Aus den Augen verloren

1995–1996 (Sat.1). Suchshow mit Jörg Wontorra.

Alte Freunde, verlorene Söhne und Schätze, frühere Klassenkameraden, anonyme Retter in der Not, der dunkelblonde Junge vom CD-Regal, sie alle werden gesucht und gefunden, und manchmal ahnt man beim Wiedersehen, dass es doch gelegentlich einen guten Grund gab, warum einer die Brieffreundschaft ganz bewusst versanden ließ oder sich jahrelang nicht bei den Verwandten gemeldet hatte.

Wontorras Fundbüro sollte an den Erfolg von Bitte melde dich anknüpfen, dabei aber bunter, abwechslungsreicher und nicht immer so tränentreibend sein. Und natürlich viel länger: Statt nur eine Stunde wurde doppelt so lang gesucht. Die Show lief meist im Abstand mehrerer Monate sonntags um 20.00 Uhr, insgesamt siebenmal.

Spurlos

1992–1994 (RTL). Einstündiges Magazin, das an den Sat.1-Erfolg Bitte melde dich anknüpfen wollte und deshalb ebenfalls Vermisste übers Fernsehen suchte. Moderator war Charles Brauer.

Lief an wechselnden Sendeplätzen jeweils an Werktagen zur Primetime und brachte es auf vier Staffeln.

Erben gesucht

1994 (Sat.1). Wöchentliches Magazin mit Jörg Wontorra, in dem Menschen gesucht wurden, die ohne ihr Wissen eine Erbschaft gemacht hatten und nicht gefunden werden konnten.

Zu erben gab es dabei oft nicht weniger als eine Eigentumswohnung in Frankreich samt 160 000 DM in bar – dass die Erbin oder Angehörige nicht aufzutreiben war, konnte in diesem Fall aber auch daran liegen, dass sie das uneheliche Kind einer Zigeunerin war, die ins Konzentrationslager kam.

Nachdem Wontorra bereits in Bitte melde dich Vermisste suchte, wurde er nach dieser Sendung endgültig zum „Suchonkel der Nation“ abgestempelt. Diese Sendung hatte immerhin den Vorteil, dass Erben gesucht fast völlig ohne heulende Angehörige auskam und ohne Schicksale, die auf die Tränendrüse drückten. Es ging um Menschen, die ihr Glück gemacht haben und posthum andere glücklich machten. Schön.

Die Pilotfolge lief am Donnerstag um 21.15 Uhr, am 6. Juni 1994 begann die eigentliche Reihe mit zwölf Ausgaben, immer montags um 21.15 Uhr.

What the Heck…?

Man erzählt sich, bei wenigen Fernsehstars sei der Unterschied zwischen der Persönlichkeit vor und der Persönlichkeit hinter der Kamera so groß wie bei Dieter Thomas Heck. Man erzählt sich auch, manche Schlagerstars seien nach Baden-Baden gezogen, nur um aus Karrieregründen in Hecks Nähe zu sein, dessen Schloss etwa 20 Kilometer von Baden-Baden entfernt steht. Man erzählt sich viel über Dieter Thomas Heck, und das zeigt, welch große Bedeutung er für das deutsche Fernsehen hatte.

Das soll nicht wie ein Nachruf klingen, aber dass Heck diese Bedeutung noch immer hat, würde niemand behaupten. Das ZDF sieht das offensichtlich auch so und hält Heck ab sofort für verzichtbar. Sein Vertrag, der zum Jahresende ausläuft, wird nicht verlängert, und seine Sendungen werden eingestellt, darunter die Benefiz-Show Melodien für Millionen, die zuletzt ohnehin nur noch einmal im Jahr lief. Die heutige Ausgabe ist Dieter Thomas Hecks letzte Sendung.

