Altes vom Spocht

Manchmal wird meine Fernsehkompetenz doch überschätzt. Anruf von Jan aus einer Berliner Kneipe: „Kannst Du mir sagen, wer bei der Fußball-WM 1970 das Halbfinale zwischen Italien und Deutschland kommentiert hat?“

Das ist unfair. Das gehört ja quasi zum Bereich Sport. Und von Sport weiß ich nichts. Auch wenn es im Fernsehen gesendet wurde. Trotzdem fielen mir spontan natürlich einige Reporterlegenden ein. Herbert Zimmermann, Heribert Fassbender, Dieter Adler, Harry Valérien, Sammy Drechsel, Eberhard Stanjek, Wim Thoelke, Adi Furler… Die waren es alle nicht. Also Recherche. Vielleicht Rudi Michel? Der hatte doch auch das Finale von Wembley 1966 kommentiert. Nein, der war’s auch nicht. Kurt Brumme ist schon näher dran, der machte damals immerhin die Hörfunkreportage. Aber schließlich war es dann doch Ernst Huberty. Dem ist bei diesem Spiel, von dem Menschen, die sich mit Sport auskennen, sagen, es sei spannend gewesen, bestimmt vor Aufregung der Scheitel in die Hose gerutscht.

Wenn Sie übrigens auch eine Frage zum Fernsehen haben, zögern Sie nicht, mich mitten in der Nacht zu Hause anzurufen. Oder noch besser: Schicken Sie eine E-Mail an fragen@fernsehlexikon.de. Die Antworten stehen dann unter „Antworten“. Ach was.

Michael, 3. Dezember 2006, 21:47.

Neues vom Alten

Der Alte hört auf. Wie sein Darsteller Rolf Schimpf glaubt, gerade noch rechtzeitig, denn „es soll ja glaubwürdig wirken, wenn ich einen Kommissar spiele“. Schimpf ist 82.

Michael, 3. Dezember 2006, 21:45.

„Alles wird gut.“

Nina Ruge hört bei Leute heute auf. Dann hat sie ja doch Recht behalten.

Michael, 28. November 2006, 21:34.

Wir zappen für Sie!

Aufregend. Augenreibend. Auch ohne Zappen vermitteln uns die Sender das Gefühl, in der Werbepause mal kurz bei einem anderen Kanal gelandet zu sein. Da wirbt doch die ARD, die in ihren Programmen gern die Privaten totschweigt, weil sie glaubt, dann bemerken die Zuschauer deren Existenz nicht, bei RTL in der Werbepause von Wer wird Millionär? für ihre Fernsehlotterie. Mitsamt Frank Elstner. Sehr interessant.

Michael, 24. November 2006, 12:46.

Beck hat einen Vogel

Crossover nennt man das im amerikanischen Fernsehen, wenn Charaktere aus einer Serie plötzlich in einer anderen auftreten oder im Extremfall sogar die Handlung einer Serie in einer Episode einer anderen fortgesetzt wird. Letzteres passierte vergangene Woche senderübergreifend, als die Handlung aus der CSI: Miami-Folge „Blutspur“ einen Tag später bei Vox in CSI: NY weiterging.

Die einfachere Variante bringt uns zurück zum Vogel vom Beck. Es handelt sich um einen ziemlich dicken Brummer: einen Sperling. Kommissar Sperling (Dieter Pfaff) aus der Samstagskrimireihe des ZDF gibt ein Gastspiel in den neuen Fällen der schwedisch-deutschen Koproduktion Kommissar Beck, die am Sonntag um 22.00 Uhr starten. Den ersten gemeinsamen Film der beiden Kommissare zeigt das ZDF am 12. November und kündigt bereits den nächsten für Frühjahr 2007 an.

Und weil wir Statistiken, Archivstaub und Listen lieben, hier unsere bisherigen Top-5-Lieblings-Crossovers.

  1. Die Kölner Tatort-Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) sitzen überraschend im Münster-Tatort herum, der eigentlich Thiel (Axel Prahl) und Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) gehört.
  2. Die Männerfreunde Andy Griffith und Dick van Dyke spielen die Männerfreunde Ben Matlock und Mark Sloan und besuchen sich gegenseitig in ihren Serien Matlock und Diagnose: Mord.
  3. Die Golden Girls suchen Harrys Praxis in Harrys Nest auf.
  4. Ray Barone aus Alle lieben Raymond freundet sich in King Of Queens mit Doug Heffernan an.
  5. Im Vorspann der Simpsons sitzt plötzlich Fry aus Futurama mit der Familie Simpson auf der Couch.
Michael, 3. November 2006, 17:08.

Keine Geduld mehr mit Sat.1!

