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„Bleiben Sie trotzdem dran.“

Montag, 10. Dezember 2007, 21:24

Jetzt sucht der Bauer wieder ne Frau, aber ich glaube, so spannend wie bei uns kann das trotzdem nicht werden.

Günther Jauchs Programmhinweis auf die nachfolgende Sendung, nachdem eine Kandidatin bei Wer wird Millionär? eine halbe Million gewonnen hatte und ein anderer mit null Euro nach Hause gegangen war.

„Das wär‘ jetzt aber blöd, wenn das nicht ankommt“

Mittwoch, 30. April 2008, 13:48

Dem Autor Orkun Ertener verdankt das Fernsehen den überdeutschen türkischen RTL-Ermittler Sinan Toprak, den knurrigen Kieler Tatort-Kommissar Klaus Borowski — und die atemberaubende und preisgekrönte Krimiserie KDD — Kriminaldauerdienst. Ab Freitag zeigt das ZDF die zweite Staffel der nicht nur für ZDF-Verhältnisse außergewöhnlichen Serie. Ein Werkstattgespräch.

 

Woher kam die Idee zu Kriminaldauerdienst?

Orkun Ertener: Vor vielen Jahren, ungefähr 2002, haben mich die Produzenten Mischa Hofman und Kathrin Breininger gefragt: Hast du nicht Lust, eine authentische, aber billige Krimiserie zu schreiben? Ich war schon damals Liebhaber von amerikanischen Ensemble-Stücken und hatte das Gefühl, das haben wir im deutschen Fernsehen noch gar nicht: diese horizontalen Erzählstrukturen mit Geschichten, die sich über mehrere Folgen erstrecken. Ich wollte gerne ein Medical Drama mit einem Police Drama kombinieren, so etwas wie E.R. auf der Polizeiwache. Und dann haben wir lange daran entwickelt.

Eine „billige“ Krimiserie?

Eine kostengünstige. Es ist dann aber doch eine eher teure, gut ausgestattete Produktion geworden.

Aber was heißt der Auftrag „billig“ für einen Autor?

Zum Beispiel wenig Aufmerksamkeit in abstürzende Polizeihubschrauber zu legen, sondern auf den Dialog: ein echtes Drama.

Wie kam das ausgerechnet ins ZDF?

Der Redaktion, Klaus Bassiner und Axel Laustroer, hat das Pilotbuch, das wir ohne Senderauftrag entwickelt hatten, gefallen, nach der Legende hat es dann auch der Programmdirektor irgendwann im Flieger gelesen und gesagt: Wir machen das. Am Anfang gab es noch den Plan, es mittwochs zu senden, auf dem Platz, an dem Kanzleramt untergegangen ist — was nach meiner Vermutung KDD genauso ergangen wäre. Dann entschied das ZDF, das am Freitag laufen zu lassen…

… auf dem traditionellen Platz für die biedersten Krimis im deutschen Fernsehen.

Das ist sehr, sehr zweischneidig. Einerseits glaube ich wirklich, wir wären am Mittwoch untergegangen. Andererseits ist die erste Staffel am Freitag kaum wahrgenommen worden. Das ZDF hat, glaube ich, zu wenig kommuniziert: Das ist zwar der Termin, auf dem auch Der Alte läuft, aber was dann kommt, Kinder, ist was ganz anders — Publikum mit Herzbeschwerden bitte abschalten, die anderen bitte zuschalten. Es gab dann bei Quoten auch eine richtige Kurve nach unten.

Woran lag das?

Das ist schon ein Kulturschock. Es ist kein Wunder, dass viele traditionelle ZDF-Krimi-Zuschauer abschalten; es müssten aber andere hinzukommen, und das ist in der nicht ausreichend passiert. Aber wenn man das besser kommuniziert, was bei der zweiten Staffel mehr geschieht, ist der Freitag gar nicht schlecht.


Foto: ZDF

War KDD als Berlin-Drama konzipiert?

Nein. Ich hatte viel hier in Köln recherchiert und wollte das hier auch erzählen. Ich dachte, Berlin könnte zu klischiert sein, bei den Geschichten, die ich erzählen wollte. Das ZDF fand aber, dass Köln ein bisschen abgefilmt ist. Was kommt dann in Frage? Kreuzberg, Neukölln — immer noch mit großen Ängsten von mir begleitet. Aber das hat sich als großartige Senderentscheidung erweisen. Ich würde heute sagen, das könnte nirgends anders spielen — obwohl viele Geschichten gar nicht von dort kommen.

Vieles an KDD ist ungewöhnlich. Zum Beispiel erzählen Sie realistisch anmutende soziale Dramen, entscheiden sich aber im Zweifelsfall für den größeren Knall, den besseren Unterhaltungswert.

