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Ton Schweine Scherben

Freitag, 7. September 2007, 22:32

Puh, hier wird aber keine Zeit verschwendet. Family-Showdown-Moderator Wigald Boning ist ungefähr zwanzig Sekunden auf der Bühne, da läuft schon das erste Spiel. Mehrere Mitglieder aus zwei Familien rennen hektisch auf einem Laufband und lösen simple Matheaufgaben.Wie gehen eigentlich die Regeln? Aber wir haben es nun einmal eilig, gleich kommt ja schon Werbung. Wie, schon Werbung? Wie gehen eigentlich die Regeln?

Es stellt sich heraus, dass die Sorge um die Regeln der neuen Sat.1-Show Family Showdown unbegründet ist. Sie gehen wie in jeder 80er-Jahre-Spielshow: Familien treten in Aktions- und Geschicklichkeitsspielen gegeneinander an, wer besser ist, gewinnt das Spiel, und am Ende kommt eine Familie ins Finale und spielt um den Hauptpreis. Als die Show nach knapp 90 Minuten an diesem Punkt angelangt ist, wäre Frank Elstner gerade damit fertig gewesen, die Regeln zu erklären.

Die Show ist wenig originell, tut aber auch gar nicht so. Wigald Bonings Moderation ist eine Reise durch die Fernsehgeschichte. Wenn sich eine Familie ein Glücksschwein aussuchen muss, das es zu zertrümmern gilt, weil darin Geld versteckt ist, fragt er wie Robert Lembke: „Welches Schweinderl hätten’S denn gern?“, bevor es zertrümmert wird sagt er: „Hartmut, den Hammer!“ und klingt wie Vico Torriani, als er sagte: „Bruno, den Bolzen!“, und am Ende lässt er sich wie Hans-Joachim Kulenkampff den Mantel bringen. Manchmal hält sich Boning im Gespräch mit den Kandidaten („Dein Hobby ist Lesen…“) oder bei ausformulierten Anmoderationen der Spiele so sehr zurück (oder wurde im Schneideraum deart gestutzt), dass die Show genausogut wie jede andere auch von Kai Pflaume hätte moderiert werden können, doch oft lockern seine Sprüche und Wortwitze die Show auf („Wenn Sie auch mal mitmachen wollen, vermehren Sie sich fleißig!“). Es ist ein positiver Trend, dass Spielshows wieder zunehmend mit witzigen Entertainern als Gastgeber besetzt werden und weniger mit monotonen Moderationsrobotern.

Dass die Show nicht sonderlich originell ist, heißt nicht, dass sie langweilig ist. Spielshows dieser Art hat es schon immer gegeben und wird es wohl immer geben.

Die klassische Samstagabendshow nach diesem Muster mag tot sein, aber heute ist schließlich Freitag. Und wer sieht nicht gern Glas in Zeitlupe zerspringen? Bemerkenswert, was an diesem Abend alles zerstört wird. In einer Runde werden Vasen abgeschossen, in der nächsten Gläserpyramiden zum Einsturz gebracht und nach jeder Runde Tonschweine zertrümmert. Ein Polterabend für die ganze Familie.

Eine Unklarheit zu den Spielregeln bleibt jedoch nach dieser Premiere bestehen: Es hat den Eindruck, als seien die ersten vier Spiele am Ende völlig egal und als komme in jedem Fall die Familie ins Finale, die das fünfte Spiel gewinnt. Wäre merkwürdig. Vielleicht irre ich mich aber auch. Wo ist Frank Elstner, wenn man ihn braucht?

Top 5 der peinlichen Verwechslungen

Mittwoch, 24. Januar 2007, 08:52

ARD-Sportreporter Waldemar Hartmann erklärte am Wochenende versehentlich einen ehemaligen Boxer für tot und schafft es damit von null auf Platz drei in unserer Liste der lustigsten peinlichen Verwechslungen. Das ist schon der zwei Neueinstieg in diesem Monat, nachdem CNN am 1. Januar durch einen Schreibfehler einen angesehenen Senator zum gesuchten Terroristen machte.

  1. Max Schautzer begrüßt beim ARD-Wunschkonzert Ehefrauen von Politikern und stellt „die Frau unseres Bundeskanzlers“ mit den Worten vor: „Die Gattin von Helmut Schmidt, Hannelore Kohl!“ Frau Kohl reagierte humorvoll: „Jetzt darf ich Sie aber auch mit Herr Gottschalk ansprechen!“
  2. Alfred Biolek begrüßt in Boulevard Bio den Rennfahrer Michael Schumacher als „Harald Schumacher!“ Dieser nimmt Platz und teilt mit: „Sie dürfen mich Michael nennen“. Biolek bemerkt seinen Fehler noch immer nicht und glaubt, „Herr Schumacher“ biete ihm das „Du“ an, weshalb Biolek entgegnet: „Ach, das ist aber nett“.
  3. Waldemar Hartmann spricht während einer Box-Übertragung vom „vor kurzem verstorbenen deutschen Schwergewichtsboxer Jürgen Blin“. Jürgen Blin sitzt derweil zu Hause vor dem Fernseher und wird von der Nachricht seines Todes ziemlich überrascht.
  4. CNN schreibt zu einem Beitrag über die Suche nach dem Terroristen Osama Bin Laden ganz groß „Wo ist Obama?“ auf den Bildschirm. Nach Obama wird aber gar nicht gesucht. Barrack Obama ist Senator des US-Bundesstaates Illinois und inzwischen Präsidentschaftsbewerber und sein Aufenthaltsort in der Regel bekannt.
  5. Bei der Zieleinfahrt der Tour de France spricht ARD-Reporter Jürgen Emig die Mutter des Radprofis Jan Ullrich mit „Mama Becker“ an.