Ein Star wurde Heck mit der ZDF-Hitparade, einer Sendung, die man noch heute mit ihm gleichsetzt, obwohl er sie schon vor 23 Jahren abgab. In den letzten Jahrzehnten moderierte Heck routiniert, aber unauffällig alles Mögliche, doch in der ZDF-Hitparade war er einzigartig. Niemand sonst las den Abspann seiner eigenen Sendung einfach vor, statt ihn einblenden zu lassen. Ging halt schneller so. „Und Regie wie immer: Truck Branss!“

Berühmt wurde Hecks Kunstpause nach dem „Z“, bevor er das „DF“ hinzufügte: „Eine Sendung Ihres Z, DF!“ Harald Schmidt ritt lange auf dieser Kunstpause herum, bis er Heck eines Tages darauf ansprach, der erstaunt entgegnete: „Da war eine Pause?“

Der große Drafi Deutscher parodierte einst Heck in dessen eigener Sendung Die Pyramide perfekt und stellte den alten, lauten Hitparaden-Heck dem neuen, leisen Melodien-für-Millionen-Heck gegenüber. Die erste Version brüllte die Zuschauer an und fuchtelte wild mit den Armen, die zweite Version sprach nicht nur sanft, sondern ließ auch die Arme sanft in eine Verschränkung gleiten, aus der sich die rechte Hand langsam löste, um mit dem Zeigefinger in die Kamera zu deuten. Eigentlich kann man es nicht ordentlich beschreiben, man muss wohl dabei gewesen sein.

Am 29. Dezember wird das ZDF Dieter Thomas Hecks 70. Geburtstag mit einer großen Gala feiern, sie aber Johannes B. Kerner moderieren lassen. Hecks eigene letzte Sendung wird sang- und klanglos weggesendet.

Seit 2000 gab das ZDF zwölf Pressemitteilungen zu Melodien für Millionen heraus: Über die Höhe der eingegangen Spendengelder, über einen Gastautritt von Königin Silvia, sogar gesondert darüber, dass es sich im April 2002 nicht um eine Live-Sendung gehandelt habe. Die heutige Ausgabe, die Hecks Karriere als Showmoderator nach rund 40 Jahren beendet, war dem ZDF nicht einmal mehr eine Pressemitteilung wert.

Einen solchen Abschied hat er nicht verdient, und auch nicht diesen unfreiwilligen. Einem Fernsehstar vom Schlag eines Dieter Thomas Heck hätte man das Recht einräumen müssen, den Zeitpunkt seines Abschiedes selbst zu bestimmen.

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Michael, 18. November 2007, 07:56.

Möhre extra

„Es riecht nach Gas“, wird Berti Vogts heute Abend sagen, und weil es eine Wiederholung aus dem Jahr 1999 ist, wird danach kein Nazometer aufheulen.

Der NDR wiederholt um 20.15 Uhr den Tatort-Klassiker „Habgier“ mit Manfred Krug, Charles Brauer, einem Kaninchen und Gaststar Berti Vogts, dessen kurzer Auftritt in die Fernsehgeschichte einging, weil er es durch sein schauspielerisches Talent schaffte, das Ensemble aus Gute Zeiten, schlechte Zeiten wie Oscar-Anwärter aussehen zu lassen.

Und dann gehört zu Vogts‘ Text auch noch der Satz: „Solche Leute arbeiten im falschen Beruf.“

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Michael, 17. November 2007, 07:05.

Ihr Einsatz bitte…

1987–1990 (ZDF). 90-minütige Spielshow mit Dieter Thomas Heck. Jeweils zwei Kandidatenteams spielen gegeneinander, die Kandidaten eines Teams gehören immer einem deutschen Club oder Verein an, unter dessen Namen sie antreten.

Alle Spiele drehten sich um das Thema „Made in Germany“. Auch die Musik in den Showblöcken war immer „Made in Germany“. Hecks Assistentin war Monika Sundermann. Der erspielte Erlös ging an die neu gegründete „Hans-Rosenthal-Stiftung – Schnelle Hilfe in akuter Not“.

Die Reihe löste die erfolglose Show & Co. mit Carlo ab und brachte es auf 18 Ausgaben. Sie liefen im Wechsel mit anderen Shows donnerstags um 19.30 Uhr.

Das ist Ihr Leben

1976–1979; 1994—1996 (ZDF). Sentimentale Überraschungs-Porträt-Show mit Carheinz Hollmann.