Ja. Mir war die Dramaturgie oft wichtiger als Realismus oder die Anmutung von Authentizität. Wir reden von Fiktion, nicht Dokumentation.

Andererseits ist es kein Märchen, die Geschichten wirken echt.

So gut wie jeder Kriminalfall in KDD ist wahr. Ich möchte erfahren: Wie können Menschen sein? Was passiert ihnen? Ich war für ein paar Tage hier beim KDD, um zu sehen: Wie sind die, was reden die, wann kriegen die glänzende Augen? Dann erzählen die diese unglaublichen Geschichten wie die von der Mutter, die behauptet, ihr Kind sei entführt worden – dabei hatte sie es nur erfunden, um jahrelang Sozialleistungen zu bekommen. Wenn sechs, sieben Leute da arbeiten und ihnen solche Geschichten begegnen, und jeden Tag eine neue: Was macht das mit denen? Das ist die Grundfrage, der Motor der Serie.

Die ganze Geschichte mit dem erfundenen Kind ist eine von vielen Miniaturen in KDD. Sie ist, alles in allem, vielleicht fünf Minuten lang.

Höchstens.

Sie tippen das nur einmal an und sagen: Ich habe hier folgende Geschichte. Die führt aber nicht irgendwo hin, sondern funktioniert als Pointe.

Ja. Viele Geschichten, nicht alle, sind auf einen überraschenden Moment hin erzählt. Das Erzählkonzept beruht aber auch darauf zu sagen: So ist es da ja im Kriminaldauerdienst, die die Fälle nur am Anfang bearbeiten und dann weitergeben. Aber so ist es in unserem Leben und unserer aller Arbeit ja auch oft: Man hat nur einen Eindruck, kann kurz auf etwas reagieren, und das war’s. Ich wollte die Splitter zeigen, ohne die Geschichte von vorne bis hinten zu erzählen und zu wissen, wie sie moralisch zu bewerten ist. Das ist ein Anspruch von mir: nicht zu moralisieren, sondern moralische Fragen aufzuwerfen.

Im „Tatort“ hätte die Kindesgeschichte allein 90 Minuten gefüllt.

Es gibt eine bestimmte Erzähltradition beim Tatort, zum Glück nicht die einzige, die ich ganz entsetzlich finde. Da werden Dinge zerdehnt und bewertet und dadurch verlieren sich die Impressionen, die bohrende Fragen, die sie auslösen können.

Bei manchen dieser Miniaturen habe ich mich gefragt, ob das nicht auch etwas Frivoles hat – kurz das Elend von Personen zu zeigen, die man dann sofort wieder aus den Augen verliert, nur um eine Pointe zu setzen.

Das ist in der Tat eine berechtigte, hochmoralische Frage. Da ist diese ganz kurz erzählte Geschichte mit der Frau, die Krebs hat und aus Geldgründen, ihrer Familie zuliebe, Selbstmord begeht. Ich finde, diese Figur ist ernsthaft erzählt und auch so inszeniert. Dann darf man sie auch benutzen: Wenn man das Gefühl hat: Es sind nur 20 Sekunden, aber es ist ein wahrhafter Augenblick. Und es gibt ein paar wirklich wahrhafte Momente in KDD.


Foto: ZDF

KDD hat aber auch etwas von einer Seifenoper. Manchmal übertreiben Sie es mit den Geschichten und den Knalleffekten, die Sie Ihren Figuren zumuten. Ist es gefährlich, mit den Figuren so frei spielen zu können?

In der ersten Staffel haben wir experimentiert, manchmal mit einer kindlichen Freude, die Formen auszuprobieren. Die Figuren haben alle eine Macke: Der eine verliert die Tochter, der andere muss mit seinem Alkoholismus kämpfen. In der Anhäufung ist das schon gefährlich. Vielleicht war da auch die Angst, dass das womöglich die einzige Staffel ist, die es geben wird — ich will da alles erzählen. Sonst hätte man es eher wie bei amerikanischen Vorbildern gemacht, die sagen: Den Charakter können wir auch in Staffel sieben noch zum Tablettenabhängigen machen. Aber in der Zukunft heißt es für KDD vielleicht auch, die Häufung von persönlichen Schicksalsschlägen wieder ein bisschen zurückzunehmen.

Ist denn eine dritte Staffel schon sicher?

Ja, es gibt einen Auftrag, und ich sitze gerade an der Entwicklung. Gut, falls die Quoten miserabel sind,stellen sich vielleicht wieder Fragen.

Ist das normal, dass ein Sender das vorab in Auftrag gibt? Schon die zweite Staffel war angesichts der Quoten ja keine Selbstverständlichkeit.

Sie haben zum Glück nach den ersten drei oder vier Folgen entschieden, da war der Schnitt noch okay.

