Zur Sache, Kanzler

1993–1994 (Sat.1). Interviewsimulation mit Heinz Klaus Mertes in der Rolle des Gastgebers und Helmut Kohl als Kanzler.

Kohl empfängt mehrere freundliche Journalisten und gibt ihnen Gelegenheit, die Pausen zwischen seinen Monologen mit eigenen Fragen zu füllen. Teilweise kommen auch Bürger zu Wort, in einer Sendung etwa Unternehmer (im Fernsehstudio) und Arbeiter (zugeschaltet vom Marktplatz in Castrop-Rauxel).

Die Sendung brachte es nur auf neun Ausgaben, schaffte es aber, Sat.1 jahrelang als „Kanzlersender“ in Verruf zu bringen und Legionen von Journalistenschülern als Negativbeispiel für Hofberichterstattung in der Politik zu dienen. CSU-Mitglied und Sat.1-Programmdirektor Heinz Klaus Mertes war sichtlich darum bemüht, mit der Sendung Kohl ein Podium zu bieten, auf dem er sich ungestört von kritischen Nachfragen ausbreiten konnte. Er sprach von einem „leichtfüßigen Hearing-Charakter“, den die Sendung haben solle, um „Kohl, dieses Kaliber“ angemessen zu präsentieren.

Kohl hatte die Sendung nach einem Bericht des „Spiegel“ selbst mitentwickelt und nahm auch Einfluss auf die Auswahl der Interviewer. Die vermutlich kritischste Frage der ersten Sendung stellte Kohls Freund und späterer Biograf Kai Diekmann, damals stellvertretender Chefredakteur der „Bild“-Zeitung: „Wann haben die Menschen wieder Arbeit?“

Die Sendung lief etwa zweimonatlich mit mäßiger Publikumsresonanz an verschiedenen Tagen im Abendprogramm. Nach der Bundestagswahl 1994 fiel sie in einen Winterschlaf, aus dem sie nicht mehr erwachte.

Yes, Minister

1987–1988 (ARD). 22-tlg. brit. Sitcom von Antony Jay und Jonathan Lynn („Yes Minister“; 1980–1984).

James Hacker (Paul Eddington) ist frischgebackener Minister für Verwaltungsangelegenheiten in Großbritannien. Feine Sache, jetzt kann er endlich mal aufräumen mit der „verfilzten, stickigen Bürokratie“ und „bürgernahe Politik“ machen, „gläserne Verwaltung“ — und in die Geschichte eingehen. Die Bürokraten in seinem Ministerium haben das alles schon mal gehört und wissen, wie sie mit Leuten wie ihm umgehen müssen, um den Fortbestand tausender nutzloser Beamtenstellen nicht zu gefährden. Der geschmeidige Staatssekretär Sir Humphrey Appleby (Nigel Hawthorne) schafft es mit Hilfe eines endlosen Arsenals an rhetorischen Kniffen und Verfahrenstricks, Hacker fast immer ins Leere laufen zu lassen, lehrt ihn das Gesetz umgekehrter Relevanz („Je weniger man in einer Sache machen möchte, umso mehr muss man darüber sprechen“) und achtet sorgfältig darauf, welchen der Beteiligten er am Ende wenigstens sein Gesicht wahren lässt. Hackers pedantischer Privatsekretär Bernard Woolley (Derek Fowlds) sieht sich regelmäßig in Loyalitätskonflikte verwickelt; Hackers Frau Annie (Diana Hoddinott) staunt über die verblüffend folgenlose Karriere ihres Mannes.

Grandiose Satire über die Regierungsarbeit in Großbritannien, die ebenso zynisch wie treffend war. Margaret Thatcher ließ ausrichten, sie habe „beim Zusehen wahre Freude“ empfunden über die „sehr fein beobachteten“ Geschichten. Jede Folge endete damit, dass Humphrey sagte: „Ja, Minister“. Nach drei Staffeln wurde Hacker schließlich (in einem einstündigen Special) zum Premierminister ernannt und durfte in Yes Premierminister noch einmal die gleichen Kämpfe verlieren.

