Menschen, Tiere & Doktoren

Seit 2006 (Vox). Doku-Soap, die verschiedene Tierärzte bei ihren Einsätzen in Tierparks, Tierkliniken oder bei Hausbesuchen begleitet.

Inspiriert durch den Erfolg der Eigenproduktionen am Vorabend (und im konkreten Fall vielleicht durch die Tierpark-Dokus bei ARD und ZDF) ersetzte Vox ab Herbst 2006 auch im Nachmittagsprogramm US-Serien mit Doku-Soaps und Magazinen. Neben dieser Reihe, deren 45-minütige Folgen werktags um 17.00 Uhr liefen, startete am gleichen Tag auch Wissenshunger. Und obwohl Menschen, Tiere & Doktoren stellenweise den Charme eines Wartezimmers verbreitet, entwickelte sich auch diese Reihe innerhalb kurzer Zeit zum Erfolg.

Wissenshunger

Seit 2006 (Vox). Wissensmagazin, das sich in mehreren  Beiträgen pro Sendung mit Themen aus den Bereichen Kochen, Essen, Ernährung, Lebensmittel und Genuss befasst und werktags um 18.00 Uhr als ideales Vorprogramm für die anschließenden Kochshows zum Einsatz kommt.

Die 10…

Seit 2003 (RTL). Show mit Bestenlisten zu je einem Oberthema. Ausschnitte und Berichte dokumentieren die Listeneinträge, Gäste erzählen darüber.

War zunächst eine große zweistündige Abendshow mit Oliver Geissen zum Thema „Die 10 bewegendsten Momente – Bilder, die man nie vergisst“, die man jedoch schnell vergaß und die bis auf weiteres keine Fortsetzung fand. Erst ab Januar 2005 zeigte RTL neue Ausgaben, jetzt nur noch eine Stunde lang und mit Sonja Zietlow als Moderatorin. Sie liefen erst mittwochs um 21.15 Uhr, dann freitags eine Stunde früher und schließlich überall dort, wo RTL keine bessere Idee hatte, wie man eine 60-minütige Programmlücke stopfen könnte, zum Beispiel samstags zwischen Mottoshow und Ergebnisverkündung von Deutschland sucht den Superstar. Im Februar 2007 setzte RTL Wiederholungen von Die 10… auch noch hektisch montags um 21.15 Uhr ein, wo zuvor mehrere Serien gefloppt waren. Es ging um „Die 10 größten Kinderstars“, „Die 10 außergewöhnlichsten Millionäre“, „Die 10 erotischsten Frauen“, „Die 10 aufregendsten Sex-Skandale“ usw. Nach welchen Kriterien die Zehnerlisten erstellt wurden, war nicht ersichtlich, aber auch von keinerlei Bedeutung.

Schwer zu sagen, warum RTL sich entschied, Oliver Geissen die Sendung wieder wegzunehmen. Die Berliner Mauer hatte er in der Ausgabe „Die 10 bewegendsten Momente“ so anmoderiert: „1961 hat man sie erbaut, 28 Jahre später hat man sie heruntergerissen, das gute Stück.“ Und zur Werbepause verkündete er: „Gleich noch: Die erste Mondlandung, Attentat auf JFK, freuen Sie sich drauf!“

Schmeckt nicht – gibt’s nicht

2003–2007 (Vox). „Cool kochen mit Tim Mälzer“. Halbstündige Kochshow werktags am Vorabend. Mälzer zeigt, dass Kochen gar keine Kunst ist, sondern Handwerk. Die Aufnahmeleiterin Nina Heik steht daneben und stellt gelegentlich dumme Fragen.