Es hat gerade gereicht.

Ja. Und die gute Presse hat sicher geholfen und später die Preise. Es ist eine Art ungeliebtes Wunderkind: Eigentlich möchten das alle machen, aber es hat noch nicht den Quotenauftrag erfüllt.


Foto: ZDF

Die erste Staffel endet dramatisch offen: Einer völlig misslungenen Aktion, an deren Ende das ganze Personal im Blut liegt. Das wirkt, als wollten Sie sich die Möglichkeit offen lassen, das halbe Ensemble auszutauschen.

Nein, das war keine Option. Es war aus dramaturgischen Gründen klar, dass Rainer Sallek (Christian Redl) stirbt. Aber sonst niemand. Und die Figur des internen Ermittlers Stieglitz war schon lange vor der Besetzung meine Lieblings-Nebenfigur, dann kam Michael Rotschopf als Schauspieler, und der ist so großartig, der muss auf jeden Fall am Leben bleiben.

Aber Sie hatten auch einfach kindliche Lust, mit dem fiesestmöglichen Cliffhanger aufzuhören, oder?

Ja, aber wir wollten auch sagen: Es hört noch nicht auf, Kinder, es geht weiter. Wir haben Zeit — wir haben uns sehr gehetzt in der ersten Staffel, aber es kommt eine zweite. Ich möchte den Figuren lange nachgehen und versuchen, so ernst wie möglich zu erzählen, wie sie in dieser Zeit sind. Es gibt da die Kristin, die Saskia Vester spielt, das ist eine alte Figur: Ich habe bei Recherchen für Stahlnetz mit einer Polizistin über Mobbing bei der Polizei gesprochen, und da fiel der Nebensatz: Und wenn man jetzt noch lesbisch wäre, das wäre tödlich. Aus so einem Satz entsteht manchmal eine ganze Figur: Was wäre wenn? Vielleicht würde man in anderen Serien erst einmal nur diese Geschichte erzählen und die anderen Polizisten wären eher unauffällig — bei KDD ist es so, dass jede einzelne Figur so einen interessanten Kern hat.

Die lesbische Polizistin hat sich aber vorerst mal einen Mann gesucht. Es gibt die Kritik, dass hinter der modernen Fassade von KDD ein sehr konservatives Weltbild stecke. Finden Sie das eine legitime Kritik?

Grundsätzlich nein. Andererseits ist es natürlich so, dass zum Beispiel in 24, einer Serie, die ich dramaturgisch unglaublich toll finde, ein Weltbild transportiert wird, das mich zum Kotzen bringt. Schon das Szenario der permanenten Bedrohung, und es gibt nur die Lösung durch Gewalt. Ich glaube aber nicht, dass in KDD eine Lebensart diffamiert und eine andere gefeiert wird. Wir zeigen: Es gibt Gewalt. Es gibt auch eine Gewaltbereitschaft bei Polizisten. Aber da wird keine Ideologie transportiert.


Foto: ZDF

Sind Sie jetzt angefixt, was das Serien-Schreiben angeht?

Vor vier, fünf Jahren, habe ich gedacht: Die Serie ist die Königsdisziplin des Fernsehens, und ich möchte das gerne machen. Eigentlich ist das auch jetzt noch so — theoretisch. Aber die letzten Jahre frage ich mich: Was soll ich hier erzählen? Alles, was mich interessiert, floppt. Ich habe das Gefühl, als befänden wir uns in einer Beerdigungsphase: das Ende der Fiktion. Es gab ein Projekt, auf das ich viel Lust hatte, eine Krankenhausserie, sehr realistisch erzählt, auch ein bisschen ambitionierter (was auch immer das heißt). Ich habe lange recherchiert, war im Krankenhaus, und es waren auch schwere Geschichten: Wenn Kinder sterben, ist das nicht so schön. Der Sender hat dann irgendwann gesagt, so schwer geht das nicht. Nicht im Moment. Wenn es überhaupt noch Fiction gibt, ist die Frage überall: Kriegen wir das nicht auch ein bisschen leichter?

Die Sender wollen keine düsteren Serien.

Ja, aber was ist „düster“? Was ist „hell“? Ich finde KDD überhaupt nicht düster.

Nicht?

Nein. Eigentlich, um es ganz pathetisch zu formulieren, obsiegen doch am Ende immer die positiven Werte. Es gibt eine Loyalität in dieser Gruppe von Polizisten, sie werden aufgefangen, alle miteinander, wem auch immer es schlecht geht. Es gibt Figuren wie Stieglitz, die sich in eine Sache reinwühlen, um sie aufzuklären, das ist für mich hell. Aber natürlich sieht das düster aus. Aber was mit den Kriterien „düster“ und „hell“ gemeint ist, ist vermutlich Eskapismus: Hilft es mir, mich wegzuträumen, oder hilft es mir nicht?

