Die Blender
2002 (RTL). 3-tlg. Doku-Reality-Reihe.
Die Kamera begleitet Menschen, die sich, nach kurzem Anlernen durch Experten ihres Fachs, in einem fremden Beruf als Fachpersonal ausgeben müssen. Ein Dachdecker arbeitet als Frisör, ein Lokführer als Modedesigner etc. Vor einer Jury aus echten Profis des Berufs müssen die Kandidaten am Ende bestehen, ohne aufzufallen.
Schlechte Adaption der guten britischen Serie „Faking It“ (ohne dass RTL die Rechte gekauft hätte), die am späten Samstagabend lief. Im Sommer 2003 sendete der WDR eine liebevollere Adaption des Formats unter dem Titel Fake.
Die Bösen von Boston
Für die Sender, deren Serienprofile in den vergangenen Jahren überwiegend auf US-Krimis ausgerichtet waren, wird allmählich die Luft dünn. Die alteingesessenen Serien verlieren Zuschauer und werden nach und nach eingestellt, und die Zahl erfolgreicher Neustarts ist ebenfalls zurückgegangen, während in den USA Sitcoms wieder die Oberhand gewinnen.
Noch ist die Quelle aber nicht ganz versiegt, und so kann Vox heute um 20.15 Uhr Rizzoli & Isles an den Start schicken, eine Serie über eine Welt, in der verurteilte Schwerverbrecher grundsätzlich persönliche Rechnungen mit den Polizisten offen haben, die sie einst überführt hatten. Oder in diesem Fall: Polizistinnen.
Rizzoli und Isles kriegen kalte Füße.
Foto: VOX/Warner Bros.
Ort der Handlung ist Boston, ein Boston außerhalb David E. Kelleys Universum und deshalb frei von Anwälten, was irgendwie komisch wirkt. Die Mordfälle sind einigermaßen originell und die stete Furcht der Protagonistinnen vor dem jeweiligen Hannibal Lecter der Woche durchaus spannend, weshalb sich Rizzoli & Isles prima ins Vox-Portfolio solider Krimis einreiht, bei denen man es bisher selten bereuen musste, eine Stunde mit ihnen verbracht zu haben.
Diese Quelle allerdings, die Vox für die neue Serie anzapft, ist keins der großen US-Networks, sondern der Kabelsender TNT. Das ist für uns Zuschauer zunächst mal egal, Erfolgserien wie Monk oder The Closer (deren letzte Staffel heute Abend im Anschluss beginnt), kamen auch aus dem US-Kabelfernsehen zu uns. Für Vox ist das aber unpraktisch, denn im Kabelfernsehen sind aus wirtschaftlichen Gründen die Staffeln deutlich kürzer. Sprich: Nicht nur der Nachschub an Serien insgesamt wird knapper, sondern auch der Nachschub an Episoden innerhalb der Serie.
Schon allein deshalb sollten wir uns über Serien wie Rizzoli & Isles freuen, solange sie noch produziert werden, auch wenn sie nicht die Neuerfindung des Fernsehens darstellen. Denn nur so lange können wir sicher sein, dass auf diesem Sendeplatz kein Model-Casting stattfindet.
Die Brüder Löwenherz
1980 (ZDF). 5-tlg. schwed. Abenteuerserie von Astrid Lindgren („Bröderna Lejonhjärta“; 1977).
Jonatan (Staffan Götestam) erzählt seinem „Krümel“ genannten todkranken Bruder Karl (Lars Söderdahl) die Geschichte der Märchenwelt Nangijala, wo sie als „Brüder Löwenherz“ Abenteuer erleben. Ihre Freunde in Nangijala sind Sofia (Gunn Wallgren) Jossi (Folke Hjort), Orvar (Per Oscarsson), Hubert (Tommy Johnson) und der alte Matthias (Allan Edwall). Gemeinsam kämpfen sie gegen den Tyrannen Tengil (Georg Arlin).
Die halbstündigen Folgen zeigte das ZDF samstags nachmittags. Später lief auch eine Spielfilmfassung.
