Römisch II

Vor einem Jahr gab es im ZDF schon einmal eine Krimiserie, die zum Teil in Rom spielte und in den gegensätzlichen Hauptrollen eine deutsche Frau einem Mann aus Italien gegenüberstellte. Donna Roma war ganz nett, floppte aber.

Auf dem gleichem Sendeplatz beginnt heute ein neuer Versuch, der aber weit weniger weltlich ist und ein bisschen an den „Da Vinci Code“ erinnert. Aber nur ein bisschen, denn während der „Da Vinci Code“ eine wirre Abenteuergeschichte im Stil von Fünf-Freunde-Büchern war, ist Ihr Auftrag, Pater Castell ein nachvollziehbarer Krimi, der an ZDF-Serien erinnert.


Foto: ZDF

Das Umfeld ist ein ungewohntes. Hauptfigur ist ein Pater aus Rom, der als Sonderbeauftragter des Vatikans kriminelle Taten in aller Welt aufklären soll, deren Opfer Mitarbeiter der Kirche wurden. Bei seinem ersten Fall trifft er wenig überraschend auf eine toughe Kirchengegnerin in ungefähr seinem Alter, die rein zufällig ebenfalls keinen Lebensgefährten hat. Sie ist die Hauptkommissarin, mit der er in München zusammenarbeiten muss. München, weil es verboten ist, dass in ZDF-Serien niemand bayerisch spricht. Was die Sache ein wenig unglaubwürdig macht, ist, dass ihn auch seine nächsten Fälle immer wieder nach München führen werden, wo in den nächsten Wochen so viele Mönche, Kardinäle und Theologen ermordet werden, dass das ohnehin bestehende Personalproblem der katholischen Kirche bedenkliche Ausmaße annimmt. Auf diese Weise können sich die beiden gegensätzlichen Hauptdarsteller nämlich noch eine Weile kabbeln.

Auch die Besetzung macht die Sache ein wenig unglaubwürdig, denn ein bisschen fühlt man sich an Karneval erinnert. Alle Männer, die hier Würdenträger spielen, sind bekannte deutsche Schauspieler, die wir schon tausendmal als Verdächtige in ZDF-Krimis oder als Ärzte gesehen haben, die sich aber diesmal mit bunten Mützchen und Gewändern als Kirchenleute verkleiden.

Letztendlich kommt es aber auf die Geschichte an, und die ist in der Premiere völlig okay, gegen Ende wird es sogar noch richtig spannend. Ihr Auftrag, Pater Castell ist originell, schön umgesetzt und ordentliche Unterhaltung.

Ihr Auftrag, Pater Castell, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 8. Mai 2008, 05:50.

Warmes Herz für kalte Fälle


Foto: ProSieben.

In Alexandra Neldels neuer Serie Unschuldig muss man zumindest nicht darauf warten, ob sie sich eines Tages der fiesen Verkleidung entledigen wird.

Außerdem hat Unschuldig keinen Untertitel. Kein Gedankenstrich, kein Titelzusatz. Kein Unschuldig — Grundlos gefangen. Oder Unschuldig — Auf der Jagd nach der Wahrheit. Oder wenigstens Unschuldig — Die total abgefahrene ProSieben-Krimikopie. Nichts. Schon allein das muss gepriesen werden.

Auch sonst lässt sich wenig Negatives über die neue Krimiserie sagen. Gut, sie sieht aus wie Cold Case. Verzeihung, es muss natürlich heißen: Cold Case — Kein Opfer ist je vergessen.

Und so wird es verborgen: Alexandra Neldel spielt keine Polizistin, sondern eine Rechtsanwältin, und die Fälle, die sie übernimmt, wurden nicht als unlösbar zu den Akten gelegt, sondern es wurde jemand als schuldig eingebuchtet, den die Protagonistin für unschuldig hält und rausholt. So oder so muss ein alter Fall neu aufgerollt werden, und damit haben wir im Wesentlichen Cold Case, inklusive der Jerry-Bruckheimer-Serien-typischen Flashbacks, die mit hektischen Weißblitzen ein- und ausgeblendet werden, und der pathetischen Musik, wenn am Ende in Zeitlupe der wahre Täter abgeführt wird.

