Die wissen tatsächlich, was gut ist

Heute startete auf dem Alles-Sendeplatz des ARD-Vorabendprogramms die neue Kuppel-Doku-Soap Ich weiß, wer gut für dich ist.

„Ich wusste schon, dass Bruce auf dem Sendeplatz nicht gut für mich ist!“, schreibt s.maetje in den Kommentaren zum Lexikoneintrag, und es ist kaum in Worte zu fassen, welch enorme Verbesserung der Bruce-Nachfolger ist. Jede Woche soll ein Single mit der Hilfe von vier Freunden verkuppelt werden. Jeder der Freunde organisiert ein Date, jeden Tag wird eins gezeigt. Im Prinzip ist die Reihe so ähnlich aufgebaut wie Das perfekte Dinner, nur dass hier nicht das Essen mit Punkten bewertet wird, sondern der, der es isst. 

In den ersten fünf Minuten war die neue Reihe ungefähr so unterhaltsam wie eine gedruckte Kontaktanzeige im Wochenblatt, es wimmelte von Floskeln, und „Hobbys haben“ galt schon als Eigenschaft. Kandidatin Ilka tat kund, sie wünsche sich einen Landwirt. Huch! Ausgerechnet einen Landwirt, na so was. Aber wo bekommt man heutzutage noch einen Bauern her, der eine Frau sucht?

Doch dann bekam die Sendung plötzlich Charme und Witz. Ilkas erste Freundin organisierte ihr ein Date mit einem Wirt. Sie hatte wohl erst zur zweiten Silbe eingeschaltet, was verständlich ist, denn die Sendung hatte ein paar Minuten früher als ausgedruckt begonnen. Es folgten die üblichen mit der Kamera dokumentierten Anbandelungsversuche und die üblichen dazwischen geschnittenen Statements, und irgendwie war dabei doch gar nichts wie üblich: Die Interviewgeber waren zum Zeitpunkt ihrer Aussagen auf exakt demselben Stand wie die Zuschauer und durften das eben Gesehene nach Herzenslust gehässig kommentieren. Und natürlich hatten sie an allem etwas auszusetzen, schließlich waren sie ja der Meinung, ihr Kandidat, der in den nächsten Tagen noch folgen wird, sei sowieso der bessere.

Schon vor dem Date durchsuchten die Freundin und Ilka mit dem Einverständnis des Wirts, aber in dessen Abwesenheit, seine Wohnung, und auch das war bereits eine Gelegenheit für leidenschaftliches Lästern.

Ich weiß, wer gut für dich ist ist schnell und liebevoll geschnitten, kurzweilig, lustig und charmant und wird von einem zurückhaltenden Off-Sprecher begleitet, der nichts erzählt, was man sowieso sieht. Wer rechnet denn mit so was?

Es wäre schön, wenn das Erste mit dieser gelungenen Reihe endlich seinen Vorabenderfolg gefunden hätte. Sonst gibt’s auf dem Gemischtwarensendeplatz nämlich schon bald wieder ein Quiz, eine Weltkriegsdokumentation, eine Telenovela, das Beste aus dem Frühlingsfest der Volksmusik, eine bulgarische Sitcom oder einen Pantomimenwettbewerb.

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Michael, 25. März 2008, 20:01.

Von der Realität eingeholt

Bevor Vox mit seinen Kochshows erfolgreich war, bevor Vox mit den CSI-Serien zu einer festen Marke im Abendprogramm wurde, waren es die US-Serien im Nachmittagsprogramm, die herausstachen, deren Marktanteil den Senderschnitt hob, allen voran Eine himmlische Familie und Gilmore Girls. Dann wurden die Serien nach und nach durch Doku-Soaps ersetzt, bis im Herbst nur noch eine einzige Serie übrig blieb. DWDL.de fragte im August Vox-Chef Frank Hoffmann, wie denn diese eine ins Line-Up passe. Und Hoffmann antwortete:

Ich kenne die Frage, weil sie auf den ersten Blick so naheliegend erscheint. Aber ich mache mir um den Audience Flow keine Sorgen. Es geht beim Audience Flow doch nicht zwingend darum, nur Sendungen gleicher Genres optimal zu verknüpfen. Es geht auch um einen emotionalen Zuschauerfluss. Mit Respekt für die Kollegen: Auch bei ProSieben funktioniert dieses Modell schon sehr erfolgreich. Und den einen Serienslot am Nachmittag können wir künftig das ganze Jahr hindurch hochwertig programmieren.

Damit wissen wir jetzt, dass bei Vox ein Jahr genau vier Monate dauert. Mit dem Beginn der Wohn-Soap Mitbewohner gesucht um 15.00 Uhr ist heute dieser letzte Serienslot gestrichen worden.

Diese Entwicklung passt allerdings zum Aufstieg in die erste Fernsehliga, den Vox-Chef Frank Hoffmann im gleichen Interview ausgerufen hatte. Kleine Sender setzen zunächst immer auf Lizenzserien, und je größer sie werden, desto mehr gehen sie zu Eigenproduktionen über. Außerdem: Warum US-Serien am Nachmittag verschießen, wenn sie doch inzwischen fast alle zur Primetime erfolgreich sind? Men In Trees, eine romantische Kleinstadtserie im Stil von Ausgerechnet Alaska, wäre vor drei Jahren vermutlich im Nachmittagsprogramm gelandet, stattdessen läuft die Serie ab Januar am Freitagabend.

Bis auch das Vox-Abendprogramm vollständig von der Realität eingeholt wird. Die Reality-Reihen Goodbye Deutschland – Die Auswanderer und Das perfekte Promi-Dinner, in denen Menschen alltägliche Dinge erledigen und ausführlich in eine Kamera sagen, was sie davon halten, füllen bereits mehrere Primetime-Stunden.

Dann würde wieder ein kleinerer Sender Zufluchtsort für Zuschauer, die nach fiktionaler Unterhaltung suchen, für Zuschauer, die die große Leistung derer würdigen wollen, die sich etwas Originelles ausdenken, damit wir gut und überraschend unterhalten werden. Die „echten“ Menschen, die sich keine Gedanken machen und einfach in eine Kamera sagen, was ihnen in den Sinn kommt, kenne ich jetzt. Da erwarte ich keine Überraschungen mehr.

Deshalb: Kann mir bitte irgendwer weiterhin etwas Erfundenes zeigen??? Danke.

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Michael, 12. Dezember 2007, 19:08.

Gülcan, Superstar

Gerade erst gehört, dass ProSieben die programmliche Begleitung der Hochzeit von Gülcan Karahanci und Sebastian Kamps als „Celebrity Doku-Soap“ anpreist.

Also, entweder haben die in der PR-Abteilung wirklich Humor.

Oder es schreibt sich, analog zur Unterscheidung von A- und B-Promis, C-Lebrity.

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Stefan, 9. Juni 2007, 22:10.


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