Dalli Dalli

1971-1986 (ZDF). Erfolgreiche 90-Minuten-Spielshow mit Hans Rosenthal.

In der schnellen Show waren jeweils acht prominente Kandidaten zu Gast, die in Zweierteams nach Oberbegriffen aufgeteilt wurden, je nachdem, aus welcher Branche sie kamen. Die Oberbegriffe waren so gewählt, dass sich jeweils eine Alliteration ergab, also z. B: „Tribüne gegen Tunika, Training gegen Theater“. Zunächst traten zwei Zweierteams gegeneinander an, danach die anderen beiden. Die Sieger der Zweier-Runden spielten anschließend im Finale um den Gesamtsieg. Die Prominenten mussten dabei Schnelligkeit, Geschicklichkeit und Assoziationsvermögen demonstrieren, indem sie in einer Spielrunde innerhalb von 15 Sekunden möglichst viele Begriffe zu einem Oberbegriff nannten, und im anschließenden Aktionsspiel wiederum in einer vorgegebenen Zeit eine körperliche Aufgabe erfüllen, beispielsweise Würste formen, die aus einer Wurstmaschine geschossen kamen, Maibäume schmücken, Kerzen bedrucken, Frauen schminken, Eier suchen, Luftballons in Schubkarren transportieren oder brennende Häuser löschen.

Diese Aktionsspiele waren jedes Mal andere und entsprechend kurzweilig. Aufgrund der knappen Zeitvorgaben war die ganze Show sehr hektisch, und wenn die Hektik nicht durch die Spiele aufkam, verbreitete Hans Rosenthal sie selbst, der während der Spiele daneben stand und immer „Weiter, weiter!“ rief. Anfang der 80er‑Jahre wurde eingeführt, dass Zuschauer im Saalpublikum durch Knopfdruck entscheiden konnten, dass zwei Kandidaten ihre Aufgabe so gut gelöst hatten, dass sie die gezeigte Leistung „Spitze“ fanden. Taten das die meisten, ertönte im Saal eine Sirene und Rosenthal rief: „Sie sind der Meinung: Das war – Spitze!“ Beim Wort „Spitze“ rief das ganze Publikum mit. Gleichzeitig sprang Rosenthal hoch, und das Bild wurde angehalten, so dass er einen Moment mit angewinkelten Beinen in der Luft hing. Für „Spitze“ gab es Extra-Punkte.

Am Ende ergab die Gesamtpunktzahl (die Punkte aus den einzelnen Spielrunden wurden multipliziert) den Gewinnbetrag, der einem guten Zweck zugeführt wurde. Den konkreten Anlass durfte das Gewinnerpaar vorlesen, Rosenthal fügte dann mehrere erläuternde Sätze über das jeweilige Schicksal hinzu, was jeder Sendung einen gedämpften Abschluss verlieh. Meist ging es um Familien, die durch den Tod des Vaters unverschuldet in Not geraten waren. Nach dem Tod Rosenthals gründete das ZDF gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde Berlin, dem RIAS und der „Hörzu“ die Hans-Rosenthal-Stiftung, die diese Hilfe fortsetzte und die Erlöse der Show „Ihr Einsatz bitte …“ erhielt.

Feste und berühmte Bestandteile von Dalli Dalli waren u. a. die Kulisse, eine Gitterwand, die aus unzähligen sechseckigen Waben bestand, das Spiel „Dalli-Klick“, in dem erraten werden musste, was auf einem Foto zu sehen war, das erst nach und nach, nämlich bei jedem „Klick“, enthüllt wurde, sowie der von Horst Pillau umgeschriebene Theaterklassiker, in dem die prominenten Kandidaten falsche Requisiten und Textänderungen erkennen mussten. In verschiedenen Varianten spielte Rosenthal auch immer mit nichtprominenten Kandidaten. Anfangs konnte ein Zuschauer aus dem Publikum etwas gewinnen, wenn er Fragen beantwortete, die aus einer Lostrommel mit verschiedenfarbigen Kugeln und dem Aufdruck „W“ wie Wissen, „L“ wie lustig etc. gezogen wurden. Später spielten zwei Kandidaten gegeneinander die „Dalli-Tonleiter“: Sie saßen unter einem Leuchtbogen und beantworteten Fragen zum Allgemeinwissen. Für jede Antwort leuchtete eine weitere Note auf. Außerdem gab es zeitweise einen Wettstreit zwischen zwei Kandidaten, die sich vorher per Post für ein Spezialthema bewerben konnten und dann ebenfalls unter einem Leuchtkastenbogen saßen, auf dem nun allerdings Geldsummen aufleuchteten. Zwischen den Spielen gab es Showblöcke mit Musik oder Sketchen.

