Risse im House

Die ersten Journalisten Medieninteressierten haben begonnen, der Erfolgsserie Dr. House eine Krise anzudichten. Das ist nachvollziehbar. Auch in den vergangenen Wochen erreichten die Dr.-House-Wiederholungen zwar Marktanteile, die dieselben Medieninteressierten bei anderen Serien als „sensationell“ bezeichnen würden, aber in der Tat weit hinter den sonst beinahe utopischen Werten zurückblieben, an die man sich in den vergangenen Jahren als Normalfall gewöhnt hatte. So niedrig wie zurzeit waren die Zuschauerzahlen von Dr. House zuletzt zu Beginn der ersten Staffel, als die Serie noch eine Stunde später gezeigt wurde.

Der Zuschauerschwund ist keine Überraschung und schnell erklärt.

Die Serie war zwar von Beginn an populär, hatte sich aber erst allmählich zu dem Sensationserfolg entwickelt, der sie seit der dritten Staffel ist. Diese dritte Staffel war die (bisher) erfolgreichste der Serie, und genau diese dritte Staffel wiederholt RTL momentan. Sprich: So viele Menschen wie bei keiner vorherigen Staffel, die wiederholt wurde, kennen die Episoden bereits. Dazu kommt, dass die Serie ab der dritten Staffel immer mehr von dem strengen Schema abkam, das die ersten Staffeln auszeichnete. Anfangs war jede Episode in sich abgeschlossen, die Handlung erledigt und die Reihenfolge der Episoden damit im Grunde beliebig. Inzwischen gibt es diverse episodenübergreifende Handlungsstränge, die die Serie zwar interessanter und weniger vorhersehbar machen, aber auch schlechter wiederholbar. Die meisten Zuschauer haben keine Probleme damit, sich eine Stunde lang eine abgeschlossene Geschichte ein zweites Mal anzusehen, investieren aber nicht so gern eine Stunde in einen Bruchteil eines größeren Handlungsbogens, dessen Fortgang sie bereits kennen. CSI, Criminal Intent und Navy CIS erreichen deshalb auch mit Wiederholungen noch hervorragende Einschaltquoten, Desperate Housewives, Grey’s Anatomy und 24 nicht.


Foto: RTL

Dennoch kann diese Entwicklung dazu führen, dass auch die neuen Folgen der fünften Staffel, die schon in vier Wochen beginnt, nicht mehr so viele Zuschauer erreichen werden wie die der dritten und vierten Staffel. Denn von all jenen, die sich zwischenzeitlich von der Gewohnheit verabschiedet haben, dienstags um 21.15 Uhr RTL einzuschalten, werden vielleicht ein paar die Gewohnheit nicht wieder aufnehmen.

Allerdings wird auch dann das Schlimmste, das der erfolgreichsten US-Serie im deutschen Fernsehen passieren kann, vermutlich allenfalls sein, dass der Abstand zur Zweitplatzierten kleiner wird.

Michael, 3. Februar 2009, 06:26.

15 Kommentare


  1. Ich fand die Serie noch nie so doll. Eigentlich sehr vorhersehbar und daher sterbenslangweilig.
    Und das Fachchinesisch da erinnerte mich an Emergency Room was mich immer reflexartig den Sender wechseln lies.

    Was ist das Geheimnis dieser Serie?^^

  2. Kinderreimerklärer,

    >>Was ist das Geheimnis dieser Serie?^^

    Das der Hauptcharakter kein edler Halbgott in Weiß ist, sondern eigentlich ein komplettes A..loch, allerdings mit einer enormen fachlichen Kompetenz, so daß man ihm eigentlich alles durchgehen lässt.

  3. Also ich persönlich finde den ganzen Plott um Detective Tritter in der dritten Staffel total bescheuert und schau mir die Folgen deswegen kein zweites Mal an.

  4. „Das der Hauptcharakter kein edler Halbgott in Weiß ist, sondern eigentlich ein komplettes A..loch, allerdings mit einer enormen fachlichen Kompetenz, so daß man ihm eigentlich alles durchgehen lässt.“

    Na super da können sich ja bestimmt viele mit identifizieren. Hät ich auch selber drauf kommen können. Dacht nur wär vll was weniger banales.

    Trotzdem Danke 🙂

  5. Alberto Green,

    @ Mark: Ich glaub‘ nicht, dass sich sooo viele mit Kompetenz identifizieren können (sollten).

