Sternflüstern

2004–2005 (ZDF). 8‑tlg. dt. Doku-Soap von Susanne Becker und Bernd Reufels. Zwei deutsche Familien müssen sich mehrere Monate lang unter kargen Bedingungen in der Natur Sibiriens bewähren.

Die ersten vier 45‑minütigen Folgen mit dem Untertitel „Das Sibirien-Abenteuer“ dokumentierten Anfang 2004 dienstags abends zur Primetime die Erlebnisse zweier Familien, die sich am Baikalsee durchschlugen. Gut ein Jahr zuvor hatte die ARD eine deutsche Familie in Schwarzwaldhaus 1902 mit den kargen Lebensbedingungen des Jahres 1902 konfrontiert und damit einen Überraschungserfolg gelandet. Die ZDF-Reihe war offensichtlich dadurch inspiriert und erzielte zwar nicht die gleiche öffentliche Aufmerksamkeit, aber ebenfalls hervorragende Quoten. Also schickte das ZDF zwei weitere Familien weg, die diesmal „Jenseits des Polarkreises“ ausharren sollten. Diese Folgen liefen zum Jahreswechsel 2004/05 dienstags und donnerstags.

Abenteuer 1900 — Leben im Gutshaus

2004 (ARD). 16-tlg. dt. Reality-Doku-Soap. 20 Frauen, Männer und Kinder stellen auf einem alten Gutshof in Mecklenburg-Vorpommern das Leben an der Schwelle zum 20. Jahrhundert nach. Sie teilen sich in zwei Gruppen: Die eine spielt die Herrschaftsfamilie mit allen Privilegien, die andere bildet das Personal.

Inspiriert von Schwarzwaldhaus 1902 setzte die ARD bei dieser neuen Reihe noch einen drauf und zeigte neben dem Umgang mit den technischen Begebenheiten des Jahres 1900 noch die Unterschiede zwischen Reich und Arm auf. Die Produzenten hatten wieder einen ähnlichen Aufwand betrieben, um das Haus in den technischen Zustand von vor gut hundert Jahren zurückzuversetzen, und sogar die Originaltapeten nachgedruckt. Die Maschine dafür musste eigens aus einem Museum geholt werden.

Die halbstündigen Folgen liefen erfolgreich dienstags bis donnerstags um 18.50 Uhr.

Bräuteschule 1958

2007 (ARD). 16-tlg. Reality-Soku-Soap, in der junge Frauen von heute eine Ausbildung zur heimeligen, kochenden, putzenden Mustergattin durchliefen, wie sie die gesellschaftlichen Vorstellungen der 50er-Jahre vorsah.

Die halbstündigen Folgen liefen dienstags bis freitags um 18.50 Uhr.

Von null auf 42

2004 (arte). „Sieben Nichtläufer auf dem Weg zum Marathon“. 3‑tlg. Doku-Soap von Rolf Schlenker, Harold Woetzel und Marcus Vetter.

Ist ein bisher absolut unsportlicher Mensch nach einem Jahr Vorbereitung in der Lage, einen Marathon zu laufen? Ein Kamerateam des SWR begleitet sechs Menschen und einen Radiomoderator, die unter der Aufsicht des Arztes und früheren Weltklasseläufers Dr. Thomas Wessinghage ein entsprechendes einjähriges Trainingsprogramm absolvieren und am Ende tatsächlich am New-York-Marathon teilnehmen.

 Ego-Foto

Lief im April täglich bei arte und zwei Wochen später innerhalb einer Woche um 21.45 Uhr in der ARD. Die Serie ist auf DVD erschienen.

Lotta in Love

2006–2007 (ProSieben). Dt. Telenovela.

Carlotta „Lotta“ Wiesner (Janin Reinhardt) wird bei einem Konzert mit dem Popstar Alex (auch Janin Reinhardt) verwechselt. Das nutzt sie fortan aus, denn gleichzeitig verliebt sie sich in den Gitarristen Michael (Nils Brunkhorst). Um Michael nah zu sein, gibt sie sich nun häufiger als Alex aus. Damit wird das Leben des verträumten Mädchens turbulent.

Die halbstündigen Folgen liefen werktags um 18.00 Uhr, und trotz mäßigen Zuschauerinteresses beteuerten Senderverantwortliche über Monate immer wieder ihr Vertrauen in die Serie und ihre Geduld. Nach dreieinhalb Monaten gab Pro Sieben auf, Lotta musste ihren werktäglichen Sendeplatz räumen und darf ihr Telenovela-Leben seitdem am immer früheren Sonntagmorgen aushauchen.