Top Of The Pops

Dienstag, 19. Dezember 2006, 23:05

1998–2006 (RTL). Einstündige Popmusikshow mit Auftritten der Stars aus den aktuellen Charts mit ihren Hits und einem leider nur fast von kreischenden Teenies übertönten Ansager.

Adaption der gleichnamigen englischen BBC-Show, der „erfolgreichsten Musiksendung der Welt“, die in Deutschland samstags um 17.45 Uhr weit weniger erfolgreich war, aber ein besonders junges Publikum erreichte. Anfangs wurde die Show zeitweise montags um 19.00 Uhr bei RTL 2 wiederholt. Erste Ansagerin war Jenny Elvers. Mit ihr war an Ostern zunächst eine einzelne Pilotfolge gezeigt worden, bevor die Show im September in Serie ging.

Mangels Quote und Talent wurde Elvers bereits im Dezember gegen Holger Speckhahn ausgetauscht, und immerhin, die Quoten erholten sich ein wenig. Mit Elvers bzw. Speckhahn führte jeweils ein „prominenter“ Co-Moderator durch die Sendung. Im Oktober 1999 verließ Speckhahn die Sendung und wurde zunächst nicht ersetzt. Wechselnde Prominente moderierten fortan jeweils zu zweit. Im März 2000 wurde Oliver Geissen neuer ständiger Moderator, aber nur für ein halbes Jahr. Dann übernahm Geissen den samstäglichen Big Brother-Talk und Ole Tillmann (ab September) die Ansagen bei Top of the Pops, weiterhin mit Co-Moderator, und blieb jahrelang. Ab Januar 2006 wechselte er sich Susan Sideropoulos ab.

Was samstags im Fernsehen gezeigt wurde, war eine große Illusion. Dass die Sendung gar nicht live sein konnte, merkte man schon daran, dass die Ansagen ausländischer Co-Moderatoren untertitelt wurden. Das Produkt hatte mehr von einem Puzzle als von einer wirklichen Fernsehshow und entstand wie folgt: Donnerstags wurden in einem Studio bei Köln zunächst alle Ansagen für die gesamte Sendung hintereinander aufgezeichnet, notfalls mehrmals, bis sie endlich fehlerfrei im Kasten waren. Das dauerte schon mehr als eine Stunde. Die Kinder kreischten also während der Ansagen nicht, weil die Stars bereits im Hintergrund auf der Bühne standen, sondern weil der Regisseur es verlangte.

Dann traten ein paar der Bands auf, die in der Sendung zu Gast waren, aber wirklich nur ein paar. Die meisten Auftritte internationaler Stars wurden schlicht aus der englischen Version in die deutsche Fassung hineingeschnitten, die Bühnendekos waren annähernd identisch. Die Künstler, die tatsächlich in Deutschland auftraten, spielten ihr Lied dafür in der Regel gleich mehrfach, immer in anderer Kleidung. Da die Musikauswahl sich an den Verkaufscharts orientierte, diese sich aber nicht jede Woche massiv veränderten, wurden die gleichen Hits immer wieder gespielt, und weil die Popstars so oft dann auch nicht kommen wollten, wurden eben alle bevorstehenden Auftritte bei einer Gelegenheit aufgezeichnet. Im Idealfall sangen sie sogar einen zweiten Song, den noch niemand kannte, der jedoch bald erscheinen und ganz sicher in die Charts einsteigen würde. Vielleicht war es diese Zuversicht, auch in mehreren Wochen noch immer auf Sendung zu sein, die das deutsche Top of the Pops – trotz maximal durchschnittlicher Marktanteile – fast ein Jahrzehnt am Leben erhielt.

Als die Sendung im April 2006 schließlich doch abgesetzt wurde, war das keine große Nachricht. Dass die BBC nur drei Monate später auch das Original nach 42 Jahren einstellte, schockierte die Medienwelt deutlich mehr.

Total normal

Sonntag, 11. Januar 2009, 14:07

1989–1991 (ARD). Comedyshow von und mit Hape Kerkeling.

Kerkeling moderiert vor Studiopublikum die von der fiktiven Kaffeemaschinenmarke Mitropa gesponserte Show und schenkt jedem, der etwas zur Sendung beiträgt, Mitropa-Kaffeemaschinen oder Duschhauben („Eine Mörder-Duschhaube!“). Widerspruch zwecklos. Er schlüpft in verschiedene Rollen realer und fiktiver Personen, tritt z. B. als Marcel Reich-Ranicki auf oder als Siegfried Schwäbli, ein schwäbischer Reporter mit Glasbausteinen im Brillengestell. Sketchpartner und ständiger musikalischer Begleiter am Klavier ist Achim Hagemann. Neben Live-Moderation, Live-Sketchen und Parodien gibt es Filmeinspielungen, in denen Kerkeling Menschen auf den Arm nimmt, mal spontan an Haustüren, mal vorbereitet zu konkreten Anlässen.