Schmeckt nicht – gibt’s nicht ersetzte im Dezember 2003 testweise für zwei Wochen das Kochduell und trat ab März 2004 dauerhaft an dessen Stelle. Die leicht verdauliche Show war der erfolgreiche Versuch, einen deutschen Jamie Oliver (The Naked Chef) aufzubauen – mit dem Mälzer zufälligerweise in London zusammengearbeitet hatte, bevor Jamie Oliver zum Popstar wurde.
Mälzer hat eine lockere Art der Präsentation und einen ebenso lockeren Umgang mit den Zutaten, die er so behandelt, wie man es zu Hause auch täte. Sterneköche verachten ihn dafür, das Publikum liebt ihn. Sein erstes Kochbuch „Born To Cook“ verkaufte sich in einem halben Jahr weit über eine halbe Million Mal.
Aufnahmeleiterin Nina Heik ist auch Mälzers Lebensgefährtin. Er führt in Hamburg ein eigenes Restaurant namens »Das weiße Haus«. 2007 ging Mälzer in die große Abendunterhaltung und präsentierte die Koch-Spielshow, die so hieß wie seine Bücher: Born To Cook.

Hmmm, interessante Geschichte

Es gibt viele Anknüpfpunkte für Kritik an Reinhold Beckmann. Dass er überwiegend nach Dingen fragt, die ihn nichts angehen. Dass er bei den Antworten auf diese Fragen, die ihn nichts angehen, dann noch nicht einmal zuhört und deshalb nicht nachhakt. Dass er stattdessen jeden Redebeitrag eines Gastes geistesabwesend mit den Worten „Hmmm, interessante Geschichte“ kommentiert. Dass er nach jeder Antwort so tut, als denke er angestrengt über eine Anschlussfrage nach, um dann die Frage zu stellen, die er ohnehin jetzt gestellt hätte, weil sie auf seinem Kärtchen steht. Und dass er das alles in einer Atmosphäre tut, die sich irgendwo zwischen Beichtstuhl und Séance bewegt.

Viele Beisitzer seiner Tischgespräche fühlen sich in der Sendung noch unwohler als die Zuschauer, weil Beckmann zu viel Energie in künstliche Coolness investiere und zu wenig in eine gewissenhafte Vorbereitung. Ein Gast vom Anfang des Jahres klagte nach der Sendung im privaten Kreis, Beckmann solle endlich aufhören Dinge vorzutäuschen, die er nicht verkörpere und sich als das geben, was er wirklich sei, ein armseliges Würstchen.

Auch der Fahrradfahrer Jan Ullrich fühlte sich am Montagabend schlecht behandelt. Von seinen Anwälten will die „Bild“-Zeitung erfahren haben, dass Beckmann gegen Absprachen verstoßen und Zusagen nicht eingehalten habe, indem er doch tatsächlich Fragen zum Dopingskandal gestellt habe. Also zum Thema. Deshalb hätten die Anwälte nun per Brief eine Wiederholung der Sendung verboten und im Falle eines Verstoßes mit Klage gedroht.

Aufruhr um Beckmann! Die amüsante Ironie ist, dass die Aufregung ausgerechnet nach einer Sendung kommt, in der sich Beckmann Mühe gegeben hat.

Für Freitagvormittag um 10.15 Uhr ist die Wiederholung bei 3sat übrigens weiterhin vorgesehen.

Nachtrag: Die Wiederholung ging wie geplant über die Bühne. Ach ja, und hier ist die komplette Sendung natürlich auch noch online zu sehen.

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Michael, 1. März 2007, 15:38.

Beckmann

Seit 1999 (ARD). Wöchentliche Talkshow mit Reinhold Beckmann, der mit meist prominenten Gästen über ihr Privatleben spricht.

Beckmann war, wie kurz zuvor Johannes B. Kerner, für viel Geld vom privaten ins öffentlich-rechtliche Fernsehen zurückgekauft worden und durfte dafür, wie Kerner, nicht nur große Shows moderieren, sondern auch eine wöchentliche Gesprächsrunde. Seine Talkshow unterschied sich von anderen anfangs nur durch die größere Zahl von Sportlern unter den Gästen, die er noch von früher her duzte, durch die stilisierte Hamburger Speicherstadt im Hintergrund und durch die geringere Zuschauerzahl. Wie Boulevard Bio sollte ein vages Oberthema eine Klammer bilden für die in der Regel drei Gesprächspartner, die sonst nichts miteinander gemein hatten. Thema der ersten Sendung war „Süchtig nach Erfolg“, zu Gast waren Fußballer Oliver Bierhoff, Sänger Matthias Reim und Model Nadja Auermann.