In dem Sinne ist KDD beides: fantastisch und realistisch.

Wenn die Dinge im Fernsehen fiktional authentischer erzählt werden, heißt es: Können wir nicht mehr in Richtung Märchen gehen, mit einer schönen moralischen Auflösung? Gleichzeitig gibt es ein unglaubliches Bedürfnis nach Authentizität — im nicht-fiktionalen Bereich, mit Schuldnersendungen zum Beispiel, auch ohne Happy End. Ich habe mal eine leichte, durchaus auch eskapistische Serie über einen Insolvenanzwalt vorgeschlagen. Die Antwort war: Das ist zu düster. Da geht es um Schulden, existenzielle Krisen, Arbeitslosigkeit… Dabei funktioniert das im Doku-Bereich hervorragend.

Es gibt wenige deutsche Serien, in die das Leben schwappt.

In Serien nicht, aber in Einzelstücken, den Tatort. Aber was wirklich fehlt und mich auch als Zuschauer interessiert: Ein moralisches Dilemma hinzustellen und es nicht zu lösen. Weil, woher soll ich die Lösung wissen? Ich sehe bei den Serien auch kein Licht am Horizont. Ich würde gerne eine BND-Geschichte machen, erzählt durch eine Paartherapie von einem Ehepaar, das zusammen arbeitet und Spionagegeschichten zum Therapeuten bringt. Das hab ich gar nicht erst versucht. Sobald Sie das jemandem erzählen, wird der Ihren Puls fühlen. Das ist zu komplex.


Foto: ZDF

Haben Sie mit der Resonanz auf KDD gerechnet?

Ich hab wirklich eineinhalb bis zwei Jahre nichts anderes gemacht als das. Das war quasi mein Leben. Und ich hatte wirklich das Gefühl, dass wir alle etwas Großartiges machen: Lauter verrückte Menschen, die da zusammen gearbeitet haben. Mit Kathrin Breininger der Glücksfall einer mutigen, klugen Produzentin. Dann Nessie Nessauer, die das Casting gemacht hat, was sie sonst für Serien nie macht. Saskia Vester als lesbische Polizistin zu besetzen — was ist das denn für eine Idee! Ich hatte das Gefühl, ich schreibe etwas Großartiges — und das habe ich selten. Ich habe nicht gedacht, ich mache das perfekt, aber es ist etwas Neues. Und dann kam immer eine Schicht dazu: die unglaubliche Ausstattung, eine tolle Kamera, dieses großartige Ensemble. Und wir haben so gearbeitet, wie andere nicht arbeiten. Mit ausführlichen Leseproben vor jedem Block. Jetzt sprechen wir sogar vor der Staffelentwicklung mit den Schauspielern, das ist ein großer Luxus und macht ungeheuren Spaß. Und ich hatte tatsächlich das Gefühl: Das wär‘ jetzt aber blöd, wenn das nicht ankommt. Mit dieser positiven Resonanz habe ich aber trotzdem nicht gerechnet.

Meinen Sie, dass so was eine Wirkung hat und andere ermuntert, ähnliches zu probieren?

Dafür hätte es schon der überragende Quotenerfolg sein müssen. Es ist ja nicht so, dass die Sender denken: Das ist qualitativ toll, das wollen wir auch, weil wir auch Preise wollen. Es gab die letzten zwei Jahren, glaube ich, keine einzige erfolgreiche Serie außer dem Bergdoktor.

KDD – Kriminaldauerdienst, freitags, 21.15 Uhr, ZDF.

Das Gespräch ist die Langfassung eines Interviews, das in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ erschienen ist.

„Leckt mich!“

Montag, 12. Januar 2009, 07:10

Dass es sich bei den Golden Globes die „lustige Preisverleihung“ handelt, ist eine Behauptung, die ausschließlich von Teilnehmern der Veranstaltung kolportiert wird. Sie basiert auf der Tatsache, dass es bei den Golden Globes keinen Moderator, aber Alkohol gibt. Für die Zuschauer vor dem Fernseher macht das die Sache eher noch langweiliger, weil die ganze Veranstaltung nur eine Aneinanderreihung von Preisvergaben ist, ähnlich wie die letzte Stunde der Oscar-Verleihung, wenn die Produzenten merken, dass sie schon wieder schlecht in der Zeit liegen und panisch jede Comedy-Einlage spontan streichen.

So war das Highlight der Golden Globes in dieser Nacht der, der bei fast jeder amerikanischen Preisverleihung der vergangenen Jahre eins der Highlights war: Der Brite Ricky Gervais, der darauf hinwies, dass man die von Hollywoods ausländischen Journalisten vergebenen Golden Globes ohnehin nicht so richtig ernst nehmen könne, denn er sei ja nicht einmal nominiert.