Kerkeling mischte sich unter die Prominenten bei der Bambi-Verleihung, unter die Politiker beim Bundespresseball und unter die Journalisten der Bundespressekonferenz und nervte mit dreist-naiven Fragen. 1989 foppte er Erika Berger, indem er unter falschem Namen live in ihrer Beratungsshow Eine Chance für die Liebe anrief, um sie mit den Kommunikationsproblemen zwischen ihm und seiner Frau zu belästigen, die darin bestünden, dass er nur deutsch und sie nur portugiesisch spreche.

Trotz gerade mal sieben unregelmäßig ausgestrahlten Folgen hinterließ die Show einen bleibenden Eindruck. Der 25‑jährige Hape Kerkeling, der bereits mit Känguru aufgefallen war, stieg in die erste Riege deutscher Komiker und Fernsehmoderatoren auf, wurde mit dem Grimme-Preis mit Silber, dem Bayerischen Fernsehpreis, dem Bambi, der Goldenen Kamera und der Bronzenen Rose von Montreux ausgezeichnet. Nach zwei einzelnen 45-Minuten-Folgen am Donnerstagabend im Oktober und Dezember 1989 folgte ein Jahr später eine Staffel mit drei 25-Minuten-Shows an aufeinanderfolgenden Montagen um 21.05 Uhr.

Diese Folgen waren so erfolgreich, dass die Show im Mai 1991 erstmals und schon im Juli letztmals auf fast 90 Minuten erweitert und auf dem großen Showtermin am Donnerstag um 21.03 Uhr gesendet wurde. Kerkeling zog die Show nun als abendfüllende Quizparodie auf, setzte ein Panel aus Prominenten (darunter Jörg Wontorra und Eberhard Feik) auf die Bühne, die aber eigentlich keine Aufgabe hatten, drückte der Dauerkandidatin Frau Usenburger (Karin Schiek) immer wieder gewonnene Kaffeemaschinen in die Hand und brach im Minutentakt in Gesang aus: „Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten, das ganze Leben ist ein Quiz, ja, und wir raten, raten, raten.“

In diesem Jahr gelangen Kerkeling zwei große Würfe, die zum bundesweiten Gesprächsthema wurden und ihn noch berühmter machten. Als die niederländische Königin Beatrix zum Staatsbesuch in Deutschland war, verkleidete sich Kerkeling als sie und narrte die Sicherheitsbeamten. In einer dunklen Limousine fuhr er am Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten, vor und winkte königlich. Erst als er sich am Eingang durchzufragen begann, wo es denn „lecker Mittagessen“ gebe, wurde er zunächst sachte und dann zunehmend nachdrücklicher abgedrängt.

Wenig später foppte er ein kunstinteressiertes Publikum in einem Kleinkunstsaal als Ostblocksänger, der ein experimentelles Werk vortrug. Text: „Der Wolf – das Lamm – auf der grünen Wiese – und das Lamm schrie – Hurz!“ Mit dem intellektuellen Publikum diskutierte er im Anschluss über die Intention der Darbietung, immer arg bemüht, ein ernstes Gesicht zu behalten. Unter dem Titel „Hurz“ wurde eine Dance-Version des Lieds ein Top-Ten-Hit in den deutschen Charts. Auch „Das ganze Leben ist ein Quiz“ hatte es kurz zuvor schon in die Top Ten geschafft.

Auf dem Höhepunkt des Erfolgs beendete Kerkeling die Show, um den Kinofilm „Kein Pardon“ zu drehen.

Trink den Gätjen

Samstag, 15. Oktober 2011, 00:40

Eigentlich ist Schlag den Raab eine Sendung, die so gut, amüsant und spannend ist, dass man sie sich nicht schöntrinken muss. Anderseits ist sie aber auch sehr lang, und sie wird heute schon zum dritten Mal von Steven Gätjen moderiert.

Deshalb rege ich folgendes Trinkspiel an:

  • Immer wenn Gätjen „Wunderbar“ sagt, einen kleinen Schluck Bier trinken! (Gätjen sagt so oft „Wunderbar“, dass größere Mengen oder härtere Sachen unverantwortlich wären.)
  • Bei jedem „Meine Damen und Herren“ ein Schnaps.
  • Ich würde mal sagen, bei jedem „Ich würde mal sagen“ einen Likör.
  • Und immer, wenn Gätjen für etwas völlig Irrelevantes, also wenn zum Beispiel ein Helfer ein Wasser bringt oder ein Teilnehmer von der Toilette zurückkommt, um „einen riesengroßen Applaus“ bittet, wird das Bierglas in einem Zug leergetrunken und anschließend nachgeschenkt.

Damit der viele Alkohol eine ordentliche Grundlage hat, sollte es immer dann einen Happen Essen geben, wenn Stefan Raab sich über irgendetwas beschwert.

Wunderbar. Meine Damen und Herren, ich würde mal sagen, einen riesengroßen Applaus für einen feucht-fröhlichen Abend!

Trompeten und Monster

Montag, 4. Juni 2007, 06:18

Ein Atompilz steigt auf. Die Stadt ist von der Außenwelt abgeschnitten. Was ist passiert? Ein Unfall? Krieg? Außerirdische? Ein Anschlag? Es ist bemerkenswert, wie Pro Sieben das Spiel mit der Ungewissheit, das die neue Serie Jericho anfangs treibt, schon in der Titelzeile brutal zerstört, indem der Sender dem Originaltitel den deutschen Zusatz „Der Anschlag“ verpasst. Riesenidee, oder?