Die halbstündigen Folgen liefen im regionalen Vorabendprogramm.

Weißer Bim, Schwarzohr

„Die Odyssee eines Hundes“

1987 (DFF1). 7-tlg. sowjet. Abenteuerserie („Belyj Bim — Chyornoye ukho“; 1976).

Der verwitwete Schriftsteller Iwan Iwanowitsch (Wjatscheslaw Tichonow) rettet den Hund Bim vor dem Tod und nimmt ihn bei sich auf. Das Tier ist eine Promenadenmischung und taugt weder als Jagdhund, noch macht es bei einer Hundeausstellung irgendwelche Schnitte, scheint aber ein treuer Freund zu sein.

In Folge 3 kommt Iwan ins Krankenhaus, und Bim macht sich auf die Suche nach ihm. Unterwegs trifft er auf freundliche Kinder und böse Männer, wird eingesperrt, kann wieder fliehen, findet aber sein Herrchen nicht. Iwan kommt in der letzten Folge zurück nach Hause und macht sich nun seinerseits auf die Suche nach Bim. Der ist aber inzwischen einem Hundefänger in die Arme gelaufen und lebt nicht mehr.

Beim ersten Mal war Bims Geschichte noch ein zweiteiliger Spielfilm, den DFF 2 Ende 1977 im Originalton mit Untertiteln zeigte. Im April 1981 lief im ZDF erstmals eine deutsche Fassung unter dem Titel Weißer Bim, schwarzes Ohr, ebenfalls in zwei spielfilmlangen Teilen. Diese Fassung wurde mehrfach wiederholt. DFF 1 zerteilte Bim 1987 in sieben Folgen à 25 Minuten. Seither greifen die Dritten Programme bei erneuten Ausstrahlungen auf diese Fassung zurück.

Und Ihr Steckenpferd?

1963–1974 (ZDF). Talentshow mit Peter Frankenfeld, in der Menschen mit ausgefallenen Hobbys oder besonderen Showtalenten zeigten, was sie konnten.

Nur einen Monat nach Sendestart begann im ZDF der erste große Star mit einer neuen Show: Das ZDF hatte Frankenfeld verpflichten können, als der WDR gerade eines seiner Konzepte abgelehnt hatte. Bis zum August 1966 lief die 90 minütige Show in loser Folge 22 mal im Abendprogramm. Frankenfeld begrüßte Menschen mit musikalischen Talenten wie Singen oder Klavierspielen, Menschen mit unmusikalischen Beschäftigungen wie Archäologie oder Jodeln und Menschen mit ausgefallenen Hobbys wie Rückwärtssprechen oder beidhändiges Malen.

Nach sechs Jahren Pause kehrte Frankenfeld 1972 mit der Reihe zurück und moderierte bis 1974 jeweils zwei Ausgaben pro Jahr. In zwei Specials unter dem Titel Und Ihr Steckenpferd … wurde Beruf gab es ein Wiedersehen mit entdeckten Talenten. Die Jacob-Sisters waren eine der Entdeckungen in dieser Show. Man kann also über ihren Nutzwert streiten.

Vera am Mittag

1996–2006. Werktägliche einstündige Talkshow mit Vera Int-Veen und nichtprominenten Gästen, die miteinander und um Worte ringen.

Bereits sieben Wochen nach Sendestart leitete die rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt ein Verfahren gegen die Sendung ein. In der Sendung „Sex, das Spiel ohne Grenzen“ am 14. März 1996 traten u. a. eine Domina, ihr Sklave (in Gummianzug und Gasmaske) und ein als Baby verkleideter Mann in Windeln auf. Sat.1 wurde wegen Verletzung des Jugendschutzes zu 200 000 DM Bußgeld verurteilt und strahlte die Rüge am 11. Dezember 1996 in der Talkshow aus. Es war das erste Mal, dass einem Fernsehsender auferlegt wurde, die Rüge einer Medienanstalt zu verlesen.