Sat.1 hat es sich überlegt und verzichtet darauf, den Zuschauern des vielgelobten Vierteilers Blackout auch die zweite Hälfte zu zeigen. Wie üblich unzufrieden mit den Einschaltquoten, strahlt der Sender die Teile 3 und 4 zwar noch aus, aber irgendwann nachts, wenn’s keiner merkt.

Deshalb bitte ich Sie: Nennen Sie mir nur einen Grund, warum man sich als Zuschauer bei Sat.1 überhaupt noch den Beginn einer neuen Reihe, Serie oder eines Mehrteilers ansehen sollte, wenn die Chancen doch ohnehin gegen null gehen, dass man erfährt, wie es ausgeht. Das wird nämlich allmählich zur Erwartungshaltung, und das könnte der Grund sein, warum nicht nur bei Sat.1, sondern auch beim ebenso permanent panisch, voreilig und chaotisch reagierenden ProSieben schon seit geraumer Zeit keine neue Serie mehr Erfolg hatte. Die Zeitinvestition ist zu groß für eine Handlung, die dann doch nur angerissen wird. So geht diese Programmpolitik nach hinten los und verstärkt langfristig das Quotenproblem, das die Sender durch Hau-Ruck-Absetzungen kurzfristig zu lösen versuchen.

ProSieben trieb dieses Prinzip vor zwei Monaten auf die vorläufige Spitze, als der Sender beim Fünfteiler 5ive Days To Midnight die Geduld nach vier Teilen verlor. Sat.1 schafft es nun also nicht einmal, einen Vierteiler ungestört zu Ende zu senden. Schauen Sie doch mal zu Vox, das mit Geduld, Treue und Hartnäckigkeit seit Jahren seinen Marktanteil ausbaut. So macht man das.

Und Sat.1? NYPD Blue: im Sommer praktischerweise mit Staffel 5 begonnen und nach sieben Folgen beendet. Freunde für immer — Das Leben ist rund: Sendeplatzverlust nach zwei Folgen. Unter den Linden: in den Nachmittag verbannt nach vier Folgen. LiebesLeben: von 13 Folgen nur 1-8 und 9-11 gezeigt. Talk der Woche: trotz aller Geduldbeteuerungen nach nur zwei Monaten eingestellt.

Und ProSieben? Las Vegas verschwand nach sechs Wochen, Without A Trace nach einer Staffel, die von zig kurzfristigen Absetzungen von Einzelepisoden durchlöchert war. Wer weiß, was sich davon mit etwas Geduld und Kontinuität noch zum Erfolg entwickelt hätte, so wie die Vox-Reihen Ally McBeal, CSI, CSI: Miami, Criminal Intent, Crossing Jordan, Gilmore Girls oder Das perfekte Dinner, die alle mit vergleichsweise schlechten Quoten begannen. — Ach halt, Without A Trace wurde ja sogar ein Erfolg! Aber da war die Serie natürlich schon lange nicht mehr bei ProSieben.

Also, ist Ihnen ein Grund eingefallen, sich überhaupt noch den Beginn einer Sat.1-Serie anzusehen? Sie hatten jetzt wirklich viel Bedenkzeit, während ich die vielen Negativbeispiele aufgezählt habe. Einen nur! Bitte! Na? Nicht mal ein kleiner? Ja, dachte ich mir.

Michael, 3. November 2006, 11:18.

Musikstücke aufsammeln

Es geht um den Titel „Pick Up The Pieces“ von der Average White Band. Der Titel kommt mir sowas von bekannt vor, und ich verbinde ihn auch in irgendeiner Weise mit dem Fernsehen. Kann es sein, dass er mal Theme einer Talkshow oder ähnlichem war? Oder ist es nur ein Track, der dauernd in Fernsehbeiträgen im Hintergrund läuft, so wie zum Beispiel „Bittersweet Symphony“ von The Verve oder „Lola’s Theme“ von den Shapeshifters?Christopher

Beides ist richtig: Der Titel ist eines der bekanntesten Instrumentalstücke überhaupt und war 1974 ein Nr.1-Hit in den US-Charts. Seitdem wurde er immer wieder in Fernsehsendungen und Filmen verwendet, Beiträge wurden damit unterlegt und Radiosender benutzen ihn als Füllmusik oder Hintergrundgedudel. Auch im Film „Superman II“ mit Christopher Reeve aus dem Jahr 1980 kam das Stück zum Beispiel vor. Es war also schon weltbekannt, als das ZDF entschied, es in den 90er-Jahren zur Titelmusik für seine Show „Versteckte Kamera“ zu machen. Vielleicht kennst Du es also auch von dort.

Hörprobe hier.

