Lindenstraße

Seit 1985 (ARD). Dt. Soap von Hans W. Geißendörfer.

Geschichten über den Alltag und die Probleme der Bewohner in der Münchner Lindenstraße 3. Die Familien, die in den Mittelpunkt rücken, wechseln von Folge zu Folge oder geraten im Lauf von Wochen oder Monaten in den Vorder- oder Hintergrund. Wenn es dennoch eine zentrale Familie gibt, dann die Familie Beimer. Sie besteht anfangs aus Helga (Marie-Luise Marjan) und ihrem Mann, dem Sozialpädagogen Hans „Hansemann“ Beimer (Joachim Hermann Luger), der Helga „Taube“ nennt, den Kindern Benny (Christian Kahrmann), Marion (Ina Bleiweiß; ab Folge 810: Ulrike Tscharre) und Klausi (Moritz A. Sachs) sowie Helgas Onkel Franz Wittich (Martin Rickelt). Der ist ein Alt-Nazi und verbringt viel Zeit mit dem zeitweiligen Jung-Nazi Olli Klatt (Willi Herren).

Helga und Hans Beimer lassen sich 1991 scheiden. Helga heiratet Erich Schiller (Bill Mockridge), der eine Tochter Patricia (Dana Carlsen, ab Folge 489: Giada Gray) hat. Hans heiratet den Scheidungsgrund Anna Ziegler (Irene Fischer), mit der er bereits Sohn Tom (Johannes Scheit) bekommen hat und noch Tochter Sophie (Verena Reichertz) bekommt. Zuvor war Anna mit dem gewalttätigen Friedhelm Ziegler (Arnfried Lerche) verheiratet, mit dem sie Tochter Sarah (Julia Stark) hat. Annas Cousine ist Gabi Zenker (Andrea Spatzek), die von dem zwielichtigen Phil Seegers (Marcus Off) ihren Sohn Max (Moritz Hein) hat. Gabi ist mit Benno Zimmermann (Bernd Tauber) verheiratet. Nach dessen Aids-Tod heiratet sie den Taxifahrer Andy Zenker (Jo Bolling), der die Kinder Iphigenie, genannt Iffi (Rebecca Siemoneit-Barum), Valerie (Nadine Spruß), genannt „Walze“ und im dünneren Zustand später „Valle“, Jo (Til Schweiger) und Timo (Michael Laricchia) in die Ehe mitbringt. Gabis Mutter ist Rosi (Margret van Munster), die mit Hubert Koch (Robert Zimmerling) verheiratet ist. Gabis leiblicher Vater gilt als verschollen, taucht aber 2003 plötzlich auf: Es ist Bruno Skabowski (Heinz Marecek).

Unten im Haus lebt das alte Hausmeisterehepaar: die grantige Else (Annemarie Wendl) und der brummelige Egon Kling (Wolfgang Grönebaum). Sie haben einen Sohn Olaf (Franz Rampelmann), der die Ostdeutsche Claudia Rantzow (Manon Straché) heiratet. Ihre Eltern heißen Margot (Käthe Koch) und Günther (Fred Delmare), ihr Bruder Dieter (Steffen Gräbner). Olaf geht nach Claudias Unfalltod eine Scheinehe mit der Nigerianerin Mary Dankor (Elizabeth Baffoe) ein, die ihn Jahre später bei einem Vergewaltigungsversuch mit einer Geflügelschere entmannt. Olaf hat nacheinander Verhältnisse mit der Prostituierten Pia Lorenz (Natascha Bonnermann) und der Kellnerin Ines Reitmaier (Birgitta Weizenegger). Mary heiratet Vasily Sarikakis (Hermes Hodolides), den Sohn von Elena (Domna Adamopoulou) und Panaiotis (Kostas Papanastasiou), die das griechische Restaurant „Akropolis“ betreiben, in dem sämtliche Familienfeiern der Lindenstraße stattfinden. Zuvor war Vasily mit Beate Flöter (Susanne Gannott) verheiratet. Beates Mutter Elisabeth (Dagmar Hessenland) ist die Frau von Dr. Ludwig Dressler (Ludwig Haas), in dessen Praxis sie schon zuvor als Sprechstundenhilfe gearbeitet hat. Dressler wird von Vasily versehentlich mit dem Lieferwagen überfahren und so schwer verletzt, dass er fortan im Rollstuhl sitzt. Dressler hat mit seiner Ex-Frau Nina Winter (Krista Stadler) einen gemeinsamen Sohn Frank (Daniel Hajdu, ab Folge 57: Christoph Wortberg), der drogensüchtig ist. Dressler heiratet nach dem Tod von Elisabeth die junge Tanja Schildknecht. Elisabeths homosexueller Sohn Carsten Flöter (Georg Uecker) übernimmt später Dresslers Praxis. Er zieht mit Georg „Käthe“ Eschweiler (Claus Vincon) zusammen und heiratet ihn schließlich. Beide nehmen den Jungen Felix (Marc-Oliver Moro) bei sich auf, dessen Mutter an Aids stirbt. Felix kommt mit dem Straßenmädchen Jacqueline „Jack“ Aichinger (Viola Cosima) zusammen und wird von Carsten adoptiert.