Jedes Jahr werden in den USA düstere, verworrene Serien wegen Erfolglosigkeit vorzeitig abgesetzt. Das sind die Serien, mit denen Pro Sieben wenig später seinen Mystery-Montag bestückt und das für ein Prestigeobjekt hält, seit in den 90er-Jahren mit Akte X mal eine Mysteryserie erfolgreich war.

Wer wissen will, welche Serien in einigen Monaten im Nachtprogramm von Pro Sieben oder bei Kabel 1 zu sehen sein werden, der muss sich nur das heutige Primetime-Programm anschauen. Dass Jericho für die Dauer der gesamten Staffel seinen Sendeplatz behalten wird, ist unwahrscheinlich. Das lässt sich so zuverlässig vorhersagen wie Regen. Die Regenwahrscheinlichkeit berechnet sich auch ausschließlich aus Erfahrungswerten in ähnlichen Situationen. Pro Sieben hat sich in den letzten zwei Jahren mit Las Vegas, Invasion, Numb3rs, Verrückt nach Clara, 5ive Days To Midnight usw. einen Namen als der Sender gemacht, der von den meisten Serien nur noch die ersten paar Folgen zeigt. Manche kommen auf einem ungünstigeren Sendeplatz zurück, andere gar nicht. Aber das steckt ja schon im Sendernamen, der erfüllt werden will. ZDF steht für „Zweites Deutsches Fernsehen“, RTL für „Radio Télé Luxembourg“ und Pro Sieben steht eben für „Pro Erfolg sieben Flops“.

Doch fangen wir vorn an. Der neue Mystery-Montag beginnt mit Primeval — Rückkehr der Urzeitmonster. Immerhin ist hier die Wahrscheinlichkeit des hartnäckigen Durchsendens auf dem 20.15-Uhr-Sendeplatz deutlich größer, denn es handelt sich um eine englische Serie, und deshalb ist die erste Staffel nur sechs Folgen lang.
Furchteinflößende Riesenmonster von vor Millionen von Jahren haben durch ein Magnetfeld ein Tor zur Gegenwart gefunden und halten nun die Menschheit in Schach. Es gibt noch die Suche nach der Erklärung für das Phänomen und die Geschichte einer verschwundenen Ehefrau, die der Wissenschaftlerdarsteller in der Hauptrolle aufspüren will, doch vordergründig geht es in der lauten Actionserie um nichts anderes als zu zeigen, wie geil echt die Viecher aussehen, die die Trickabteilung am Rechner gebastelt hat, und mit welch tollen Spezialeffekten die alles platt machen. Wer „Jurassic Park“ oder „Godzilla“ mochte, wird an Primeval Gefallen finden.

Und wer nach dieser aufwühlenden Stunde ein wenig runterkommen muss, kann gleich dranbleiben. Jericho — Der Anschlag zieht so sehr runter wie keine andere Fernsehsendung seit der Live-Übertragung der Terroranschläge vom 11. September 2001. Die Serie ist düster und deprimierend, apokalyptisch ohne jeglichen Hoffnungsschimmer und verschwendet keine Zeit damit, mal ein paar der vielen Rätsel wirklich aufzuklären. Und schließlich, ohne Inhaltliches vorwegzunehmen, wird sie auch offen mit einem Cliffhanger enden, der nie aufgelöst wird, und damit auch nicht das große Gesamträtsel, das hinter der Serie steckt, weil sie vor wenigen Wochen vom US-Sender CBS abgesetzt wurde. Nach 22 Folgen. So lange muss es Pro Sieben erst mal schaffen.

Primeval — Rückkehr der Urzeitmonster, montags um 20.15 Uhr auf Pro Sieben.

Jericho — Der Anschlag, montags um 21.15 Uhr auf Pro Sieben.

TV total

Samstag, 29. März 2008, 15:01

Seit 1999 (ProSieben). Einstündige Comedyshow mit Stefan Raab.

Raab führt peinliche Ausschnitte aus anderen Sendungen vor und kommentiert sie. Meist unprominente Menschen, die in irgendeinem Programm (unangenehm) aufgefallen sind, lädt er ein, führt sie vor und verleiht ihnen den „Raab der Woche“. Hinzu kommen weitere wiederkehrende Rubriken: „Der Schocker der Woche“ ist ein ganz besonders ekelerregender Ausschnitt aus einem anderen Programm, gern auch aus einer Medizinsendung. In „Raab in Gefahr“ ist Raab auf Veranstaltungen unterwegs, überrumpelt mit der Kamera Leute und verulkt sie. Das „Raabigramm“, ein Spottlied, singt Raab Prominenten direkt ins Gesicht. Erstes Opfer war Rudi Carrell, der sich in seinem Büro sein „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ vorsingen lassen musste, mit der neuen Textzeile: „Wann wirst Du endlich wieder lustig? So lustig, wie du früher schon nie warst?“

In den ersten Monaten waren die von Raab entdeckten Ö La Palöma Boys Dauergäste, ein Duo, das bekannte englische Hits mit sächsischem Akzent sang und es mit seinem Song „Ö La Palöma“ auf Platz zwei der deutschen Charts schaffte. Ein halbes Jahr später schlachtete Raab einen Fall aus der Sendung Richterin Barbara Salesch aus, in der Regina Zindler aus Sachsen gegen ihren Nachbarn Gerd Trommer klagte, weil dessen Knallerbsenstrauch zu nahe an ihrem Maschendrahtzaun wuchs. Um die Originaltöne der sächsisch gesprochenen Zindler-Worte „Maschendrahtzaun“ und „Knallerbsenstrauch“ herum dichtete Raab einen Countrysong, den er strophenweise in seiner Show vorsang und der sich sieben Wochen an der Spitze der deutschen Single-Charts hielt.

