Ab in die Klapse

Doctor’s Diary war eine Serie, die für RTL viel geleistet hat:

  • Sie beendete den Fluch der zuverlässigen Erfolglosigkeit deutscher Serien und kehrte den Trend um.
  • Sie brachte Niveau in die Riege der RTL-Eigenproduktionen.
  • Sie vereinnahmte eine Fangemeinde, die die Serie zum Kult erklärten, wie es vor allem deutsche Serien nur sehr, sehr selten schaffen.
  • Sie verzeichnete in der dritten Staffel sogar noch gestiegene Marktanteile.

Was macht der Marktführer und klügste deutsche Sender RTL also? Er gibt heute offiziell die Einstellung der Serie bekannt. Wegen Terminproblemen. Die Schauspieler seien so erfolgreich.

Klar. Hätte man drauf kommen können.

Michael, 19. Oktober 2011, 17:06.

20 Kommentare


  1. Echt. Der. Hammer.

    Doctor’s Diary war wirklich eine intelligente und lustige Serie, die sich total von dem sonstigen RTL-Programm abgehoben hat. Aber vermutlich war genau das das Problem.
    RTL möchte lieber durch Menschenverachtung und fremdschämigen Trash wahrgenommen werden.

    Hoffentlich stirbt RTL irgendwann.

  2. Warum die Sendung von manchen so gehypt wird, hat sich mir nie erschlossen. Ich fand sie weder herausragend intelligent noch witzig. Aber Geschmäcker sind halt verschieden, so what? Wenn RTL damit gutes Geld gemacht hätte, wäre man sicher anders damit umgegangen. RTL nun vorzuwerfen, dass man nach Ertrag schaut, wäre allerdings albern. Das ist ein Wirtschaftsunternehmen.

  3. @theo: Manchmal sind die Erwartungen so niedrig, dass solides Handwerk und das Vermeiden der üblichen Fehler und Peinlichkeiten als hohe Kunst gilt. ich persönlich habe aber auch schon schlimmere Sachen gehypet.

  4. RTL gehört gehauen, geteert und gefedert!
    Um es mit einem Zitat aus der Serie zu sagen:
    „Aber Herzchen, ich versteh das trotzdem nicht. Wie kann etwas, das nicht mehr da ist, so… schmerzen?“ – „Wahrscheinlich, weil man sich dran gewöhnt hat, aber…“
    Die haben uns um eine großartige – deutsche – Serie gebracht und um eins der lustigsten deutschen Liebespaare der vergangen Jahrzehnte – Gretchen und Marc.
    Ich werde mich jetzt zurück ziehen und ganz lange weinen.

  5. Schade, aber zum Glück gibt’s ja noch Sat.1 mit Danni Lowinski und Der Letzte Bulle, auch da zeigt sich, wie frisch, frech und witzig die vielgescholtene deutsche Serie sein kann. Warum RTL trotz des großen Erfolgs jetzt einfach so aufgibt und dieses Feld kampflos dem Konkurrenten überlässt, wir dadurch allerdings nicht plausibler. Wahrscheinlich will man lieber ein paar weitere Pseudo-Doku-Vorführ- und Demütingungs-Formate zeigen.

  6. Wenn wir jetzt einen funktionierenden privaten Fernsehmarkt hätten und nicht das politisch gewünschte Bertelsmann-ProSiebenSat1-Duopol, würden sich die konkurrierenden Fernsehkonzerne jetzt darum reißen, die Sendung zu sich zu ziehen. Aber wir sind ja im Parteienstaat Deutschland.

  7. Als DD-Fan kann ich zur Nicht-Weiterführ-Entscheidung nur dies sagen:Gott sei Dank! Die dritte Staffel war längst nicht so gut wie die ersten beiden. Der Niveauverlauf war ähnlich, wie damals zu meinem Schrecken beim anfangs auch so superen „Türkisch für Anfänger“. Also, lieber jetzt aufhören, als es schlimm(er) zu machen – siehe Harald Schmidt.
    @Torsten: Ja, Danni Lowinski! Und nicht zu vergessen: „Mord mit Aussicht“!

  8. Schuld an der Einstellung der Serie haben eindeutig die deutschen Produktionsgepflogenheiten.
    Mein Gott, wenn man gefühlt alle 2 Jahre mal eine Staffel mit 8 Folgen dreht, wie kann man da erwarten, dass die Schauspieler sich dann noch für Doctor’s Diary Termine freihalten und ihre Karrere nicht anderweitig vorantreiben?

    Immerhin wurde die Handlung zufriedenstellend abgeschlossen und erhielt ein würdiges Serienende. Autor Bora Dagtekin redet ja von einer eventuellen Wiederkehr als Kinofilm. Nachdem er nur ein paar Jahre für den „Türkisch für Anfänger“-Film gebraucht hat, kann mann wohl so etwa 2020 mit einem Doctor’s Diary-Film rechnen…

  9. Auch bei britischen Serien werden oft nur alle paar Jahre 6 – 8 Folgen gedreht, das allein kann das Problem nicht sein.
    Aber das mit der Terminnot halte ich eh für eine faule Ausrede, ich denke mal, RTL hat eher keinen Bock mehr, die Serie zu bezahlen, denn gutes Fernsehen und insbeosndere gute Serie kostet eben Geld. „Gescriptete“ Pseudo-Doku-Soaps sind eben deutlich billiger zu produzieren.

