Wird aus dem amerikanischen Frühjahrsputz ein langer deutscher Winterschlaf?

Das deutsche Fernsehen wird sich im kommenden Jahr maßgeblich ändern – weil das amerikanische es so will. Denn was in den USA nicht mehr gebraucht wird, steht auch für Deutschland nicht mehr zur Verfügung.

Gleich drei langjährige Serien, die auch in Deutschland erfolgreich waren, enden in diesem Frühling in den USA. Bei zweien, Dr. House und Desperate Housewives war dies schon länger bekannt, was den Autoren die Chance gab, jeweils ein ordentliches Finale zu schreiben – wenn es schon nicht gelungen war, ordentliche Handlungsstränge für größere Strecken der letzten Staffeln zu erfinden.

Bei Dr. House war ich zwar noch der Meinung, die Zusammenführung von House und Cuddy sei gut gelungen und habe der Serie ein paar neue Impulse geben können, aber wie sie dann mit ihrer Trennung in der siebten Staffel umgingen, hat meine Liebe zur Serie doch sehr abkühlen lassen. Die achte Staffel hat dann zwar wieder ein paar schöne Episoden, aber insgesamt ist es doch ganz gut, wenn es nun bald vorbei ist. Ein bisschen schade werde ich es trotzdem finden.

Bei Desperate Housewives kann ich das Ende dagegen kaum abwarten. Die achte Staffel zieht sich gefühlt endlos dahin, nervt nur noch mit mühsamen und vorhersehbaren Handlungskonstrukten, willkürlichen Aneinanderreihungen einzelner Ereignisse ohne größeren roten Faden und wirft die Frage auf, was die ganzen Autoren, die jahrelang gute Geschichten und schöne Gags geschrieben haben, inzwischen eigentlich beruflich machen.

Erst seit ein paar Tagen ist außerdem bekannt, dass auch CSI: Miami nach zehn Jahren nicht fortgesetzt wird. In diesem Fall habe ich zwar schon vor Jahren aufgehört zuzusehen, als ich endlich wusste, wie man eine Sonnenbrille ordnungsgemäß auf- und absetzt, bedaure für die vielen Fans allerdings, dass es hier zu keinem vernünftigen Schluss kommen wird. Als CBS die Absetzung bekanntgab, war das, was nun die letzte Folge bleiben wird, schon seit einem Monat ausgestrahlt. Das ist unbefriedigend und weder den Machern noch den Zuschauern langjähriger Erfolgsserien gegenüber fair, aber beim skrupellosen Gesamtmarktführer CBS leider gewohnte Praxis. Auf die gleiche lieblose Weise hatte CBS vor einigen Jahren auch die Dauerbrenner Für alle Fälle Amy und Without A Trace entsorgt.

Für RTL bricht damit der Rest seines verbliebenen Dienstagsprogramms weg, für ProSieben der verlässlichste Part des Mittwochs. Wie die Sender die baldigen Lücken stopfen wollen, ist offen. Weder erweckten sie jüngst den Eindruck übermäßiger Produktionswütigkeit, was eigene Serien angeht, noch gab sich irgendwer die Mühe, Nachfolger aus den USA aufzubauen. Was von dort nachkam, wurde oft ungeduldig in die Nächte oder feige zu den hauseigenen Kleinstsendern RTLnitro bzw. Sixx abgeschoben. Man muss aber auch einräumen, dass der Nachschub weniger wurde. Zwei der jetzt zu Ende gehenden Serien, House und die Housewives, starteten in der US-Saison 2004/05, einer ungewöhnlich guten Saison, die auch Grey’s Anatomy, CSI: NY und Boston Legal hervorbrachte und damit so viele Dauerbrenner wie kaum eine Saison vorher oder danach. Die letzte vergleichbare war 1994/95 mit den Starts von Friends, Emergency Room, Chicago Hope und Ein Hauch von Himmel.

Sich einfach wieder bei Vox zu bedienen wie bei CSI: Miami und CSI kommt für RTL diesmal kaum infrage. CSI: NY ist dafür längst nicht mehr erfolgreich genug und wird vermutlich nächstes Jahr um diese Zeit ebenfalls eingestellt, und die anderen Krimis laufen dort allenfalls mit Marktanteilen, die für Vox schon lediglich zufriedenstellend sind. Was dazukommt: Auf die Serien, die der zuverlässige Krimilieferant CBS inzwischen produziert und ins RTL-Format passen würden, hat RTL keinen Zugriff, seit ProSiebenSat.1 einen exklusiven Output-Deal mit CBS Studios geschlossen hat, der gerade erst verlängert wurde. Navy CIS und The Mentalist z.B. sind CBS-Serien, über die RTL jetzt vermutlich sehr glücklich wäre, die aber erfolgreich bei Sat.1 laufen.

ProSieben könnte dank dieses Paketdeals zwar problemlos auf haufenweise Krimis zugreifen, bräuchte zwischen Vampiren und Übernatürlichem aber eigentlich eher leichtere, frauenaffinere Serien und Comedys. So etwas wie Modern Family oder Nurse Jackie. Zu blöd, dass ausgerechnet diese beiden RTL gehören und bei RTLnitro versteckt werden.

Vielleicht können sich die Sendergruppen ja auf dem Schulhof treffen und ein Tauschgeschäft abwickeln.

Michael, 15. Mai 2012, 14:46.

Stimme entzogen

ProSieben hat einen Weg gefunden, Heidi Klum erträglich zu machen. In ihrem Gastauftritt bei Desperate Housewives wurde sie synchronisiert. Perfekt!

Kann man das bei Germany’s Next Topmodel in Zukunft bitte auch so handhaben?

Michael, 10. November 2010, 21:53.


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