Tote tragen keine Lacher

Um noch einmal auf eine Frage zurückzukommen, die das amerikanische Magazin „Entertainment Weekly“ vor sieben Jahren gestellt hat, als Friends, Frasier und Sex And The City zu Ende gingen:

Sind Sitcoms tot?

Antwort: Nein. Sie lagen nur kurz auf der Intensivstation. Für Langzeitbeobachter des Fernsehens dürfte das keine Überraschung gewesen sein. Jedes Genre hatte seine Glanzzeiten und seine stillen Phasen, und bisher ist noch fast jedes Genre immer wieder aus der Versenkung zurückgekehrt.

Entertainment Weekly: Sind Sitcoms tot?Das Quiz war lange kein Thema im Fernsehen, bis Wer wird Millionär? kam. Krimis galten als altbacken, bis CSI kam. Und auch die Sitcom war in den frühen 80er-Jahren schon einmal für tot erklärt worden, bis die Bill Cosby Show kam. All diese Serien lösten jeweils die Trendwende für ein ganzes Genre aus.

Die neue Trendwende wurde im Herbst 2009 durch den Erfolg des inzwischen mehrmaligen Emmy-Gewinners Modern Family ins Rollen ausgelöst. Gut zwei Jahre später ist die Sitcom wieder voll da. Zu den erfolgreichsten Sendungen des US-Fernsehens gehören wieder so viele halbstündige Comedys wie seit den Zeiten von Friends und Frasier nicht mehr. Und weil Comedyserien gerade so gut laufen, gibt es davon auch wieder wesentlich mehr als in den vergangenen Jahren. Auch die meisten deutschen Sender mit Ausnahme der Öffentlich-Rechtlichen und RTL haben das gemerkt und profitieren davon. Two And A Half Men, The Big Bang Theory und How I Met Your Mother sind auch bei uns erfolgreich, Mike & Molly, The Middle oder 2 Broke Girls hätten das Potenzial ebenfalls.

ProSieben zeigt ab heute eine der neuen Serien vom gerade erst vergangenen Herbst: New Girl mit Zooey Deschanel als junge Frau, die in eine Männer-WG zieht. Der Sender setzt offenbar große Stücke darauf und hat einen ungewöhnlich prominenten Sendeplatz für einen Neustart ausgewählt (sprich: nicht am Nachmittag): Die „Vorpremiere“ läuft heute nach The Voice Of Germany, fester Sendeplatz soll dann immer mittwochs um 21.15 Uhr nach Desperate Housewives sein. Beim US-Sender Fox startete die Serie mit hervorragenden Quoten, wodurch deutlich wird, wie sehr das US-Publikum nach all den Jahren voller Mord und Forensik wieder Lust auf Lachen hat. Denn die Serie selbst ist nicht mehr als Durchschnitt, aber Comedys sind eben im Trend. Stilistisch erinnert New Girl mit schnellen Schnitten und witzigen Flashbacks an andere moderne Serien wie Modern Family und How I Met Your Mother, es müsste halt nur noch genauso lustig werden.


Foto: ProSieben

Interessant ist übrigens auch, welche Sitcom derzeit die erfolgreichste von allen ist, und zwar in den USA wie auch bei uns. Das ist nämlich mit Two And A Half Men eine Serie, die nicht nur ganz altmodisch auf Rückblenden, Einschübe und schnelle Schnittmöglichkeiten verzichtet und weiterhin auf einer Bühne vor Publikum gedreht wird, sondern die 2004, als die Sitcom als solche für tot erklärt wurde, auch schon auf Sendung war.

Michael, 5. Januar 2012, 10:04.

3 Kommentare


  1. …und ich kann es einfach nicht verstehen warum man außer „Lukas“ in Deutschland keine Serie mit diesen Produktionsmethoden selbst produzieren kann/will; also ein Halbstünder vor Livepublium aufgezeichnet.

    Die Ohnesorgs waren da ja mal ein Versuch, aber leider auch kein Erfolg.

    Ja gut. „Salto Postale“ ist mir im letzten Moment noch eingefallen…

  2. …vielleicht liegt es einfach grundsätzlich daran, dass Kreativität nicht auf Bäumen wächst…..nicht in Hollywood und auch nicht in Silicon Valley.
    Die Anzahl begnadeter Autoren, die neue und noch bessere Serien erfinden können, ist nun mal natürlich begrenzt.

    Und auf Befehl kann man nicht hirnen. Gute Ideen kommen einem meistens eh zu den seltsamsten Zeiten an den komischsten Orten.
    Zum Glück gibt es ja dieses WLAN….

  3. Einfach mal ein ganzes Genre abzuschreiben und im Fall von Krimis ein paar Jahre später zu behaupten, dass ja letztlich eigentlich jede Geschichte en Krimi sei (hä was? Ich weiß nicht mehr ob das irgendeine RTL-Fiction-Chefin oder jd. Anderes war, der/die das mal in einem Interview geäußert hat.), ist einfach typisch oberflächliches kurzsichtiges Gerede von Leuten, denen meines Vermutung nach jegliche Passion und jedes Interesse für qualitativ hochwertiges Geschichtenerzählen und Unterhalten abgeht.

    Also, wenn jd. davon redet, dass die Komödie tot sei oder tot gewesen oder tot geredet worden sei, dann weiß ich gar nicht ob ich losheulen oder -lachen soll. Klar. Nach Tausenden von Jahren wird einfach mal das Grundbedürfnis zu Lachen ausgeschaltet, is ja nur konsequent…. Fernsehen. Für manche Menschen eine Verzweiflungstat.



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