Wegen einer Sendung am 22. November 2000, in der abweichende Sexualpraktiken unreflektiert vorgestellt wurden, handelte sich Vera am Mittag schon wieder eine Beanstandung ein, und zwei Wochen später für die Sendung „Unfassbar! Was ist bloß in unserer Familie los?“ am 7. Dezember 2000 gleich die nächste. Darin wurden in Anwesenheit des mutmaßlichen Täters sexuelle Gewalthandlungen gegenüber Kindern innerhalb äußerst undurchsichtiger Familienverhältnisse detailliert beschrieben, was nach Ansicht der Medienwächter ebenfalls gegen den Jugendschutz verstieß: „Die emotionalen und unreflektierten Schilderungen bedrohlicher Zustände und auswegloser Situationen wurden als besonders belastend für jüngere Zuschauer angesehen.“

Ein Höhepunkt in der deutschen Daily-Talk-Geschichte war die Sendung am 10. Februar 1999 zum Thema „Warum hast du mir das angetan?!“. Zu Gast sind der arbeitslose Alkoholiker Harry und seine Frau Michaela. Peter, der von Michaela früher mit Harry betrogen wurde, enthüllt, dass sie Harry heute mit einem gewissen Andreas betrüge. Der ist per Telefon zugeschaltet. Harry behauptet, dass er mit Michaela erst geschlafen habe, nachdem sie mit Peter Schluss gemacht hatte, worauf Peter erwidert: „Ne ne ne ne ne ne ne. Ne ne ne ne. Ne ne. Ne ne.“ Michaela erklärt, dass Harry nicht wisse, wie man eine Frau richtig behandelt, beschwert sich aber, dass Andreas „das hier in aller Öffentlichkeit auf den Tisch kehrt“. Andreas, Michaela und Peter drohen abwechselnd damit, sich „hinter den Zug zu werfen“. Vera empfiehlt Andreas, Michaela aufzugeben, und sagt, als er darauf etwas erwidern will: „Nein, Andreas, jetzt reden wir nicht mehr darüber. Ganz, ganz lieben Dank, dass du Zeit hattest, ans Telefon zu gehen, und von hier aus viele Grüße. Tschüss!“

Die Szene ist nicht ganz untypisch für Intelligenz und Artikulationsfähigkeit vieler Gäste bei Vera am Mittag. Eine sehr erfolgreiche Thematik, das über die Jahre immer wieder neu behandelt wurde, war „Fragen an Verstorbene: Geben die Toten heute Antwort?“.

Im November 2002 erschien eine Zeitschrift zur Sendung, die der Mediendienst epd als „eine Art Fanzine für Hardcore-Verehrerinnen von Vera Int-Veen“ bezeichnete, die aber nie eine zweite Ausgabe erlebte. Im Frühjahr 2005 gab Vera bekannt: „Die Zeit der rundum gepiercten Monster-Gäste ist vorbei.“ Der Trend gehe in eine andere Richtung, Zuschauer wollten sich wiedererkennen. Als Reaktion stand Vera am Mittag zunächst eine Woche lang unter dem Motto „Vera macht Mut!“ und wollte Menschen aus persönlichen Miseren heraushelfen. Es ging u. a. um Arbeitslosigkeit, extrem Dickleibige sowie „Leute, die psychisch krank sind, weil ihr Busen zu klein ist“. In Wirklichkeit ging der Trend aber zur Absetzung, die Vera Int-Veen zum folgenden Jahreswechsel erlebte. Insofern war die Zeit der Monster-Gäste zumindest in dieser Talkshow tatsächlich vorbei.

Vera am Mittag war nach Kerner die zweite tägliche Talkshow von Sat.1 und wurde mit Abstand die langlebigste. Die Sendung lief täglich um 12.00 Uhr. Die Moderatorin hatte vorher u. a. an einem Stand auf dem Münchner Viktualienmarkt gearbeitet und bei Herzblatt das Warm-up gemacht.

Pinocchio

1977–1978 (ZDF). 52-tlg. jap. Zeichentrickserie nach den Kinderbüchern von Carlo Collodi („Pinocchio Yori Piccolino no Boken“; 1976).