Fernsehen wird durch Schleichwerbung erst schön

Die EU-Kulturminister haben in dieser Woche endlich die Schleichwerbung erlaubt. Bei uns ist sie zwar noch verboten, doch ist die Vermutung nicht abwegig, dass sich bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung in gut zwei Jahren auch Deutschland dem EU-Kompromiss anschließt.

Formal bleibt das Product Placement zwar in ganz Europa verboten, doch gilt dieses Verbot tatsächlich nur für Informations- und Kindersendungen. In Unterhaltungsserien zum Beispiel dürfen Produkte platziert werden, wenn vor und nach der Sendung ein entsprechender Warnhinweis ausgestrahlt wird.

Und das ist gut.

Oder… könnte gut werden.

Seit jeher klagen deutsche Fernsehmacher, aus finanziellen Gründen nicht den hochwertigen Serienproduktionen aus den USA mithalten zu können. Serien mit deutlich niedrigerem Budget als US-Serien sehen fast zwangsläufig deutlich billiger aus. Wer es schafft, die neu erschlossenen Geldquellen richtig einzusetzen und inhaltlich richtig mit ihnen umzugehen, kann das deutsche Fernsehen enorm bereichern.

Sprich: Wenn zwei Ermittler in einer Kneipe einen Verdächtigen verhören, ist es völlig egal, ob herumhängende Schilder die Marke des dort ausgeschenkten Bieres nennen oder nicht. Und wenn der Fernsehheld sowieso mit irgendeinem Auto irgendwohin fährt, dann kann ebensogut der Hersteller des Fahrzeugs dafür bezahlen, dass man es erkennt. Wer diese zusätzlichen Mittel nicht gierig als Extragewinne einstreicht, sondern tatsächlich in die Produktion investiert, könnte dafür sorgen, dass die deutschen bald mit den internationalen Produktionen mithalten können.

Wer aber jetzt wieder Szenen ins Drehbuch schreibt, in denen die Hauptdarsteller völlig grundlos und ohne Zusammenhang zur eigentlichen Handlung in einem konkret erkennbaren Reisebüro einen Urlaub buchen oder ebenso grundlos über die Vorteile bestimmter Heizmethoden referieren, der sorgt allenfalls dafür, dass bald alles noch viel billiger wirkt als bisher.

Schlagwörter:
Michael, 26. Mai 2007, 18:21.

Jubiläum nah am Wasser gebaut

Wenn Fernsehserien ein Jubiläum feiern, bekommt die Abteilung für Spezialeffekte zusätzliche Arbeit.

So jagte Gute Zeiten, schlechte Zeiten in der 2500. Folge Daniels Bar in die Luft, und Without A Trace – Spurlos verschwunden, die Vermisstenserie, die Sat.1 manchmal donnerstags zeigt, setzt heute Abend zur 100. Folge New Orleans unter Wasser.

Aber tat das nicht schon der Hurrikan Katrina?

Genau darum geht es, und das lässt schon erahnen, dass Without A Trace etwas mehr Tiefgang haben wird als GZSZ jemals hatte.

Angenehm an der Jubiläumsfolge „Die Ruhe vor dem Sturm“ ist, dass zwar der Anlass ihrer Handlung ein besonderer ist, sie aber darüber hinaus auf Effekthascherei verzichtet. Die überfluteten Straßen sind nur in zwei Rückblicken zu sehen, die eigentliche Handlung spielt in der Gegenwart und stellt wie immer ein Einzelschicksal bzw. das einer Familie in den Vordergrund, im konkreten Fall das Schicksal einer Familie aus New Orleans, die bei der Katastrophe alles verlor.

Diese auch sonst hervorragende Serie zeigt in ihrer Jubiläumsfolge auf bemerkenswerte Weise, wie man einen besonderen Anlass begehen kann, ohne sich selbst hochleben zu lassen.

Without A Trace – Spurlos verschwunden, Folge 100, heute, 20.15 Uhr, Sat.1

Michael, 24. Mai 2007, 07:53.

