Dealing Housewives

Der Gatte ist tot, die Serie kann beginnen. Hinterbliebene stehen gern im Mittelpunkt neuer Serien, damit die gezeigte Situation für die Beteiligten wenigstens annähernd so neu ist wie für die Zuschauer.
Die neue Serie Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn verschwendet immerhin keine Zeit, den Tod noch umständlich zu schildern, sondern beginnt mittendrin: Die erste Trauerphase ist schon vorbei, und Witwe Nancy Botwin (Mary-Louise Parker) hat bereits einen Weg gefunden, ihre beiden Söhne nun allein durchzubringen. Um Lebensmittel, Strom- und Zahnarztrechnungen zu bezahlen, handelt sie eben mit Marihuana. Das stellt ihre anderen Eigenarten (zum Beispiel einem Zehnjährigen ein Bein zu stellen) in den Schatten, ist aber noch nicht das dunkelste Geheimnis in der Nachbarschaft. Ein ehrenwerter Stadtrat gehört zu Nancys besten Kunden, vorbildliche Gatten gehen fremd, und nur manchmal mit anderen Frauen oder Volljährigen.

Nancy dealt nur deshalb mit Drogen, weil sie eine so gute Mutter ist und es ihr um das Wohl der Kinder geht. Und nicht nur um das der eigenen: Ihrem minderjährigen Dealer-Kollegen setzt sie zu, nicht an Kinder zu verkaufen:

Nancy: „Du hast mir versprochen, keine Kinder! Ich hab‘ gehört, dass ein Zehnjähriger erwischt wurde, ein Zehnjähriger!“
Josh: „Der Junge hat mir gesagt, er sei siebenunddreißig.“

Die kurzweilige Serie von Jenji Kohan, der Schwester des Will & Grace-Erfinders David Kohan, erinnert in Anmutung, Humor und nur vordergründiger Vorstadtidylle stark an Desperate Housewives, ist aber mehr Comedy als Soap. Das Vokabular ist stellenweise unnötig ordinär, doch insgesamt sind die Themen vielseitig. Es geht neben Sex und Drogen um Probleme in der Schule und der Familie, Trauerbegleitung und Fußball. Grob umrissen. Die Gespräche zwischen der weißen Nancy und ihren schwarzen Drogenlieferanten Heylia und Conrad spielen witzig und intelligent die gegenseitigen Vorurteile aus:

Nancy: „Bescheuert, einem Dreijährigen teure Turnschuhe zu kaufen. Am nächsten Tag ist er rausgewachsen.“
Conrad: „Was, du nennst Schwarze bescheuert?“
Nancy: „Und faul, und außerdem klauen sie.“
Heylia: „Aber dafür können wir gut singen und tanzen“.
Conrad: „Weiße klauen genauso. Enron, Worldcom… Die klauen ein paar Milliarden, lassen die Kohle auf einem Bankkonto in Übersee, und dann hocken sie am Strand und zählen fleißig Scheinchen.“
Nancy: „Vielleicht sollten die Schwarzen anfangen in größerem Stil zu klauen.“

Und während sich die Lieferanten und die Dealerin gegenseitig beteuern, ihre Beziehung sei rein geschäftlicher Natur, scheint sich doch etwas Zwischenmenschliches anzubahnen, vor allem zwischen Nancy und Conrad. Wäre aber auch logisch, denn ohne anbahnende Romanze wäre so ein toter Anfangsgatte doch reine Verschwendung.

Weeds — Kleine Deals unter Nachbarn, mittwochs um 22.10 Uhr auf Pro Sieben.

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Michael, 3. April 2007, 15:13.

Weeds — Kleine Deals unter Nachbarn

Seit 2007 (Pro Sieben). US-Familienserie von Jenji Kohan („Weeds“; seit 2005).

Die jüngst verwitwete Nancy Botwin (Mary-Louise Parker) kümmert sich nun allein um ihre Söhne Silas (Hunter Parrish) und Shane (Alexander Gould) und finanziert die Familie durch einen florierenden Drogenhandel. Davon abgesehen ist Nancy aber so ziemlich die Normalste unter allen Bewohnern der Nachbarschaft, deren einzige Ideale Schönheitsideale zu sein scheinen und die ebenfalls interessante Geheimnisse haben. Ihre Marihuana-Vorräte bezieht Nancy bei Heylia James (Tonye Patano) und deren Cousin Conrad Shepard (Romany Malco). Alle beteuern sich gegenseitig, dass ihre Beziehung rein geschäftlicher Natur sei, und doch sind Heylia und ihre Familie auch Ratgeber für Nancy in schwierigen Lebenslagen. An die oberflächliche Übermutter Celia Hodes (Elizabeth Perkins) könnte sich Nancy mit wichtigen Problemen ohnehin nicht wenden. Nancys Steuerberater Doug Wilson (Kevin Nealon) ist zugleich ihr bester Kunde. Und dann zieht auch noch Nancys dubioser Schwager Andy (Justin Kirk) zur Familie Botwin, was das Problem des fehlenden Mannes im Haus nicht löst, sondern eher neue Probleme schafft. Er findet als einziges Familienmitglied heraus, dass Nancy den Lebensunterhalt mit Drogenhandel verdient und steigt gleich ins Geschäft ein.