Welch eine Verschwendung. Das war das letzte Mal, dass ich Sex mit 200 Journalisten mittleren Alters hatte.

An Kate Winslet gerichtet, die sonst für wichtige Preise immer nur nominiert wird, heute aber zwei Golden Globes an einem Abend gewann (für Revolutionary Road“ und „The Reader“) sagte er, in Anspielung auf ihren Gastauftritt in seiner Serie Extras:

Gut gemacht, Winslet! Ich hab dir ja gesagt, mach einen Holocaust-Film, und die Preise kommen!

Und fügte hinzu:

Das Blöde an Holocaust-Filmen ist, dass es auf der DVD nie eine lustige Patzercollage gibt.

Tina Fey, die wie üblich gleich mehrere Preise für ihre tolle Serie 30 Rock gewann, erklärte in ihrer Dankesrede:

Wenn Sie sich jemals zu gut fühlen, es gibt das dieses Ding namens Internet. Da finden Sie eine Menge Leute, die Sie nicht mögen. Einigen von ihnen möchte ich jetzt etwas sagen: Leckt mich!

Wer sich dafür interessiert, dass Heath Ledger einen und „Der Baader-Meinhof-Komplex“ keinen Preis bekommen hat und bei den Fernsehkategorien ausschließlich Serien ausgezeichnet wurden, die im deutschen Free-TV nicht gezeigt werden, findet hier alle Nominierten und Gewinner.

„Man hätte sie entlassen sollen“

Montag, 18. Februar 2008, 21:51

Der Schriftsteller Martin Walser, um den es jetzt hier nicht gehen soll, wühlte in der vergangenen Woche Erinnerung an die schlimmen Sonntagabende nach dem Tatort auf, die man doch so erfolgreich verdrängt hatte. Ohne die Journalistin beim Namen zu nennen, eröffnete er seine Rede mit der Schilderung einer vier Jahre alten Ausgabe dieser Polittalkshow. Walser sollte auf Einladung des Instituts für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität zum Thema „Kritik oder Zustimmung: Was hilft mehr?“ sprechen, änderte es aber kurzerhand in „Kritik, Zustimmung oder Geistesgegenwart“.
Der Deutschlandfunk strahlte die Rede am Wochenende aus.

Ein einfaches Beispiel: Clinton im deutschen Fernsehen. Die interviewende Journalistin fragt alles Mögliche, kommt dann aber dazu, den ehemaligen Präsidenten der USA nach jener Praktikantin zu fragen. Das ist eigentlich eine skandalöse Frage. Nicht der Skandal, der da irgendwann einmal war, ist jetzt skandalös, sondern diesen Gast in Deutschland mit diesem Thema zu belästigen. Es dient keinem Informationsinteresse! Wir haben alles, was man darüber wissen kann, wochenlang breitgetreten in unseren Medien wahrgenommen. Aber die Journalistin kommt sich sicher mutig und groß vor, wenn sie den Gast mit diesem Thema plagt! Sie verhält sich kritisch! Extrem kritisch! Dadurch fühlt sie sich, wie sich noch nie gefühlt hat!

Clinton war nach dieser peinlichen Anmache zu. Wir können gar nicht mehr fragen, wie wäre Clinton, wenn man ihn nicht durch diese dumme Kritikroutine verstimmt hätte, wie wäre er, wenn er sich nur herzlich als Gast aufgenommen gefühlt hätte, wie wäre er da vielleicht aus sich herausgegangen? Vermuten darf man, dass wir viel mehr von ihm erfahren hätte, wenn er nicht verstimmt worden wäre! Wahrscheinlich ist der Journalistin hinter den Kulissen nachher gratuliert worden zu ihrer ebenso sinnlosen wie unangenehmen Frage. Ich finde, man hätte sie entlassen sollen.

„Natürlich müssen die Zuschauer das Format annehmen“

Freitag, 9. Mai 2008, 12:11

Joachim Kosack ist gerade vom Fiction-Chef bei Sat.1 zum Fiction-Chef bei ProSiebenSat.1 befördert worden. Der Zeitschrift „Tendenz“ der Bayerischen Landesmedienanstalt hat er zuvor noch ein Interview gegeben (pdf):

Herr Kosack, das Thema dieser Ausgabe dreht sich um Fernsehen im Spannungsfeld zwischen Quote und Qualität. Was bedeutet für Sie Programmqualität und welche Sendungen im Bereich Fiction betrachten Sie als qualitativ hochwertig?

Kosack: Qualität ist dann vorhanden, wenn es uns gelingt das spezifische Programmversprechen einzulösen, das wir gegeben haben. Und natürlich müssen die Zuschauer das Format annehmen. Dies ist uns aktuell beispielsweise gelungen bei der Serie „GSG 9“ (…).