Berta (Ute Mora) und Gottlieb Griese (Fritz Bachschmidt) adoptieren den kleinen Manoel (Marcel Kommissin). Ebenfalls im Haus leben Gottliebs Tochter Henny (Monika Woytowicz) und ihr Mann Franz Schildknecht (Raimund Gensel) mit den Töchtern Tanja (Sybille Waury) und Meike (Selma Baldursson) und Bertas Mutter Lydia Nolte (Tilli Breidenbach, ab Folge 410: Ursula Ludwig). Nachdem Gottlieb verschwindet, kommt Berta mit dem stotternden Hajo Scholz (Knut Hinz) zusammen, dessen nervige Mutter Hildegard (Giselle Vesco) schließlich auch einzieht.

Eine weitere Familie im Haus ist die von Dr. Eva-Maria (Inga Abel) und Kurt Sperling (Michael Marwitz) mit den Söhnen Momo (Moritz Zielke) und Flip (Philipp Neubauer). Flip gründet eine WG mit Klaus Beimer und Dani Schmitz (Clelia Sarto), später ziehen die beiden Jungs nach Dresden. Sie leben dort in einer WG mit der Polizistin Nina Zöllig (Jacqueline Svilarov), die Klaus 2003 heiratet, und der Studentin Suzanne Richter (Susanne Evers), mit der Flip eine Weile zusammen ist. Momo Sperling und Iffi Zenker bekommen Sohn Nicolai (Julian Schwarz; ab Folge 588: Tobias Beyer). Iffi hat ein Verhältnis mit Momos Vater Kurt, worauf Momo ihn erst fast und ein paar Jahre später ganz ersticht.

Urszula Winicki (Anna Nowak) ist die Tochter von Jaruszlaw (Ryszard Wojtyllo) und Wanda Winicki (Maria Wachiwiak). Sie hat eine Tochter Irina (Geraldine Schüssler) und betreibt einen Friseursalon. Nach vielen Jahren ohne feste Beziehung verliebt sie sich in Christian Brenner (Klaus Nierhoff), den Vater von Franzi (Ines Lutz). Der hat seine Tochter aus dem Haus geworfen, nachdem sie sich in Urszulas WG-Bewohnerin Tanja verliebt hatte.

Ebenfalls zeitweise im Haus ansässig oder zu Gast sind u. a.: Zollhauptsekretär Siegfried Kronmayr (Franz Braunshausen) und seine Frau Elfie (Claudia Pielmann), die in der ersten Szene der ersten Folge als neue Mieter einziehen und von Egon Kling ihren Schlüssel erhalten, danach aber keine große Rolle mehr spielen, das ältere Ehepaar Joschi (Herbert Steinmetz) und Philo Bennarsch (Johanna Bassermann), Isolde (Marianne Rogée) und Enrico Pavarotti (Guido Gagliardi), der das italienische Restaurant führt und nach dessen Tod sein Bruder Natale (ebenfalls Guido Gagliardi) in die Stadt zieht, Gung Pham Kein (Amorn Surangkanjanajai), Gina (Maria Grazia Kinsky) und Paolo Varese (Sigo Lorfeo), Ernst-Hugo von Salen-Priesnitz (Carlos Werner) und Amélie von der Marwitz (Anna Teluren), Amélies Enkelin Julia von der Marwitz (Tanja Schmitz), Wolf Drewitz (Dirk Simplizius Triebel), Dagmar Hoffmeister (Tatjana Blacher) und Tochter Lisa (Sontje Peplow), Celin Kern (Joosten Mindrup), Vera Schildknecht-Sash (Ria Schindler), Stefan Nossek (Dietrich Siegl), David Motibe (Ronald Mkwanazi), Alfredo (Moreno Perna) und Francesco (Fabio Sarno), zwei Ex-Angestellte von Isolde Pavarotti, Sonia Besirsky (Nika von Altenstadt), Corinna Marx (Petra Vieten), Marlene Schmitt (Renate Köhler), Giancarlo Battisti (Marco di Marco), Theo Klages (David Wilms), Robert Engel (Martin Armknecht), Franz-Josef „Zorro“ Pichelsteiner (Thorsten Nindel), Chris Barnsteg (Silke Wülfing, ab Folge 100: Stefanie Mühle), der katholische Priester Matthias Steinbrück (Manfred Schwabe), der zeitweise ein Verhältnis mit Marion Beimer hat, Christoph Bogner (Michael Dillschnitter), der im Rollstuhl sitzt und von Benny Beimer als Zivi betreut wird, sowie der Hausverwalter Hans-Wilhelm Hülsch (Horst D. Scheel) und der Obdachlose Harry (Harry Rowohlt).