Zu ihrer eigenen Form fand die Sendung erst, als sie nach fast zwei Jahren auf Studiopublikum und Thema verzichtete. Beckmann empfing seine Gäste nun an einer Art großem Küchentisch, schaute ihnen in scheinbar intimer Atmosphäre tief in die Augen und die Seele und entlockte ihnen, viel Verständnis simulierend, privateste Dinge. Beckmann wurde, wie die „Frankfurter Rundschau“ schrieb, zum Jürgen Fliege für Prominente. Das machte ihn in den Augen vieler Kritiker zwar noch hassenswerter, die Sendung aber in sich stimmig und erfolgreich. Auch hochrangige Politiker wie Gerhard Schröder und Angela Merkel ließen sich von Beckmann interviewen. Gern lud Beckmann auch Gäste ein wie den zwölfjährigen Jungen, der bei einem amerikanischen Angriff auf Bagdad schwerste Verletzungen erlitten und beide Arme verloren hatte. Von besonderer Absurdität war ein Gespräch im Sommer 2004 mit Torhüter Oliver Kahn, der ankündigte, nichts mehr über sein Privatleben erzählen zu wollen, während Beckmann immer wieder nachfragte, was im Detail er denn nicht mehr verraten wolle.

Die Sendung läuft montags um 23.00 Uhr und dauerte zunächst eine Stunde, 2004 wurde sie um eine Viertelstunde verlängert und 2006 um eine solche vorverlegt. Für eine Sendung, in der der Radrennfahrer Bert Dietz zugab, gedopt zu haben, erhielt Reinhold Beckmann den Deutschen Fernsehpreis 2007 als bester Moderator einer Informationssendung.

Boulevard Bio

1991–2003 (ARD). Erfolgreiche einstündige Talkshow mit Alfred Biolek.

Biolek spricht mit mehreren prominenten und nicht prominenten Gästen, die er nacheinander zu sich in die Gesprächsrunde bittet. Bis dahin sitzen die Gäste in der ersten Reihe des Publikums. Es gibt ein Thema, das oft vage genug ist, um über alles zu reden, manchmal aber auch reizvolle Kombinationen sehr unterschiedlicher Gäste ermöglicht, die plötzlich miteinander ins Gespräch kommen.

Eine typische Gästezusammenstellung war diese: Sänger Campino von der Band Die Toten Hosen, Abt Stephan vom Benediktinerkloster Königsmünster, Hannelore Elsner und Thor Heyerdal. Das Thema war „Wer sucht, der findet“. Zum Thema „Mein bester Freund“ brachte Rudolf Scharping Konstantin Wecker mit. Am Anfang enthielt die Show neben dem Talk noch Kleinkunst- und Showelemente, ab 28. Oktober 1991 nur noch Gespräche.

Ein Erfolgsgeheimnis der Sendung war, dass sie allein vom distanziert-freundlichen Interesse des Gastgebers lebte und vielen scheinbaren Gesetzen für eine erfolgreiche Talkshow widersprach: Sie kam aus dem ehemaligen Sprungbrett-Theater, dem früheren Ballettprobensaal des WDR in der Kölner Innenstadt, der dafür eigentlich zu klein und zu niedrig war (was man sah). Der Moderator hatte neben sich zwar eine Räuspertaste angebracht, die er drücken konnte, um sein Mikrofon bei Bedarf für eine Sekunde auszuschalten, tat dies aber offensichtlich nie, und der Bedarf bestand oft. Biolek stellte keine ausgefallenen Fragen (einen Stuntman hätte er gefragt: „Ist das eigentlich gefährlich?“), sondern las häufig einfach die banalen Tatsachen vor, die auf seinen Karteikarten standen: „Britney Spears, Sie sind ein Superstar.“ Punkt. („Ja“, hat sie geantwortet.) Wenn einer seiner Gäste etwas unerwartet Komisches sagte, füllte sein gackerndes Lachen etwas unangenehm den ganzen Raum. Den Autofahrer Michael Schumacher kündigte er als „Harald Schumacher“ an, dieser nahm Platz und teilte mit: „Sie dürfen mich Michael nennen“, worauf Biolek entgegnete: „Ach, das ist aber nett.“