Raab trat einen bis dahin kaum gekannten Medienrummel um die in jeder Hinsicht überforderte Frau Zindler los, von dem er sich später distanzierte. Während die verschiedenen Boulevardmedien noch die privatesten Aspekte des Nachbarschaftsstreits ausschlachteten, ließ er das Thema fallen, hatte aber ein zutiefst beunruhigendes Beispiel seiner Fähigkeit gezeigt, Medienhypes auszulösen.

Die Plattform seiner eigenen Show verhalf Raab  außerdem zum Sieg bei der deutschen Vorentscheidung für den Schlager-Grand-Prix im Mai 2000, an dem er mit dem Lied „Wadde hadde dudde da“ teilnahm und den fünften Platz belegte. Aus einem weiteren Fernsehoriginalton machte Raab im folgenden Herbst seinen nächsten Hit und damit Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Popstar. Dessen Satz „Ho mir ma ne Flasche Bier“ schaffte Platz zwei in den Verkaufscharts.

TV total begann als wöchentliche Show montags um 22.15 Uhr. Sie war der größte Erfolg für den Sender Pro Sieben, der mit ihr vier Millionen Zuschauer und in der Zielgruppe der 14‑ bis 49‑Jährigen regelmäßig Marktanteile von über 30 Prozent erreichte. Im Oktober 1999 erhielt Raab den Deutschen Fernsehpreis für die beste Unterhaltungssendung. Er wurde zur Leitfigur einer neuen deutschen Spaßgesellschaft erhoben und war Zeitschriften wie „Spiegel“, „Focus“ und „Stern“ seitenlange Titelgeschichten wert. Der Erfolg veranlasste Pro Sieben, TV total ab Anfang 2001 viermal wöchentlich auszustrahlen, jetzt montags bis donnerstags um 22.15 Uhr.

Gleichzeitig kam die Zeitschrift „TV total“ auf den Markt, die jedoch nach ein paar Monaten mangels Erfolg wieder eingestellt werden musste. Die Sendung erreichte nur noch knapp zwei Millionen Zuschauer, was für den fast täglichen Rhythmus aber immer noch hervorragend war. Raab etablierte mit dem erhöhten Senderhythmus ein paar neue Gimmicks. Zu Beginn jeder Sendung rutschte er das Geländer der Showtreppe herunter, wobei anfangs die Zeit genommen wurde. Er versuchte dauernd, seine eigenen Rutschrekorde zu verbessern und rutschte gegen prominente Gäste. Promis waren jetzt dauernd zu Gast und stellten ihre neuen Shows oder CDs vor – das Format entwickelte sich in Richtung klassischer Late-Night-Show.

Neuer Dauergast war zudem „Showpraktikant Elton“ (Alexander Duszat), der immer wieder bei Raab auf der Couch saß, Aufgaben erledigte und von Haus zu Haus zog und „Bimmel-Bingo“ spielte. Elton klingelte mitten in der Nacht an Haustüren, und wenn die Belästigten bestimmte Schimpfworte fallen ließen, gewannen sie Geld. Eine Lehrerin, die auf diese Weise im Nachthemd ins Fernsehen kam, klagte erfolgreich. Die Produktionsfirma Brainpool zahlte ihr 2550 € Schmerzensgeld. Elton erhielt im Dezember 2001 seine eigene Show namens Elton.TV, war aber weiter bei Raab zu sehen.

Im März 2001 inszenierte Raab ein neues Großereignis. Als „Die Boxnacht des Jahres“ kündigte er einen Kampf gegen die Boxweltmeisterin Regina Halmich an, die ihm in „TV Total Boxen extra“ über fünf Runden die Nase blutig schlug. Sensationelle sieben Millionen Menschen sahen zu. Gelegentlich war TV total zu besonderen Anlässen wie der Fußball-WM schon um 20.15 Uhr ausgestrahlt worden, im November 2003 zeigte Pro Sieben erstmals ein abendfüllendes Special zur Primetime: die dreistündige erste „offizielle Wok-Weltmeisterschaft“. Raab  und andere prominente Teilnehmer rasten auf einem Wok eine Bobbahn hinunter, fast fünf Millionen Fernsehzuschauer waren dabei. Es folgten weitere Wok-Meisterschaften, außerdem ein Reitturnier und das TV total-Turmspringen.

Von Ende 2003 bis Frühjahr 2004 lief zusätzlich eine Freitagsausgabe der Show, und Raab suchte in Castingshows unter dem Titel „SSDSGPS“ (Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star) einen Teilnehmer für den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest. Raab, Joy Fleming und Thomas Anders bildeten die Jury, Elton und Annette Frier moderierten diese Shows. Was als Parodie auf Deutschland sucht den Superstar begann, wurde zu einem seriösen Talentwettbewerb. Der Sieger Max Mutzke schaffte mit Raabs Komposition „Can’t Wait Until Tonight“ einen Nummer-eins-Hit in den deutschen Charts und Platz acht beim Eurovision Song Contest. Für die Entdeckung und Förderung von Musiktalenten wurde Raab 2005 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