Folgende Bewohner sterben in der Lindenstraße: Joschi Bennarsch (1986, nach einem Herzinfarkt), Henny Schildknecht (1987, Selbstmord), Meike Schildknecht (1987, Leukämie), Stefan Nossek (1988, Autounfall), Benno Zimmermann (1988, Aids), Elisabeth Dressler (1990, Autounfall), Friedhelm Ziegler (1991, Selbstmord), Franz Schildknecht (1992, erfriert an Heiligabend im Alkoholrausch), Claudia Rantzow (1994, auf der Flucht vor dem gewalttätigen Olaf vom Auto überfahren), Lydia Nolte (1995, Herzversagen), Jaruszlav Winicki (1994, Sekunden-Herztod), Günther Rantzow (1994, Staublunge), Matthias Steinbrück (1995, von Lisa mit der Bratpfanne erschlagen, als er versucht, Olli zu erwürgen), Benny Beimer (1995, Busunglück auf dem Weg zur Hochzeit seiner Mutter), Dieter Rantzow (1995, Busunglück), Hubert Koch (1996, Embolie als Spätfolge des Busunglücks), Enrico Pavarotti (1996, Koma nach Busunglück, seine Frau Isolde lässt die lebenserhaltenden Maschinen abstellen), Julia von der Marwitz (1996, Tollwut), Amélie von der Marwitz und Ernst-Hugo von Salen-Priesnitz (1997, Selbstmord), Giancarlo Battisti (1997, Mafiaopfer), Egon Kling (1998, Verkehrsunglück: vom Mofa überfahren), Philo Bennarsch (1998, Altersschwäche), Max Zenker (1998, Mord), Sonia Besirsky (1998, Medikamentenvergiftung), Kurt Sperling (2000, von Momo erstochen), Berta Griese (2003, schwerer Sturz beim Versuch, einer überfallenen Frau zu helfen), Franz Wittich (2003, Alzheimer, Altersschwäche) und Maja Starck (2004, Krebs).

Auch in der Lindenstraße gibt es wie in jeder Soap Intrigen, Ehebruch und plötzlich auftauchende verschollen geglaubte Menschen. Vor allem aber geht es um gesellschaftlich relevante, aktuelle oder latente Themen. Wie kaum eine andere Serie ihrer Zeit folgt sie der Ideologie, dass Fernsehen seine Zuschauer sozialpolitisch bilden solle. Einige der markantesten Handlungsstränge in diesem Zusammenhang waren: die HIV-Infektion und der Aids-Tod von Benno Zimmermann, die Behinderung des spastisch gelähmten Christoph Bogner, die KZ-Vergangenheit von Enrico Pavarotti, die Valerie Zenker dazu bringt, sich aus Solidarität die Haare abzurasieren, der Freitod von Amélie von der Marwitz und Ernst-Hugo von Salen-Priesnitz, die Kindesmisshandlung von Lisa Hoffmeister durch ihre Mutter, die Potenzstörungen von Panaiotis Sarikakis, die Folter ebenfalls von Sarikakis durch türkisches Militär, die drohende und später vorübergehend vollzogene Abschiebung der Nigerianerin Mary, SM-Praktiken in der Beziehung zwischen Klaus Beimer und Nina Zölling, die Heroinabhängigkeit von Frank Dressler und Sonia Besirsky, die Tablettenabhängigkeit von Berta Griese, die homosexuelle Prostitution von Momo Sperling, die Problematik der Sterbehilfe bei Meike Schildknecht und Enrico Pavarotti, Homosexualität überhaupt und die Homo-Ehe am Beispiel u. a. von Carsten Flöter, Theo Klage und Georg „Käthe“ Eschweiler, das Down-Syndrom von Annas und Hans‘ Sohn Martin und die Frage einer möglichen Abtreibung, die Übertragung von HIV von Müttern auf ihre Kinder bei Felix, die Gefahren radioaktiver Verseuchung bei Andy Zenker, lesbische Beziehungen am Beispiel von Tanja Schildknecht, Sonia Besirsky und Franziska Brenner, die Bulimie von Sarah Ziegler, das plötzliches Taubsein von Gabi Zenker etc.