Andererseits war Boulevard Bio höchst modern und ein Vorreiter von Talkshows wie Johannes B. Kerner und Beckmann, weil er jedem Gast die Gelegenheit gab, sich darzustellen, ohne kritisch-bohrende Fragen befürchten zu müssen oder Themen, die ihm nicht recht gewesen wären. Biolek fragte freundlich, milde, harmlos, nie zudringlich, aber die Gespräche waren nicht immer belanglos: Er lud oft Gäste mit besonderen Schicksalen ein, Behinderte, Außenseiter, Randgruppen. Einmal machte er allerdings auch eine ganze Sendung zum Thema Urin.

Eine Mediensensation gelang Biolek am 11. September 1996, als Bundeskanzler Helmut Kohl zum ersten Mal in einer Unterhaltungssendung auftrat. Er war an diesem Abend Bioleks einziger Gast und gleichzeitig das Thema der Sendung. Die beiden plauderten im netten Gespräch über Kohls Kindheit, seine Hobbys, seinen Lieblingspudding und wie er ihn kocht. Kohl zählte unfassbare Mengen an Zutaten auf und antwortete auf Bioleks Nachfrage „Für wie viele Personen kochen Sie denn?“ ganz selbstverständlich: „Für mich.“ Ein Jahr später begrüßte Biolek Bundespräsident Roman Herzog, wiederum als einzigen Gast, auch der Dalai Lama beehrte ihn. Heftige Kritik löste die Sendung vom 9. April 2002 aus, in der Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin die Gelegenheit nutzten, sich gemeinsam und ganz ohne kritische Fragen als nette Menschen darzustellen. Am 6. September 1994 war Alfred Biolek anlässlich seines 60. Geburtstags zu Gast in seiner eigenen Sendung, Moderator an diesem Abend war Harald Schmidt.

Die Dekoration des Studios wechselte mehrmals: Anfangs saß Biolek auf dem alten Ledersofa aus dem Kölner Treff, später standen Korbsessel und Couchtische auf der Bühne, schließlich Batavia-Sessel oder ‑Bänke mit Beistelltischchen.

Die Sendung war langlebiger Nachfolger und völliges Gegenteil von Veranda. Sie erhielt den Goldenen Löwen 1998. Zum zehnjährigen Jubiläum erschien das Buch „Boulevard Bio – die ersten zehn Jahre“, herausgegeben vom Redakteur der Sendung, Klaus Michael Heinz.

Die Sendung brachte es auf 485 Ausgaben, die wöchentlich zunächst mittwochs, ab 1992 dienstags um 23.00 Uhr ausgestrahlt wurden.

Von Donna gerührt

Ordensschwester Lotte, König Herodes Antipas, der Capuccino-Mann Angelo und Johnny Flodder klären gemeinsam Verbrechen auf.

Wäre dies wirklich so, hätte die neue ZDF-Serie Donna Roma einen Platz in unseren Top 5 der bescheuertsten Krimiserien aller Zeiten verdient, die wir morgen an dieser Stelle veröffentlichen werden. Aber dies sind zum Glück nur die bisher populärsten Rollen der vier Hauptdarsteller.

Jutta Speidel ist aus Um Himmels Willen, einer der erfolgreichsten deutschen Serien der letzten zehn Jahre, ausgestiegen, um das zu spielen, was sie schon immer spielen wollte: Eine Kommissarin. Keine Nobelpreisträgerin, keine Friedenstifterin, keine Heilige, nein, eine Kommissarin. Gut, wenn das jeder macht, will man das natürlich auch. Als Berliner Kriminalpsychologin jagt sie nun per Amtshilfe in Rom raffinierte Mörder und hat dabei zwei einheimische Kollegen zur Seite, von denen einer, Luca Barbareschi, im letzten „Jesus“-Film mitspielte und der andere, Bruno Maccallini, früher seiner Nachbarin in der Fernsehwerbung verklickerte, er habe gar kein Auto und heute in der wirklichen Welt Speidels Lebensgefährte ist. In der Fernsehwelt wiederum ist Jutta Speidel gerade noch mit Johnny Flodder verheiratet, der in der wirklichen Huub Stapel heißt und in seiner neuen Rolle Konstantin.