  6. @ Alberto Green
    Sehe ich genauso.
    Ich glaube im Ihrem letzen Wort liegt der hund begraben. Viele, allen voran unsere Verkörperung der Inkompetenz Angie fühlen sich aber kompetent und clever. Das ist ja das Problem 😉
    De ist nicht gerade das Land der Realisten. Naja, aber welches Land kann das für sich behaupten…

  7. Btw. Der „Inspector“ hinter House erinnert mich stark an Jens Berger.

    oO

  8. @Mark Deine subtil vorgetragene Gesellschaftskritik macht mich latent aggressiv.

    Fernsehen an sich ist sowas von 2000.

  9. @critter
    sorry, geht vielen in meinem Umfeld so. Ich halt dann mal wieder meine Schnauze^^

  10. du sprichts hier ein für mich ganz relevantes problem an:
    mitzubekommen, wann eine liebgewordene serie nach einer unterbrechung durch sommerpause etc. weitergeht.

    das letzte mal ging es mir bei navy cis so, dass die ersten 3 folgen bereits gelaufen waren, bis ich das bemerkt habe. das nervt.

    kann es sein, dass blockbuster (oder die musik neuer casting-stars..) um einiges penetranter beworben werden als der start einer neuen serien-staffel?

  11. die serie war in den ersten 10 folgen interessant, ab da hatte man die hoffnung verloren dass das schema vielleicht noch ändern würde. ab da war es mir unerklärlich wie die leute noch weiter gucken konnten.
    Das gleiche eigentlich mit CSI. Toll gemachte Serie, aber zu eintönig.

  12. Naja, es stimmt schon, dass Dr. House meistens mehr oder weniger nach dem gleichen Muster abläuft (was hier übrigens schön satrisch auf den Punkt gebracht wird: http://www.cracked.com/blog/write-your-own-house-episode/ )
    Trotzdem ist es noch immer eine der besten aktuellen Serien, die trotz der Konstanten eben nicht langweilig oder vorhersehbar ist, sondern immer wieder zu überraschen weiss und durch Hinzufügen neuer Aspekte spannend bleibt.

  13. Also, man sieht House primär doch nicht wegen des (nahezu )immer gleichen Erzählmusters. Oder kauft sich hier jemand den Playboy wegen der immer gleichen Rubriken und Artikel?
    House schaue (zumindest) ich wegen der durchweg guten Darsteller, der philosophischen und gesellschaftlichen Themen, die quasi so nebenbei durchgekaut werden, der oft diametral gegenüberstehenden Moralvorstellungen (Moral von House kontra die aller anderen), wegen der kongenialen Sprüche, Streiche und Albernheitenkeiten mit denen insbesondere House seine „Opfer“ überschüttet. Endlich mal wieder eine Serie, die nicht jeden Scheiss dreimal wiederholt, damit es auch der letzte Döddel kapiert und verinnerlicht hat (siehe Heroes, 24). Dazu Dialoge, die so gut geschrieben sind, dass man sie sich ein Dutzend mal hintereinander anhören möchte. Insbesondere die Besprechung/Erstellung der Differenzialdiagnose ist mal etwas vollkommen Neues. Hier wird nicht auf den Zuschauer Rücksicht genommen, der gerade kein Artzstudium abgeschlossen hat, sondern es wird kreuz und quer mit Theorien und Fachbegriffen um sich geworfen, das einem der Pschyrembel aus dem Regal fällt. Garniert wird das gleichzeitig oft noch mit einem zusätzlichen (Streit-)Thema, das quasi unterwegs mitabgefrühstückt wird. Und da will einer sagen, das Hirn wird beim Fernsehen unterfordert. (Okay – bei den meisten deutschen Serien bestimmt!)

    Ich habe mich gewundert, dass diese Serie in den USA und auch hier so einen Zuspruch hat, obwohl sie doch ziemlich über dem Niveau von GZSZ und Marienhof liegt.
    Sicherlich schauen viele aber auch nur gerne zu wie ein geniales Arschloch komplizierte Nüße knackt. House ist ja im Grunde nur ein altkluge Detektiv im weißen Artzkittel. Nicht umsonst haben sich die Macher dreist bei Sherlock Holmes bedient.
    Schade nur drum das andere aufregend intelligente Serien wie Six Feet Under, Shield, Sopranos oder Veronica Mars größtenteils unbemerkt am deutschen Publikum vorbeigesendet wurden.
    Naja, wenigstens gibt es hier überhaupt House, Simpsons, South Park und American Dad.

  14. @Paralyta: Das bringt nahezu druckreif auf den Punkt, was diese Serie so grandios macht – Respekt!

  15. […] auch den treuesten Fan. (Und das ist nicht der einzige Grund, wie Michael vor längerer Zeit im Fernsehlexikon aufgeschrieben hat.) Dass man sich in Köln inzwischen besonnen hat und nach dem Ende der 5. Staffel am Dienstag […]



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