Die Briten haben Talent (fürs Fernsehen)
Ob die Leute, die für RTL Das Supertalent produziert haben (und gerade an der zweiten Staffel arbeiten), sich wohl manchmal die Inselvariante Britain’s Got Talent angucken und dann leise weinen, um wieviel besser so eine Sendung sein kann, wenn man mitreißende Kandidaten hat und ein hingerissenes Publikum, Ant & Dec statt Marco Schreyl als Moderatoren, Simon Cowell statt Dieter Bohlen in der Jury — und vor allem, wenn man weiß, wie man die Auftritte so komponiert und instrumentiert, dass sich auch den kalkuliertesten Emotionen kein Zuschauer entziehen kann.
Jedenfalls: Die zweite Staffel von Britain’s Got Talent ist gerade angelaufen (über die erste habe ich schon einen ähnlichen Eintrag verfasst).
[via Nobbi]
Die Burg
2005 (ProSieben). „Prominent im Kettenhemd“. Reality-Show mit Sonya Kraus und Elton.
Neuauflage des Vorjahres-Erfolgs Die Alm, nur mit Burg statt Alm und Pleite statt Erfolg. Menschen, von denen man noch nie etwas gehört hatte, oder bei denen man sich wünschte, noch nie etwas von ihnen gehört zu haben, werden in zwei Gruppen eingeteilt: Der Pöbel muss schuften, der Adel darf sich verwöhnen lassen. Diverse, meist eklige Aufgaben sorgen für Wechselmöglichkeiten und (theoretisch) Unterhaltung des Publikums.
Unter den Teilnehmern waren eine Frau mit besonders ausgeprägten sekundären Geschlechtsmerkmalen namens Tina Angel und ein Mann, der sich Prinz Frederic von Anhalt nennt. In der Premierensendung entwickelte sich zwischen ihnen folgender Dialog. Prinz: „Die Tiere sind sauberer wie du!“ Tina: „!“ Prinz: „Tiere sind sauberer wie Menschen.“ Tina: „Happy Arsch!“ Prinz: „Wäre ich ein geborener Prinz, wäre ich noch primitiver, wie ich gerade war.“
Gedreht wurde auf Burg Rappottenstein im niederösterreichischen Waldviertel. 16 einstündige Ausgaben liefen täglich zur Primetime.
Die Camper
1997–2006 (RTL). 117-tlg. dt. Comedyserie von Werner Koj und Claus Vincon.
Freizeitvergnügen und Urlaubsstress auf einem deutschen Campingplatz. In der ersten Staffel stehen Heidi (Sabine Kaack) und Hajo Wüpper (Michael Brandner) mit Tochter Sabine (Wolke Hegenbarth) und ihre Platz-Nachbarn Dieter Denkelmann (Heinrich Schafmeister) und seine Verlobte Roswitha Fischer (Katharina Schubert) im Mittelpunkt. Sie freunden sich an, und Sabine zieht sich zurück, weil sie Camping mit den Eltern anödet. Ab der zweiten Staffel zieht die Serie auf dem gleichen Campingplatz ein Stück weiter. Dort campen die neuen Hauptakteure Uschi (Antje Lewald) und Benno Ewermann (Willi Thomczyk) mit Tochter Tanja (Felicitas Woll; ab Januar 2002: Natascha Hockwin) sowie Lothar Fuchs (René Heinersdorff) und seine Frau Stefanie (Dana Golombek). Benno ist ein Nörgler, dem Uschis Putzwut komplett gegen den Strich geht. Den Platzwart Pröter (Wilfried Herbst) hält er für unfähig und organisiert deshalb lieber selbst. Die gute Laune lässt sich jedoch stets mit seinen Kumpels Lothar, Hotte Schlömann (Thomas Gimbel) und Manni Delling (Andreas Windhuis), einem Grill und einer Kiste Eifel-Pils herstellen: Und zisch und klack und weg! Im Januar 2002 bekommen Lothar und Stefanie einen Sohn namens Max (Leon Priotto).
Die halbstündigen Folgen liefen erfolgreich freitags um 21.15 Uhr oder 21.45 Uhr, in den ersten Jahren meist im Doppelpack mit Das Amt.