Man ist zunächst versucht, Donna Roma als Blödsinn abzutun, denn auf den ersten Blick scheint vieles ungereimt: Warum will man uns weismachen, ein Flug von Berlin nach Rom dauere fünf Stunden? Warum sollen wir mit einer Frau sympathisieren, die in einer fremden Stadt bei den neuen Kollegen ankommt und erst mal alle barsch herumkommandiert? Warum sollen wir glauben, dass das Deutsch, das Jutta Speidel mit ihrer Familie in Berlin spricht, tatsächlich Deutsch ist, das Deutsch, das sie mit ihren Kollegen in Rom spricht, aber Italienisch? (Es werden lediglich einige obligatorische Allerweltsitalienismen wie „scusi“, „prego“, „pronto“ und „grazie“ eingestreut – nicht, dass ich mir wünschen würde, die ganze Sendung würde in italienischer Sprache gezeigt, aber es wirkt einfach komisch, wenn Jutta Speidel vom Kollegen für ihr hervorragendes Italienisch gelobt wird.) Will man uns für dumm verkaufen, wenn einerseits aus den Dialogen hervorgeht, dass die Handlung am Monatsanfang spielt, aber gleichzeitig alle Hotels ausgebucht seien, weil der Papst Geburtstag habe? (Der Papst wurde am 16. April geboren, sein Vorgänger am 18. Mai.)

Auch die Akustik ist sehr gewöhnungsbedürftig. Sie kennen doch den typischen Studioklang einer synchronisierten Serie und den typischen affektierten Tonfall deutscher Synchronsprecher? Beides steht nun leider im krassen Gegensatz zu der atmosphärischen Originaltonaufnahme, die beim Vor-Ort-Dreh tatsächlich entsteht. Hier treffen nun beide aufeinander, denn jeder Darsteller spielte in seiner Muttersprache. Auf der Presse-DVD, die das ZDF verschickt hat, sind hinten noch ein paar unsynchronisierte Originalaufnahmen, und da klingt es recht lustig, wenn Jutta Speidel eine deutsche Frage stellt und Luca Barbareschi auf Italienisch antwortet. In der TV-Fassung ist Barbareschi aber synchronisiert, Speidel nicht, und das klingt einfach merkwürdig.

Jetzt kommen wir zum großen „Aber trotzdem!“: Lässt man nämlich all diese Dinge hinter sich, was überraschend leicht fällt, ist die Serie gut. Nicht ZDF-gut, sondern gut. Also auch gut für Menschen, die sich noch selbst ernähren können, den Fernseher auch bei normaler Lautstärke hören und nicht bei der Gründung der Stadt Rom schon gelebt haben. (Ich übertreibe natürlich und entschuldige mich dafür schon jetzt beim ZDF und bei allen, die sich beleidigt fühlen könnten. Fakt ist aber: Der durchschnittliche ZDF-Zuschauer ist fast 60 Jahre alt. Bei den Zuschauern unter 50, derentwegen die Werbewirtschaft freudig im Dreieck springt, liegt das ZDF im laufenden Jahr auf Platz sechs, hinter RTL, Pro Sieben, Sat.1, der ARD und Vox. Rechnete man Wetten, dass…? heraus, sähe alles noch viel, viel düsterer aus.)

Während die meisten ZDF-Serien in den vergangenen zwanzig Jahren entweder Abwandlungen der Drombuschs, des Landarztes oder von SOKO 5113 waren, ist Donna Roma originär und originell. Die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt, die im Vordergrund ebenso viel Wärme und Charme versprühen wie im Hintergrund die schönen Aufnahmen Roms, und die Fälle sind kurzweilig und die ausgefallensten seit CSI. Mit CSI hat Donna Roma aber rein gar nichts zu tun. Der Fall spielt zwar eine große Rolle, aber die Charaktere sind ebenso wichtig. Es sind extrem eigensinnige Charaktere. Sie forsch und hartnäckig, er grummelig, doch entspannt. Aber beide im Grunde freundlich und sympathisch. Und obwohl es anfangs gar nicht so aussieht, als sprühten auch in dieser Serie die obligatorischen romantischen Funken zwischen weiblichem und männlichem Hauptdarsteller, führt wohl kein Weg daran vorbei.