Aber das macht ja mal wieder nichts, denn Krimiserien beruhen im Grunde ohnehin alle auf derselben Idee. Man muss diese Idee also nur mit guten Geschichten füllen, und schon freuen wir uns alle ganz doll. Das ist hier der Fall: Die Geschichten der ersten beiden Episoden sind originell, überraschend und spannend, und im Gegensatz zu den meisten Jerry-Bruckheimer-Serien spielt nicht schon die erste Episode in der Sadomaso-Szene, sondern erst die zweite. Und es gibt noch einen Unterschied: Die Hauptfigur lügt.

Schon früh in der Pilotfolge wird Rechtsanwältin Anna Winter von einem Bewunderer gefragt: „Warum machen Sie das?“, und sie antwortet: „Weil es mein Beruf ist.“ Doch wer deutsche Serien kennt, weiß: Protagonisten machen niemals etwas, weil ihr Beruf ist, sondern immer, weil es ihre Berufung ist. Weil sie ein Kindheitstrauma zu bewältigen haben. Weil ihnen einst selbst eine große Ungerechtigkeit widerfuhr. Oder weil der Untertitel es verlangt. Und deshalb erfahren wir am Ende dieser ersten Episode auch von dem Ereignis in Anna Winters Leben, das der wahre Grund für ihr Engagement ist.

Auch für die anderen beiden Hauptfiguren, die im Wesentlichen die Detektivarbeit für die Anwältin machen, haben sich die Autoren geheimnisvolle persönliche Geschichten ausgedacht, die hier und da aufblitzen. Das ist löblich, aber egal. Die Figuren sind uninteressant. Wer diese Serie sieht, wird sie wegen der Fälle sehen.

Deshalb wäre ein Wetten auf die Einschaltquote ein reines Glücksspiel. Unschuldig ist eine gute, aber unbedeutende Serie. Es gibt keinen Grund, warum sie ein Erfolg werden sollte. Es gibt aber auch keinen, warum sie keiner werden sollte.

Interessant könnte es werden, wenn ab übernächster Woche Cold Case direkt im Anschluss läuft. Falls Unschuldig dann überhaupt noch im Programm ist.

Unschuldig, mittwochs um 20.15 Uhr auf ProSieben.

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Michael, 23. April 2008, 06:06.

Glas halb leer

Als Der Bergdoktor noch in Sat.1 lief, teilte er sich dort den Sendeplatz mit Uschi Glas, die eine Geschäftsfrau spielte, die einen Familienbetrieb führte und als Anna Maria ihren Weg ging. Jetzt ist die aktuelle Staffel des neuen Bergdoktors im ZDF gerade zu Ende gegangen, und nun raten Sie mal, wer kommt… Richtig: Uschi Glas als Geschäftsfrau, die einen Familienbetrieb führt. Der hat jetzt nichts mehr mit Kies zu tun, sondern mit Bier, das schmeckt ja auch viel besser, und Anna Maria heißt jetzt Lena. Die Serie heißt dafür noch so ähnlich wie der Film, mit dem sie vor hundert Jahren berühmt wurde: Zur Sache, Lena! statt Zur Sache, Schätzchen.


Foto: ZDF

Und sie geht so: Lena, „57″, kann nicht zum Geburtstag ihres Vaters und ist deshalb deprimiert. Dann wird sie gefeuert und ist deprimiert. Ihr Mann, der sie hätte trösten können, ist tot, was sie deprimiert. Den erhofften neuen Job bekommt sie nicht, deshalb ist sie deprimiert. Schließlich stirbt auch noch ihr Vater. Wer wäre da nicht deprimiert? Deshalb muss sie zusammen mit ihrem Bruder fortan die Familienbrauerei führen, aber da ist die erste Folge auch schon zu Ende.