Das Leben von Prominenten ist ein offenes Buch. Dieses rot eingefasste Buch hält Hollmann in der Hand, um daraus in jeder Sendung einem unter einem Vorwand ins Studio gelockten Stargast vorzulesen, was dieser schon weiß, nämlich wie sein bisheriges Leben verlief. Er wird mit Bildern und Filmen aus seiner Vergangenheit konfrontiert und begegnet Freunden und Kollegen.

Viel Zeit zum Plausch blieb selten, es wollten ja innerhalb einer Stunde des Abendprogramms möglichst viele Stationen einer Biografie abgehakt werden. Wer bei Hollmann zu Gast war, konnte die berühmte Frage „Kennen Sie es, wenn plötzlich Ihr ganzes Leben vor Ihren Augen vorbeizieht?“ mit Ja beantworten. Der Unterschied der Show zu einem freundlichen Nachruf war im Wesentlichen, dass der Porträtierte noch lebte und sich alles in Ruhe anhören konnte (oder musste). Dietmar Schönherr war der erste Gast. Die Kritik hasste die Show, weil alles rosarot gefärbt und extrem berechenbar war: Am Ende traten immer alte Schulfreunde und Lehrer auf, man fiel sich in die Arme und heulte, und das Publikum schaltete ein und heulte mit.

Hollmann erhielt später den „Fernseh-Mythos-Preis“ für die erste Überraschungsshow des deutschen Fernsehens. Im November 1994 startete das ZDF eine Neuauflage mit Dieter Thomas Heck, jetzt staffelweise dienstags um 20.15 Uhr, 45 Minuten lang. Vorbild war das US Format „This Is Your Life“.

Das große Los

1996–2000 (ZDF). Einstündige Spielshow mit Dieter Thomas Heck zugunsten der ZDF-Fernsehlotterie Aktion Sorgenkind.

In einem Quiz treten drei Kandidatenpaare, die sich jeweils für einen bestimmten sozialen Zweck engagieren, gegeneinander an und versuchen möglichst viel Geld für ihr Projekt zu erspielen. Jede Sendung befasst sich mit einem bestimmten Jahr, auf das sich Fragen, Sketche und ein Musikquiz beziehen: Drei Interpreten präsentieren einen Ausschnitt aus einem ihrer großen Hits. Die Kandidaten müssen erraten, welches Lied aus dem jeweiligen Spieljahr stammt. Daneben finden in der Show die monatlichen Auslosungen für die Fernsehlotterie statt.

Das große Los lief einmal im Monat live donnerstags um 20.15 Uhr. Es folgte als Aktion-Sorgenkind-Sendung auf die schrecklich gefloppten Shows Goldmillion und Wunder-Bar, setzte in jeder Hinsicht auf Altbewährtes und brachte es damit immerhin auf fast vier Jahre Lebensdauer. Sie wurde eingestellt, als die Aktion Sorgenkind in Aktion Mensch umbenannt wurde. Der Nachfolger war dann wieder kurzlebig. Er hieß Jede Sekunde zählt.

Die Goldene Stimmgabel

Seit 1990 (ARD, ZDF). Einmal im Jahr verleiht Dieter Thomas Heck den Musikpreis Goldene Stimmgabel an erfolgreiche deutsche Schlagerinterpreten.

ARD oder ZDF zeigten die Verleihung in unregelmäßigem Wechsel in ihrem Abendprogramm, seit 2001 läuft sie nur noch im ZDF. Dieter Thomas Hecks Firma Dito Multimedia produzierte die Sendung. Die Goldene Stimmgabel wurde bereits seit 1981 jährlich verliehen, damals im Rahmen der Sendung Tag des deutschen Schlagers.

1995 sorgte Stefan Raab für einen Skandal, als er seine Lippen nicht zum Vollplayback bewegte.

Das große Sommer-Hit-Festival

2000–2007 (ZDF). Musikshow.

Jedes Jahr im Sommer präsentierte Dieter Thomas Heck in mehreren einstündigen Donnerstagabendshows Stars mit ihren Sommerhits der vergangenen Jahrzehnte. Ab 2002 hieß die Sendung Das ZDF Sommerhitfestival, 2003 fand innerhalb der Sendung die Ziehung der Lose der Fernsehlotterie Aktion Mensch statt. 2001 gab es zusätzlich ein Silvester-Hit-Festival.

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