  10. die dritte staffel war unterirdisch. schon die zweite war schlechter als die erste, aber die letzten folgen waren wirklich ganz schlimm. das war mal die lieblingsserie von mir und meiner frau, aber bei den zuletzt gesendeten folgen haben wir uns fast jedesmal nur ratlos und enttäuscht angeguckt.

  11. Auch ich habe die Serie zugegebenermaßen gerne angeguckt, aber den revolutionär-genialen Charakter, den viele Beobachter ins Format reininterpretiert haben, habe ich auch nie gesehen.
    Beim Deutschen Fernsehpreis kam ausgerechnet der absolute Tiefpunkt der Staffel zur Ausstrahlung, die spätpubertäre Nummer mit dem aufgemalten Penis, irgendjemand hat mal schwankendes Niveau zwischen Welt- und Kreisklasse konstatiert, das würde ich unterschreiben.
    An die Qualität von Abschnitt 40 oder Die Sitte kam DD objektiv nie ran, daher muss wohl ein Zusammenhang mit dem jahrelangen Floppen von deutschen Formaten und dem ersten Erfolg seitdem eine Rolle spielen, denn die erste Serie, die den Fluch beendet, muss ja genial sein.
    Aber ich will andererseits jetzt auch nicht mekern, sieht man die Piloten von RTL an, merkt man doch wieder, was man an der Serie hatte, offenbar geht man ja wieder in den Bereich seichte Action.

  12. DD war nicht die Leistung von RTL, sondern die von Bora Dagtekin.
    Leider scheint RTL im Bereich Serienentwicklung total inkompetent. Was haben die denn außer DD in letzter Zeit hinbekommen?
    „Cobra 11“ läuft seit gefühlten 30 Jahren und „Countdown“ ist total mittelmäßig und außerdem die 1:1-Kopie einer spanischen Serie.
    Man fragt sich echt, was da für Redakteure arbeiten…

  13. Wobei man bei „im Serienebereich total inkompetent“ für RTL jeden anderen deutschen Privatsender einfügen kann. Die Produktion hochwertiger Serien hat hierzulande eben einfach nicht den Stellenwert wie in anderen Ländern. Und wer glaubt, das läge daran, dass hier nicht die Millionen wie in den USA vorhanden sind, sollte mal sehen, wie viele sorgfältig produzierte und vor allem selsbterdachte Serien und Sitcoms die britischen Privatsender wie ITV und Channel 4 jedes Jahr herausbringen (natürlich gibt es auch da schwächere und schlechte). In Deutschland muss Serie hingegen hauptsächlich billig zu produzieren sein und trotzdem möglichst gute Redite einfahren, und das klappt eben am besten mit plattem, anspruchslosem Action-Trash (Cobra 11, Lasko) oder indem man ausländische Serien auf den Kopierer legt (Stromberg, Doktor Martin, etc.). Haben deutsche Sender überhaupt noch sowas wie eine Kreativ-Abteilung? Ich bezweifle es. Und das, obwohl wir mal als Land der Dichter und Denker galten…

  14. @torsten
    Gute Serien gibt es auch in Dtld. („Mord mit Aussicht“, ARD, „KDD“, ZDF). Auch bei den Privaten: „Der letzte Bulle“, „Danny Lowinski“ (SAT1). Pro7 macht ja nix außer „Stromberg“. (Oder?)
    Und „Cobra 11“ ist garantiert nicht „billig zu produzieren“, sondern die teuerste deutsche Serie überhaupt.

  15. Also ich hab mich ja schon vor 2 Jahren von deutschen Serien verabschiedet. Seitdem gucke ich fast ausschließlich amerikanische Serien. Die sind sowohl quantitativ als auch qualitativ einfach um Welten besser als die meisten deutschen Serien (oder kommt es mir nur so vor, weil englisch nicht meine Muttersprache ist?).

    Die Liste jedenfalls is ellenlang: Mad Men, Breaking Bad, Parks and Recreation, Nurse Jackie, United States of Tara, The Office, The Killing, 30 Rock, Louie… alles herausragende Dinger und es sind noch längst nicht alle.

    Die einzigen guten deutschen Serien sind „Stromberg“ und „Mord mit Aussicht“. Vielleicht noch „Danni Lowinski“, wobei mir das auch sehr oft einfach viel zu einfältig, langweilig und klischeebeladen ist. Das gleiche gilt für „Doctor’s Diary“ und „Der letzte Bulle“.

    Wieso ist das so? Wieso gibt es in Deutschland so unglaublich wenige gute Serien? Wieso gibt es überhaupt so wenig neue Serien?

  16. @julian
    Schon mal in Erwägung gezogen, dass die genannten amerikanischen Serien nur die absoluten Spitzenreiter aus einem großen Hauptfeld sind, das in der Summe auch nur Durchschnitt ist?