Klar, eigentlich ist jetzt erst die Ausgangssituation etabliert, und die Serie fängt an dieser Stelle erst richtig an, aber nach so viel Weltschmerz und schlechter Stimmung in 45 Minuten wüsste ich nicht, warum ich mir das noch ein weiteres Mal antun sollte. Um darauf zu warten, dass Uschi Glas eines Tages doch noch eine gute Schauspielerin wird? Unwahrscheinlich. Oder dass die uralten Autoren 20-jährigen Töchtern endlich andere Sätze in den Mund legen als „Relax, Mama, keep cool und get lässig“? Auch nicht wahrscheinlicher.

Beim ZDF-Sowiesopublikum, das glaubt, junge Menschen sprächen so und Uschi Glas sei ein Star, wird das altbackene Trauerspiel zumindest zum Start vermutlich trotzdem ein Erfolg werden.

Zur Sache, Lena!, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 10. April 2008, 06:17.

Boring Movie – Die große Zuschauer-Verarsche

Vielleicht sollte ich der CSU beitreten. Denn wenn ich die Meinung vertrete, deutsche Sender sollten erst dann wieder Comedy zeigen, wenn sie was wirklich Lustiges produziert haben, interessiert das ja niemanden. Doch sobald jemand ebenso Unwichtiges, der aber einer Partei angehört, etwas zum Thema Fernsehen absondert, ist das immer eine oder zwei oder drei oder vier oder mehr Meldungen wert. Stellen Sie sich die Schlagzeile vor:

„CSU-Politiker fordert Humorpause im deutschen Fernsehen“!

Andererseits führen die Aufmerksamkeitserregungen auch nie zu was.

Nun, heute kommt jedenfalls wieder so eine Comedysendung, die nicht lustig ist. Funny Movie – Die große Film-Verarsche proletet ProSieben als Titel hinaus in die Welt, und das Wort „Parodie“ träfe es auch tatsächlich nicht so gut. Originalszenen aus einem Film an ähnlich aussehenden Schauplätzen mit ähnlich zurechtgemachten Darstellern verdammt nah am Originaltext einfach nachzudrehen, ist noch keine Parodie. In vielen Szenen der „Verarsche“ mit dem Titel „Dörte’s Dancing“ (Schreibweise von ProSieben) passiert aber genau das. Sie kennen die peinliche Szene aus „Dirty Dancing“, in der Baby sagt: „Ich habe eine Wassermelone getragen“? Die bleibt im Wesentlichen so, obwohl sie für hauptberufliche Witzeschreiber eigentlich eine fantastische Parodievorlage sein müsste. Und viele andere auch. Die Handlung wird zwar damit entschuldigt, dass sich eine Frau namens Dörte nach einem Unfall in ihren Lieblingsfilm hineinträumt, aber genau das bietet exakt die Möglichkeit der originalnahen Übernahme vieler Szenen.

Natürlich gibt es auch Gags. Und sogar einige gute. Darunter ein paar, die so angenehm subtil sind, dass sie schon fast ein positives Gesamtbild vortäuschen könnten — aber eben nur fast. Zum Beispiel als Ponnie (haha, die hieß im Originalfilm Penny, hahaha) einen Drink in der Hand hält, der genauso heißt wie die erfolglose Kino-Fortsetzung von „Dirty Dancing“, und sagt: „’Havanna Nights‘, ein Flop an der Bar, aber mir schmeckt’s!“, oder als Liesel Mouseman (statt Lisa Houseman, schenkelklopf) auf der Talentbühne im Hintergrund „Springtime for Hitler“ singt, den Song aus dem Mel-Brooks-Film und -Musical und wieder -Film „The Producers“.