Pfeifen auf Beckmann

Nach dem großen Erfolg seiner Sendung mit Jan Ullrich kümmerte sich der Aufklärer Beckmann in dieser Woche erneut um Fahrradfahrer und was sie so einnehmen. Ich habe die Sendung selbst weder gesehen noch gehört, aber es gibt schon wieder sehr amüsanten Aufruhr.

Michael, 24. Mai 2007, 07:11.

Praxisorientierte Comedy

Für einen Moment habe ich überlegt, ob ich überhaupt etwas zum Start von Out Of Practice – Doktor, single sucht… schreiben sollte. Immerhin startet die Serie auf Comedy Central, und worin liegt der Sinn, über etwas zu schreiben, das sowieso niemand sieht. Andererseits schrieb ich auch über Alles Betty und Dr. Psycho. Also dann.

Out Of Practice ist eine altmodische Sitcom, ohne bemüht absurden Dreh oder visuelle Sperenzchen, ganz klassisch mit mehreren Kameras auf einer Bühne vor Publikum gedreht, wie weiland Cheers, Seinfeld und Frasier. Für Frasier hatten ihre beiden Erfinder Christopher Lloyd und Joe Keenan viele Jahre gearbeitet, waren Autoren und Executive Producer, und Frasier-Star Kelsey Grammer konnten sie als Regisseur der Pilotfolge gewinnen. An vielen Stellen schimmert die Genialität alter Frasier-Folgen durch, der intelligente Witz, die subtile Pointe, die Slapstickeinlage mit Würde. Hätte man der Serie die Zeit gegeben, hätte auch sie in der zweiten Staffel richtig genial werden können, doch die Zeit erhielt sie nicht. Out Of Practice scheiterte nicht an Erfolglosigkeit, sondern am Erfolg des ausstrahlenden Senders CBS, der im Frühling 2006 mehr populäre Comedys als Sendeplätze hatte und sich deshalb von gleich mehreren vielversprechenden Exemplaren trennte. Von den 22 gedrehten Folgen wurden die letzten acht in den USA nie ausgestrahlt.

Für Ben-Darsteller Christopher Gorham war Out Of Practice nach Jake 2.0 und Medical Investigation die dritte gescheiterte Serie in drei Jahren. Sehenswert ist sie trotzdem. Außerdem schenkt sie uns ein Wiedersehen mit Fonzie aus Happy Days. Oder besser: Mit seinem Darsteller Henry Winkler, dessen neue Rolle als Stewart Barnes mit der alten nichts gemeinsam hat. Nicht nur ist er 30 Jahre älter, auch spielt er nicht mehr den coolen Obermacho, sondern im Gegenteil einen leicht verwirrten, überforderten Familienvater, der noch genauso bei seiner Ex-Frau wie bei seiner jetzigen unter dem Pantoffel steht. Und in dieser Rolle ist er brillant.

Out Of Practice – Doktor, single sucht…, mittwochs ab 21.15 Uhr bei Comedy Central (jeweils 2 Folgen).

Michael, 23. Mai 2007, 07:46.

Out Of Practice — Doktor, single sucht…

2007 (Comedy Central). 22-tlg. US-Sitcom von Christopher Lloyd und Joe Keenan („Out Of Practice“; 2005–2006).

Ben (Christopher Gorham), 30, ist das schwarze Schaf in der Familie Barnes, denn er ist nur ein popeliger Psychologe und muss sich damit aufziehen lassen. Alle anderen sind Ärzte mit Doktortitel: sein Bruder Oliver (Ty Burrell), seine lesbische Schwester Regina (Paula Marshall) und die Eltern Lydia (Stockard Channing) und Stewart (Henry Winkler). Alle außer Oliver arbeiten im gleichen Krankenhaus, Oliver ist Schönheitschirurg mit passendem Machogehabe. Die Ehe des schüchternen Ben ist gerade in die Brüche gegangen, die seiner Eltern schon vor einiger Zeit, und Stewart ist jetzt mit seiner drallen Sprechstundenhilfe Crystal (Jennifer Tilly) zusammen.

Überdurchschnittliche Sitcom, in der manchmal die Genialität des Klassikers Frasier durchschimmert, für den die Serienerfinder zuvor geschrieben hatten. Viel zu früh wurde Out Of Practice nach nur einer Staffel abgesetzt. Comedy Central zeigt mittwochs ab 21.15 Uhr jeweils zwei Folgen.

Blättern:  1 ... 214 215 216 217 218 ... 270


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links