Zeitenwende

Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Derrick und Der Alte im verschneiten München ermittelten, während im wirklichen Leben Hochsommer war? Und als Tatort-Kommissare Lösegeldforderungen in D-Mark analysierten, während hier bei uns, in der echten Welt, bereits der Euro eingeführt war? Das waren noch Zeiten! Zeiten, in denen sich Produzenten einen Dreck darum scherten, wann und unter welchen Umständen ihre Sendungen ausgestrahlt werden würden, und als Programmplaner sich bei der Programmierung dieser Sendungen einen ebensolchen scherten, worum es darin eigentlich ging. So kam es auch, dass die Weihnachtsfolge aus Familie Heinz Becker ihre Uraufführung am 19. Juli 1994 erlebte.

Am Sonntag nun, dem Veranstaltungstag des Frankfurter Marathons, strahlte der Hessische Rundfunk in der ARD einen Tatort aus, der während des Frankfurter Marathons spielte. Hurra, danke und weiter so! Wir sind auf dem richtigen Weg!

Michael, 30. Oktober 2006, 19:24.

Tüü-düü-dü-düüt tü-düüt tüü-düüt

Was bedeutete eigentlich der bei der Tagesschau schon seit langem abgeschaffte Morsecode?Kai

Die Morsezeichen, die lange Zeit nach der Wettervorhersage eingespielt wurden, standen für die Buchstaben QAM. Das bedeutet nicht etwa „Quellwolken am Mittag“, sondern ist der internationale Morsecode für den Wetterbericht bzw. die Anfrage, wie denn das Wetter werde.

Without A Trace – Spurlos verschwunden

2003-2004 (Pro Sieben); seit 2004 (Kabel 1); 2007 (Sat.1). 160-tlg. US-Krimiserie von Hank Steinberg und Jan Nash („Without A Trace“; 2002–2009).

Eine New Yorker FBI-Einheit spürt Vermisste auf. Akribisch rekonstruiert sie dafür die letzten Stunden vor dem Verschwinden, sammelt Indizien, recherchiert im Umfeld der Verschwundenen und muss herausfinden, ob sie abgehauen sind, entführt oder ermordet wurden. Jack Malone (Anthony LaPaglia) leitet die Einheit, seine Mitarbeiter sind Samantha Spade (Poppy Montgomery), Vivian Johnson (Marianne Jean-Baptiste), Danny Taylor (Enrique Murciano) und Martin Fitzgerald (Eric Close).

Spannende Serie mit einem Hauptdarsteller, dessen enorme Wandlungsfähigkeit erst allmählich zur Geltung kam. Anfangs gab es in den einzelnen Folgen lediglich abgeschlossene Kriminalfälle, gezeigt wurde nur die Ermittlungsarbeit. Jede Folge stand für sich, ohne übergreifende Handlungsstränge. Als die Serie in den USA zum Sensationserfolg wurde, trauten sich die Produzenten, auch ein paar private Infos über die Charaktere rauszurücken: Jack ist verheiratet, hat zwei kleine Kinder, in der Ehe kriselt es, und er hatte ein Verhältnis mit Sam.

Im Dienst stürzt er sich mit ganzer Kraft in seine Fälle, geht bis zum Äußersten, um den Schuldigen zu überführen, lässt notfalls die Vorschriften sausen und setzt dadurch seinen Job aufs Spiel. So geht zwar jede dritte Krimiserie, doch im Unterschied zu anderen wird hier später realistisch (eine ganze Folge lang) gezeigt, wie Jack sich deshalb vor einem Untersuchungsausschuss verantworten muss.

Pro Sieben zeigte 22 einstündige Episoden der ersten Staffel (eine Folge fehlte) mittwochs um 21.15 Uhr mit mäßigem Erfolg. Kabel 1 setzte die Serie wenig später freitags zur gleichen Zeit fort, drehte jedoch vorübergehend den Sendetitel um und nannte sie Spurlos verschwunden – Without A Trace. Die Serie entwickelte sich jetzt zum großen Erfolg für den kleinen Sender, was in erster Linie daran lag, dass Kabel 1 nicht so lieblos damit umging. Pro Sieben hatte die Serie nur unregelmäßig gezeigt und oft wochenlang und kurzfristig ausfallen lassen, was verhinderte, dass sie ein regelmäßiges Publikum finden konnte. Kabel 1 erreichte mit seiner verlässlichen Ausstrahlung bald mehr Zuschauer als der Muttersender, wodurch die Serie plötzlich wieder für einen größeren Sender in der Senderfamilie interessant wurde, und so wechselte sie im Januar 2007 in der Mitte der vierten Staffel zu Sat.1. Fast ein Jahr lang sendete Sat.1 donnerstags um 20.15 Uhr tapfer Erstausstrahlungen und Wiederholungen, ohne damit nennenswerte Erfolge zu verbuchen. Dann erhielt Kabel 1 seine Erfolgsserie zurück und setzt sie Anfang 2008 ab Mitte der fünften Staffel auf den neuen Sendeplatz am Montag um 20.15 Uhr. Das ging nicht so gut, aber der Samstagabend funktionierte ab Sommer 2009 dann wieder prächtig.

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