Gestern waren die Quoten von GSG 9 soweit gesunken, dass sich Sat.1 in der Zielgruppe, wie das Medienmagazin DWDL.de berichtet, nicht nur ProSieben und RTL geschlagen geben musste, nicht nur Vox, RTL II und kabel eins und nicht nur ARD und ZDF, sondern sogar Super RTL.

Vermutlich wünscht sich Herr Kosack im Nachhinein, er hätte ein anderes aktuelles Beispiel für Serienqualität und Publikumsakzeptanz bei Sat.1 genannt… Nein, falsch: Vermutlich wünscht sich Herr Kosack, es gäbe ein aktuelles Beispiel für Serienqualität und Publikumsakzeptanz bei Sat.1.

„You can’t get away with **** on CNN“

Dienstag, 13. Oktober 2009, 22:32

Jon Stewart ist in seiner Daily Show so oft so gut, dass man eigentlich andauernd Videos daraus zeigen möchte, was man dann aber auch nicht möchte. Aber seine aktuelle Abrechnung mit dem, was CNN so unter Journalismus versteht, ist dann doch ein besonders zu würdigender Höhepunkt der ersthaft-komischen und komisch-ernsthaften Medienkritik:
 

The Daily Show With Jon Stewart Mon – Thurs 11p / 10c
CNN Leaves It There
www.thedailyshow.com
Daily Show
Full Episodes
Political Humor Ron Paul Interview

[via Netzfeuilleton]

„Zapp“? – „Eine riesige Enttäuschung!“

Samstag, 20. Dezember 2008, 16:37

Mit dem gleichen hinterhältigen Trick wie in den vergangenen Jahren hat sich das Weihnachtsfest herangeschlichen und steht, wie viele Menschen in diesen Tagen erschrocken feststellen, plötzlich unmittelbar bevor. Eine naheliegende Frage angesichts dieser Überraschung lautet: Wäre denn dieses „Zapp“-Büchlein der Herren Reufsteck und Niggemeier, von dem man so viel hört, ein geeignetes Geschenk in letzter Minute? Unsere Antwort darauf lautet: Kommt drauf an, wen Sie fragen.

„Westdeutsche Allgemeine Zeitung“:

Fernsehen kann tödlich einschläfernd sein – das musste Deutschlands berühmteste Hausmeisterin Else Kling erfahren: Die streitbare Hauptfigur der Vorabendserie „Lindenstraße“ entschlief friedlich vor der Glotze, als sie sich in Folge 1069 des ARD-Dauerbrenners eine Episode der – „Lindenstraße“ anschaute.

Nicht der einzige kuriose Todesfall: Else Klings Mann Egon wurde von einem Mofa überfahren, ein Theologe namens Steinbrück mit der Bratpfanne erschlagen, eine Tierschützerin siechte nach dem Biss einer tollwütigen Katze dahin. Nachzulesen ist das alles im höchst vergnüglichen Buch „Zapp! Merkwürdigkeiten aus der Fernsehwelt“, dem Nachschlagewerk der TV-Experten Stefan Niggemeier und Michael Reufsteck. (…)

„Frankfurter Rundschau“:

(…) Manchmal chronologisch, oft aber irgendwie wahllos aneinandergereiht, erinnern die 22 Rubriken von „Rang und Namen“ bis „Schluss und Aus“ einerseits an die Bestsellerreihe „Schott’s Sammelsurium“, andererseits an Thomas Gsellas Fußballzitatschatz „So werde ich Heribert Fassbender“, schafft aber doch viel mehr: ein Link in jede persönliche TV-Historie nämlich, eine Zeitreise aufs Sofa der eigenen Kindheit, wie sie derart popkulturell nur Florian Illies‘ erbrachte. (…)

„Zapp!“ ist ein Kompendium der Glotze für all jene, denen sie eigentlich zu profan ist, um einzuschalten. Die womöglich keine Zeit haben, sich alles anzusehen. Oder sich nichts darin entgehen lassen wollen. Manchmal wird Fernsehen durchs Lesen erst schön.

„Stuttgarter Zeitung“:

Wer einmal anfängt, in dem Buch „Zapp“ von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier zu blättern, legt es nicht mehr so schnell weg. Auf amüsante Weise durchpflügen sie die TV-Welt, stellen „elementare Fragen, die das Fernsehen aufwirft“, beschreiben die Supertricks von MacGyver und erzählen kuriose Anekdoten.