Gelegentlich überschreitet die Lindenstraße bewusst die Grenze von der Fiktion zur Realität der Zuschauer, z. B. wenn sie zum Stromwechsel weg von Atomkraft aufruft oder Plakate für den aus einer Laune heraus für den Bundestag kandidierenden Gung auch im „wahren Leben“ aufhängte. Gelegentlich löst sie damit heftige Reaktionen aus, etwa als die fiktive Figur der Chris Barnsteg den echten bayerischen CSU-Staatssekretär Peter Gauweiler als „Faschisten“ bezeichnete, der daraufhin Strafantrag gegen die Verantwortlichen der Serie stellte. Am eindeutigsten ist die Rolle des tabubrechenden und aufklärenden Vorreiters wohl in Bezug auf Homosexualität und Aids zu sehen: Ein Kuss zwischen Carsten und Theo 1991 gilt als erster homosexueller Kuss im deutschen Fernsehen. Eigentlich hätte er schon 1990 und zwischen Carsten und Robert stattfinden sollen. Die ARD schnitt ihn jedoch heraus, angeblich, weil die Folge wegen der Fußballweltmeisterschaft schon um 16.00 Uhr lief und möglicherweise besonders viele Kinder zusahen.

Die Lindenstraße läuft jeden Sonntag. Fester Sendeplatz ist 18.40 Uhr, bei Sportübertragungen, Wahlen etc. wird sie auf einen anderen Zeitpunkt verschoben, so dass sie auch schon am Nachmittag oder erst zur Primetime um 20.15 Uhr laufen kann. Sie fällt aber nie aus. Bei besonderen Ereignissen werden einzelne Szenen erst kurz vor der Sendung gedreht, so dass die Darsteller das Weltgeschehen in ihren Rollen kommentieren können. An Wahltagen spielt die Lindenstraße am Tag der Sendung – irgendwer hat dann immer den Fernseher laufen, auf dem die Hochrechnungen oder Interviews zu sehen sind, die tatsächlich gerade erst stattfinden. Weil vorher mehrere Fassungen gedreht werden, können die Bewohner entsprechend ihrer politischen Gesinnung jubeln oder fluchen. Reguläre Folgen spielen dagegen immer am vorausgehenden Donnerstag; entsprechend finden fast alle Katastrophen, Glücks- und Todesfälle an diesem Wochentag statt (das Leben in der Lindenstraße von Freitag bis Mittwoch mag man sich in seiner ereignisarmen Ödnis gar nicht vorstellen). Diese Regel der Lindenstraßen-Macher führt auch dazu, dass – anders als sonst bei Seifenopern üblich – keine Folge unmittelbar den Cliffhanger am Ende der vorigen Folge auflösen kann. Seit dem dramatischen Finale sind immer schon sechs Tage vergangen, es ist der nächste Donnerstagmorgen, und was immer das nächste dramatisch offen bleibende Ereignis auch sein mag: Es wird am Abend desselben Tages stattfinden.