Der alte Holzschnitzer Geppetto schnitzt aus einem besonders schönen Stück Holz die Puppe Pinocchio, die ein Eigenleben entwickelt und sprechen kann. Geppetto ist einerseits froh, endlich so etwas wie einen Sohn zu haben, andererseits muss er immer wieder das Chaos beseitigen, das Pinocchio angerichtet hat. Das Püppchen ist noch ziemlich naiv und meint es oft nur gut, lernt aber allmählich die wesentlichen Dinge des Lebens („Ach ja, natürlich, in die Schule geht man ja nicht nackt“). Auf Geppettos Hof leben noch der Specht Rocco und die träge Hauskatze Giulietta. Pinocchios ständige Begleiterin wird die Ente Gina, die in der zweiten Folge aus einem Ei schlüpft, das Pinocchio gerade verspeisen wollte. Pinocchio verspricht, ein braver Junge zu werden und zur Schule zu gehen, ist dann aber von einem Marionettentheater so sehr fasziniert, dass er sich stattdessen diesem anschließt. Nach kurzer Zeit besinnt er sich darauf, zu Geppetto zurückzukehren, womit eine lange abenteuerliche Reise beginnt, die viele Umwege beinhaltet.

Immer wieder begegnen Pinocchio und Gina dem hinterlistigen Fuchs und dem räudigen Straßenkater, auf die Pinocchio jedes Mal wieder trotz der mahnenden Worte Ginas hereinfällt, was die Reise weiter verzögert. In Folge 7 wird zum ersten Mal Pinocchios Nase lang. Nun hat jeder seine Eigenart: Immer wenn Pinocchio lügt oder aufschneidet, wächst seine Nase, und immer wenn Gina den Schnabel aufmacht, nervt sie. Schließlich finden die beiden den alten Geppetto wieder. Sie begegnen einander durch Zufall im Bauch eines Wal-„Fischs“, der sie alle verschluckt hat, und werden hinausgeschleudert, als der Wal-„Fisch“ niesen muss. Gemeinsam gehen sie nach Hause, Pinocchio ist ab jetzt brav, und eine gute Fee verwandelt die Holzpuppe in einen richtigen Jungen.

Bekannteste Fernsehversion der x-mal verfilmten Geschichten, die Collodi ab 1881 geschrieben hatte. Die erste Kinoversion entstand bereits 1911 als Stummfilm, 1940 wurde Pinocchio als Disney-Zeichentrickfigur berühmt. Das ZDF zeigte die halbstündigen Episoden am Donnerstagnachmittag. Für diese Zeichentrickversion wurden einige Figuren dazuerfunden, die in der eigentlichen Geschichte nicht vorkamen, z. B. Gina und Rocco. Für die deutsche Synchronisation war Eberhard Storeck verantwortlich, der auch Die Biene Maja und Wickie und die starken Männer ins Deutsche übertrug. Pinocchios Stimme gehörte Helga Anders. Das Titellied „Kleines Püppchen, freches Bübchen, wo hat man dich zuletzt gesehen? Du wolltest doch zur Schule gehen!“ sang Mary Roos.

Mehrere Episoden sind auf DVD erhältlich.

Leben, lieben – Mann und Frau

1966–1967 (ARD). „Von der Bedeutung der Geschlechter“. 6-tlg. Aufklärungsreihe am Freitagnachmittag mit Dr. Martin Goldstein, der mit Jugendlichen über Sexualität redet und redet und redet.

Kottan ermittelt

1980–1981 (Dritte Programme); 1982–1985 (ZDF). 19-tlg. österr. Diffamierung eines ganzen Berufsstands und Entwürdigung der Kriminalpolizei von Helmut Zenker, Regie: Peter Patzak (1976–1983).