„20 Cent“:

(…) Dumm nur, dass das komplette Buch lediglich ein zusammenhangloses Sammelsurium an altbekannten und völlig überflüssigen TV–Fakten enthält. Eine riesige Enttäuschung (…). Stattdessen die x–te Wiederholung längst totgedroschener Versprecher, nicht endenwollende Listen mit Todesarten aus der Lindenstraße oder Austragungsorte von Wetten dass…?! Diese witzlose Resteverwertung braucht kein Mensch!“

Äußerst liebes Tagebuch

Montag, 23. Juni 2008, 06:29

Man würde sich wünschen, dass mal wieder eine Serie daherkommt, die auf den Ich-Erzähler aus dem Off verzichtet. Bei Ally McBeal und Sex And The City war das vor zehn Jahren originell, bei Malcolm mittendrin und Scrubs auch noch, aber dann wurde es allmählich langweilig und man fragte sich, ob diese Produzenten einfach nicht mehr in der Lage sind, eine Handlung so zu verfilmen, dass keine Erklärung mehr notwendig ist.

Nun ist eine Serie, die das Wort „Tagebuch“ im Titel trägt, vielleicht nicht gerade die richtige, um einen Verzicht auf die Off-Stimme zu erwarten. Genau genommen steht da natürlich nicht „Tagebuch“, sondern „Diary“, und warum das so ist, ist unklar. Es glaubt doch nicht ernsthaft jemand, dass die deutsche Serie zurück zum Erfolg geführt werden kann, indem man sie mit englischen Titeln tarnt, oder?


Foto: RTL

Doctor’s Diary ist bestimmt nicht die deutsche Serie, die den Erfolg zurückbringt. Dafür ist sie viel zu gut. Türkisch für Anfänger, wie Doctor’s Diary von Bora Dagtekin geschrieben, ist auch gut und hat leider auch nur wenige Fans.

Das Stilmittel der Ich-Erzählerin mag etwas überstrapaziert sein, stört aber eigentlich nicht, und der ganze Rest ist frisch und originell. Man fragt sich zwar schon aus reiner Gehässigkeit und Gewohnheit die ganze Zeit, wo die Serie zusammengeklaut wurde, und natürlich erinnern einzelne Elemente an andere Serien, doch es sticht nichts Dreistes ins Auge – und schon gar nicht Grey’s Anatomy, trotz der Ausgangskonstellation: Junge Ärztin Gretchen Haase kommt neu an eine Klinik und schwärmt für ihren Vorgesetzten. Doctor’s Diary ist wesentlich origineller und witziger als Grey’s Anatomy, und die Gags sind kurz und subtil, und dann geht es auch gleich weiter, ohne lange darauf herumzureiten.

Telefongespräch an Gretchens erstem Tag.

Dr. Fuchs: „Radiologie, Fuchs.“
Gretchen: „Ja, Dr. Fuchs, Dr. Haase hier.“
Dr. Fuchs: „Sehr witzig.“ (Legt auf.)

Der leichte, lockere, lustige, positive Grundton der Serie passt überhaupt nicht zu RTL, und wenn auch diese Serie floppt, liegt’s vielleicht immer noch daran, dass niemand mit einer solchen Serie rechnet. Umso mehr sollten die deutschen Sender ermutigt sein, in genau diesem Stil weiterzumachen. Irgendwann spricht es sich rum.

Die angenehmste Überraschung in der Serie ist Ursela Monn, die in den 80er-Jahren vor allem in ZDF-Serien zu sehen war. Sie ist als Gretchens betüdelnde, stets besorgte, spießige Mutter die realistischste Figur in der Serie und spielt die Rolle beängstigend überzeugend: Das Kindchen soll ja bloß nicht Karriere machen, sich lieber einen Mann suchen, und vor allem: Iss erst mal was, du bist ja ganz dünn. Während Gretchen, fast 30, Hobby: Schokolade essen, alle paar Minuten Bemerkungen über ihr Übergewicht macht und ihr ein Kleid nach dem anderen platzt, sagt Mutti:

Wir waren alle mal barock. Das verwächst sich.
 


Foto: RTL

Die Angst vor dem Flop ist bei RTL vermutlich wie üblich groß, sonst würde diese schöne Serie nicht im zuschauerarmen Sommer versendet. Da zum Start heute gleich zwei Folgen hintereinander laufen, dürfte aber gewährleistet sein, dass von Doctor’s Diary zumindest mehr Folgen laufen als von der letzten schönen RTL-Serie Die Anwälte.

Doctor’s Diary, montags um 20.15 Uhr bei RTL.

Öde an die Freude

Montag, 7. Januar 2008, 22:41

„Sie befinden sich auf einer nicht digitalisierten Straße“, sagt das Navi, und damit ist klar, dass die Serie Mord mit Aussicht in der tiefsten Provinz spielt. Denn manchmal werden Wünsche ziemlich schnell erhört. Erst am Freitag rief ich zum Erhalt der Kleinstadtidyllserie als Genre auf, und schon heute ist es von allen Sendern ausgerechnet die ARD, die folgsam ist.