Donna Roma ist sehenswert – und enthält außerdem den besten Dialog der Woche:

Sie: „Tanzen Sie?“
Er: „Nein, ich trinke lieber.“

Donna Roma,
donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 1. März 2007, 02:26.

Donna Roma

2007 (ZDF). 4-tlg. dt.-ital. Krimiserie von Uli Brée, Leo P. Ard und Birgit Grosz.

Ein Serienmörder, der bereits in Deutschland tätig war, ist jetzt in Italien zugange, was die italienische und die deutsche Polizei zur unfreiwilligen Zusammenarbeit veranlasst. Also fällt die forsche Berliner Krimi­nalpsychologin Friederike Heise (Jutta Speidel) in Rom ein, und obwohl sie zuallererst alle anderen herumkommandiert, wird sie schon nach kurzer Zeit als fähige und hartnäckige Kollegin akzeptiert. Sie arbeitet mit dem typisch italienisch-entspannten Hauptkommissar Marcello Pascarella (Luca Barbareschi) zusammen, mit dem sie sich gegenseitig an Eigensinnigkeit überbietet. Weil alle Hotels ausgebucht sind, zieht sie notgedrungen auch noch bei Marcello ein, der in einer großen alten Wohnung zusammen mit seiner ebenso alten Haushälterin Carla (Gianna Giachetti) wohnt. Nach Abschluss des ersten Falles kehrt Friederike zunächst nach Berlin zurück, wo sie feststellt, dass ihr Mann Konstantin (Huub Stapel) sie betrügt, und nimmt dann das Angebot einer festen Stelle in Rom an. Ihre Tochter Sophie (Annika Blendl) begleitet sie, die sich ebenfalls gerade von ihrem Freund getrennt hat. Und schließlich kommt auch noch Konstantin hinterher, der eigentlich seine Ehe retten will, dann aber anderweitige Vergnügung findet. Friederikes neue Kollegen sind Franco Nanini (Bruno Maccallini) und Angelina Puzzo (Valentina Lodovini). Und obwohl Friederike sich auf Anhieb auffallend gut mit dem Gerichtsmediziner Dr. Ernesto Ducati (Nikolaus Paryla) versteht, ist es schließlich doch Marcello, mit dem sie mehr als der Beruf verbindet.

Originelle und charmante Serie, die das Flair der Stadt Rom mit ausgefallenen Kriminalfällen verbindet. Selbst das Zusammenspiel der Hauptdarsteller funktioniert ausnahmslos, obwohl unter erschwerten Bedingungen gedreht wurde: Alle Schauspieler sprachen ihre Texte in ihrer Muttersprache, wenn Jutta Speidel ihren Partner Luca Barbareschi auf Deutsch anspielte, reagierte der auf Italienisch. Daraus folgt allerdings ein recht gewöhnungsbedürftiger Klang, da entsprechend nur die Hälfte der Schaupsieler synchronisiert wurde und in den meisten Szenen eine atmosphärische Originalaufnahme auf einen typischen Studioklang und Tonfall eines Synchronsprechers trifft.

Interessant ist die Zusammensetzung des Ensembles, wenn man die bekanntesten früheren Rollen der Hauptdarsteller Speidel, Barbareschi, Maccallini und Stapel betrachtet. Dann treffen hier nämlich Ordensschwester Lotte, König Herodes Antipas, der Capuccino-Mann Angelo und Johnny Flodder aufeinander.

Die einstündigen Folgen liefen donnerstags um 20.15 Uhr.

