Schmidt der Zeit…

Vor sieben Jahren überraschte der in erster Linie aus Interviews bekannte Entertainer Harald Schmidt Feuilletonisten mit der Ankündigung einer kreativen Pause. Anfang dieser Woche überraschte er wieder, diesmal mit der Ankündigung, die Pause sei bald vorbei, und er werde die damals beendete Sat.1-Show in reduzierter Schlagzahl ab September 2011 wieder aufnehmen, dann zweimal pro Woche.

Das Ergebnis dieser kreativen Pause, die für Hardcorefans fast in voller Länge von der ARD übertragen wurde, liegt jetzt vor. Im Interview mit der „Zeit“ erklärt Schmidt heute, an welchem Vorbild er sich orientieren wolle: David Letterman.

Natürlich moderiert Letterman in verlässlicher Regelmäßigkeit seit Jahrzehnten jeden Abend zur gleichen Zeit beim gleichen Sender eine Show gleichen Formats, während Schmidt in schöner Regelmäßigkeit dem „Spiegel“, der „Zeit“ und der „Süddeutschen“ Interviews gibt und nebenbei ab und zu lediglich sein Brainstorming für eine mögliche Late-Night-Show im Fernsehen zeigt.

Doch die Proklamation von Letterman als Vorbild ist beachtlich, denn sie unterscheidet sich von diesen vielen, vielen Interviews, in denen er immer wieder in unterschiedlichen Abständen erklärte, sich künftig an Jon Stewart und dessen Daily Show orientieren zu wollen. Er tat es nie. Das tat dafür die heute-show mit Oliver Welke.

Nach sieben  Jahre Pause ist Schmidt jetzt also auf dem Stand von 1995, als seine Sat.1-Show in der Anfangsphase eine detaillierte Kopie der Late Show with David Letterman war. Und das ist doch ein positives Zeichen für die Zukunft. Denn nach nur ein paar Jahren wurde die Harald Schmidt Show damals richtig gut.

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Michael, 16. September 2010, 08:13.

Fleischbeschau

Und ich dachte noch: Das Kleid aus Fleisch, das Lady Gaga bei den MTV Video Music Awards trug, kommt mir bekannt vor.


Screenshot: MTV

Dann fiel es mir ein: Richtig! In der ALF-Episode „Der Pechvogel“ überredet ALF die Familie Tanner zu dem Ritual, sich mit Fleisch zu bekleiden, um den Fluch zu beenden, durch den er nur noch Pech hat.


Screenshot: Warner-DVD

Hat für Lady Gaga ja ganz gut geklappt: Acht Preise an einem Abend kann man nun wirklich nicht als Pech bezeichnen.

Michael, 14. September 2010, 21:45.

Hammerserie über Familienzirkel

Es wird langsam zur Gewohnheit, die ARD für ihr Dienstagabendprogramm zu preisen. Zumindest bis 21.05 Uhr. Was heute um 20.15 Uhr losgeht, hat zwar rein gar nichts mit dem hintergründigen, ironischen Humor aus Mord mit Aussicht gemeinsam, aber auch nichts mit den Nonnen und Tierärzten, die sonst den Dienstagabend im Ersten bevölkern.

Weissensee ist ein Familiendrama, das 1980 in Ost-Berlin spielt und eher wirkt wie ein großer Event-Dreiteiler aus 90-Minütern als etwas, das in sechsmal 50 Minuten den wöchentlichen Sendeplatz ganz normaler Familienserien einnimmt. Humor sucht man darin vergeblich, aber Fernsehen muss ja nicht zwingend lustig sein, um gut zu sein. Weissensee ist ein großes Drama über zwei Familien, die mehr gemeinsam haben als ihren jeweiligen Oberhäuptern lieb ist. Eines dieser Oberhäupter ist ein hohes Tier bei der Stasi, das andere eine regimekritische Liedermacherin, die ihre Meinung ungern für sich behält. Protagonisten des Mehrteilers sind aber sein Sohn und ihre Tochter, denn die verlieben sich ineinander, und das darf natürlich nicht sein.


Florian Lukas und Hannah Herzsprung / Fotos: ARD/Julia Terjung

Wie realistisch das Leben in der DDR in Weissensee dargestellt wird, kann ich nicht beurteilen, weil ich dort nicht aufgewachsen bin. Das sind die Autorin Annette Hess und der Regisseur Friedemann Fromm zwar auch nicht, aber mehrere der Hauptdarsteller, und angeblich hat sich niemand über den Inhalt beklagt. Im Gegenteil sollen sogar Hüte gezogen worden sein, wie gut die Situation und der Ton getroffen seien. Dies ist zumindest keine harmlose Ostalgie-Serie, aber auch keine, die pausenlos den Zeigefinger erhebt und alles verteufelt. Diese güldene Mitte ist sehr angenehm.