Im Februar 2004 wurde Raabs Produktionsfirma zur Zahlung von 70 000 € Schmerzensgeld an die Schülerin Lisa Loch verurteilt. Loch war in einer RTL-2-Sendung über einen Schönheitswettbewerb aufgetaucht, Raab hatte diesen Ausschnitt etliche Male wiederholt und sich mit sexuellen Anspielungen über ihren Namen lustig gemacht. Lochs Gerichtserfolg spornte Nachahmer an, Raab ebenfalls zu verklagen. Ihren Zenit hatte die Show zu diesem Zeitpunkt längst überschritten. Wenn nicht gerade eine besondere Aktion lief, lagen die Zuschauerzahlen meist unter dem Senderschnitt. Die Fernsehausschnitte, die ihm anfangs als Aufhänger für eigene Ideen gedient hatten, sagte Raab nur noch uninspiriert an. Als tägliche Sendung wirkte TV total in der ersten Hälfte wie eine langatmige Version von Zapping und in der zweiten wie eine Werbeshow für Sendungen und Produkte aller Art. Als kreative Zelle für immer neue Programmideen, die dem Sender Aufmerksamkeit bescheren, ist Raab für Pro Sieben jedoch unverzichtbar.


Screenshot: ProSieben. Zwei Gäste werben für ein Produkt aller Art.

Die feste Startzeit von 22.15 Uhr ist zwischenzeitlich aufgeweicht, und es gab eine Phase, in der die Show jeden Tag zu einer anderen Zeit begann. Inzwischen bewegt sie sich wieder auf einen regelmäßigen Sendeplatz zu, jetzt um 23.15 Uhr.

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Montag, 15. Januar 2007, 23:41

U18 – JUNGEN TÄTERN AUF DER SPUR
ÜB IMMER TREU NACH MÖGLICHKEIT
ÜBER DEUTSCHLAND
ÜBERFLIEGER
DIE ÜBERLEBENDEN DER MARY JANE
ÜBERRASCHUNG! HEUTE HEIRATEN WIR
ÜBERRASCHUNGSFEST DER VOLKSMUSIK
UFER
UFO
UKW
ULENSPIEGEL
DIE ULLA KOCK AM BRINK-SHOW
ULRICH MEYER: DIE MENSCHEN HINTER DEN SCHLAGZEILEN
ULRICH MEYER: EINSPRUCH!
ULRICH UND ULRIKE
DIE ULTIMATIVE CHART SHOW
ULTRAMAN – MEIN GEHEIMES ICH
UM DIE 30
UM DIE WELT MIT BARBAPAPA
UM DIE WELT MIT WILLY FOG
UM HAUS UND HOF
UM HIMMELS WILLEN
UMSCHAU
UMWELT – MENSCH
UMWELTGESCHICHTEN
UMZUG IN EIN NEUES LEBEN
UNA DONNA – GESCHICHTE EINER FRAU
DER UNBESIEGBARE IRONMAN
DER UNBESTECHLICHE
DIE UNBESTECHLICHE
DIE UNBESTECHLICHEN
DIE UNBESTECHLICHEN
…UND DAS LEBEN GEHT WEITER
UND DIE TUBA BLÄST DER HUBER
UND IHR STECKENPFERD?
UND JETZT?
UND TSCHÜSS!
UNDERCOVER
UNDERCOVER! – ERMITTLER ZWISCHEN DEN FRONTEN
UNDRESSED – WER MIT WEM?
DIE UNENDLICHE GESCHICHTE
DIE UNENDLICHE GESCHICHTE – DIE ABENTEUER GEHEN WEITER
DIE UNFASSBAREN
UNGEKLÄRTE MORDE – DEM TÄTER AUF DER SPUR
UNGELÖSTE GEHEIMNISSE
UNGESCHMINKT
UNGEWÖHNLICHE FERIEN
UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN VON ROALD DAHL
UNGLAUBLICH – ABER AUCH WAHR?
UNGLAUBLICH, ABER WAHR
UNGLAUBLICH — DIE SHOW DER MERKWÜRDIGKEITEN
UNGLAUBLICHE GESCHICHTEN
DER UNGLAUBLICHE HULK
EINE UNHEIMLICHE ERBSCHAFT
UNHEIMLICHE GESCHICHTEN
DAS UNGLAUBLICHE QUIZ DER TIERE
UNION PACIFIC
THE UNIT
UNIT ONE – DIE SPEZIALISTEN
DIE UNLÖSBAREN FÄLLE DES HERRN SAND
EINE UNMÖGLICHE PERSON
UNMÖGLICHER AUFTRAG
EIN UNMÖGLICHER MANN
UNRUHIGE JAHRE
DIE UNSCHLAGBAREN ZWEI
UNSCHULDIG
UNSER BAUERNHOF
UNSER BAUERNHOF – HILFE, DIE GROSSSTÄDTER KOMMEN!
UNSER BLAUER PLANET
UNSER BLAUER PLANET
UNSER BOSS IST EINE FRAU
UNSER CHARLY
UNSER DORF
UNSER FERNSEHKOCH EMPFIEHLT
UNSER FRÄULEIN LEHRER
UNSER FREUND AUS DEM SUMPF
UNSER FUSSBALLCLUB – HELDEN DER KREISKLASSE
UNSER GEMEINSAMER FREUND
UNSER HAUS
UNSER HEIM
UNSER KLEINER STEUERTIP
UNSER KLEINES THEATER
UNSER KOSMOS
UNSER LAUTES HEIM
UNSER LEHRER DOKTOR SPECHT
UNSER MANN
UNSER MANN IST KÖNIG
UNSER MOND
UNSER PAPPA
UNSER PAUKER
UNSER SANDMÄNNCHEN
UNSER SPIELHAUS
UNSER STAR FÜR BAKU
UNSER STUDIO FÜR JUNGE ZUSCHAUER
UNSER TRAUM VOM HAUS
UNSER TRAUTES HEIM
UNSER VATER, DER TIERARZT
UNSER WALTER
UNSER WETTER
UNSERE BESTEN
UNSERE ERSTE GEMEINSAME WOHNUNG
UNSERE FREUNDIN VIOLETTA
UNSERE GROSSE SCHWESTER
UNSERE HAGENBECKS
UNSERE HEILE WELT
UNSERE KLEINE FARM
UNSERE KLEINE SHOW
UNSERE KLINIK – ÄRZTE IM EINSATZ
UNSERE NACHBARN, DIE BALTAS
UNSERE NACHBARN HEUTE ABEND: FAMILIE SCHÖLERMANN
UNSERE PENNY
UNSERE SCHÖNSTEN JAHRE
UNSERE SCHULE IST DIE BESTE
UNSERE VERRÜCKTE WERKSTATT
UNSICHTBAR
DER UNSICHTBARE
DER UNSICHTBARE
UNSICHTBARE GEFAHR
DER UNSICHTBARE MANN
DAS UNSICHTBARE VISIER
DIE UNSTERBLICHEN METHODEN DES FRANZ JOSEF WANNINGER
UNTER AUSSCHLUSS DER ÖFFENTLICHKEIT
UNTER BRÜDERN
UNTER BRÜDERN
UNTER DER SONNE AFRIKAS
UNTER DER SONNE KALIFORNIENS
UNTER DER TRIKOLORE
UNTER DEUTSCHEN DÄCHERN
UNTER DIE HAUT
UNTER EINEM DACH
UNTER EINEM DACH
UNTER EINER DECKE
…UNTER EINSATZ IHRES LEBENS
UNTER HEISSEM HIMMEL
UNTER UNS
UNTER UNS GESAGT
UNTER VERDACHT
UNTER VERDACHT
UNTER VOLLDAMPF
UNTER WEISSEN SEGELN
UNTERHALTENDES UND AKTUELLES
UNTERHALTSAMES WOCHENENDE
UNTERM REGENBOGEN
DER UNTERMIETER
UNTERNEHMEN ARCHE NOAH
UNTERNEHMEN FEUERSTURM
UNTERNEHMEN JOCOTOBI
UNTERNEHMEN KÖPENICK
UNTERNEHMEN KUMMERKASTEN
UNTERNEHMEN RENTNERKOMMUNE
DIE UNTERNEHMUNGEN DES HERRN HANS
DIE UNTERSUCHUNGSRICHTERIN
UNTERWEGS MIT JÖRG PREDA
UNTERWEGS MIT MALCOLM DOUGLAS
UNTERWEGS MIT ODYSSEUS
UNTERWEGS NACH ATLANTIS
DIE UNVERBESSERLICHEN
DIE UNVERGESSLICHE FRAU
EIN UNVERGESSLICHES WOCHENENDE…
DIE UNVERMEIDLICHEN ERFAHRUNGEN DES STEFAN KARWOWSKI ALS MENSCH UND KOLLEGE
UNWAHRSCHEINLICHE GESCHICHTEN
DIE UNWAHRSCHEINLICHEN ABENTEUER DES LEMI GULLIVER
DIE UNZERTRENNLICHEN
UPPS! — DIE PANNENSHOW
UPPS — DIE SUPERPANNENSHOW
URANIA-EXTRA
URANIA-FORUM
URLAUB AUF ITALIENISCH
URLAUBSTAUSCH – TOTAL VERRÜCKTE FERIEN
URMEL
URMEL AUS DEM EIS
URMEL SPIELT IM SCHLOSS
USA HIGH
UTA
UTTA DANELLA