Aber insgesamt sind es viel zu wenig gute Gags für die enorme Länge. Selbst für einen Drei-Minuten-Sketch in Schmidt & Pocher würde es schon knapp. Und die gefühlte und tatsächliche Länge ist das Hauptproblem. Der erste Funny Movie heute Abend ist brutto 90 Minuten lang. Wer die Vorlage nicht kennt, langweilt sich ohnehin. Aber auch wer sie kennt, stellt alle paar Minuten mit Schrecken fest, an welchen Mengen noch fehlender Originalhandlung sich diese „Verarsche“ noch entlang hangeln muss, bevor endlich Schluss ist, alle tanzen und es in meinem Kopf singt: „You’ve killed too much time of my life, and I never felt bored like this before, yes I swear, it’s so true, and I owe it all to you…“

Funny Movie – Die große Film-Verarsche, dienstags um 20.15 Uhr auf ProSieben.


Foto: Pro Sieben

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Michael, 11. März 2008, 06:56.

Blindgänger


Foto: Kabel 1

Gut ein Jahr nach dem ursprünglich vorgesehenen Start zeigt Kabel 1 ab heute doch noch die schwachsinnige Krimiserie Blind Justice über einen blinden Polizisten, der bewaffneten Dienst im belebten New York tut.

Ein Blinder. Mit einer Waffe! Gut, im Büro rennt er gegen Schreibtische, aber auf den viel befahrenen New Yorker Straßen bewegt er sich enorm sicher, und wenn er flüchtige Schwerbrecher mit seiner Pistole bedroht, stimmt sogar ungefähr die Richtung. Er hatte natürlich auch viel Zeit, alle seine anderen Sinne zu schärfen, es ist schließlich jetzt schon mehrere Wochen her, dass er bei einer Schießerei im Dienst erblindete.

Oh, und ganz so simpel ist das mit der Waffe natürlich nicht. Die Serie liefert durchaus eine Erklärung, wie es dazu kam, dass dem Blinden gestattet wurde, eine Waffe zu tragen. Er musste ein Formular unterschreiben. Dann ist ja alles gut.

Dass Blind Justice nichts taugt, haben die Amerikaner schnell gemerkt. Innerhalb der ersten Wochen verabschiedete sich die Hälfte der Zuschauer, und nach 13 Folgen war Schluss. Nun ist Erfolglosigkeit auch in den USA nicht zwingend ein Merkmal mangelnder Qualität. Im Gegenteil. Dort wie hier haben manche der besten Serien mit akutem Desinteresse seitens des Publikums zu kämpfen. Doch im Sektor Krimi gab es im März 2005, als die Serie beim Sender ABC anlief, schon zu viele Vergleichsmöglichkeiten mit wirklich originellen, sympathischen, hochwertigen und plausiblen Schöpfungen, um Blind Justice nach erster Ansicht ernsthaft auch nur weiterhin in Betracht zu ziehen.

Produzent war der bisher mit allen Tassen im Schrank ausgestattete Steven Bochco, der auch die Klassiker Polizeirevier Hill Street, L.A. Law und NYPD Blue schuf. Aber eben auch Cop Rock, und das erklärt ja einiges.

Blind Justice, montags ab 22.10 Uhr bei Kabel 1 (je zwei Folgen).

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Michael, 10. März 2008, 07:21.

Süllhalde

Die Fernsehsaison 2005/2006 war in den USA keine gute für Mysteryserien. Ein Jahr nach dem Sensationsstart von Lost versuchte sich jeder der drei Traditionssender an einer neuen mysteriösen Seriendüsternis: NBC zeigte Surface — Unheimliche Tiefe, ABC Invasion und CBS Nemesis — Der Angriff. Alle drei hatten zwei Gemeinsamkeiten: In den USA waren sie Flops, und in Deutschland kaufte sie ProSieben für seinen Mysterymontag. Die letzte, Nemesis — Der Angriff (Originaltitel: „Threshold“, dt.: „Grenzwert“, „Schwelle“ oder „Süll“), die die erste war, die in Amerika abgesetzt wurde, geht heute bei uns an den Start, nachdem sie zweieinhalb Jahre bei ProSieben auf Halde lag.