Major Adolf Kottan (Folgen 1 und 2: Peter Vogel; Folgen 3 bis 5: Franz Buchrieser; ab Folge 6: Lukas Resetarits) ermittelt für das Sicherheitsbüro der österreichischen Polizei in Wien in Mordfällen. Kottan ist mal dröge, mal überdreht und mal tollpatschig, aber immer barsch zu seinem unterbelichteten Assistenten Alfred Schrammel (C. A. Tichy). Schrammel ist deutlich älter als Kottan, doch Kottan duzt ihn, lässt sich im Gegenzug aber siezen. Der einbeinige Paul Schremser (Walter Davy) ist der Dezernatsleiter, doch Kottan missbraucht auch ihn als Assistenten, ist zu ihm jedoch deutlich netter als zu Schrammel. In der Freizeit machen die drei gemeinsam Musik. Der frühere Dezernatsleiter Heribert Pilch (Harald von Koeppelle; ab Folge 7: Kurt Weinzierl) ist jetzt Polizeipräsident und immer um das Ansehen der Polizei besorgt.

Grund für die schlechte Presse ist natürlich nie Kottans Morddezernat, das jeden Fall aufklärt. Wenn doch was schief gelaufen ist, dann war’s immer der Schrammel. Pilchs größter Feind und unüberwindbarer Gegner ist der Kaffeeautomat auf dem Gang. Die Leichen findet meistens der Obdachlose Erwin Drballa (Carlo Böhm), der dann auf unterschiedliche Weise zu Kottan sofort Kontakt aufnimmt, z. B. macht er den Mund auf, und es ertönt eine Sirene, oder es liegt zufällig gerade ein Funkgerät mit Direktverbindung parat. Kottan: „Kennst du den Mann?“ — Drballa: „Ich kenn meine Leichen nie.“ Zu Hause warten Kottans Frau Ilse (Bibiana Zeller) und seine Mutter (Gusti Wolf). Und obwohl vor allem Mutter mit ihren kriminalistischen Eingebungen und Ideen für den perfekten Mord nervt, halten sie und Ilse es immer für eine Ausrede, wenn Kottan behauptet, aus dienstlichen Gründen erst so spät nach Hause zu kommen. Kottan hat auch zwei Kinder; Tochter Sissy (Birgit Machalissa) spielt jedoch nur zu Anfang mit und Sohn Walter (Florian Böhm) vor allem gegen Ende.

Die Dritten Programme zeigten sieben spielfilmlange Folgen mit verschiedenen Kottan-Darstellern, sie liefen jeweils in fast allen Dritten Programmen gleichzeitig sonntags um 20.15 Uhr. Schon diese Folgen wichen vom gängigen Krimischema ab, überzeichneten und parodierten und lösten in Österreich Proteste aus: „Diffamierung eines ganzen Berufsstandes und Entwürdigung der Kriminalpolizei“, waren die Worte des Landesvorsitzenden der öffentlich Bediensteten Oberösterreichs, Stefan Haiden; der stellvertretende Salzburger Polizeidirektor, Hofrat Dr. Johann Feldbacher, nannte die Serie schlicht „eine ausgemachte Sauerei“. Die Einschaltquoten waren hervorragend. Trotz komischer Elemente ging es in diesen Folgen jedoch noch überwiegend um die Arbeit Kottans, der als unkonventioneller Ermittler dargestellt wurde, ähnlich dem späteren Schimanski.

Mit Folge 8 stieg das ZDF als Koproduzent ein. Spätestens jetzt fand die Serie ihren eigenen Stil und nahm nichts und niemanden mehr ernst — weder die Polizei noch das Genre Krimi, noch das Medium Fernsehen. Kottan singt ein Duett mit der TV Ansagerin Chris Lohner, die im Hintergrund im Fernsehgerät zu sehen ist (sie spricht auch mit ihm oder klingelt an der Tür, wenn er sie vorzeitig ausschaltet). Wird Kottans Kapelle bei der Probe gestört, sagt Schremser: „Wir probieren’s weiter, in der nächsten Folge.“ Und der Penner Drballa fleht den soeben Erstochenen an: „Sagen S’ was! Irgendeinen Hinweis auf den Täter! Wie in einem ordentlichen Film!“