Die Cleveren
1999–2006 (RTL). 48-tlg. dt. Krimiserie von Johannes W. Betz.
Wenn die herkömmlichen Methoden die Ermittlungen der Polizei nicht weiterbringen, übernehmen Kommissarin Eva Glaser (Astrid M. Fünderich) und der Psychologe Dominik Born (Hans-Werner Meyer) den Fall im Auftrag des BKA. Es geht vor allem um Serienverbrecher. Sie erstellen ein psychologisches Täterprofil und finden auf diese Weise mehr über den Gesuchten heraus, um ihn letztlich zu fassen. Prof. Konstanze Korda (Barbara Magdalena Ahren) ist die Gerichtsmedizinerin. Kurz nachdem Eva und Dominik sich ineinander verliebt haben, wird Eva im April 2002 erschossen. Ihre Nachfolgerin wird am Ende der vierten Staffel die energische Pragmatikerin Isabel Becker (Delia Mayer). In der sechsten Staffel bekommt Born mit Kommissarin Katrin Rasch (Esther Schweins) schon die dritte Partnerin, nachdem Becker ermordet aufgefunden und er zu allem Überfluss des Mordes verdächtigt wurde.
Die praktizierte Methode nennt man „Profiling“, und sie war zuvor bereits in der US Serie Profiler zu sehen. Die einstündigen Folgen liefen dienstags um 21.15 Uhr, jede Staffel umfasste acht Folgen. Im März 1998 hatte RTL bereits einen einzelnen Pilotfilm unter dem Titel „Du stirbst, wie ich es will“ gezeigt. Die sechste Staffel, die im Herbst 2006 nach langer Pause auf dem neuen Sendeplatz am Donnerstag um 22.15 Uhr auftauchte, war bereits drei Jahre zuvor gedreht worden. Es war die letzte.
Die Colbys – Das Imperium
1987–1993 (Sat.1). 48-tlg. US-Soap von Esther und Robert Shapiro, Eileen und Robert Pollock, William Bast und Paul Huson („The Colbys“; 1985–1987).
Spin-off von Der Denver-Clan: Die Familie von Jeff Colby (John James) führt ein Firmenimperium in Los Angeles. Jeffs Vater Jason Colby (Charlton Heston) ist Familienoberhaupt und Firmenchef. Er ist mit Sable Scott (Stephanie Beacham) verheiratet. Deren Schwester Francesca (Katharine Ross) ist seine Geliebte und Jeffs wirkliche Mutter. Jason und Sable haben zusammen die Kinder Monica (Tracy Scoggins) und Miles (Maxwell Caulfield), Zwillinge, und Bliss (Claire Yarlett). Fallon Carrington (Emma Samms) ist zunächst mit Miles, später mit Jeff verheiratet. Miles hat sie vergewaltigt, wodurch sie schwanger wurde. In der zweiten Staffel kommt Jasons aufmüpfiger Bruder Phillip (Michael Parks) dazu, den alle bisher für tot gehalten hatten, und am Ende wird Fallon von einem UFO entführt.
In den USA hatte die Serie ursprünglich den Titel „Dynasty II: The Colbys“, womit die Abstammung vom Denver-Clan (Dynasty) schon im Titel sichtbar wurde, er wurde jedoch nach wenigen Wochen auf „The Colbys“ gekürzt. Nach zwei Jahren wurde die Serie eingestellt, der Cliffhanger mit der entführten Fallon nie aufgelöst.
Sat.1 zeigte zunächst nur 47 Folgen zu je einer Stunde. Als die Serie fünf Jahre später wiederholt wurde, wurde Anfang 1993 eine bisher ausgelassene Folge eingefügt.
Die Couchcowboys
2002 (Sat.1). 10-tlg. dt. Comedyserie.
Petra (Britta Dirks) und Susanne (Nina Rothemund) geben sich Mühe, das Leben ihrer Männer Harry (Horst Kotterba) und Toni (Martin Kuhlmann) zu begreifen. Das findet in einer WG statt, ist recht chaotisch, spielt sich größtenteils auf dem Sofa oder in der Kneipe ab und dreht sich hauptsächlich um Bier und Sex.