Skurrile Vorstadtcomedy, die in Anmutung und Humor an Desperate Housewives erinnert. Die halbstündigen Folgen laufen mittwochs um 22.10 Uhr.

Fernsehen in der Grauzone

Heute bekommt der Eisbär Knut schon seine zweite eigene ARD-Reihe. Bald hat er so viele wie Jörg Pilawa.

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Michael, 2. April 2007, 12:18.

Lindenstraße geht Pleitgen

Vor einer Woche war er noch Intendant der größten ARD-Anstalt, heute trat Fritz Pleitgen in die Fußstapfen von Larry Hagmann und buchte grund- und zusammenhanglos im Reisebüro von Mutter Beimer eine Reise.

Verpasst? Ging so:

Pleitgen: Guten Tag.

Mutter Beimer: (…)

Erich Schiller: (…)

Pleitgen: Ja, es geht da um eine etwas komplizierte Buchung. Ich möchte eine Weltreise machen. Ich möchte noch einmal die Stationen meines Berufslebens abfahren. Das beginnt natürlich in Köln, und dann Brüssel, Paris, Washington, New York, dann in die Rocky Mountains, dann ab nach Norden nach Alaska, dann brauchte ich eine Schiffspassage durch die Beringstraße von Amerika nach Asien, durch Kamtschatka, dann weiter, vielleicht mit dem Zug, durch Sibirien, in den Kaukasus, und von dort nach Moskau, und zurück nach Deutschland, nach Berlin, Ost-Berlin, und dann nach Köln.

Mutter Beimer: (…)

Warum Fritz Pleitgen ausgerechnet in München eine Reise buchen sollte, die in Köln beginnt und endet, lassen wir mal offen. In jedem Fall war der Auftritt ein nettes Abschiedgeschenk, und Pleitgen spielte in etwa so gut wie der Rest des Ensembles.

Solche Abschiedsgeschenke bekommen Intendanten jetzt häufiger. Erst Anfang des Jahres durfte Noch-SWR-Intendant Peter Voß den Polizeipräsidenten im eigentlich letzten Bienzle-Tatort spielen.

Sollte MDR-Intendant Udo Reiter jemals abtreten, singt er wahrscheinlich ein Potpourri im Abschiedsfest der Volksmusik.

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Michael, 1. April 2007, 20:46.

Sommerfest der Volksmusik

Seit 1994 (ARD). Musikalische Samstagabendshow im Wechsel mit den anderen Jahreszeiten.

Die Stars der volkstümlichen Musik präsentieren ihre Hits. Die Zuschauer lernen dabei die jahreszeitlichen Feste und das Brauchtum deutscher Landschaften kennen. Neben dem Sommer-, Herbst-, Winter– und Frühlingsfest gibt es außerdem Advents-, Weihnachts-, Hochzeits– und notfalls auch Überraschungsfeste der Volksmusik. Als jährlicher Höhepunkt wird im Januar die „Krone der Volksmusik“ vergeben.

Moderatorin Carmen Nebel wechselte, von großem Medienecho begleitet, nach knapp zehn Jahren Ende 2003 mit einem Millionenvertrag zum ZDF. Ihr letztes Fest der Volksmusik im Ersten moderierte sie am 25. Dezember 2003. Ihr Nachfolger trat im Februar 2004 seinen Dienst an. Der produzierende MDR setzte den eher betagten Freunden der Volksmusik Deutschlands jüngsten Showmaster vor, den 22-jährigen Florian Silbereisen. Süß, der Bub. Im Juni 2004 trat er erstmals direkt gegen Nebels zeitgleich im ZDF laufende neue Show Willkommen bei Carmen Nebel an: Silbereisen hatte fast zwei Millionen Zuschauer mehr. 2005 wurde aus der Preisverleihung die eigenständige Show Krone der Volksmusik, moderiert von Gunther Emmerlich.

Das Ende eines Monopols

Es geht also. Man kann als Konkurrenz parallel zu Wetten, dass…? Programm ausstrahlen und trotzdem damit Erfolg haben. Zwar hatte Deutschland sucht den Superstar so wenige Zuschauer wie noch nie in dieser Staffel, doch auch Wetten, dass…? hatte nebenan so wenige Zuschauer wie noch nie bei einer regulären Ausgabe. Am Ende gewann das ZDF auch in der jungen Zielgruppe, die die Werbewirtschaft zum jubelnden Luftschlangenblasen veranlasst, noch knapp vor RTL, doch mit Marktanteilen jeweils über 25 Prozent können beide Sendungen als große Erfolge gewertet werden. Damit könnte die Zeit, in der andere Sender vor Gottschalk kuschen und lediglich Testfilme zeigen, vorbei sein.