Sie ist ein humorfreier Endzeit-Quatsch mit den üblichen Klischees: Die Außerirdischen kommen, sie sind intelligenter als wir, und sie sind böse und wollen uns alle umbringen. Aber ein paar weltfremde Wissenschaftler versuchen die fremde Welt aufzuhalten.

Man wünscht sich recht schnell, die Außerirdischen würden einfach einfallen und der Sache ein Ende bereiten, kann sich aber stattdessen sicher sein, dass auch am Ende der 13 Folgen keine befriedigende Auflösung stehen wird, weil die Serie vorzeitig abgesetzt wurde.

Wäre es nicht eine wunderbare Ironie, wenn ausgerechnet die bei ProSieben bis zum Ende durchlaufen würde?

Nemesis — Der Angriff, montags um 22.10 Uhr auf ProSieben.

Michael, 3. März 2008, 06:39.

ηὕρηκα!

Fans von Lost sollten die Hoffnung nicht schon heute Abend nach den ersten beiden Folgen des Sendeplatzersatzes Eureka — Die geheime Stadt aufgeben. Wer weiß, vielleicht dauert es ja nur ein paar Wochen, und dann kapiert man dort auch nicht mehr, worum es eigentlich geht.

Heute kann man noch folgen. Ein US-Marshal verirrt sich samt kleinkrimineller Tochter in eine Kleinstadt, in der ausschließlich Genies leben. Die Stadt ist ein geheimes Forschungszentrum der Regierung, in dem allerdings nicht nur brillante Erfindungen gemacht werden, sondern auch allerlei merkwürdige Dinge geschehen, die sich erst mal nicht erklären lassen. Das Schöne an Eureka ist, mit welcher Gelassenheit die Bewohner mit den Merkwürdigkeiten umgehen, an die sie sich längst gewöhnt haben. Als ein Junge verschwindet, will sich der frisch angekommene Marshal Carter sofort in den Fall einmischen: „Ich habe viel Erfahrung in diesen Dingen.“ Der alte Sheriff erwidert nur lapidar: „Glauben Sie mir, das haben Sie nicht.“

Der lockere Tonfall zieht sich durch die ganze Serie, auch in ernsten Situationen.

Mitten in der Nacht klingelt das Telefon neben dem Bett eines eben noch schlafenden Mannes, der bis dahin noch nicht zu sehen war. Er hebt ab und meldet sich wie folgt: „Ich habe einen 18-stündigen Flug aus Indonesien hinter mir. Überlegen Sie sich, welche Auswirkungen dieser Anruf auf Ihre Karriere haben kann, wenn er nicht von äußerster Wichtigkeit ist.“ Eine Stimme am Telefon sagt: „Es geht um Eureka, Sir. Eine Situation von höchster Priorität.“ Der Mann im Bett entgegnet sofort: „Wecken Sie den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses. Holen Sie alle in den Sitzungssaal. Thema der Diskussion wird sein: Das hab‘ ich Ihnen ja gleich gesagt.“

Und selbst dem Problem des bevorstehenden Untergangs begegnet Marshal Carter auch noch in der Hitze des Augenblicks beschwichtigend: „Zerstören Sie doch nicht gleich diese verrückte Das-Ende-der-Welt-Maschine!“

Eureka ist die erfreulichste Mystery-Sciencefiction-Serie der vergangenen Jahre. Sie hat alle notwendigen Bestandteile aus kleinen und großen Rätseln, nimmt sich aber selbst nicht so furchtbar ernst. Sie ist nicht so verworren wie Lost und nicht so düster wie Jericho, aber so humorvoll wie Picket Fences und so verrückt wissenschaftlich wie Dr. Honigtau-Bunsenbrenner.

