Persönliches Desinteresse

Was ist das eigentlich für eine Serie, die sowohl in den USA als auch ab heute bei uns den Klassiker CSI nach so vielen Jahren vom angestammten Sendeplatz am Donnerstagabend verdrängt hat? (Zum Start zeigt RTL heute ab 21.15 Uhr zwei Folgen hintereiander.)

Sie heißt Person Of Interest, hinter ihr steckt u.a. Lost-Produzent J.J. Abrams, und sie ist in den USA sehr erfolgreich. Worum geht es also?


Der Schöne und der Milliardär. Sichere Bank. Foto: RTL

Ein brillianter Milliardär hat eine Wundermaschine erfunden, die Verbrechen vorhersehen kann. Aber nur sehr vage. Immer wieder spuckt „die Maschine“ Sozialversicherungsnummern von Menschen aus, die in Kürze in ein Verbrechen verwickelt werden. Mehr nicht. Nur Sozialversicherungsnummern. Keine Namen, und auch keine Information über die Art des Verbrechens (aber meistens Mord) und ob die Person, der die Nummer gehört, Täter oder Opfer ist. Weil das humpelnde Genie all diese Menschen nicht selbst retten kann, beauftragt er damit einen abgebrühten Schönling, der den Leuten nachstellt und die Morde schließlich verhindert, indem er stattdessen die Mörder abknallt.

Das ist in der Umsetzung exakt so dämlich und brutal, wie es in der knappen Schilderung klingt. Michael Emerson, der in Lost Ben Linus spielte, gibt das ebenso reiche wie mysteriöse Genie, und Jim Caviezel, der in Mel Gibsons „Passion Of the Christ“ als Jesus bekannt wurde, spielt diesmal gleich Gott, wenn er in Extremsituationen die Affektentscheidung trifft, dass das Leben des Opfers wichtiger ist und das des Täters deshalb ausgelöscht werden kann. Die Konstellation des wissenden Strippenziehers, der Schlimmes verhindern will, und des ausführenden Frontschweins, das die genauen Umstände herausfinden muss, erinnert entfernt an Zurück in die Vergangenheit. Die Serie nicht, denn im Gegensatz dazu ist Person of Interest völlig frei von Humor, Augenzwinkern oder Selbstironie und nimmt sich und „die Maschine“ wahnsinnig ernst.

Und trotzdem ist es irgendwie beruhigend, nach all den Jahren toller Fernsehserien aus den USA wieder in Erinnerung gerufen zu bekommen, dass nicht nur in Deutschland unglaublicher Schwachsinn produziert wird.

Außerdem hat zum Glück irgendwann mal ein Genie eine Maschine erfunden, mit der man unerträgliches Programm aus seinem Fernseher entfernen kann. Jetzt muss ich nur noch einen Schönling finden, der das für mich erledigt.

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Michael, 13. September 2012, 00:22.

Person Of Interest

Ab 13. September 2012 (RTL). US-Actionserie von Jonathan Nolan („Person Of Interest“; seit 2011).

Ein brillanter Milliardär (Michael Emerson), der womöglich Harold Finch heißt, engagiert einen Mann (Jim Caviezel), den er Mr. Reese nennt, um bevorstehende Verbrechen zu verhindern. Sowohl John Reese, oder wie auch immer sein echter Name ist, als auch Mr. Finch, der ebenfalls keine Informationen über seine Person rausrückt, gelten als tot oder vermisst und agieren im Untergrund. Finch hat im Auftrag der Regierung eine geheime Maschine erfunden, die mittels der Generalüberwachung der Bevölkerung durch öffentliche Kameras, abgehörte Gespräche und ausspionierte E-Mails in der Lage ist, Gewaltverbrechen vorherzusehen. Eigentlich sollte damit Terrorismus bekämpft und verhindert werden, aber „die Maschine“ sieht auch gewöhnliche Verbrechen vorher, die die Regierung als irrelevant abtut. Leider hat Finch für diese Fälle nur den Zugriff auf eine Sozialversicherungsnummer, sonst nichts. Er ermittelt, zu wem sie gehört und beauftragt nun den Ex-Agenten Reese, diese „gewöhnlichen“ Verbrechen zu verhindern. Ob die Zielperson dabei Täter oder Opfer ist, ist völlig unklar und muss erst einmal herausgefunden werden. Und worum es überhaupt geht. Meistens um Mord. Kurz bevor es dazu kommen kann, ist Reese dann gerade noch rechtzeitig zur Stelle und schießt im letzten Moment den Mörder mausetot. Die Polizistin Joss Carter (Taraji P. Henson) spürt diesem mysteriösen Mann im Anzug, der immer wieder an Tatorten einschreitet, zunächst nach und wird später seine Gehilfin. Ferner erpresst Reese interne Informationen von dem korrupten Polizisten Lionel Fusco (Kevin Chapman).