Florian Lukas als freundlich-naiver Volkspolizist, Jörg Hartmann als knallharter Stasi-Karrierist und Katrin Sass als aufmüpfige Sängerin fallen besonders positiv in diesem Ensemble auf, aus dem es schwer ist herauszuragen, weil einfach alle so gut sind. Entweder gibt es für andere Serien in Deutschland nicht genug gute Schauspieler, oder es gibt nicht genug gute Castingdirektorinnen wie Heta Mantscheff, die offenbar beurteilen kann, was ein guter Schauspieler ist. Denn finden Sie mal eine andere Serie, in der niemand hölzern und unglaubwürdig agiert!


Uwe Kockisch und Katrin Sass
Weder die Einordnung als Familienserie, noch die theoretisch auf dem Papier banal klingende Inhaltsbeschreibung einer verbotenen Liebe, die sich die Liebenden aber nicht verbieten lassen wollen, werden Weissensee gerecht. Zumal das Dilemma der Familien noch auf wesentlich mehr Ebenen beschrieben wird. Das ist gut geschriebenes und  gut umgesetztes Fernsehen, das nicht nur spannend ist, wenn pünktlich zum Episodenende die hochdramatischen Cliffhanger zum Einsatz kommen. Dann aber am spannendsten. Und dann kommt der einzige unerfreuliche Punkt: Dass es eine ganze Woche dauert, bis es weitergeht.

Weissensee, dienstags um 20.15 Uhr im Ersten.

Michael, 14. September 2010, 10:09.

Weissensee

Ab 14. September 2010 (ARD). 6-tlg. dt. Familiendrama von Annette Hess, Regie: Friedemann Fromm.


Foto: ARD/Julia Terjung

Zwei Familien sind 1980 in Ost-Berlin an verschiedenen Punkten miteianander verbunden. Der gutmütige Volkspolizist Martin Kupfer (Florian Lukas), Sohn des Stasi-Generalmajors Hans (Uwe Kockisch) und Bruder des skrupellosen Stasi-Karrieristen Falk (Jörg Hartmann), verliebt sich in Julia (Hannah Herzsprung), die Tochter der aufmüpfigen Sängerin Dunja Hausmann (Katrin Sass). Die wurde nur deshalb noch nicht aus dem Verkehr gezogen, weil Hans früher mal was mit ihr hatte und heute noch seine schützende Hand über sie hält. Das wissen die Kinder aber nicht. Und auch sonst niemand. Würde das öffentlich, wäre für Hans die Stasi-Karriere vorbei. Er ist daher auch strikt gegen die Liaison zwischen Martin und Julia und verbietet sie. Julias Mutter Dunja ist auch dagegen und verbietet sie, weil ihre Tochter nichts mit diesen Stasi-Leuten zu tun haben soll. Doch Martin und Julia lassen sich ihre Liebe nicht verbieten. Sie kämpfen gegen die privaten Widerstände ebenso wie die staatlichen: Denn Falk würde Julia am liebsten wegen versuchter Republikflucht einbuchten. Und ihren Ex Robert Snyder (Steffen Groth) gleich mit.

Spannendes Familiendrama, das weit über die persönlichen Verwicklungen hinaus den Alltag in der DDR der frühen 80er-Jahre schildert. Die 50-minütigen Folgen laufen dienstags um 20.15 Uhr.

Die DDR schafft sich ab

Das Schöne an Geschichtsdokumentationen ist, dass man gegebenenfalls etwas lernt und in jedem Fall dem aktuellen Tagesgeschäft entfliehen kann. Zumindest eine Dreiviertelstunde mal Gesichter der Vergangenheit sehen, und nicht dieselben Nasen, die sonst den ganzen Tag die Schlagzeilen beherrschen.

Im ersten Teil der ARD-Doku Damals nach der DDR schildern Zeitzeugen, Mauerspechte, Flüchtlinge, Politiker, was vor zwanzig Jahren… Ähm – MOMENT! Dieses Gesicht der Vergangenheit kenne ich doch!

Thilo Sarrazin!?