In die USA läuft die Serie noch. Mal sehen, wie lange ProSieben durchhält.

Eureka — Die geheime Stadt, montags um 21.10 Uhr bei ProSieben.

Michael, 25. Februar 2008, 10:13.

Gängige Praxis

Der fiese Agent aus Prison Break, die nette Jugendrichterin aus Für alle Fälle Amy und der verrückte Pilot aus Wings — Die Überflieger haben jetzt eine gemeinsame Arztpraxis. Trotz der bekannten Gesichter aus so vielen Serien ist Private Practice aber ein Spin-off von einer ganz anderen: Grey’s Anatomy — Die jungen Ärzte. Jene Serie war vor drei Jahren in jeglicher Hinsicht katastrophal gestartet. Sie war ein kreatives Desaster, arm an Überraschungen und weitgehend frei von Zuschauern. Grey’s Anatomy hat sich seitdem zu einem bemerkenswerten Erfolg entwickelt, so sehr, dass sogar ein eigener Serienableger Erfolg verspricht. In ihm steht Kate Walsh als Dr. Addison Montgomery im Mittelpunkt, die Ex von McDreamy. Sie zieht von Seattle nach Los Angeles, um dort in einer bunt zusammengewürfelten Gemeinschaftspraxis anzuheuern.

Private Practice ist eine solide, um Originalität bemühte Serie ohne nennenswerte Höhepunkte, aber auch ohne größere Langeweile, und transportiert die Anmutung der Mutterserie problemlos über eine weitere Stunde des Abendprogramms, weshalb ProSieben endlich eine Serie gefunden haben könnte, bei der Grey’s-Anatomy-Fans im Anschluss nicht sofort scharenweise abschalten.

Vor allem die Schauspielerriege ist beeindruckend: Amy Brenneman, Taye Diggs und Tim Daly hatten schon in mehreren Serien Titelrollen gespielt und treten hier als gleichberechtigtes Ensemble auf. Brenneman hatte in Für alle Fälle Amy an der Seite von Tyne Daly gespielt, hier lernt sie jetzt deren Bruder Tim kennen.

Die größte Überraschung für mich war Paul Adelstein, der den miesen Agenten Kellerman in Prison Break gespielt hatte, und den ich in Private Practice erst gar nicht erkannt habe. Er sieht zwar genau gleich aus, doch seine Rolle unterscheidet sich derart von seiner früheren, dass ich nicht auf die Idee gekommen wäre, es könnte sich um die gleiche Person handeln. Scheint ein großartiger Schauspieler zu sein, denn erst als ich seinen Namen las, ging mir ein Licht auf. Das ist mir das letzte Mal bei Anthony LaPaglia passiert, den ich als dauerbesoffenen, pöbelnden Bruder von Daphne in Frasier kannte und ihn plötzlich als FBI-Fahnder in Without A Trace sah.

Doch Paul Adelstein ist nicht der Star dieser Serie. Schade.

Private Practice — mittwochs um 22.15 Uhr auf ProSieben.

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Michael, 13. Februar 2008, 06:57.

Berg im Tal der Tränen

Wir hatten ja damals nur das ZDF. Woher hätte das Privatfernsehen wissen sollen, als es nach Jahren der Ausstrahlung von US-Serien damit begann, eigene Serien zu produzieren, wie man das zielgruppengerecht macht? Zwar gab es im Vorabendprogramm der ARD ein paar ganz flotte deutsche Serien, aber das war damals noch durchregionalisiert und in winziger Schrift in den Programmzeitschriften abgedruckt, weil in jedem Bundesland andere Serien zu anderen Zeiten liefen – wer sollte da durchblicken? Also schaute man zum ZDF. Dort spielten die Serien in der Regel vor grüner Idylle in heiler Welt, die auf den zweiten Blick enorm problembeladen war, und die Hauptfiguren waren entweder Ärzte oder Urlauber. Deshalb sahen zunächst auch alle Eigenproduktionen des Privatfernsehens so aus: Ein Schloss am Wörthersee, Almenrausch und Pulverschnee oder Der Bergdoktor. Letzterer war sogar schon im Titel eine dreiste Abwandlung einer ZDF-Serie, nur wurde aus dem Land ein Berg und aus dem Arzt ein Doktor.