Reese und Finch. Hohle Gasse. Foto: RTL

Der Erfolg der J.J.-Abrams-Produktion Person Of Interest im US-Fernsehen zeigte, dass nach all den Jahren strenger Wissenschaft, Spurensicherung und Forensik in fast allen Krimiserien das Publikum wieder offen war für brutalen Fantasy-Quatsch. Die einstündigen Folgen laufen donnerstags um 21.15 Uhr. Vier Wochen vor der Free-TV-Premiere bei RTL hat der hauseigene Sender Pay-TV-Kanal RTL Crime bereits mit der Ausstrahlung begonnen.

Comedy in Sat.1 nimmt zu

Natürlich hätte die Sitcom Mike & Molly das Potenzial, auch in Deutschland ein Hit zu werden. Aber natürlich nicht so.

Die freundliche Serie über zwei Übergewichtige, die sich ineinander verlieben, hat im zweiten Anlauf eine Heimat in Sat.1 gefunden, nachdem vor einem halben Jahr ursprünglich schon mal Kabel 1 den Deutschlandstart angekündigt hatte. Sat.1 ist nicht (mehr) für Comedy bekannt, schon gar nicht für US-Sitcoms, und der Sendeplatz am Donnerstag um 22.15 Uhr ist eigentlich als Krimiplatz etabliert.

Warum die Serie nicht auf ProSieben läuft, ist rätselhaft. Sie stammt aus dem Comedy-Lineup des US-Senders CBS, das außerdem aus How I Met Your Mother, 2 Broke GirlsThe Big Bang Theory und Two And A Half Men besteht, also ansonsten vollständig bei ProSieben zu sehen ist. Und zwar unentwegt. Produzent der Serie ist Chuck Lorre – daneben verantwortlich für The Big Bang Theory und Two And A Half Men. Sind Dicke etwa nicht cool genug für das coole ProSieben? Ist es dem angestrebten jungen Publikum nicht zuzumuten, Menschen zuzusehen, die sich schon für einen Partner entschieden haben und ihm treu sind? Wird die erforderliche Mindestanzahl an Sexwitzen unterschritten? Muss aus diesen Gründen die Serie jetzt auf dem „Familiensender“ der Sendergruppe laufen?

Mike & Molly ist harmlose, traditionelle, durchaus lustige Comedykost irgendwo zwischen Verrückt nach dir und King Of Queens, mit zwei liebenswerten Hauptfiguren in Melissa McCarthy (bekannt als Sookie aus Gilmore Girls) und Billy Gardell (nicht bekannt). Man muss das nicht gezielt einschalten, kann sich aber amüsieren, wenn man es tut. Zwei Folgen laufen ab heute immer donnerstags ab 22.15 Uhr.

Trotzdem wird auch diese Serie wie die meisten anderen US-Sitcoms vermutlich erst dann ein Erfolg in Deutschland, wenn sie auf irgendeinem Sender in Dauerschleife mit mehreren Folgen an jedem Tag laufen wird. Also erst mal nicht.

Michael, 6. September 2012, 00:39.

Mike & Molly

Ab 6. September 2012 (Sat.1). US-Sitcom von Mark Roberts („Mike And Molly“: seit 2010).

Der dicke Polizist Mike Biggs (Billy Gardell) und die dicke Grundschullehrerin Molly Flynn (Melissa McCarthy) lernen sich in der Selbsthilfegruppe der Anonymen Essgestörten kennen und werden ein Paar. Miteinander sind sie glücklich, mit ihrem Gewicht nicht so sehr. Molly wohnt zusammen mit ihrer Schwester Victoria (Katy Mixon), einem schlanken, hohlen Partyluder, und ihrer berufsjugendlichen Mutter Joyce (Swoosie Kurtz). Zur zweiten Staffel zieht auch Mike dort ein. Mike und sein Streifenpartner Carl (Reno Wilson) essen meistens in ihrem Stammlokal, wo sie vom sarkastischen Kellner Samuel (Nyambi Nyambi) bedient werden.

Liebevolle Serie, die zwar nicht besonders auffiel, aber sich schon nach kurzer Zeit erfolgreich im US-Fernsehen etabliert hatte. Melissa McCarthy war als Sookie in Gilmore Girls bekannt geworden, einer hervorragenden Serie, die stets bei allen wichtigen Preisverleihungen übersehen worden war. Umso mehr überraschte es, als sie schon nach der ersten Staffel von Mike & Molly mit dem Emmy als beste Hauptdarsllerin in einer Comedyserie ausgezeichnet wurde. Es war die einzige Kategorie, in der die Serie überhaupt nominiert war.



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