Keine Lisa, aber Kudrow

Wer für eine neue Serie mit dem Spruch „von den Machern von Edel & Starck“ wirbt, muss damit leben, mit dieser verglichen zu werden. Dann sieht es für Allein unter Bauern aber nicht gut aus. Legen wir die Messlatte etwas niedriger, ist die neue Serie des Autors Marc Terjung plötzlich gar nicht mehr so schlecht. Allerdings braucht sie ziemlich lang, um in die Pötte zu kommen.

Darum geht es: Der erfolgreiche Bundespolitiker Johannes Waller (Christoph M. Ohrt, der „Edel“ aus Edel & Starck) steht kurz davor, neuer Außenminister zu werden, vermasselt es dann aber noch durch eine Affäre mit der Frau des österreichischen Botschafters, nach der er für die Kanzlerin nicht mehr tragbar ist. Diese Geschichte ist in fünf Minuten erzählt. Er fährt der Kanzlerin zu einem Termin nach, um mit ihr zu reden, hat aber in dem kleinen brandenburgischen Kaff Kudrow einen Unfall und sitzt vorerst fest. Da die bundespolitische Karriere ohnehin zu Ende ist, lässt er sich überreden, dort Bürgermeister zu werden. Bis das erzählt ist, vergeht fast eine Stunde, was deshalb ärgerlich ist, weil ohnehin klar ist, dass es darauf hinausläuft. Aus jeder Programmankündigung ging das hervor, und wer keine davon mitbekommen hat, könnte es anhand des Titels erahnen.
Allein unter Bauern stellt in dieser Zeit zwar die Charaktere vor, schleppt sich derweil aber ganz schön hin. Das heißt nicht, dass die erste Folge frei ist von schönen Momenten: Als Johannes Waller zum Beispiel während der Fahrt den Suchbegriff „Kudrow“ in das Navigationsgerät seines Autos eingeben will und irrtümlich mit „K… U… H…“ beginnt, muss er plötzlich eine Notbremsung machen, weil mitten auf der Straße eine KUH steht. Durch die Notbremsung landet er samt Wagen im Gartenhaus der Ärztin Barbara Heinen (Julia Koschitz), seiner zukünftigen Vermieterin, die zwar eine Tochter, aber natürlich keinen Ehemann hat, womit die wichtigsten Figuren etabliert sind und die Marschrichtung klar ist.

Ab Folge 2, die Sat.1 bequem direkt im Anschluss zeigt, kommt die Serie aber glücklicherweise allmählich in Fahrt. Kaum zum Bürgermeister gekürt, verscherzt es sich Waller bereits mit der gesamten Dorfgemeinschaft, indem er die Kommunalpolitik mit der üblichen bundespolitischen Arroganz und den bekannten hohlen Phrasen angeht. Vor allem will er sparen, sparen, sparen, renoviert sich aber zuallererst das Rathaus hübsch. Sein Vorgehen überdenkt er, als er erfährt, dass sein unpopulärer Vorgänger auf mysteriöse Weise spurlos verschwunden ist.

Wenn das so weitergeht, könnte Allein unter Bauern noch richtig schön werden. Und Christoph M. Ohrt könnte den arroganten Schnösel, der auf die Landbevölkerung herabschaut, aber trotzdem auf unerklärliche Weise sympathisch ist, gar nicht besser spielen. „Auf den Leib geschrieben“ preist man dann, und damit sind wir zurück beim anfänglichen Vergleich mit Edel & Starck, der in diesem Punkt unentschieden ausfällt. Denn letztlich ist dieser Johannes Waller dem überheblichen, aber irgendwie liebenswerten Anwalt Edel recht ähnlich, als der Ohrt vier Staffeln lang begeisterte und für den er mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Und das macht überhaupt nichts, im Gegenteil. Vielleicht spielt er jetzt ja nur noch solche Typen. Manfred Krug hat über Jahrzehnte unter verschiedenen Rollennamen den gemütlichen, aber hartnäckigen Brummbär gespielt, und Robert Atzorn ist seit jeher immer nur der arrogante, besserwisserische Moralapostel. Beide gehören zu den beliebtesten deutschen Schauspielern.

Allein unter Bauern,
mittwochs um 20.15 Uhr in Sat.1.

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Michael, 28. Februar 2007, 04:14.
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