Es dauerte einige Zeit, bis die Sender bemerkten, was sie sich eingebrockt hatten: Wenn man ZDF-Serien dreht, sehen ZDF-Zuschauer zu. Das war anfangs sogar ganz toll, denn das waren viele, doch dann erfand das Privatfernsehen in den 90er-Jahren grundlos die „werberelevante Zielgruppe“ und wollte in Zukunft lieber auf den Bergdoktor und dessen Sponsor Doppelherz verzichten.

Der Bergdoktor aber sah einer ZDF-Serie so sehr zum verwechseln ähnlich, dass selbst das ZDF ihn für seine eigene Produktion hielt und die Serie im Jahr 2000 versehentlich ausstrahlte. Es war das erste Mal, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Eigenproduktion eines Privatsenders wiederholte. Die ARD zog im nächsten Jahr nach und wiederholte das alte RTL-Schloss am Wörthersee.

Jetzt schließt sich der Kreis. 18 Jahre nachdem die Privatsender damit anfingen, deutsche Serien zu zeigen, haben sie wieder damit aufgehört, und ihre alten Produktionen werden einfach von den Öffentlich-Rechtlichen fortgesetzt. Das ZDF zeigt ab heute ganz neue Folgen des Bergdoktors, die zwar mit den alten wenig zu tun haben, aber dafür unfassbar altbacken wirken.

Bergvolk und ZDF-Zuschauern kann man offenbar noch weismachen, dass es keine Handys gibt und eine Überfahrt von New York nach Österreich fast eine Woche dauert. Der neue Bergdoktor kommt aus New York in seinem Heimatkaff an und platzt in die Beerdigung seiner Jugendliebe und Schwägerin, die mindestens fünf Tage zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Davon wusste er noch nichts, denn als man versucht hatte, ihn in New York zu erreichen, war er bereits abgereist! Diese Jugendliebe übrigens hatte damals, nachdem er in die USA ausgewandert war, einfach seinen Bruder geheiratet. Willkommen zurück in den 50er-Jahren! Jeden Moment glaubt man, gleich kommt Beppo Brem ums Eck.

Die Serie spielt in einer klischeehaften und komplett humorfreien Welt voller Probleme, Verwicklungen, Anstrengung, Schwermut, Tod, Drama und Seife, in der elfjährige Kinder Sätze sagen wie: „Ich war so wütend und verwirrt.“ Und da sind die schlimmen Krankheiten, die die Episodengeschichten bestimmen, noch gar nicht inbegriffen. Der neue Bergdoktor schafft es, seicht zu sein, ohne leicht zu sein. Weil im Rest des ZDF-Programms neben einigen moderner anmutenden Serien aber immer noch dieselben Wald-und-Wiesen-Serien wie vor zwanzig Jahren laufen, namentlich Der Landarzt und Forsthaus Falkenau, fügt sich Der Bergdoktor ganz gut ein.

Der Bergdoktor, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 7. Februar 2008, 14:04.

Kommando zurück

Es ist passiert. Es war nur eine Frage der Zeit. Das Auswanderervorkommen ist erschöpft. Jeder Deutsche, der jemals in ein anderes Land ausgewandert ist, hatte inzwischen seine eigene Dokusoap. Aus Verzweiflung zeigt Vox deshalb ab heute Familien, die nach Deutschland zurückkehren.

Die Rückwanderer, dienstags um 21.15 Uhr auf Vox.

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Michael, 5. Februar 2008, 06:27.
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