Obwohl sie in München spielt, wird die Lindenstraße in Köln gedreht (während der Marienhof in Köln spielt, aber in München gedreht wird). Von Anfang an war die Lindenstraße als Endlos-Seifenoper angelegt. Vorbild war die britische Soap „Coronation Street“, die seit 1960 wöchentlich auf ITV zu sehen ist. Die Figuren entwarf Geißendörfer anfangs zusammen mit der Autorin Barbara Piazza. Die ersten Kritiken waren einhellig verheerend. „Bild“ urteilte: „Wirklich Spaß machen wird diese miefig-mürrische Sendung nur den Leuten vom ZDF“, die „Hörzu“ sah „Selbstherrlichkeit und schlichte Überforderung“, die „Süddeutsche Zeitung“ eine „unbeabsichtigte Volksstückkarikatur“, und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ meinte: „Nein, so schlecht muss das Leben nicht spielen.“ Viel besser wurden die Kritiken nicht, dafür aber die Quoten (wobei angesichts der möchtegern-realistischen Geschichten und mäßigen Schauspieler vermutlich eine gewisse Konträrfaszination bei vielen eine Rolle spielte). Zu ihren besten Zeiten 1988 sahen über 13 Millionen Menschen die Lindenstraße, seit 2002 sind es nur selten mehr als fünf Millionen. Obwohl Geißendörfer angekündigt hatte aufzuhören, wenn die Zuschauerzahl im Schnitt weit unter sechs Millionen sinke, verlängerte er im Jahr 2004 den Vertrag mit der ARD zunächst bis 2008 und dann darüber hinaus. Für den Sender zählt die Serie nach wie vor zu den von jungen Leuten am meisten gesehenen Programmen. Im Januar 2005 lief die 1000. Folge.

Eine Vielzahl an Merchandising-Produkten begleitet die Serie, darunter Lindenstraße-Videos und Fan-Bücher. Am 24. November 1990 zeigte die ARD unter dem Titel „Die Beimers“ einen Zusammenschnitt der Handlungssequenzen, die sich mit der Familie Beimer befassten. Zum zehnten Geburtstag der Serie zeigte die ARD am 8. Dezember 1995 den Film „Entführung aus der Lindenstraße“. Darin protestiert der Chefprogrammierer der Gebühreneinzugszentrale GEZ, Detlef Hase (Herbert Feuerstein), gegen die drohende Absetzung seiner Lieblingsserie, indem er Helga Beimer entführt, die Löschung aller GEZ-Daten androht und sich erst von einer Erklärung von WDR-Intendant Fritz Pleitgen (Fritz Pleitgen), die Lindenstraße fortzusetzen, stoppen lässt.

Blitz

1997–2007 (Sat.1). Tägliches Boulevardmagazin am Vorabend.

Blitz ist die Sat.1-Variante des täglichen Explosiv auf RTL, erreichte aber nie annähernd Erfolg, Bekanntheit oder auch nur Skandaltauglichkeit des Originals. Zum Sendestart warb Sat.1 für das Magazin mit dem Slogan „Sex auf Rezept? Wir wüssten’s zuerst“, was zwar irgendwie treffend war, aber mit Sicherheit nicht stimmen würde.

Moderatorinnen waren in dieser Reihenfolge Monica Lierhaus, Eve-Marie Büchner und Daniela Noack. Im Herbst 1999 übernahm Caroline Beil und blieb sogar für ein paar Jahre. Sie verließ das Magazin Ende 2003, im Januar 2004 übernahm Kerstin Linnartz und nur ein halbes Jahr später Bettina Cramer. Die Sendung lief immer zwischen 18.00 Uhr und 19.15 Uhr, der genaue Sendeplatz wurde mehrfach hin- und hergeschoben, ebenso schwankte die Sendedauer zwischen 25 und 40 Minuten.

Für Aufregung sorgte die Sendung vom 20. August 1997, in der ein Interview mit Harald Juhnke gezeigt wurde, obwohl dessen Familie vorher eine einstweilige Verfügung gegen die Ausstrahlung erwirkt hatte. Juhnke hatte dem Blitz-Reporter gegen Mitternacht betrunken die Tür geöffnet, das „Interview“ gab er halb nackt und mit Verletzungen im Gesicht. Monica Lierhaus moderierte den Beitrag ab mit den Worten, Blitz wünsche „und das meinen wir aufrichtig – Harald Juhnke alles Gute“. Der Sender sagte, die Verfügung sei nicht korrekt zugestellt worden, und bejubelte am folgenden Tag in einer Pressemitteilung: „Harald Juhnke exklusiv in blitz – 2,3 Millionen sahen zu. Sat.1-Boulevardmagazin erstmals über 16 % Marktanteil.“

Brisant

Seit 1994 (ARD). Tägliches Boulevardmagazin mit Klatsch und Tratsch, Unglücken und Katastrophen, Service und ausführlichem Biowetter.