Neben Hans Rosenthal traten noch auf: seine Assistentin Monica Sundermann, der Schnellzeichner Oscar (sein Nachname wurde nie genannt, er lautete Bierbrauer; als Grafiker war Oscar aber auch nach seinem Wohnort als „Oscar Lebatz“ benannt; angefangen hatte er als Phantombildzeichner für die Polizei) und eine dreiköpfige Jury, die über die korrekte Punktevergabe wachte („Ein ‚Busen‘ war doppelt, den müss‘ ma abziehen“) und den Gewinnbetrag in Schilling umrechnete. Sie bestand aus Mady Riehl, Brigitte Xander und Ekkehard Fritsch. Dem frechen Fritsch folgte 1980 für drei Folgen Georg Lohmeier, bevor er – wegen zu großer Trägheit – durch Christian Neureuther ersetzt wurde. Zeitweise saß auch Neureuthers Frau Rosi Mittermaier in der Jury. Kurz vor Ende der Reihe nahm für ein paar Sendungen noch Sabine Noethen Mady Riehls Platz ein. Die Musik spielte bis 1980 die Götz-Wendlandt-Combo, dann die die „Jochen-Brauer-Band“, jeweils unter der Leitung von Heinrich Riethmüller.

Der Aktionismus in der Show färbte aufs Publikum ab, das bereitwillig alles machte, wozu es aufgefordert wurde, aber zu Rosenthals Entsetzen nicht vom In-die-Kamera-Winken („Nein, das macht man nicht“). abzuhalten war. Ende 1972 trat in einer Sendung die 30-jährige gelähmte Susanne Meyer aus Berlin auf und bat um Ansichtskarten aus aller Welt. Es kamen, je nach Schätzung, 600 000 bis eine Million Karten. Gezählt hat sie wohl niemand.

Sendeplatz war einmal im Monat am Donnerstagabend um 19.30 Uhr (in den ersten beiden Jahren war die Show noch zehn Minuten kürzer), u. a. im Wechsel mit dem ebenfalls erfolgreichen Quiz Der große Preis. Ein Intermezzo als Samstagabendshow 1976/77 dauerte nur kurz.

Mit dieser Sendung wurde Rosenthal, der nicht sehr groß war und deshalb „Hänschen“ genannt wurde, zu einem der beliebtesten Fernsehmoderatoren. Sein Publikum sprach er stets mit „liebe Dalli-Dalli-Freunde“ an. „Dalli Dalli“ war außerdem das Startkommando für die Spielrunden. Er moderierte die Sendung 153‑mal. Sie wäre vermutlich noch jahrelang weitergelaufen, wäre Hans Rosenthal nicht im Herbst 1986 an Magenkrebs erkrankt. Am 11. September 1986 moderierte er noch, die Oktober-Sendung musste bereits ausfallen, weil Rosenthal im Krankenhaus lag. Am 10. Februar 1987 starb Hans Rosenthal. In der 150. Sendung hatte das ZDF noch Bilanz gezogen, ohne an ein Ende zu denken: Mehr als 1200 Prominente waren zu Gast gewesen, 2 330 118 Punkte waren bis dahin erspielt worden, umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro für unverschuldet in Not geratene Familien und andere Notleidende waren zusammengekommen. Die ersten prominenten Kandidaten waren am 13. Mai 1971 Liselotte Pulver und Fritz Eckhardt. Roberto Blanco war in der ersten Sendung nicht dabei, aber danach eigentlich immer. Die letzten Gewinner waren Christian Bruhn und Frank Duval.

1995 startete das ZDF eine kurzlebige Neuauflage als tägliche Nachmittags-Gameshow. „Dalli“ kommt übrigens vom polnischen dalej und heißt „los“, „beeil dich“ oder „schnell“.

5 Kommentare


  1. […] gibt es weitere Aktionsspiele, lustige Partyspielchen, eine Mischung aus Dalli Dalli und Kindergeburtstag, die die  Kandidaten einzeln oder in wechselnden Paarungen gegeneinander […]

  2. […] wie glücklich man sich schätzen kann, dass es damals z. B. Hans Rosenthal war, der Dalli Dalli moderierte. Reporterin für Außenaktionen war Monica […]

  3. […] das geht so: Nach bewährter Dalli-Dalli-Manier haben wir einen Beitrag doppelt, und den müss’ma abziehen. Eigentlich ist es ein […]

  4. […] merkwürdige Uhr stammt. Viele Teilnehmer an unserem großen Bilderrätsel tippten auf Dalli Dalli, aber die Uhr dort sah nun wirklich ganz anders aus. In Wahrheit handelt es sich um die […]

  5. […] ca. 20.10.: Brigitte Xander, 66, Jurorin und Schilling-Umrechnerin in Dalli Dalli […]



Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links