Korrektur (21.00 Uhr): Die Zuschauerzahl von Wetten, dass…? war nur die zweitniedrigste für eine reguläre Ausgabe. Die eine Sendung, die noch weniger Zuschauer hatte, war zu meiner Überraschung doch kein Sommerspecial, sondern die Ausgabe vom 29. April 1995, die gegen das Frühlingsfest der Volksmusik und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ antreten musste.
Damals ging Gottschalk allerdings auch noch nicht im März in die Sommerpause. Nach heutiger Rechnung würde eine Ausgabe Ende April vermutlich schon als Sommerspecial zählen.

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Michael, 1. April 2007, 12:38.

Raab bleibt Marathonleerlaufmeister

Genau drei Stunden und 44 Minuten, die insgesamt zehn Werbeunterbrechungen mitgerechnet, hat die „McFit Fight Night“ auf Pro Sieben gestern gedauert, in der unter anderem, gegen Ende, auch Stefan Raab kurz wieder gegen Regina Halmich boxte.

Es war eine dieser abendfüllenden Stefan-Raab-Sendungen, in der kein Furz gelassen wird, ohne dass er fünfundachtzigmal angekündigt, von siebzehn Promis kommentiert, von zwei Sponsoren präsentiert, von drei Werbepausen unterbrochen, von Elton zum Anlass für eine Wette genommen, sechzehnmal in Zeitlupe wiederholt und siebenundzwanzigmal zusammengefasst wird. Gestern war das Publikum vor Ort irgendwann von den ewigen Verzögerungen so genervt, dass es seinen Unmut deutlich zum Ausdruck brachte.

Und das hört man ja gern und hofft, dass diese schreckliche Sendungs-Aufblas-Taktik auf Dauer nicht aufgehen wird, sondern selbst potentiell interessierte Fernsehzuschauer zum Beispiel beim siebten gescheiterten Gesprächsversuch mit Dariusz Michalczewski, dem x-ten egalen Gesprächsfetzen mit einem B-Promi oder einer der nicht mehr zählbaren Schaltungen in die Umkleidekabine frustriert abschalten. Oder überhaupt erst um 23 Uhr einschalten und sich die ersten Stunden mit dem Vorprogramm so fast ungesehen versenden.

Leider nicht: Schon ganz am Anfang hatte die „Fight Night“ gestern sehr gute Quoten (19,3 Prozent Marktanteil bei 14- bis 49-Jährigen; 3,7 Millionen Zuschauer insgesamt). Und sie steigerten sich im Laufe der nächsten dreieinhalb Stunden fast kontinuierlich auf zuletzt über 50 Prozent Marktanteil und fast 5 Millionen Zuschauer bei den 14- bis 49-Jährigen (gesamt: 43 Prozent Marktanteil und 8,6 Millionen Zuschauer).

Es besteht also nicht der geringste Grund zur Hoffnung, dass ProSieben zukünftige „Events“ weniger entsetzlich inszeniert.

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Stefan, 31. März 2007, 16:00.

Klimawandel immer deutlicher spürbar

Heute ist der 31. März, und Thomas Gottschalk verabschiedet sich mit Wetten, dass…? in die Sommerpause.

Michael, 31. März 2007, 11:56.

Gipsen oder schienen, dann heilt das wieder

Eigentlich schreibe ich ja lieber über Fernsehen als im Fernsehen zu sein, aber weil Imfernsehensein diese Woche viel Zeit beanspruchte, schreibe ich jetzt eben darüber, dass es so war und weise auf die kleine, liebevolle Show SWR3 latenight mit Pierre M. Krause hin, die sich heute Nacht um 0.05 Uhr im SWR Fernsehen bestimmt über ein paar zusätzliche Zuschauer freuen würde. Wir haben extra ein paar flache Witze einstudiert.

Im Teaser auf swr3.de können Sie vorab außerdem sehen, wie man unbeabsichtigt auf den Topf mit dem Comedygold stößt und versehentlich teure SWR-Requisiten zerstört. Jetzt muss ich nur noch eines Tages rausfinden, in welche Kamera man eigentlich guckt.

Michael, 31. März 2007, 09:06.

Furztrockenes Interview

Der Vorwurf, Reinhold Beckmann sondere vor allem heiße Luft ab, ist nicht neu. Stefan Raab war gestern so freundlich, den diese Woche endlich erbrachten Beweis auch allen zu zeigen, die Beckmann selbst am Montag nicht gesehen haben. Deutlich hörbar nach einer seiner Standardfragen:

Der Beweis bei TV Total.

Michael, 28. März 2007, 17:56.
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