Brisant war die öffentlich-rechtliche Antwort auf Explosiv und Blitz. Der produzierende MDR hatte keine Berührungsängste und versprach zum Start sogar „Know-how von den Privaten“. Erster Redaktionsleiter war der spätere Sat.1-Chefredakteur Jörg Howe. Die Sendung wollte Themen der „Bild“-Zeitung aufgreifen, Unterschiede sollte es allerdings bei der Umsetzung geben. Der Sender formulierte den Spagat so: „Ohne Scheuklappen, aber mit Niveau. Frech und doch sensibel. Investigativ statt voyeuristisch. Nicht reißerisch, aber rasant, nicht marktschreierisch, aber mitreißend.“ Natürlich sahen das Kritiker, auch ARD-intern, nicht so unproblematisch: Schon vor dem Start gab es heftige Diskussionen, ob sich so eine Sendung mit dem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag vereinbaren lasse.

Es moderierten im Wechsel: Anja Wolf (die später Anja Charlet hieß; 1994), Andreas Spellig (1994–1996), Axel Bulthaupt (1994–2003), Ines Krüger (1997–2004), Griseldis Wenner (die anfangs noch Griseldis Promnitz hieß; seit 1995), Alexander Mazza (2004–2007) und René Kindermann (seit 2008). Maskottchen ist Wuschel, eine schwarze Figur mit drei dicken grünen Haaren und einer langen roten Nase, gezeichnet von dem Cartoonisten Graf Rothkirch.

Brisant ist eine halbe Stunde lang und wird montags bis freitags gegen 17.15 Uhr ausgestrahlt, seit Mitte 1996 auch samstags. 1997 und 1998 lief im MDR einmal im Monat ein Ableger namens „Brisant Privat“, in dem Axel Bulthaupt mit Prominenten plauderte.

Das Jugendgericht

2001–2007 (RTL). Tägliche einstündige Gerichtsshow um 16.00 Uhr, die sich mit Straftaten jugendlicher Täter zwischen 14 und 21 Jahren beschäftigt. Die Fälle sind frei erfunden und die Täter nur Laiendarsteller.

Erste Richterin war Dr. Ruth Herz, die, bevor sie über die schauspielerischen Leistungen von sonst unbescholtenen Jugendlichen im Fernsehen urteilte, eine der profiliertesten Jugendrichterinnen in Deutschland war. Sie förderte in den 80er-Jahren maßgeblich das Konzept des Täter-Opfer-Ausgleichs und wurde für ein Projekt auf diesem Gebiet 1998 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 2005 folgte sie einem Ruf der Universität Oxford. Ihre Nachfolgerin bei RTL wurde Kirsten Erl.

Das Jugendgericht war die erste Antwort von RTL auf den Erfolg von Richterin Barbara Salesch bei Sat.1. Produzentin beider Sendungen war Gisela Marx. Eine Reaktion auf erfolgreiche Sat.1-Formate war auch der Umbau der Sendung im August 2006: Die eigentliche Verhandlung nahm von nun an nur noch einen kleinen Teil der Zeit in Anspruch, aus dem Rest der Sendung wurde ein pseudodokumentarischer Krimi wie Lenßen & Partner, in dessen Mittelpunkt bei RTL der Staatsanwalt Christopher Posch stand. Insofern war die Kompletteinstellung des Jugendgerichts im Februar 2007 nur konsequent, denn ihr Sendeplatzersatz hieß Staatsanwalt Posch ermittelt.

Das Familiengericht

2002–2007 (RTL). Einstündige Gerichtsshow mit Richter Frank Engeland, der in nachgestellten Verhandlungen über Familienrecht entscheidet. Die Rechtsanwälte Barbara von Minckwitz und Matthias Klagge vertreten die von Laiendarstellern gespielten Parteien.

Lief werktags um 15.00 Uhr, direkt gegen Richterin Barbara Salesch, die fast zwei Jahre zuvor den Boom dieser Art Sendungen ausgelöst hatte. Zusätzlich hatte RTL noch Das Jugendgericht und Das Strafgericht im Angebot.

Kein schöner Land

1989–2007 (ARD). 45‑minütige Musiksendung mit Kammersänger Günter Wewel.