Gut, klar, er war damals im Bundesfinanzministerium für innerdeutsche Beziehungen zuständig; in seinen Bereich fielen das Begrüßungsgeld und die Währungsreform.

Und so jemanden will man in einer solchen Doku doch sehen: Einen kompetenten Gesprächspartner, der von allen ernst genommen wird!

Ah, richtig, da war der Haken, beim Ernst. Lenkt in diesen Tagen nicht allein schon sein Anblick vom Inhalt ab? Hätte man Thilo Sarrazin vor der Ausstrahlung der weißgottwann produzierten Doku aus aktuellem Anlass herausschneiden müssen? Natürlich nicht. Auch wenn es vermutlich konsequent gewesen wäre, ihn nach allem anderen auch aus einer bereits fertigen Fernsehsendung zu entfernen. Hätte man vielleicht einen Hinweis einbauen können, wann die Sendung produziert wurde? Auch Quatsch. Titel und Thema besagen schon, dass es um 1989/1990 geht.

Irgendwie wirkt es zwar merkwürdig, aber zugleich sogar ganz angenehm, dass Thilo Sarrazin auftreten und darüber reden kann, wie das damals war, als die DDR-Bürger in den Westen kamen, ohne dass sofort alle Zeter und Mordio schreien.

Die ARD schafft es, mit Thilo Sarrazin ein sachliches Gespräch über Zuwanderung zu führen! Wer hätte das gedacht?

Vielleicht ist das alles aber auch nur Teil des ARD-Themenabends „Von den Ereignissen überholt“. Der anschließende Trailer, der für die Rückkehr von Harald Schmidt am Donnerstag wirbt, endet mit den Worten der Off-Sprecherin „Natürlich im Ersten“ und einem anschließenden Ausschnitt aus einer alten Schmidt-Sendung, in dem er gerade „Nicht zu fassen“ sagt. Das wirkt heute auch unfreiwillig viel lustiger als es gedacht war.

Antworten kann ohnehin nur der allwissende Beckmann geben. Dessen Thema heute: „Der richtige Umgang mit Thilo Sarrazin“.

Michael, 13. September 2010, 23:36.

Harald Schmidt bald wieder öfter und anderswo

Harald Schmidt wechselt erneut den Sender. Ab September 2011 wird er wieder die Sat.1-Zuschauer überfordern. Ein origineller Name für die Show, die zweimal pro Woche um 23.15 Uhr kommen soll, ist auch schon gefunden: Die Harald Schmidt Show.

Zum besseren Verständnis Harald Schmidts komplizierte Laufbahn nochmal im Überblick:

1988-1995 ARD
1995-2003 Sat.1
2004-2011 ARD
2011- Sat.1
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Michael, 13. September 2010, 15:49.

Fünfeinhalb Tore und zweieinhalb Männer

Der Blick auf die Einschaltquoten vom Dienstagabend beweist zum einen Bekanntes: Übertragungen von Fußball-Länderspielen sind immer eine sichere Bank, und die zeitgleiche Konkurrenz leidet darunter.

Zum anderen offenbart er aber auch Interessantes: Nicht alle Konkurrenten leiden gleichermaßen. Und dies ist nicht nur bei naheliegenden Beispielen zu beobachten, also wenn das Gegenprogramm eine ganz andere Zielgruppe anspricht.

Schon vor einiger Zeit hat ProSieben die kluge Entscheidung getroffen, seine frauenaffinen Serien ausgerechnet auf den Mittwochabend zu legen, an dem im Konkurrenzprogramm so oft wie an keinem anderen Abend Live-Fußball zu sehen ist. Seitdem laufen Desperate Housewives und  Grey’s Anatomy stur und unbeeindruckt mit konstanten Zahlen weiter und können als Beleg für das Klischee herhalten, dass Fußball ein Männerprogramm sei. Die Sonnenbrillenserie CSI: Miami dagegen erlitt einen starken Einbruch, während gestern die deutschen Fußballer fünf Tore schossen und 6:1 gegen Aserbaidschan gewannen. Klar, die Zielgruppen für blutige Krimis und Blutgrätschen sind ja wohl ähnlich, gell?

So einfach ist und bleibt es aber nicht. Die Simpsons, laut einer Untersuchung vom Frühjahr die Serie mit dem höchsten Männeranteil unter den Zuschauern, musste keine Abstriche machen, die über die normalen Quotenschwankungen hinausgingen. Und auch Two And A Half Men, wo es normalerweise nur um Sex und Saufen geht, erreichte anschließend wie gewohnt knapp Two And A Half Million. Sind deren Zuschauer jünger als die Fußballfans? Vergangenen Freitag zeigte aber auch Wer wird Millionär? keine nennenswerten Einbußen gegen das Länderspiel unter dem schon etwas älteren Stammpublikum.