Ulrich Meyer: Einspruch!

Sonntag, 3. Mai 2009, 23:40

1992–1994 (Sat.1). Einstündige Streitshow mit Ulrich Meyer.

Bei RTL hatte Meyer bereits die Krawall-Diskussionsrunde Explosiv — Der heiße Stuhl moderiert. Seine neue Sendung beim neuen Sender folgte dem gleichen Konzept, nur nicht mit der Verteilung eine(r) gegen vier, sondern drei gegen drei, die sich in einer Art Kampfarena in der „Kulturbrauerei“ in Berlin Prenzlauer Berg gegenüberstanden und zu kontroversen Themen aufeinander einbrüllen durften. Meyer selbst blieb nicht mehr scheinbar neutral, sondern bezog ebenfalls Stellung. Zum Wort „Einspruch“ gehörte übrigens jedes Mal eine handkantenschlagartige Geste, mit der Meyer auf die Kamera zu oder zwischen die Kontrahenten ging.

Meyer, Erfinder des „Brüllfernsehens“ in Deutschland, hatte zum Start „Deutschlands härtesten TV-Streit“ versprochen und gesagt: „Das Wort ‚Talk‘ ist für mich gestrichen.“ Er erwarte auf den Zuschauerrängen „Volksmasse, die tobt“, es gehe um „alles, was uns Deutsche bewegt“. Am 23. April 1992 lud er den damaligen Chef der Republikaner, Franz Schönhuber, in die Sendung, der sich mit Politikern wie Norbert Blüm einen Schreikampf lieferte.