In Kottans Wohnung stehen Ehefotos seiner Frau mit den früheren Kottan-Darstellern, und Autor Zenker und Regisseur Patzak (der selbst oft in der Rolle eines Polizisten mitspielte) trieben Spaß mit Vor- und Abspann („Das Buch ohne Ideen war von Helmut Zenker. Die einfallslose Regie von Peter Patzak.“ — „Sollten Sie einen Fehler im folgenden Film entdecken, dürfen Sie ihn behalten“). Außerdem blendeten sie Laufschriften ein, die auf den ersten Blick keinen Bezug zum Programm hatten. Während der Folge „Kansas City“ am 3. Dezember 1982 wies eine Textschleife auf die anschließende Sondersendung zur Landung eines unbekannten Flugobjekts bei Duisburg hin. Natürlich gab es weder das Ereignis noch die Sendung, doch viele besorgte Zuschauer nahmen die Einblendung ernst und riefen beim ZDF oder der Polizei an. Eine Programmmoderatorin erklärte nach der Sendung etwas mürrisch, es sei ein Spaß gewesen, und es müsse jetzt wirklich niemand mehr anrufen, und das ZDF gelobte, fortan auf Jux-Einblendungen zu verzichten (diese spezielle ist jedoch bei Wiederholungen der Folge weiterhin enthalten).

Das Hauptproblem der Serie war der Sendeplatz: Das ZDF zeigte die jetzt einstündigen Folgen auf seinem Krimiplatz am Freitag um 20.15 Uhr. Dort war das Publikum jedoch Langweiler wie Derrick und Der Alte gewohnt, folglich erschrak es, weshalb weitere Folgen ab Mitte 1984 sonntags nach dem Hauptabendprogramm liefen. Die Serie wurde 1985 mit dem Adolf-Grimme-Preis mit Bronze ausgezeichnet.

1981 kam in Österreich der Film „Den Tüchtigen gehört die Welt“ ins Kino, in dem Franz Buchrieser als Kottan ermittelt. Diesen Film zeigte Pro Sieben 1990.

Im Fernseh-Zoo

1953–1959 (ARD). „Was weiß man schon von Tieren“.

Die Macher dieses Tiermagazins schienen sich Woche für Woche einen Wettbewerb zu liefern, wer ein noch kleineres Tier auftreiben kann: Es ging um den Waldkauz, den Iltis, den Axolotl, um Möwen, Molche, Kröten, Quallen, Spinnen, Schmetterlinge, Mücken, den Wasserfloh oder das Plankton. Mikroskope waren im Dauereinsatz. Oft genug hatte man auch den Eindruck, die Macher hätten sich das aktuelle Thema beim Mittagessen ausgedacht, wenn über Krabben, Hummer, Langusten und Fasane berichtet wurde. Dass es mal um monströse Riesentiere wie Bernhardiner oder Löwen ging, blieb die Ausnahme. Autoren waren u. a. Hans Thiel, Friedrich Fehse, Helmuth Andersen, Peter Kuhlemann, Sebastian Mühlegger, Ernst Laage, Friedrich Carl Wobbe und Bernhard Grzimek.

Das 15-minütige Magazin lief am Samstagnachmittag.

Hitlers Frauen

2001 (ZDF). 6-tlg. Hitlerreihe von Guido Knopp.

Die Fortsetzung von Hitlers Kinder verstand unter „Hitlers Frau“ ebenso seine Lebensgefährtin Eva Braun wie Marlene Dietrich, die sich nicht von den Nazis vereinnahmen ließ. Außerdem ging es um Magda Goebbels, Winifred Wagner, Leni Riefenstahl und Zarah Leander. Gezeigt wurde vor allem Privates: Über Eva Braun erfuhr der staunende Zuschauer beispielsweise, dass sie in Kriegszeiten Schildkrötensuppe aß, eine gute Figur hatte und ein Mittel nahm, das ihre Regel verschob, wenn Adolf bei ihr auf dem Obersalzberg war. Die „Süddeutsche Zeitung“ erwartete als konsequente Fortsetzung dieser Reihe nun „Hitlers Hunde“. Es wurden stattdessen Hitlers Manager.

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