Eine Großstadtkommissarin wird in ein Eifelkaff versetzt. Hengasch. Voller Stolz erklären die Bewohner die Herkunft des Namens. „Wenn man die Gegend von oben betrachtet, sieht sie aus wie ein Hängearsch“. Ein Kaff, in dem die Großstadtkommissarin unterfordert zu sein droht. Hier geschehen keine Morde. Nur Selbstmorde.

Lediglich zwei unaufgeklärte Kriminalfälle gab es in den vergangenen vier Jahrzehnten. Sich an die noch einmal zu wagen, wäre Quatsch, die Dorfbewohner wissen eh alles besser. Das wäre wie Eulen nach Hengasch tragen. Die immer wieder im Baum auftauchende Eule als Leitmotiv übernimmt die Rolle, die der Elch in Ausgerechnet Alaska und der Waschbär in Men In Trees spielte: Das Symbol der Abgeschiedenheit, der Hängearsch der Welt.

Auf dem Land ist vieles anders.

„Der war wohl bei der Gilla, seiner Cousine.“
„Aber die Gilla ist doch seine Frau.“
„Sie wissen doch, wie das auf dem Dorf ist.“

Werden wir morgen eine Kollektivdemonstration der Aleviten mit den Eifelbewohnern erleben?

Bemerkenswert ist Folgendes: Sat.1 passiert es, dass aus formal ereignisreicher Handlung eine stinklangweilige Sendung wird, aber der ARD gelingt es, aus dem Thema Langeweile äußerst unterhaltsame 45 Minuten zu produzieren, was nur zum Teil daran liegt, dass der Schauspieler Bjarne Mädel aus seiner anderen Serie Stromberg ein bisschen peinliche Stille mitgebracht hat. Und das ist die Überraschung: Nach den ambitionierten, aber dennoch öden Familienkrimiversuchen Ein Fall für Nadja und Elvis und der Kommissar ist Mord mit Aussicht tatsächlich sehr kurzweilig. Da war man schon versucht, die ARD-Ankündigung, die erfolgreichste der drei Serien würde fortgesetzt, im Geiste umzuwandeln in: „Die am wenigsten peinliche werden wir vielleicht erst nächstes Halbjahr absetzen“, und dann kommt als dritter der drei Versuche eine inspirierte, originelle, witzige und schön gespielte Serie daher. Hoffentlich kommt sie noch öfter.

Mord mit Aussicht, montags um 20.15 Uhr im Ersten.

Überleber

Dienstag, 14. August 2007, 21:22

Natürlich war es blöd von Sat.1, die deutsche Adaption von „Survivor“, dem US-Sensationserfolg aus dem Sommer 2000 mit 51 Millionen Zuschauern zum Finale, Das Inselduell zu nennen. Man wusste ja damals noch nicht, dass die zweite Staffel von „Survivor“ im australischen Outback spielen und der Titel gar nicht mehr passen würde. Zum Glück war das deutsche Inselduell erfolglos genug, um keine zweite Staffel zu erleben.

Allerdings erlebte es verschiedene Varianten, denn neben Sat.1 versuchte sich auch RTL2 an einer „Survivor“-Version und nannte sie erst Expedition Robinson und dann Gestrandet. Das langfristige Problem mit dem Titel war auch hier präsent, die Zuschauer dagegen nicht so sehr, und so stellte es sich nicht.

Die zweite „Survivor“-Staffel adaptierte RTL als Outback. Und heißa, noch ein Flop.

So, wer hat noch nicht? Ah, ProSieben! Gerade begann eine weitere Inkarnation der Show, die jetzt auch in Deutschland den Originaltitel Survivor trägt.

Eine schöne Ironie, ausgerechnet beim Absetzsender ProSieben einen Titel zu lesen, der theoretisch auch bei weiteren Staffeln an anderen Schauplätzen funktionieren könnte. Wahrscheinlicher sind bei ProSieben ja eher andere Sendeplätze. Und dann noch ein Titel, der Überleben suggeriert. Spaßvögel.

Ein Spaßvogel muss auch den Moderator besetzt haben: Sascha Kalupke spricht ungefähr so gut wie ein Vierzehnjähriger, der zum ersten Mal vor der Klasse aus einem Buch vorlesen muss.

Jedenfalls: Survivor. Ja, halt so ’ne Sendung mit Kandidaten, Wasser, Aufgaben, Anstrengung, Schweiß, ein paar unterhaltsamen Momenten, viel langatmigem Rumgelaber und abwegigen, völlig an den Haaren herbeigezogenen Situationen. Eine ganz normale Realityshow eben.

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