Eine Antwort muss ich schuldig bleiben. Aber warum soll ich schlauer sein als Fernsehmacher, die ihr ganzes Berufsleben oft vergeblich damit verbringen, strategisch richtiges Alternativprogramm zu dem der Mitbewerber anzubieten oder umgekehrt Programme zu finden, für die sich auch die Zuschauer ihrer eigenen anderen Programme interessieren? Wären Quoten und Zielgruppen vorhersehbarer, hätte ProSieben längst eine Mittwochsserie gefunden, für die die Zuschauer auch nach den etablierten Serien dranblieben. Und die Sender müssten nicht wild ungeordnete Werbung für alle ihrer Sendungen in jede andere Sendung knallen, sondern könnten die Sache gezielt angehen. Mit Einblendungen wie bei Amazon:  „Zuschauer, die sich für CSI: Miami interessieren, interessieren sich auch für: Fußball.“

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Michael, 8. September 2010, 18:20.

Ziehung der Lottozahlen

Seit 1965 (ARD). Fünf-Minuten-Show, in der jeden Samstag live die Lottozahlen „6 aus 49“ plus Zusatzzahl gezogen werden (seit 1991 auch plus Superzahl) und die Gewinnzahlen verschiedener Zusatzlotterien ermittelt bzw. bekannt gegeben werden: Glücksspirale (seit 1969), Spiel 77 (seit 1975), Super 6 (seit 1992).

Der Deutsche Lottoblock war bereits 1955 gegründet worden und hatte eine sonntägliche Ziehung eingeführt (schon seit 1953 hatte es in Westberlin eine Lottoziehung „5 aus 90“ gegeben). Ab dem 04.09.1965 übertrug die ARD die Ziehung, nun am Samstag, immer aus Frankfurt am Main. Die Gewinnzahlen der ersten Fernsehziehung lauteten 13, 21, 35, 36, 45, 46, Zusatzzahl: 1.

Sendeplatz ist seit jeher nach der großen Samstagabendshow gegen 22.00 Uhr, nur von 1993 bis 2009 kam sie schon vor der 20.00-Uhr-Tagesschau. Moderatorin war anfangs Karin Dinslage, ab 1967 für mehr als 30 Jahre Karin Tietze-Ludwig, die als Lottofee berühmt wurde. Jede Ziehung leitete sie ein mit den Worten „Der Aufsichtsbeamte hat sich vor der Sendung vom ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes und der 49 Kugeln überzeugt.“ Dieser berühmt gewordene Satz wurde 1986 abgeschafft, gleichzeitig gab es eine neue Dekoration, und die Zahlen erschienen hinterher noch einmal auf einer elektronischen Anzeigetafel, nicht mehr auf Holzklötzchen, die die Ansagerin vor sich auf einen Schreibtisch stellte. Tietze-Ludwigs Nachfolgerin wurde 1998 Franziska Reichenbacher, die auch den stets anwesenden Aufsichtsbeamten erstmals seit zehn Jahren wieder mit dem nostalgischen Satz erwähnte, aber nur einmal.

Die eigentliche Ziehung ist Aufgabe des Ziehungsteams, zu dem neben dem Urkundsbeamten weitere Mitarbeiter von Hessen-Lotto gehören. Zwei Assistentinnen legen die Kugeln ein – es handelt sich um nummerierte Tischtennisbälle – und steuern die Ziehungsgeräte, ein Ziehungsleiter überwacht den Ablauf und kann jederzeit im Fall einer Panne eingreifen. Von Zeit zu Zeit kam es mal zu einer: Im Februar 1999 zerbrach während der Ziehung die Kugel mit der Ziffer 6. Ein paar Wochen später blieb eine Kugel in den Greifarmen der Maschine hängen.

Aufruhr verursachte eine Satire des Politmagazins Monitor 1994, in der scheinbar nachgewiesen wurde, dass Finanzminister Theo Waigel die Ziehung der Lottozahlen manipulierte, um seine Staatskasse zu sanieren. Viele Zuschauer nahmen den Beitrag ernst.

1982 kam zur Samstagsziehung das Lotto am Mittwoch im ZDF dazu, das 2000 mit dem Samstagslotto zum gleichen Wettbewerb zusammengelegt wurde.

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