Fernsehen? Ich fand Deinen Kollegen voll süß (den großen, schlanken)!!! LGLGLGL, HDGDL!

  26. Wenn gleich noch die dritte von euch (ich weiß ihren Namen nicht, hihi) hier vorbeischaut und was Lustiges schreibt, dreh ich hier endgültig am Rad.

    Sagt eurem Arbeitgeber bitte mal, dass er eure Helden-Taten (hihihihi) online auf seinem Videoportal (RTLnow) stellen soll. Will gucken.

  27. Caroline Korneli,

    Wer, ich?

  28. Wo die 3 Helden schonmal hier schreiben, schreib ich auch… so! 🙂

    Über Herrn Böhmermann lach ich mich schon seit Urzeiten schlapp, den mit der Frisur von den Indern kannte ich nicht und die Kollegin von Automesse auch nicht. Aber ich freue mich, nun alle „kennengelernt“ zu haben.

    Vor allem die Nummer mit dem Astro-TV war großartig und ich lag danach heulend vor Lachen darnieder. Danke dafür. 🙂

  29. So, DAS reicht! Wo ist Frank Elstner?

  30. Die Idee, „Medienschaffende“ mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, war schon zu erkennen, aber dünn umgesetzt. Irgendwie habe ich mich mit den Zuverarschenden gelangweilt und auf eine Pointe gewartet.
    Und sich selbst lustig finden wirkt immer unsympathisch, wenn man gleichzeitig Angst vor dem Publikum hat (mein Opa hätte gesagte: „Hände aus den Hosentaschen!“). Ich würd zwei bis drei von denen (oder Ihnen, Sie lesen ja mit) in die Redaktion stecken und durch Köpfe mit kerkelingschem Frontschweincharakter ersetzen.
    Warscheinlich hätte man die Sendung auf ihre Essenz bei 5 Minuten eindampfen können. Ansonsten: was Batz sagt.

  31. Wie wär’s mit „Nota Bene“ statt Disclosure? Mmmh, auch ein Fremdwort, aber eins, das bekannter sein dürfte. Oder einfach „Hinweis“?

  32. Mir wären da ein paar schön zurechtgeschnittene zusammenhängede Beiträge lieber als dieser Murx. Weiß nicht, ob ich mir die zweite Folge noch antun muss.

    So ging es mir auch, was das Vergnügen arg in Grenzen hielt.
    Alleine den Bahnmenschen nicht häppchenweise zu zeigen, wäre wirklich sehr originell gewesen!

  33. Es waren einige gelungene Ansätze dabei und insgesamt war die Sendung besser als das meiste andere, das im deutschen Fernsehen als Humor gilt.

    Das liegt vermutlich auch daran, dass ungeniert bei den großen Vorbildern zusammengeklaut wurde – ob bei Kerkeling, Cohen oder der Daily Show. (Die physische Ähnlichkeit eines der Helden mit John Olver hat diesen Eindruck noch verstärkt).

    Dennoch fehlt noch einiges um mir mehr als nur ein Schmunzeln zu entlocken. Die falsche Pressekonferenz ist weit unter ihrem Potential geblieben und im Lauf der Sendung irgendwie versandet.

    Die Scherzanrufe sind halbwegs witzig aber nicht sendungsfüllend. Und irgendwie hat man sowas ähnliches bereits bei Crank Yankers oder Studio Braun gehört, nur besser.

    Das manische Herumgewechsle zwischen den Filmchen und Sketchen ist richtig nervig und die Stand-up Comedy sollte man besser lassen, wenn man selbst nicht so witzig ist – oder keine Dutzend Autoren im Hintergrund hat.

    Man soll aber nach der ersten Sendung nicht zuviel meckern, denn einiges an Potential war ja zu erkennen. Und ein Fortschritt gegenüber der sonstigen „Comedy“ (7 Tage, 7 Köpfe, arrgh) ist es allemal.



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