Am 27. August 1992 machte Meyer die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock zum Thema der Live-Sendung. Dazu lud er nicht nur Rostocker Bürger ein, die er mehrmals fragte, wer von ihnen geklatscht habe (als Rechtsradikale dort ein Wohnheim von Vietnamesen in Brand setzten), sondern auch den Hamburger Neonazi Christian Worch, dessen Auftritt allerdings von Autonomen verhindert wurde. Am 29. Oktober 1992 fand eine Sendung mit der Rechts-Rockband Störkraft statt, die durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt werden musste und deren Auftritt aus Sicherheitsgründen bereits nachmittags aufgezeichnet wurde, was Meyer in der Sendung allerdings verschwieg.

Nach der Sendung vom 15. Juni 1993 zum Thema rechte Gewalt und der Legitimation von Gegengewalt, bei der ebenfalls Polizei anwesend war, griffen mehrere türkische Teilnehmer der Sendung zwei deutsche Teilnehmer an. Für Aufsehen sorgte auch die Sendung vom 14. September 1993, in der ein minderjähriger, offensichtlich unter Drogen stehender Strichjunge fünf Tage vor der Hamburger Bürgerschaftswahl einen grünen Politiker als seinen Freier bezeichnete, ein Vorwurf, den er später zurücknahm, auf dem die Einspruch-Redaktion aber weiter beharrte. Der „Spiegel“ bezeichnete Einspruch als „TV-Volksgerichtshof“.

130 Ausgaben liefen zunächst donnerstags, später dienstags um 22.00 Uhr. Dann hatte Meyer nach insgesamt sechs Jahren (inklusive Der heiße Stuhl) genug von dem Gebrüll und moderierte Die Menschen hinter den Schlagzeilen, Akte und die Nachrichten 18:30.

Und wieviel Prozent der Deutschen lieben Gameshows?

Montag, 21. April 2008, 01:11

Seit Jahren behaupten Fernsehexperten, die Renaissance der Gameshow stehe unmittelbar bevor. (Gut, genau genommen behaupten es vor allem die Produzenten von Gameshows.) Und seit Jahren weigert sich die Prognose hartnäckig, in Erfüllung zu gehen.

Aber wenn’s diesmal wieder nichts wird, muss sich Vox zumindest nicht vorwerfen lassen, die Sache zu hasenfüßig angegangen zu sein. Als Moderator wurde nicht irgendein Noname, sondern Dirk Bach verpflichtet; als Sendeplatz wurde hammerhart 20.15 Uhr ausgeguckt; es wurden gefühlt sieben Trilliarden Werbetrailer gezeigt, und zum Warmwerden läuft von heute bis Freitag sogar jeden Tag eine Ausgabe der neuen Show.


Foto: Vox

Die ist sowas wie Pimp My Familienduell, nur ohne Familien. Wo Werner Schulze-Erdel früher sagte: „Wir haben 100 Leute gefragt“, ist die Grundlage nun eine Forsa-Umfrage unter 1000 repräsentativ ausgewählten Deutschen, die witzige, ernste oder sogar moralische Fragen beantworten sollen: Wieviel Prozent von ihnen können stehend ihre Füße sehen / fühlen sich vom Staat überwacht / finden es besser, geliebt zu haben und enttäuscht worden zu sein, als nie geliebt zu haben? Die Kandidaten tippen den Prozentsatz, wer näher an der richtigen Antwort liegt, bekommt einen Punkt, wer drei Punkte hat, kommt ins Finale — und kann in nur fünf Schritten eine Million Euro gewinnen!

Nun ja. Sehr theoretisch. Richtig ist zwar, dass sich der Gewinn beginnend bei 100 Euro jeweils verzehnfacht („Power of 10“), aber dafür schrumpft jedesmal auch die Spanne des Tipps auf den Prozentzahl, den die Kandidaten abgeben. Sie fangen bei 40 Prozent Breite an — für die Million müssten sie schon den exakten Wert tippen.

Es ist ein Spiel darum, wie wir Deutschen so sind, und bei manchen Fragen ist es tatsächlich interessant, darüber nachzugrübeln. Wieviel Prozent der Deutschen würden mit jemandem in ein Schwimmbecken steigen, der HIV-positiv ist? Darin steckt nicht nur die Frage, wie aufgeklärt unser Volk ist, sondern auch, wie ehrlich: Gibt es vielleicht viele, die das gemeinsame Schwimmen ablehnen, das aber nicht zugeben würden?

Dirk Bach ist ein ganz angenehmer Spielleiter, der — für seine Verhältnisse — eher unterkandidelt moderiert, die Kandidaten freundlich behandelt und gelegentlich die Veranstaltung mit mehr oder weniger spontanen Sprüchen auflockert: Wieviel Prozent der Deutschen haben schon einmal eine Leiche berührt? „Ich hab zumindest Ute Ohoven schon einmal die Hand gegeben, ich weiß nicht, ob das zählt.“ Was furchtbar nervt, ist die Auswahl der Kandidaten, die offenbar alle extrovertiert und ach-so-flippig sein mussten und den unschuldigen Zuschauer mit langen Monologen und übertriebenen Gefühlsausbrüchen belästigen.

In den Vereinigten Staaten, wo Drew Carey das gleichnamige Original moderiert, sanken die Zuschauerzahlen nach anfänglicher Euphorie schnell wieder ab. Ob in Deutschland überhaupt das Interesse reicht? Den Versuch ist es sicher wert.

Power of 10, diese Woche Montag bis Freitag, 22.15 Uhr, dann immer dienstags, 20.15 Uhr.

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