Die Serie bediente sich zweitens bei den gängigen Klischees und erstens bei der britischen Sitcom „Men Behaving Badly“, die bereits in den USA einen Abklatsch hervorgebracht hatte, der in Deutschland als Der Mann an sich zu sehen war. Ursprünglicher Arbeitstitel dieser Serie war „Männer sind peinlich“.
Lief freitags um 22.45 Uhr.
Die daneben werden die in der Mitte sein
Wer ein großer Star werden möchte, sollte die Hauptrolle in einer Sitcom besser ablehnen. Eine Nebenrolle wäre aber ein richtiger Schritt.
Ich kann nicht erklären, wie es kommt, aber mir fällt auf, dass in mehreren Fällen der Hauptdarsteller einer Serie neben den „Neben“-Figuren verblasst. Aktuelles Beispiel: How I Met Your Mother. Josh Radnor ist als Ted Mosby die zentrale Figur, um die sich eigentlich die ganze Serie dreht. Der tatsächliche Star ist aber längst Neil Patrick Harris als Barney Stinson, von dem nicht nur die meisten Sprüche stammen, die legendär geworden sind, sondern der auch über die Serie hinaus inzwischen eine große Nummer in Hollywood geworden ist. Zuletzt war er der menschliche Hauptdarsteller in der Kinofassung der „Schlümpfe“ und wirkte im „Harold & Kumar“-Weihnachtsfilm mit, in dem er zwar weder Harold, noch Kumar spielte, aber zwischen den beiden den Mittelpunkt des Filmplakats einnahm.
Sogar Jason Segel, der den Langweiler Marshall Eriksen spielt, hat eine beachtliche Kinobilanz: In „Bad Teacher“ spielte er jüngst neben Cameron Diaz und Justin Timberlake, und als Hauptdarsteller hatte er Erfolg mit dem Film „Nie wieder Sex mit der Ex“, den er auch geschrieben hatte. Für den neuen Film „Die Muppets“, der im Moment in den Kinos läuft, listete der „KulturSPIEGEL“ die Hauptdarsteller wie folgt: „Kermit, Miss Piggy, Jason Segel, Amy Adams, Gonzo.“ Auch hier ist Jason Segel wieder Co-Autor des Drehbuchs.
Und was macht Josh Radnor nebenbei? Auch er hat schon eine Kinohauptrolle in einem Film gespielt, dessen Autor und Regisseur er war, „happythankyoumoreplease“. Der war gar nicht schlecht, bekam gute Kritiken und gewann den Publikumspreis beim Sundance Festival. Nur: Im Kino wollte ihn niemand sehen. Einspielergebnis: 215.000 Dollar. In Deutschland startete der Film erst gar nicht, erschien aber mittlerweile auf DVD. Zum Vergleich: „Nie wieder Sex mit der Ex“ spielte 105 Millionen ein, „A Very Harold & Kumar 3D Christmas“ 34 Millionen und „Die Schlümpfe“ mehr als eine halbe Milliarde.
In den 80ern war es Woody Harrelson, der als naiver Barkeeper in Cheers nur eine Nebenrolle spielte, aber im Gegensatz zu Hauptdarsteller Ted Danson Kinokarriere machte.
Und es gibt noch ein anderes bekanntes Beispiel aus jüngerer Zeit: Topher Grace war der Hauptdarsteller der langlebigen Sitcom Die wilden 70er, die erst vor sechs Jahren zu Ende ging. Er spielte auch in ein paar Kinofilmen mit, u.a. „Valentinstag“, „Reine Chefsache“ und „Spiderman 3“ – aber wer erinnert sich heute noch an ihn? Oder fragen wir anders: Für wen ist Topher Grace eher ein Begriff als zwei andere Mitglieder aus dem damaligen Ensemble: Mila Kunis und Ashton Kutcher?
Inzwischen ist dieser Ashton Kutcher nach mehreren Kinoerfolgen auch wieder in einer Sitcom zu sehen. Diesmal zweifellos als Hauptdarsteller. Vielleicht wird aus Jon Cryer also doch noch ein Superstar.