Wewel stellt in jeder Sendung eine Region in Deutschland oder Europa vor, ihre Landschaft, Kultur und typische Musik vom Volkslied bis zur populären Klassik. Die Reihe lief zunächst donnerstags nach 21.00 Uhr, dann einmal im Monat montags um 20.15 Uhr, und ab 2003 nur noch unregelmäßig.

Blond am Freitag

2002–2007 (ZDF). 45-minütiger Comedytalk mit Ralph Morgenstern und vier prominenten weiblichen (nicht immer blonden) Gästen.

Die Fünferrunde tratscht und lästert über die Reichen und Schönen – sie tut also das Gleiche, was vier unprominente weibliche Gäste bei Morgenstern am Samstagnachmittag im Kaffeeklatsch taten. Häufige Teilnehmerinnen der (nicht nur für ZDF-Verhältnisse) äußerst schrillen Runden waren Hella von Sinnen, Gaby Decker, Barbara Schöneberger und Marijke Amado.

Die Sendung war unter dem Namen Blond am Sonntag bereits im Mai 2001 mit einer Pilotfolge anlässlich des Eurovision Song Contest getestet worden. Ende Oktober 2001 ging sie unter diesem Namen in Serie, bevor sie 2002 unter entsprechend angepasstem Namen freitags in Spätprogramm umzog.

Blond am Sonntag

2001 (ZDF). Comedytalk mit Ralph Morgenstern, der nach dem Sendeplatzwechsel Blond am Freitag hieß.

Bericht aus Berlin

Seit 1999 (ARD). Der Bericht aus Bonn existierte bereits seit 1963. Nach dem Regierungsumzug nach Berlin erfolgte zwangsläufig die Umbenennung in Bericht aus Berlin. Zunächst wechselte sich der Bericht aus Berlin noch mit dem aus Bonn ab, ab Juli 1999 bildete er allein die Tagesthemen-Ausgabe am Freitag – wie der Vorgänger als Politmagazin mit Berichten aus der Hauptstadt gegen 22.30 Uhr. Erster Moderator war Ulrich Deppendorf, ab Mai 2002 berichtete Thomas Roth bis Ende 2007 als neuer Leiter des Hauptstadtbüros aus Berlin im Wechsel mit Thomas Baumann (bis 2006). Danach wechselte sich wieder Ulrich Deppendorf mit Joachim Wagner ab.

Der Bericht aus Berlin war ein Sorgenkind der ARD: Sein Bedeutungs- und Quotenverlust schien unaufhaltbar zu sein. Er erreichte deutlich weniger Zuschauer als die Tagesthemen an anderen Wochentagen. Ab September 2004 lief die Sendung deshalb wieder, ähnlich wie schon der Bericht aus Bonn von 1978 bis 1999, unter dem Dach der Tagesthemen. Sie gab auch ihre eigenständige Studiogestaltung weitgehend auf und bot mehr Raum für aktuelle Themen – selbst wenn sie nicht aus Berlin kamen. Für die Zukunft kündigte die ARD einen Sendeplatzwechsel auf den Sonntag gegen 19.00 Uhr an, kurz vor dem ZDF-Gegenstück Berlin direkt.

Lustige Musikanten

1971–2007 (ZDF). Musikshow mit vielen bekannten Gästen aus dem Bereich der Volksmusik und des deutschen Schlagers, die ihre Lieder singen.

Die erste Sendung moderierten Peter Puder und Udo Schröder. Ihnen folgten Maxl Graf und die österreichische Schlagersängerin Lolita. Am 8. April 1978 übernahm Carolin Reiber für Lolita – es war ihre erste Volksmusiksendung und ihre erste bundesweite Moderation. Sie war außerdem die erste Festangestellte des Bayerischen Rundfunks, die eine Genehmigung erhielt, nebenbei für ein anderes Programm tätig zu sein. Sieben Sendungen moderierte Reiber gemeinsam mit Maxl Graf und von 1980 bis 1984 weitere zwölf mit Elmar Gunsch.

Erst nach neun Jahren Pause kehrten die Musikanten 1993 auf den Bildschirm zurück, nun moderierte das Volksmusik-Duo Marianne und Michael. Im Sommer waren die beiden oft mit Openair-Veranstaltungen in verschiedenen Städten unterwegs. Diese Shows heißen seit 1999 Lustige Musikanten on tour.

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