    Die Amis entwickeln Unmassen von Serien, produzieren sehr viele und der Großteil davon überlebt den Piloten nicht oder stirbt nach der ersten Season.

  17. @Andi
    Dann sind das aber ganz schön viele „absolute Spitzenreiter“, oder nicht? Außerdem habe ich gesagt, dass es „noch längst nicht alle“ sind. Die Liste könnte ich noch um mindestens das dreifache erweitern (Simpsons, American Dad, Cleveland Show, Futurama, Curb your enthusiasm, episodes, The Big C, The Borgias, Weeds, Dexter und und und). Es sind so unglaublich viele, dass man eigentlich einsehen könnte, dass Deutschland ein „Serien-Entwicklungsland“ ist.

    „Die Amis entwickeln Unmassen von Serien, produzieren sehr viele und der Großteil davon überlebt den Piloten nicht oder stirbt nach der ersten Season.“

    Tja, vom amerikanischen System könnte man sich hier mal ne Scheibe abschneiden. Denn ansonsten läuft es so… ja so wie es hier eben läuft: Man freut sich schon über Serien, die eigentlich nur Durchschnitt sind (Doctor’s Diary) oder sogar noch schlechter, einfach weil so wenige Serien produziert werden.

    Eine absolute Topserie – die es in Amerika fast garantiert jährlich gibt und eigentlich sogar gleich mehrere (dieses Jahr bspw. „Homeland“ und höchstwahrscheinlich auch „Boss“, und die Mid-Season mit vielversprechenden Neustarts gibt es ja auch noch!) – gibt es hier vielleicht mal alle 5 Jahre, wenn überhaupt.

    Außerdem gibt es für die vielen gecancelten Serien auch Unmengen an Shows, die überlebt haben und Erfolge feiern. Man kann doch nur Erfolg haben, wenn man auch mal etwas ausprobiert und sich nicht nur auf Altbewährtes verlässt.

    Und selbst wenn in den USA viele Serien produziert werden, die nur kurzfristig laufen. Trotzdem werden die Leute beschäftigt, sie haben ihre Jobs und das Jahr für Jahr. Irgendwann landen sie eben bei einer Serie, die ein Hit wird.

    Letztendlich ist das immer noch besser, als wenn es tausende unbeschäftigte Schauspieler, Regisseure, Autoren etc. gibt bzw. diese ihr Talent für öffentlich-rechtlichen Quark á la Rosamunde Pilcher oder privaten Dreck wie diese grauenhaften ProSieben „Funny Movies“ vergeuden.

  18. Ja, Dtld. ist ein Serien-Entwicklungsland, nur leider wissen viele Entscheider nicht, wie man eine Serie entwickelt. Z.B. die von RTL.

    In Sachen Professionalität sollte man sich mehrere Scheiben abschneiden, aber deren finanzielle Möglichkeiten werden wir nie haben. Die USA sind nicht nur mehr als doppelt so groß wie Dtld., sondern sie verkaufen die Serien auch in die ganze Welt, dazu noch die DVD-Verkäufe.

    Die Amis haben eine Fernsehindustrie, wir eine Manufaktur.

  19. Vergleiche mit den USA sind wenig sinnvoll, denn das Land hat rund dreimal so viele Einwohner, und die finanziellen Möglichkeiten sind ohnehin vom anderen Stern, verglichen mit Europa. Wenn wir Deutschen uns ein Vorbild nehmen sollten, wie man auch mit geringem Budget hute Serien produziert, dann ist es Großbritannien: Das Land hat fast 20 Millionen Einwohner weniger, die finanziellen Möglichkeiten sind auch begrenzt, aber auch hier entstehen Serien auf einem ganz anderen Niveau, weil man talentierten Autoren eben einfach viel eher die Chance gibt, wenigstens eine Staffel einer Serie zu produzieren, und eben weil in der Regel nur ein oder zwei Autoren dahinter stcken und nur 6-8 Folgen pro Staffel entstehen, wird das Ganze mit viel mehr Sorgfalt und Herzblut gemacht und hat mehr persönlichen Stil. Von solchen Verhältnissen sind wir hier in Deutschland meilenweit entfernt.

  20. Wegen Terminproblemen abgesetzt? RTL macht nicht nur grauenhaftes Programm (DD war da lange der einzige Lichtblick), sondern ist nicht mal in der Lage, eine gute Ausrede für die Absetzung einer Qualitätsserie zu finden!
    Mag ja sein, dass die Schauspieler sehr gefragt sind, trotzdem kanns nicht nur daran liegen.
    Schließlich hatten die Staffeln von DD keine Ami- Länge mit mind. 12 Folgen pro Staffel und dass Filme wie „Plötzlich Fett“ tausendmal erfolgversprechender sind, glaube ich auch nicht.
    Obwohl die Bezahlung bestimmt besser war. Am Ende dreht sich doch alles nur ums Geld. RTL hat erkannt, dass es eben irgendwann mehr kostet, die Schauspieler bei der Stange zu halten (vor allem, wenn die z. B. auch durch DD gefragter werden) und dafür war man zu geizig (denke ich).



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